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EuGH 06.09.2018 - C-346/17
EuGH 06.09.2018 - C-346/17 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer) - 6. September 2018 ( *1) - „Rechtsmittel – Art. 340 Abs. 2 AEUV – Außervertragliche Haftung der Europäischen Union – Richtlinie 93/42/EWG – Medizinprodukte – Art. 8 Abs. 1 und 2 – Schutzklauselverfahren – Mitteilung eines Mitgliedstaats über eine Entscheidung, mit der das Inverkehrbringen eines Medizinprodukts untersagt wird – Unterbleiben einer Entscheidung der Europäischen Kommission – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll – Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Organs und dem geltend gemachten Schaden – Nachweis des Vorliegens und des Umfangs des Schadens“
Leitsatz
In der Rechtssache C-346/17 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 9. Juni 2017,
Christoph Klein, wohnhaft in Großgmain (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. J. Ahlt,
Rechtsmittelführer,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch G. von Rintelen, A. Sipos und A. C. Becker als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Bundesrepublik Deutschland,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter J. Malenovský, M. Safjan (Berichterstatter), D. Šváby und M. Vilaras,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2018,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. März 2018
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Mit seinem Rechtsmittel begehrt Herr Christoph Klein die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 28. September 2016, Klein/Kommission (T-309/10 RENV, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:570), mit dem das Gericht seine Klage auf Ersatz des Schadens abgewiesen hat, der ihm dadurch entstanden sein soll, dass die Europäische Kommission gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 8 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. 1993, L 169, S. 1) verstoßen habe.
Rechtlicher Rahmen
Art. 1 („Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich“) der Richtlinie 93/42 bestimmt in den Abs. 1 und 2:
„(1) Diese Richtlinie gilt für Medizinprodukte und ihr Zubehör. Im Sinne dieser Richtlinie wird Zubehör als eigenständiges Medizinprodukt behandelt. Medizinprodukte und Zubehör werden nachstehend ‚Produkte‘ genannt.
(2) Es gelten folgende Begriffsbestimmungen:
‚Medizinprodukt‘: alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe oder anderen Gegenstände, einschließlich der für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für folgende Zwecke bestimmt sind:
Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten;
Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen;
Untersuchung, Ersatz oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs;
Empfängnisregelung,
und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.
…
‚Hersteller‘: die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Etikettierung eines Produkts im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten von dieser Person oder stellvertretend für diese von einer dritten Person ausgeführt werden.
Die dem Hersteller nach dieser Richtlinie obliegenden Verpflichtungen gelten auch für die natürliche oder juristische Person, die ein oder mehrere vorgefertigte Produkte montiert, abpackt, behandelt, aufbereitet und/oder kennzeichnet und/oder für die Festlegung der Zweckbestimmung als Produkt im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist. Dies gilt nicht für Personen, die – ohne Hersteller im Sinne des Unterabsatzes 1 zu sein – bereits in Verkehr gebrachte Produkte für einen namentlich genannten Patienten entsprechend ihrer Zweckbestimmung montieren oder anpassen.
…“
Art. 2 („Inverkehrbringen und Inbetriebnahme“) der Richtlinie lautet:
„Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, damit die Produkte nur in den Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender und gegebenenfalls Dritter bei sachgemäßer Installation, Instandhaltung und ihrer Zweckbestimmung entsprechender Verwendung nicht gefährden.“
Art. 3 („Grundlegende Anforderungen“) der Richtlinie lautet:
„Die Produkte müssen die grundlegenden Anforderungen gemäß Anhang I erfüllen, die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbar sind.“
Art. 8 („Schutzklausel“) der Richtlinie 93/42 lautet:
„(1) Stellt ein Mitglied[staat] fest, dass in Artikel 4 Absatz 1 bzw. Artikel 4 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich genannte Produkte die Gesundheit und/oder die Sicherheit der Patienten, der Anwender oder gegebenenfalls Dritter gefährden können, auch wenn sie sachgemäß installiert, instand gehalten und ihrer Zweckbestimmung entsprechend verwendet werden, so trifft er alle geeigneten vorläufigen Maßnahmen, um diese Produkte vom Markt zurückzuziehen oder ihr Inverkehrbringen oder ihre Inbetriebnahme zu verbieten oder einzuschränken. Der Mitgliedstaat teilt der Kommission unverzüglich diese Maßnahmen mit, nennt die Gründe für seine Entscheidung und gibt insbesondere an, ob die Nichtübereinstimmung mit dieser Richtlinie zurückzuführen ist auf
die Nichteinhaltung der in Artikel 3 genannten grundlegenden Anforderungen,
eine unzulängliche Anwendung der Normen gemäß Artikel 5, sofern die Anwendung dieser Normen behauptet wird,
einen Mangel in diesen Normen selbst.
(2) Die Kommission konsultiert so bald wie möglich die Betroffenen. Stellt die Kommission nach dieser Anhörung fest,
dass die Maßnahme gerechtfertigt ist, so unterrichtet sie hiervon unverzüglich den Mitgliedstaat, der die Maßnahme getroffen hat, sowie die anderen Mitgliedstaaten. Ist die in Absatz 1 genannte Entscheidung in einem Mangel der Normen begründet, so befasst die Kommission nach Anhörung der Betroffenen den in Artikel 6 genannten Ausschuss innerhalb von zwei Monaten, sofern der Mitgliedstaat, der die Entscheidung getroffen hat, diese aufrechterhalten will, und leitet das in Artikel 6 genannte Verfahren ein;
dass die Maßnahme nicht gerechtfertigt ist, so unterrichtet sie davon unverzüglich den Mitgliedstaat, der die Maßnahme getroffen hat, sowie den Hersteller oder seinen in der [Europäischen Union] niedergelassenen Bevollmächtigten.
(3) Ist ein mit dieser Richtlinie nicht übereinstimmendes Produkt mit der CE-Kennzeichnung versehen, so ergreift der zuständige Mitgliedstaat gegenüber demjenigen, der diese Kennzeichnung angebracht hat, die geeigneten Maßnahmen und unterrichtet davon die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten.
(4) Die Kommission sorgt dafür, dass die Mitgliedstaaten über den Verlauf und die Ergebnisse dieses Verfahrens unterrichtet werden.“
Art. 18 („Unrechtmäßige Anbringung der CE-Kennzeichnung“) der Richtlinie bestimmt:
„Unbeschadet des Artikels 8 gilt Folgendes:
Stellt ein Mitgliedstaat fest, dass die CE-Kennzeichnung unberechtigterweise angebracht wurde, ist der Hersteller oder sein in der [Europäischen Union] ansässiger Bevollmächtigter verpflichtet, den weiteren Verstoß unter den vom Mitgliedstaat festgelegten Bedingungen zu verhindern.
