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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Ziff. I.1.1.6. RS 2015/07
Ziff. I.1.1.6. RS 2015/07, Ausschluss des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II
(1) Arbeitslosengeld II wird nach § 7 SGB II u. a. nur dann gewährt, wenn die betreffende Person erwerbsfähig ist und kein Ausschlusstatbestand vorliegt. Für folgende Personen ist deshalb ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II von vornherein ausgeschlossen:
- a) Personen, die das 15. Lebensjahr noch nicht oder die Altersgrenze nach § 7a SGB II bereits erreicht haben (§ 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 SGB II),
- b) Bezieher einer Vollrente wegen Alters, die vor der in § 7a SGB II genannten Altersgrenze beginnt (§ 7 Absatz 4 SGB II) oder einer Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnlicher Leistungen öffentlich-rechtlicher Art (z. B. Pensionen),
- c) Bezieher einer Rente bei voller Erwerbsminderung, sofern es sich nicht um eine sog. "Arbeitsmarktrente" nach § 43 Absatz 2 Satz 3 SGB VI handelt,
- d) Personen, die Leistungen der Pflegeversicherung der Pflegestufe 3 beanspruchen,
- e) Personen, die sich in stationärer Unterbringung befinden (§ 7 Absatz 4 Satz 1 SGB II),
- f) Personen, die sich in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung befinden (§ 7 Absatz 4 Satz 2 SGB II),
- g) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist (§ 7 Absatz 5 SGB II),
- h) die in § 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II genannten Personengruppen von Ausländern unter den weiteren dort beschriebenen Voraussetzungen.
(2) Zu den stationären Einrichtungen im Sinne des § 7 Absatz 4 Satz 1 SGB II gehören insbesondere Altenpflegeheime, Altenpensions- und Kurheime, therapeutische Wohngemeinschaften, Heime oder andere betreute Wohneinrichtungen für behinderte Menschen, Blindenheime, Erholungsheime, Heilstätten, SOS-Kinderdörfer und Krankenhäuser. Im Einzelfall zählen auch Mütterhäuser, Obdachlosenunterkünfte und Einrichtungen für Nichtsesshafte sowie weitere Einrichtungen zur Resozialisierung nach §§ 67 bis 69 SGB XII dazu. Einrichtungen zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung sind nach § 7 Absatz 4 Satz 2 SGB II stationären Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 explizit gleichgestellt.
(3) Eine stationäre Einrichtung in dem vorstehenden Sinne liegt vor, wenn diese so strukturiert und gestaltet ist, dass es dem dort Untergebrachten nicht möglich ist, aus der Einrichtung heraus mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (BSG, Urteil vom 6. 9. 2007 — B 14/7b AS 16/07 R —). Dies ist vom Grundsatz dann der Fall, wenn der Leistungsberechtigte aufgrund der Vollversorgung in der Einrichtung und aufgrund seiner Einbindung in die Tagesabläufe der Einrichtung zeitlich und räumlich so weitgehend fremdbestimmt ist, dass er für Integrationsbemühungen nach dem SGB II nicht zur Verfügung steht, der Einrichtungsträger von der Aufnahme bis zur Entlassung des Leistungsberechtigten im Rahmen des angewendeten Therapiekonzeptes die Gesamtverantwortung für dessen tägliche Lebensführung übernimmt und Gemeinschaftseinrichtungen vorhanden sind. Dabei ist nicht nur die Einrichtung an sich zu betrachten, sondern auch die Umstände der Unterbringung, also das angewendete Therapiekonzept.
(4) Wird von dem Einrichtungsträger nicht die Gesamt-, sondern lediglich eine Teilverantwortung für die tägliche Lebensführung übernommen und von dem Leistungsberechtigten ein gewisses Maß an Selbständigkeit verlangt, liegt kein Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 4 SGB II vor, wenn der Betroffene erwerbsfähig im Sinne des § 8 Absatz 1 SGB II ist. In diesen Fällen liegt lediglich eine teilstationäre Unterbringung vor. Maßgeblich ist, ob die Strukturen die Ausübung einer entsprechenden Erwerbstätigkeit zulassen. Dies hängt auch davon ab, welche obligatorischen Termine die Anwesenheit des Hilfesuchenden in der Einrichtung erforderlich machen, wie die Termindichte ist und wie ausgeprägt die Kontrolle über den Tagesablauf des Insassen tatsachlich institutionalisiert ist (Meldetermine, Zeitpläne usw.). Darüber hinaus wird geprüft werden müssen, welchen Verpflichtungen der Bewohner unterliegt und wie stark sein Freizeitverhalten kontrolliert und "fremdbestimmt" wird.