Falls die Nichtübereinstimmung weiter besteht, muss der Mitgliedstaat nach dem Verfahren des Artikels 8 alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um das Inverkehrbringen des betreffenden Produkts einzuschränken oder zu untersagen oder um zu gewährleisten, dass es vom Markt genommen wird.“
In Abschnitt I („Allgemeine Anforderungen“) des Anhangs I („Grundlegende Anforderungen“) der Richtlinie heißt es:
Die Produkte müssen so ausgelegt und hergestellt sein, dass ihre Anwendung weder den klinischen Zustand und die Sicherheit der Patienten noch die Sicherheit und die Gesundheit der Anwender oder gegebenenfalls Dritter gefährdet, wenn sie unter den vorgesehenen Bedingungen und zu den vorgesehenen Zwecken eingesetzt werden, wobei etwaige Risiken verglichen mit der nützlichen Wirkung für den Patienten vertretbar und mit einem hohen Maß des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit vereinbar sein müssen.
…
Die Produkte müssen die vom Hersteller vorgegebenen Leistungen erbringen, d. h., sie müssen so ausgelegt, hergestellt und verpackt sein, dass sie geeignet sind, eine oder mehrere der in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a) genannten Funktionen entsprechend den Angaben des Herstellers zu erfüllen.
…“
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Die in den Rn. 1 bis 20 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich wie folgt zusammenfassen.
Herr Klein, der Rechtsmittelführer, ist Vorstand der atmed AG, einer mittlerweile insolventen Aktiengesellschaft deutschen Rechts. Er ist zudem der Erfinder einer Inhalierhilfe für Asthmatiker, die er sich zu Beginn der 90er Jahre patentieren ließ.
Untersagungsanordnung in Bezug auf das Produkt „Inhaler“
Zwischen 1996 und 2001 wurde die Inhalierhilfe des Rechtsmittelführers von der Primed Halberstadt GmbH im Auftrag der Broncho-Air Medizintechnik AG hergestellt, die dieses Produkt unter dem Namen „Inhaler Broncho Air®“ (im Folgenden: Produkt „Inhaler“) auch vertrieb. Bei seinem Inverkehrbringen auf dem deutschen Markt trug dieses Produkt die CE-Kennzeichnung zum Ausweis seiner Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie 93/42.
Im Jahr 1996 übermittelten die deutschen Behörden Broncho-Air Medizintechnik einen Entscheidungsentwurf für ein Vertriebsverbot des Produkts „Inhaler“. Darin führten sie aus, dass wegen des Fehlens einer umfassenden klinischen Bewertung Bedenken bestünden, ob das Produkt die grundlegenden Anforderungen der Richtlinie 93/42 erfülle. Die deutschen Behörden brachten des Weiteren ihre Absicht zum Ausdruck, eine Rückrufaktion der bereits in den Verkehr gebrachten Exemplare des Produkts durchzuführen.
Mit Schreiben vom 22. Mai 1997 teilte Broncho-Air Medizintechnik den deutschen Behörden mit, dass das Produkt „Inhaler“ seit dem 1. Januar 1997 nicht mehr in den Verkehr gebracht und sein Vertrieb ausgesetzt worden sei, bis weitere Studien und Versuche zu seiner Übereinstimmung mit der Richtlinie 93/42 vorlägen. Außerdem teilte sie den deutschen Behörden mit, dass das Produkt nicht im Ausland vertrieben worden sei (im Folgenden: Schreiben vom 22. Mai 1997).
Am 23. September 1997 untersagten die deutschen Behörden Primed Halberstadt Medizintechnik das Inverkehrbringen des Produkts „Inhaler“ (im Folgenden: Untersagungsanordnung vom 23. September 1997). Darin führten die deutschen Behörden im Wesentlichen aus, nach der Stellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Deutschland) erfülle das Produkt „Inhaler“ nicht die grundlegenden Anforderungen des Anhangs I der Richtlinie 93/42, da seine Unbedenklichkeit nach den vom Hersteller bereitgestellten Angaben nicht ausreichend wissenschaftlich gesichert sei.
Am 7. Januar 1998 übermittelten die deutschen Behörden der Kommission ein Schreiben mit dem Betreff „Schutzklauselverfahren nach Artikel 8 der Richtlinie 93/42 zu [dem Produkt ‚Inhaler‘]“, mit dem sie die Kommission über ihre Untersagungsanordnung vom 23. September 1997 in Kenntnis setzten (im Folgenden: Schreiben vom 7. Januar 1998).
Im Anschluss an diese Mitteilung der deutschen Behörden erging keine Entscheidung der Kommission.
Untersagungsbescheid in Bezug auf das Produkt „effecto“
Am 16. Juni 2000 wurden die ausschließlichen Verwertungsrechte des Medizinprodukts des Rechtsmittelführers an atmed abgetreten. Nach dieser Abtretung wurde das Produkt ab 2002 exklusiv von atmed unter dem Namen „effecto®“ (im Folgenden: Produkt „effecto“) vertrieben. Im Jahr 2003 übernahm atmed auch die Herstellung des Produkts. Es trug bei seinem Inverkehrbringen auf dem deutschen Markt die CE-Kennzeichnung zum Ausweis seiner Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie 93/42.
Am 18. Mai 2005 untersagten die deutschen Behörden atmed das Inverkehrbringen des Produkts „effecto“ (im Folgenden: Untersagungsbescheid vom 18. Mai 2005). Sie vertraten im Wesentlichen die Auffassung, das Konformitätsbewertungsverfahren, insbesondere die klinische Bewertung, sei nicht in geeigneter Weise durchgeführt worden, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass das Produkt die grundlegenden Anforderungen der Richtlinie 93/42 erfülle. Die deutschen Behörden teilten diese Entscheidung nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/42 der Kommission mit.
Am 16. Januar und am 17. August 2006 nahm atmed Kontakt zu den Dienststellen der Kommission auf, wobei sie rügte, dass die deutschen Behörden die Kommission nicht über den Untersagungsbescheid vom 18. Mai 2005 informiert hätten. Sie vertrat die Auffassung, dass ein Schutzklauselverfahren nach Art. 8 der Richtlinie 93/42 hätte eingeleitet werden müssen.
Angesichts der von atmed erhaltenen Informationen bat die Kommission die deutschen Behörden am 6. Oktober 2006 um Mitteilung, ob sie die Voraussetzungen für ein Schutzklauselverfahren nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/42 als erfüllt ansähen.