(5) Für die unter Buchstabe e genannten Personen besteht nach ausdrücklicher Bestimmung im § 7 Absatz 4 Satz 3 SGB II dennoch Anspruch auf Arbeitslosengeld II, wenn
- - der Versicherte voraussichtlich für weniger als 6 Monate in einem Krankenhaus im Sinne des § 107 SGB V untergebracht ist oder
- - der Versicherte trotz der Unterbringung in einer stationären Einrichtung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
(6) Entsprechendes gilt aufgrund der mit § 7 Absatz 4 Satz 2 SGB II vorgenommenen Gleichstellung für die unter Buchstabe f genannten Personen.
(7) Beispielsweise zählen hierzu:
- - erwerbstätige Freigänger,
- - behinderte Menschen, die in einem Heim oder einer anderen stationären Wohneinrichtung für behinderte Menschen leben, aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (nicht jedoch Werkstätten für behinderte Menschen) erwerbstätig sind,
- - Obdachlose, die in einer stationären Einrichtung untergebracht sind und außerhalb dieser Einrichtung einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
(8) Der Verweis in § 7 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 SGB II auf den gesamten § 107 SGB V stellt klar, dass ein Aufenthalt in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 107 Absatz 2 SGB V) ebenfalls von dieser Ausnahmevorschrift erfasst wird.
(9) Bei der Beurteilung des 6-Monats-Zeitraumes nach § 7 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 SGB II sind Aufenthaltszeiten in unterschiedlichen Einrichtungen nach der Gesetzesbegründung grundsätzlich zusammenzurechnen. Zeiten des Aufenthalts in einer Justizvollzugsanstalt und eines sich dem Haftende anschließenden Krankenhausaufenthalts sind jedoch nicht zu addieren. Ist während des Strafvollzugs eine Behandlung in einem Krankenhaus außerhalb der Haftanstalt erforderlich, wird auch bei einer Unterbringung von voraussichtlich weniger als 6 Monaten während dieser Zeit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II begründet, da die Krankenhausbehandlung dem Vollzug der richterlich angeordneten Freiheitsentziehung zuzurechnen ist. Beginnt ein Krankenhausaufenthalt während der Haft und endet die Freiheitsentziehung während des Krankenhausaufenthalts, ist die Zeit des Krankenhausaufenthalts während der Freiheitsentziehung bei der Beurteilung des 6-Monats-Zeitraums mit zu berücksichtigen. Steht unmittelbar im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt außerhalb einer Justizvollzugsanstalt ein Freiheitsentzug bevor, ist der Zeitraum der Freiheitsentziehung in die entsprechende Beurteilung zum Beginn des Krankenhausaufenthalts bereits einzubeziehen.
(10) Erfolgt die Einweisung in ein Krankenhaus durch richterliche Anordnung, greift die Ausnahme gemäß § 7 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 SGB II. Wandelt sich der angeordnete in einen freiwilligen Aufenthalt, sind diese Zeiten im Hinblick auf den 6-Monats-Zeitraum zu addieren.
(11) In den Fällen der Buchstaben a bis d besteht auch dann keine Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2a SGB V, wenn Arbeitslosengeld II (irrtümlich) gewährt wurde. § 5 Absatz 1 Nummer 2a 2. Halbsatz SGB V, wonach die Versicherungspflicht auch dann besteht, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, gilt in diesen Fällen nicht. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung wird dann nicht begründet. Leistungen durch die gesetzlichen Krankenkassen werden nicht gewährt. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass in diesen Fällen eine dennoch ausgesprochene Bewilligung als nichtig im Sinne des § 40 SGB X anzusehen ist und somit keine Rechtswirkungen entfalten kann. In den Fällen des Buchstaben b ist dies nur der Fall, wenn Rente oder vergleichbare Leistung zum Zeitpunkt der Bewilligung bereits bezogen wird.
(12) In den übrigen Fällen (Buchstabe e bis h) besteht Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2a 2. Halbsatz SGB V bei (irrtümlicher) Gewährung von Arbeitslosengeld II. Das Gleiche gilt, wenn die Erwerbsfähigkeit aufgrund einer vorliegenden Erkrankung oder Behinderung lediglich zweifelhaft erscheint.
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