Am 12. Dezember 2006 teilte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission mit, dass ihrer Ansicht nach das mit Übermittlung des Schreibens vom 7. Januar 1998 in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ eingeleitete Verfahren ein Schutzklauselverfahren im Sinne der genannten Vorschrift darstelle (im Folgenden: Schutzklauselverfahren von 1998) und dass ein neues Verfahren in Bezug auf das gleiche Produkt unter anderem Namen nicht gerechtfertigt sei. Ferner teilten die deutschen Behörden der Kommission mit, dass sie die Übereinstimmung des Produkts „effecto“ mit den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie 93/42 nach wie vor für zweifelhaft hielten, und baten deshalb die Kommission um Bestätigung des Untersagungsbescheids vom 18. Mai 2005. Am 13. Dezember 2006 unterrichtete die Kommission atmed über die Antwort der deutschen Behörden.
Am 18. Dezember 2006 forderte atmed die Kommission zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 226 EG gegen die Bundesrepublik Deutschland sowie zur Fortsetzung des ihrer Ansicht nach im Jahr 1998 eingeleiteten Schutzklauselverfahrens (im Folgenden: E-Mail von atmed vom 18. Dezember 2006) auf.
Am 22. Februar 2007 schlug die Kommission den deutschen Behörden vor, den Bescheid vom 18. Mai 2005 im Kontext des Schutzklauselverfahrens von 1998 zu bewerten und auf der Grundlage der neuen Informationen zu bearbeiten. Dadurch könne eine erneute Mitteilung vermieden und eine größere Effizienz sichergestellt werden.
Am 18. Juli 2007 teilte die Kommission den deutschen Behörden mit, sie sei zu dem Schluss gelangt, dass es bei dem Sachverhalt, mit dem diese sie befasst hätten, in Wirklichkeit um einen Fall der unrechtmäßigen Anbringung der CE-Kennzeichnung gehe, der deshalb nach Art. 18 der Richtlinie 93/42 zu behandeln sei. Dabei bezweifelte die Kommission, dass das Produkt „effecto“ außerstande sein sollte, die grundlegenden Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen. Vielmehr hielt sie für den Nachweis, dass es diesen Anforderungen entspreche, weitere klinische Daten für erforderlich und forderte die deutschen Behörden auf, eng mit atmed zusammenzuarbeiten, um zu ermitteln, welche Daten fehlten. Zu diesem Zweck übermittelte die Kommission dem Rechtsmittelführer eine Kopie des Schreibens an die deutschen Behörden.
Im Jahr 2008 richtete der Rechtsmittelführer an das Europäische Parlament eine Petition wegen der unzureichenden Weiterverfolgung seiner Angelegenheit durch die Kommission. Am 19. Januar 2011 nahm das Parlament die Entschließung P7_TA(2011)0017 an.
Am 9. März 2011 forderte der Rechtsmittelführer die Kommission auf, Schadensersatz in Höhe von 170 Mio. Euro an atmed und in Höhe von 130 Mio. Euro an ihn selbst zu zahlen. Die Kommission wies die Schadensersatzforderung des Rechtsmittelführers am 11. März 2011 zurück.
Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof
Mit Klageschrift, die am 15. September 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer eine auf Art. 268 in Verbindung mit Art. 340 Abs. 2 AEUV gestützte Klage auf Schadensersatz.
Mit Urteil vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), wies das Gericht diese Klage ab, da sich die Kommission nicht rechtswidrig im Hinblick auf die Richtlinie 93/42 verhalten habe.
Das Gericht wies zunächst den Antrag des Rechtsmittelführers in Bezug auf den Schaden, der vor dem 15. September 2006 entstanden sein soll, wegen Verjährung als unzulässig zurück. Sodann führte es zum Verbot in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ aus, dass die Untätigkeit der Kommission nicht rechtswidrig gewesen sei, da es sich bei einem solchen Verbot trotz des Betreffs des Schreibens vom 7. Januar 1998 nicht um einen Fall der Schutzklausel im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 handele, sondern um einen Fall unrechtmäßiger Anbringung der CE-Kennzeichnung gemäß Art. 18 der Richtlinie 93/42. In diesem Kontext habe die Kommission nach Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie nur von dem betreffenden Mitgliedstaat unterrichtet werden müssen und sei nicht zum Erlass einer Entscheidung verpflichtet gewesen. Schließlich wies das Gericht hinsichtlich des Verbots in Bezug auf das Produkt „effecto“ das Vorbringen des Rechtsmittelführers zurück, das im Wesentlichen darin bestand, dass die Kommission von sich aus ein Schutzklauselverfahren nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 oder zumindest ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 226 EG hätte einleiten müssen.
Im Anschluss an das Rechtsmittel des Rechtsmittelführers hob der Gerichtshof mit Urteil vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), das Urteil des Gerichts vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), teilweise auf und verwies die Rechtssache an das Gericht zurück.
Erstens wies der Gerichtshof das Rechtsmittel zurück, soweit der Rechtsmittelführer Schadensersatz für die Zeit vor dem 15. September 2006 begehrte. Zweitens führte er zum Verbot des Inverkehrbringens des Produkts „Inhaler“ aus, dass das Gericht die Art. 8 und 18 der Richtlinie 93/42 falsch angewandt hatte, als es feststellte, dass die Kommission nicht gegen ihre Verpflichtungen aus dieser Richtlinie verstoßen habe. Insbesondere hatte das Gericht rechtsfehlerhaft entschieden, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, im Anschluss an den Eingang des Schreibens vom 7. Januar 1998 ein Schutzklauselverfahren nach Art. 8 der Richtlinie 93/42 einzuleiten. Darüber hinaus führte der Gerichtshof aus, dass die in Betracht kommende Anwendung von Art. 18 der Richtlinie 93/42 auf das Produkt „Inhaler“ die Kommission nicht von ihrer Pflicht befreite, nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie tätig zu werden. Den vierten, das Verbot in Bezug auf das Produkt „effecto“ betreffenden Rechtsmittelgrund, der auf die Feststellung von Fehlern des Gerichts in diesem Teil des Urteils gerichtet war, wies der Gerichtshof als unzulässig zurück.
Angefochtenes Urteil
Aus den Rn. 32 bis 36 des angefochtenen Urteils geht hervor, dass der Rechtsmittelführer mit seinem zweiten Antrag vom Gericht die Feststellung begehrte, dass die Kommission ihm nicht nur wegen ihrer Untätigkeit im Schutzklauselverfahren von 1998 in Bezug auf das Produkt „Inhaler“, sondern auch in Bezug auf das Produkt „effecto“ Schadensersatz leisten müsse. In Rn. 36 des angefochtenen Urteils erklärte das Gericht diesen Antrag für unzulässig, soweit mit ihm gerügt wurde, dass die Kommission in dem das Produkt „effecto“ betreffenden Verfahren in rechtswidriger Weise untätig geblieben sei.
In Bezug auf die Voraussetzungen für den Eintritt der außervertraglichen Haftung der Union hat das Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass der Verstoß der Kommission gegen das Unionsrecht als hinreichend qualifiziert zu betrachten sei, da sie zum einen nicht über einen Wertungsspielraum hinsichtlich des Erlasses einer Entscheidung im Anschluss an das gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 eingeleitete Schutzklauselverfahren von 1998 verfügt habe und da zum anderen eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Verwaltung unter ähnlichen Umständen die festgestellte Unregelmäßigkeit nicht hätte begehen dürfen.
Zu der Frage, ob Art. 8 der Richtlinie 93/42 dem Rechtsmittelführer Rechte verleiht, hat das Gericht in Rn. 67 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, dass der Rechtsmittelführer nur die ihm von Broncho-Air Medizintechnik abgetretenen Schadensersatzansprüche geltend machen könne, aber weder eigene Schadensersatzansprüche noch Schadensersatzansprüche von atmed, da diese nicht unter die Schutznorm in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 fielen.
Zum Kausalzusammenhang hat das Gericht in Rn. 73 des angefochtenen Urteils ausgeführt, selbst wenn das Vorliegen aller vom Rechtsmittelführer angegebenen Schäden erwiesen wäre, könne jedenfalls kein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen diesen Schäden und dem rechtswidrigen Verhalten der Kommission hergestellt werden. Dazu hat das Gericht zunächst folgende Erwägungen angestellt:
[Es] ist … festzustellen, dass Broncho-Air Medizintechnik mit ihrem Schreiben vom 22. Mai 1997 die deutschen Behörden über ihre Absicht unterrichtet hatte, freiwillig den Verkauf des Produkts ‚Inhaler‘ einzustellen, bis weitere Studien und Versuche zur Übereinstimmung dieses Produkts mit der Richtlinie 93/42 vorliegen. Ferner geht aus diesem Schreiben hervor, dass das Produkt ‚Inhaler‘ aufgrund einer Entscheidung der Vertriebsgesellschaft seit dem 1. Januar 1997 nicht mehr in den Verkehr gebracht worden war und dass es in keinem anderen Mitgliedstaat als in [der Bundesrepublik] Deutschland vertrieben worden war. Am Ende des Schreibens heißt es, dass die deutschen Behörden sowie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erneut kontaktiert würden, sobald neue Erkenntnisse über die Unbedenklichkeit des Produkts vorlägen.
Daraus folgt, dass das Inverkehrbringen und der Verkauf des Produkts ‚Inhaler‘ – wie die Kommission und die Bundesrepublik Deutschland hervorheben – eingestellt wurden, bevor sein Vertrieb am 23. September 1997 untersagt wurde und bevor diese Entscheidung am 7. Januar 1998 der Kommission gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/42 mitgeteilt wurde. Der vom Kläger behauptete Schaden, der nach seinen Angaben u. a. im Ausbleiben von Verkäufen des Produkts ‚Inhaler‘ und anderen aus dem Ausbleiben dieser Verkäufe resultierenden Forderungen besteht, beruht somit auf der von Broncho-Air Medizintechnik aus eigenem Antrieb getroffenen Entscheidung und nicht auf der gerügten Untätigkeit der Kommission. Im Übrigen ist es dabei entgegen dem Vorbringen des Klägers unerheblich, dass die Kommission von dieser Einstellung des Verkaufs erst in einem späteren Verfahrensstadium Kenntnis erlangte.
Sollte der Kläger geltend machen wollen, dass das Produkt ‚Inhaler‘ ab 1997 wegen der Untersagung [vom 23. September 1997] und der Untätigkeit der Kommission nicht mehr vertrieben worden sei, steht dieses Argument überdies im Widerspruch zu den Ausführungen von atmed in einer E-Mail, die sie am 18. Dezember 2006 der Kommission übermittelte und in der die freiwillige Einstellung des Vertriebs des Produkts ‚Inhaler‘ bestätigt wird. Darin erläuterte atmed nämlich, dass sich das Schutzklauselverfahren von 1998 ‚kurz nach dem Schreiben [vom 7. Januar 1998] dadurch erledigte, dass der seinerzeitige Hersteller die Erklärung abgab, er werde das Produkt nicht weiter in Verkehr bringen, bevor nicht weitere Untersuchungen vorlägen, welche die Ungefährlichkeit des Produkts belegen‘. Ferner heißt es in der E-Mail, dass diese Erklärung ‚gegenüber der deutschen Behörde mündlich im Januar 1997 und durch schriftliche Bestätigung am 22. Mai 1997‘ erfolgt sei.“
In Rn. 78 des angefochtenen Urteils ist das Gericht sodann bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Argument, die Kommission hätte in jedem Fall eine den Feststellungen der deutschen Behörden zuwiderlaufende Entscheidung erlassen, nicht gefolgt werden könne.
Schließlich hat das Gericht am Ende seiner Prüfung in Rn. 81 des angefochtenen Urteils insoweit erklärt, es sei ungewiss, ob die Kommission eine Entscheidung in dem vom Rechtsmittelführer behaupteten Sinne getroffen hätte, und im Übrigen könne das Bestehen eines Kausalzusammenhangs im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, da das Vorbringen des Rechtsmittelführers in Bezug auf den Ausgang des Schutzklauselverfahrens von 1998 auf rein hypothetischen Annahmen beruhe.
In Rn. 82 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hinzugefügt, dass der Rechtsmittelführer die Verfahrenskosten und die Anwaltshonorare sowie die Darlehen und Zinsen zur Finanzierung der Verfahren vor den nationalen Gerichten aus eigenem Antrieb aufgewendet habe, um die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der deutschen Behörden anzufechten, so dass ihre Erstattung von der Kommission nicht mit Erfolg verlangt werden könne.
Unter diesen Umständen hat das Gericht in den Rn. 83 und 84 des angefochtenen Urteils entschieden, dass der Rechtsmittelführer das Vorliegen eines unmittelbaren und hinreichenden Kausalzusammenhangs, der die außervertragliche Haftung der Union auslösen könnte, nicht nachgewiesen habe und – da das Fehlen nur einer der für den Eintritt dieser Haftung notwendigen Voraussetzungen ausreiche, um den Schadensersatzanspruch zurückzuweisen – die Klage insgesamt abzuweisen sei, ohne dass die das Vorliegen eines Schadens betreffende Voraussetzung geprüft zu werden brauche.
Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof
Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Rechtsmittelführer,
das angefochtene Urteil aufzuheben;
die Kommission zu verurteilen, an ihn 1562662,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz ab Verkündung des zu erlassenden Urteils zu bezahlen;
festzustellen, dass die Kommission dem Grunde nach den noch geltend gemachten, noch zu beziffernden Schaden zu ersetzen hat, der ihm nach dem 15. September 2006 entstanden ist;
die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen;
hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen.
Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen und dem Rechtsmittelführer die gesamten Kosten aufzuerlegen.
Zum Rechtsmittel
Der Rechtsmittelführer stützt sein Rechtsmittel im Wesentlichen auf sieben Gründe, und zwar erstens auf einen Verstoß gegen Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, da das Gericht zu Unrecht festgestellt habe, dass der zweite Klageantrag unzulässig sei, zweitens auf einen Verstoß gegen Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, da dem Gericht bei der Beurteilung der Voraussetzungen der Schadensersatzklage ein Fehler unterlaufen sei, drittens auf einen Verstoß gegen Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts, da das Gericht das Vorbringen in Bezug auf den Verstoß gegen Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zu Unrecht als neu zurückgewiesen habe, viertens auf einen Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 93/42 und die Art. 28 ff. AEUV, soweit sie dem Einzelnen Rechte verliehen, fünftens auf einen Fehler des Gerichts im Rahmen seiner Prüfung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten der Kommission und dem geltend gemachten Schaden, sechstens auf die Nichtbeachtung eines Entscheidungsentwurfs der Kommission und siebtens auf einen Verstoß gegen Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und Art. 47 der Charta, da das Gericht seinen Beweisantrag zu Unrecht zurückgewiesen habe.
Ferner beantragt der Rechtsmittelführer unter Berufung auf Art. 41 der Charta, der Kommission aufzugeben, die gesamte das Schutzklauselverfahren gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/42 betreffende Akte vorzulegen.
Zum ersten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
Der Rechtsmittelführer hebt hervor, dass er vor dem Gerichtshof die Schlussfolgerung des Gerichts im Urteil vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), beanstandet habe, wonach die Kommission ohne eine förmliche Mitteilung durch die deutschen Behörden in Bezug auf das Produkt „effecto“ nicht verpflichtet gewesen sei, eine Entscheidung nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 zu erlassen.
Diesen Rechtsmittelgrund habe der Gerichtshof im Urteil vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), als unzulässig zurückgewiesen; daraus sei abzuleiten, dass diese Feststellung des Gerichts gemäß Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bindend sei.
Dabei habe die Zurückweisung des Rechtsmittelgrundes nicht zur Folge, dass der Rechtsmittelführer keinen Schadensersatz in Bezug auf das Produkt „effecto“ verlangen könne. Die fehlende außervertragliche Haftung der Union in Bezug auf dieses Produkt sei nämlich keine Rechtsfrage, über die der Gerichtshof im Rechtsmittelurteil entschieden habe. Der Gerichtshof habe rechtskräftig festgestellt, dass die Kommission eine Entscheidung nach Art. 8 der Richtlinie 93/42 hätte erlassen müssen und sich insoweit rechtswidrig verhalten habe, so dass die Wirkungen des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), auch das Produkt „effecto“ beträfen.
In den Rn. 32 bis 36 des angefochtenen Urteils habe das Gericht diesem Urteil des Gerichtshofs aber entnommen, dass der zweite Antrag des Rechtsmittelführers, mit dem er vom Gericht begehrt habe, die Kommission zu verurteilen, ihm nicht nur wegen ihrer Untätigkeit im Schutzklauselverfahren von 1998 in Bezug auf das Produkt „Inhaler“, sondern auch wegen ihrer Untätigkeit in Bezug auf das Produkt „effecto“ Schadensersatz zu leisten, für unzulässig zu erklären sei.
Überdies gehe aus dem Tenor des Urteils des Gerichtshofs hervor, dass er nicht zwischen dem Produkt „Inhaler“ und dem Produkt „effecto“ unterschieden habe. Der Tenor dieses Urteils erfasse im Hinblick auf die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs folglich alle Schäden, die dem Rechtsmittelführer aus eigenem und abgetretenem Recht sowohl für das Produkt „Inhaler“ als auch für das Produkt „effecto“ entstanden seien.
Die Kommission macht geltend, der erste Rechtsmittelgrund entbehre der Grundlage.
Würdigung durch den Gerichtshof
Gemäß Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Gericht im Fall der Zurückverweisung an die rechtliche Beurteilung in der Entscheidung des Gerichtshofs gebunden.
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in seinem Urteil vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), die Rüge des Rechtsmittelführers, dass die Kommission in Bezug auf das Produkt „effecto“ auch ohne förmliche Mitteilung durch die deutschen Behörden eine Entscheidung nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 hätte erlassen müssen, zurückgewiesen hat.
In seiner Rechtsmittelschrift in der Rechtssache, in der das Urteil vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), ergangen ist, hatte der Rechtsmittelführer einen vierten, das Unterbleiben einer Entscheidung der Kommission in Bezug auf das Produkt „effecto“ betreffenden Rechtsmittelgrund geltend gemacht und dabei das Ergebnis beanstandet, zu dem das Gericht insoweit gelangt ist.
In den Rn. 87 und 88 des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), hat der Gerichtshof entschieden, dass der Rechtsmittelführer die von ihm im Rahmen des vierten Rechtsmittelgrundes beanstandeten Punkte der Begründung des angefochtenen Urteils und erst recht den Rechtsfehler, mit dem dieser Teil des angefochtenen Urteils behaftet sein soll, nicht genau bezeichnet hatte. Der Gerichtshof kam deshalb zu dem Schluss, dass der vierte Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen war.
Folglich hat der Gerichtshof, indem er diesen Rechtsmittelgrund wegen seiner Unbestimmtheit als unzulässig zurückgewiesen hat, der rechtlichen Beurteilung des Verhaltens der Kommission in Bezug auf das Produkt „effecto“ im Urteil vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), Bindungswirkung verliehen.
Die bloße Tatsache, dass der Gerichtshof in Nr. 1 des Tenors des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), nicht zwischen dem Produkt „Inhaler“ und dem Produkt „effecto“ unterschieden hat, kann an dieser Feststellung nichts ändern.
Somit hat das Gericht im angefochtenen Urteil den zweiten Antrag des Rechtsmittelführers, mit dem er vom Gericht die Feststellung begehrte, dass die Kommission ihm auch wegen ihrer Untätigkeit in Bezug auf das Produkt „effecto“ Schadensersatz zu leisten habe, zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
Der Rechtsmittelführer macht geltend, der Gerichtshof habe in Nr. 1 des Tenors des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), bereits entschieden, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 93/42 vorgelegen habe und dass dieser Artikel dem Einzelnen Rechte verleihe. Die Formulierung „Schaden …, der … entstanden sein soll“ in Nr. 1 des Tenors sei in dem Sinne zu verstehen, dass vom Gericht in dem nach Zurückverweisung zu erlassenden Urteil nur noch das Vorliegen des Schadens zu prüfen sei.
Der Umstand, dass das Gericht im angefochtenen Urteil eine erneute Prüfung der außervertraglichen Haftung der Union vornehme und dabei zu dem Ergebnis komme, dass der Rechtsmittelführer keine eigenen oder ihm von atmed abgetretenen Schadensersatzansprüche geltend machen könne, laufe darauf hinaus, dem Urteil vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), seine Bindungswirkung zu nehmen. Das Gericht habe in Bezug auf die Prüfung der Voraussetzungen der Schadensersatzklage somit gegen Art. 61 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verstoßen.
Nach Ansicht der Kommission entbehrt der zweite Rechtsmittelgrund der Grundlage.
Würdigung durch den Gerichtshof
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs hängt die außervertragliche Haftung der Union im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV vom Vorliegen einer Reihe von Voraussetzungen ab, die sich auf die Rechtswidrigkeit des dem Unionsorgan vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Bestehen des Schadens und die Existenz eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Organs und dem geltend gemachten Schaden beziehen (Urteil vom 14. Oktober 2014, Giordano/Kommission, C-611/12 P, EU:C:2014:2282, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
In Bezug auf die erste Voraussetzung hat der Gerichtshof bereits wiederholt klargestellt, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsregel nachzuweisen ist, die dem Einzelnen Rechte verleihen soll (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C-352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 42, und vom 10. Juli 2014, Nikolaou/Rechnungshof,C-220/13 P, EU:C:2014:2057, Rn. 53).
Der Rechtsmittelführer trägt vor, der Gerichtshof habe in Nr. 1 des Tenors des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), bereits entschieden, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 93/42 vorgelegen habe und dass dieser Artikel dem Einzelnen Rechte verleihe, so dass das Gericht im angefochtenen Urteil keine erneute Prüfung dieser Voraussetzung der außervertraglichen Haftung der Union habe vornehmen dürfen.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes, mit dem der Rechtsmittelführer eine falsche Anwendung der Art. 8 und 18 der Richtlinie 93/42 rügte, geprüft hat, ob die Kommission nach Erhalt des Schreibens vom 7. Januar 1998 zum Tätigwerden verpflichtet war. Am Ende seiner Prüfung entschied der Gerichtshof, dass das Gericht in seinem Urteil vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), die Art. 8 und 18 der Richtlinie 93/42 falsch angewandt hat.
Der Gerichtshof hat zwar den Verstoß des Gerichts gegen diese Bestimmungen der Richtlinie 93/42 anerkannt, aber nicht die Voraussetzungen für den Eintritt der außervertraglichen Haftung der Union geprüft; dies gilt insbesondere für die erste dieser Voraussetzungen, das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen. In seinem Urteil gibt es im Übrigen keine Bezugnahme auf diese Voraussetzung.
Daher kann die Formulierung in Nr. 1 des Tenors des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), wonach das Urteil des Gerichts vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), „insoweit aufgehoben [wird], als das Gericht darin die Klage hinsichtlich des Begehrens abgewiesen hat, die Europäische Kommission zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der Herrn Christoph Klein ab dem 15. September 2006 entstanden sein soll“, nicht dahin verstanden werden, dass der Gerichtshof im Rahmen seiner Prüfung anerkannt hat, dass die erste Voraussetzung für den Eintritt der außervertraglichen Haftung der Union im vorliegenden Fall erfüllt war.
Folglich beruht der gegen das Gericht erhobene Vorwurf, im angefochtenen Urteil geprüft zu haben, ob die Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Art. 8 der Richtlinie 93/42 begangen habe und ob diese Bestimmung dem Einzelnen Rechte verleihe, auf einem Fehlverständnis des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), und insbesondere von dessen Tenor durch den Rechtsmittelführer.
Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten, zum sechsten und zum siebten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
Mit dem dritten Rechtsmittelgrund beanstandet der Rechtsmittelführer, dass das Gericht in Rn. 46 des angefochtenen Urteils seine Rüge, die Untätigkeit der Kommission stelle einen Verstoß gegen Art. 41 der Charta und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dar, als unzulässig zurückgewiesen habe, da es sich um neues Vorbringen handele.
Er habe aber in seiner Klageschrift vorgetragen, dass sich die Verpflichtung der Kommission zum Erlass einer Entscheidung nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 aus dem Grundsatz des „guten Regierens“ ergebe.
Folglich sei die Rüge des Verstoßes gegen Art. 41 der Charta kein neues Vorbringen, da sich die Grundsätze des „guten Regierens“ und der guten Verwaltung deckten.
Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, die Kommission habe in ihrer Klagebeantwortung dem Gericht im Rahmen des Verfahrens, in dem das angefochtene Urteil ergangen sei, zwei Entscheidungsentwürfe vorgelegt, von denen einer, nämlich der Entwurf „Anlage KOM RENV 1“ (im Folgenden: streitiger Entscheidungsentwurf), unterschriftsreif gewesen und als „final“ bezeichnet worden sei. Dies beweise, dass die Kommission die Entscheidung der deutschen Behörden über die Untersagung des Produkts „effecto“ vom 18. Mai 2005 nicht für gerechtfertigt gehalten habe.
Im angefochtenen Urteil habe das Gericht diesen Beweis jedoch nicht geprüft. In einem Verfahren, in dem Waffengleichheit bestehe, hätte das Gericht zumindest im Rahmen prozessleitender Maßnahmen dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem streitigen Entscheidungsentwurf geben müssen. Folglich habe das Gericht gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK und Art. 47 der Charta verstoßen.
Zudem stelle es eine Verfälschung des Sachverhalts und der Beweise dar, dass das Gericht diese beiden von der Kommission vorgelegten Entscheidungsentwürfe nicht berücksichtigt habe. Sie zeigten nämlich, dass die Kommission zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die in der Untersagung des Produkts „effecto“ bestehende Maßnahme der deutschen Behörden nicht verhältnismäßig sei.
Schließlich macht der Rechtsmittelführer mit dem siebten Rechtsmittelgrund geltend, er habe in seiner schriftlichen Stellungnahme in dem Verfahren, in dem das angefochtene Urteil ergangen sei, beantragt, der Kommission aufzugeben, die gesamte das Schutzklauselverfahren von 1998 betreffende Akte vorzulegen.
Durch die Zurückweisung dieses Antrags habe das Gericht gegen Art. 6 EMRK und Art. 47 der Charta verstoßen.
Die Kommission hält den dritten, den sechsten und den siebten Rechtsmittelgrund für unbegründet.
Würdigung durch den Gerichtshof
In Bezug auf den dritten Rechtsmittelgrund genügt die Feststellung, dass die Rüge des Verstoßes gegen Art. 41 der Charta und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung vom Rechtsmittelführer vorgebracht wurde, um die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission nachzuweisen. Desgleichen können hinsichtlich des sechsten und des siebten Rechtsmittelgrundes die von der Kommission vorgelegten Entscheidungsentwürfe und eine etwaige an sie gerichtete Anordnung, ihre das Schutzklauselverfahren von 1998 betreffende Akte vorzulegen, nur zu den gleichen Zwecken herangezogen werden.
In Rn. 57 des angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch entschieden, dass die Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht begangen habe.
Unter diesen Umständen hatten die vom Rechtsmittelführer im Rahmen seines dritten, seines sechsten und seines siebten Rechtsmittelgrundes geltend gemachten Rechtsverstöße – ihr Vorliegen unterstellt – keine nachteiligen Auswirkungen auf den Rechtsmittelführer und können nicht die Aufhebung des angefochtenen Urteils rechtfertigen.
Folglich sind der dritte, der sechste und der siebte Rechtsmittelgrund als ins Leere gehend zurückzuweisen.
Zum vierten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
Der Rechtsmittelführer hebt hervor, dass sich die Richtlinie 93/42 nicht nur auf „Hersteller“, sondern auch auf „Betroffene“ beziehe. Daraus folge, dass diese Richtlinie dem Hersteller eines Medizinprodukts und den Betroffenen, wie dem Erfinder des Produkts oder anderen an seiner Herstellung und seinem Vertrieb beteiligten Personen, Rechte verleihe.
Daher könne er sich als Erfinder des betreffenden Medizinprodukts und als Hauptaktionär von atmed sowie als Lizenzgeber gegenüber Broncho-Air Medizintechnik in Verbindung mit seiner persönlichen Voraussetzung auf Art. 8 der Richtlinie 93/42 und die Art. 28 ff. AEUV berufen. Er sei auch derjenige, der mehr als alle anderen Beteiligten von der Untätigkeit der Kommission im Rahmen des Schutzklauselverfahrens von 1998 wirtschaftlich betroffen im Sinne von Art. 8 der Richtlinie 93/42 sei.
Diese Bestimmung verleihe auch atmed als der Herstellerin des Produkts „effecto“, die vom Schutzklauselverfahren von 1998 betroffen sei, Rechte. Außerdem seien die Produkte „Inhaler“ und „effecto“ baugleich, was bedeute, dass sie ein und dieselben Voraussetzungen nach der Richtlinie 93/42 zu erfüllen hätten.
Zudem zeige eine Anlage zur Klageschrift, dass das Schreiben der Kommission vom 22. Februar 2007 auch an atmed gerichtet worden sei. Dabei habe die Kommission den deutschen Behörden vorgeschlagen, die Entscheidung über die Untersagung des Produkts „effecto“ im Rahmen des Schutzklauselverfahrens von 1998 in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ zu evaluieren. Daher habe sich das Gericht auf falsche Tatsachen gestützt und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als es davon ausgegangen sei, dass atmed nicht zu den Adressaten dieses Schutzklauselverfahrens gehört habe.
Aus diesen Erwägungen ergebe sich, dass das Gericht zu Unrecht entschieden habe, dass der Rechtsmittelführer in Bezug auf das Produkt „effecto“ keinen Schadensersatz für sich oder für atmed verlangen könne.
Die Kommission schlägt dem Gerichtshof vor, den vierten Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
Würdigung durch den Gerichtshof
Im vorliegenden Fall hat der Rechtsmittelführer eine Klage aus außervertraglicher Haftung erhoben, mit der er Schadensersatz wegen der Verletzung seiner persönlichen Rechte sowie der Rechte von Broncho-Air Medizintechnik und atmed begehrt, die ihre Schadensersatzansprüche an ihn abgetreten haben.
Mit dem vorliegenden Rechtsmittelgrund wirft er dem Gericht vor, in den Rn. 63 bis 67 des angefochtenen Urteils festgestellt zu haben, dass er nur die ihm von Broncho-Air Medizintechnik am 27. Januar 2007 abgetretenen Schadensersatzansprüche geltend machen könne und keine eigenen Schadensersatzansprüche oder Schadensersatzansprüche von atmed, die das Produkt „effecto“ exklusiv vertrieben und dann auch dessen Herstellung übernommen habe.
Wie sich aus der Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes in der vorliegenden Rechtssache ergibt, hat das Gericht im angefochtenen Urteil jedoch zu Recht den zweiten bei ihm gestellten Antrag, mit dem der Rechtsmittelführer begehrte, dass die Kommission ihm auch wegen der ihr zuzurechnenden Untätigkeit im Rahmen des das Produkt „effecto“ betreffenden Verfahrens Schadensersatz leisten solle, als unzulässig zurückgewiesen.
Da atmed das Produkt „effecto“ allein vertrieben und dann auch hergestellt hat, hat das Gericht unter diesen Umständen zu Recht festgestellt, dass der Rechtsmittelführer keine ihm von atmed abgetretenen Schadensersatzansprüche geltend machen kann.
Insoweit ist der Umstand, dass das Schreiben vom 22. Februar 2007, mit dem die Kommission den deutschen Behörden vorschlug, den Bescheid vom 18. Mai 2005 im Kontext des Schutzklauselverfahrens von 1998 zu bewerten und auf der Grundlage der neuen Informationen zu bearbeiten, auch an atmed gerichtet war, nicht geeignet, im Rahmen der Anwendung von Art. 8 der Richtlinie 93/42 dem Rechtsmittelführer in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ Schadensersatzansprüche zu verschaffen.
In Bezug auf die vom Rechtsmittelführer geltend gemachten eigenen Schadensersatzansprüche trifft es zu, dass in Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 93/42 von den „Betroffenen“ die Rede ist. Im zweiten Gedankenstrich dieser Bestimmung wird jedoch klargestellt, dass die Kommission, wenn die Maßnahme nicht gerechtfertigt ist, davon unverzüglich den Mitgliedstaat unterrichtet, der die Maßnahme getroffen hat, sowie den „Hersteller“ oder seinen in der Union niedergelassenen Bevollmächtigten. Kein anderer Betroffener wird in dieser Bestimmung erwähnt.
Somit ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 93/42, dass nur dem Hersteller des Medizinprodukts oder seinem Bevollmächtigten Schadensersatzansprüche zustehen können.
Folglich hat das Gericht zu Recht entschieden, dass der Rechtsmittelführer keine eigenen Schadensersatzansprüche geltend machen konnte.
Soweit der Rechtsmittelführer geltend macht, dass die Art. 28 ff. AEUV geeignet seien, ihm persönlich und atmed gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/42 Schadensersatzansprüche zu verschaffen, genügt überdies der Hinweis, dass eine solche Argumentation im Rahmen seiner Klageschrift nicht vorgebracht wurde. Es handelt sich damit um neues Vorbringen, das unzulässig ist.
Mithin ist der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
Zum fünften Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
Der Rechtsmittelführer macht geltend, in den Rn. 74 und 75 des angefochtenen Urteils werde ausgeführt, dass Broncho-Air Medizintechnik und Primed Halberstadt das Inverkehrbringen des Produkts „Inhaler“ freiwillig eingestellt hätten, weil Broncho-Air Medizintechnik in ihrem Schreiben vom 22. Mai 1997 erklärt habe, dieses Produkt vorerst nicht weiter zu vertreiben.
Die Einstellung des Vertriebs des Produkts „Inhaler“ sei aber keine freiwillige Handlung von Broncho-Air Medizintechnik gewesen, deren Ziel es gewesen sei, das Produkt in den Verkehr zu bringen. Die deutschen Behörden hätten ihr jedoch keine andere Wahl gelassen, da in der Praxis niemand ein Produkt kaufen würde, das zwar objektiv ungefährlich, aber Gegenstand eines laufenden Verbotsverfahrens sei. Der Rechtsmittelführer wäre zudem gegenüber eventuellen Käufern des Produkts „Inhaler“ zivilrechtlich hinweispflichtig gewesen, was diese von dessen Kauf abgehalten hätte.
Folglich habe das Gericht in den Rn. 74 und 75 des angefochtenen Urteils den Sachverhalt verfälscht, da nach seinen eigenen Sachverhaltsfeststellungen Broncho-Air Medizintechnik ihr Produkt nicht freiwillig vom Markt genommen habe.
Die fehlende Freiwilligkeit der Rücknahme vom Markt ergebe sich auch daraus, dass sich die deutschen Behörden veranlasst gesehen hätten, das Inverkehrbringen des Produkts „Inhaler“ am 23. September 1997 zu untersagen, was nicht nötig gewesen wäre, wenn Broncho-Air Medizintechnik und Primed Halberstadt es aus freien Stücken vom Markt genommen hätten.
Zudem habe Primed Halberstadt im Einvernehmen mit Broncho-Air Medizintechnik Widerspruch gegen die Untersagungsanordnung vom 23. September 1997 eingelegt, was sie nicht getan hätte, wenn das Produkt „Inhaler“ freiwillig vom Markt genommen worden wäre. Diese Anordnung und der dagegen eingelegte Widerspruch hätten daher die Erklärung im Schreiben vom 22. Mai 1997 obsolet gemacht.
Außerdem beruhten die Erwägungen in den Rn. 74 und 75 des angefochtenen Urteils auf einer falschen rechtlichen Qualifizierung der Tatsachen. Hätte die Kommission nämlich im Anschluss an die schriftliche Mitteilung vom 7. Januar 1998 unverzüglich eine Entscheidung gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/42 getroffen, hätte Broncho-Air Medizintechnik das Produkt „Inhaler“ sofort wieder verkaufen können. Ursächlich für die nachfolgend entstandenen Schäden, insbesondere die mit der Gründung von atmed und der Bewertung der Konformität des Produkts „effecto“ verbundenen Kosten, sei die Untätigkeit der Kommission und nicht die Entscheidung, das Produkt „Inhaler“ vorerst vom Markt zu nehmen.
Überdies habe das Gericht in Rn. 76 des angefochtenen Urteils die E-Mail von atmed vom 18. Dezember 2006 rechtlich falsch qualifiziert. Dieses Unternehmen habe nämlich keine Erklärung im Namen von Broncho-Air Medizintechnik abgeben können, und die E-Mail könne auch nicht widerlegen, dass die Untätigkeit der Kommission die entscheidende Ursache dafür gewesen sei, dass das Produkt „Inhaler“ ab dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission eine Entscheidung hätte treffen müssen, nicht mehr vertrieben worden sei.
In den Rn. 79 und 80 des angefochtenen Urteils sei das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Kommission und dem geltend gemachten Schaden bestehe, da nicht feststehe, dass sie zugunsten des Rechtsmittelführers entschieden hätte. Das Gericht habe ohne eigene Prüfung lediglich auf die Angaben der deutschen Behörden Bezug genommen, was einen Begründungsmangel darstelle. Im Rahmen dieser Prüfung hätte das Gericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Kommission u. a. hätte berücksichtigen müssen, dass das Produkt „Inhaler“ ein CE-Kennzeichen getragen habe, sowie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang damit, dass es sich um ein Medizinprodukt der Klasse I handele, von dem grundsätzlich nur sehr geringe Gefahren für die Gesundheit ausgingen, und die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Bestimmungen der Richtlinie 93/42. Daher hätte das Gericht feststellen müssen, dass die gegen das Produkt „Inhaler“ gerichtete Untersagungsanordnung der deutschen Behörden vom 23. September 1997 nicht gerechtfertigt sei.
Es treffe nicht zu, dass das in Rn. 81 des angefochtenen Urteils erwähnte Vorbringen in Bezug auf den Ausgang des Schutzklauselverfahrens „hypothetisch“ sei. Es beruhe nämlich auf einer rechtlichen und tatsächlichen Prüfung, die die Kommission hätte durchführen müssen. Zudem hätte das Gericht den streitigen Entscheidungsentwurf berücksichtigen müssen, wonach die Untersagungsanordnung der deutschen Behörden in Bezug auf das Produkt „effecto“ nicht gerechtfertigt sei.
Das Gericht habe, nachdem es seinen zweiten, das Produkt „effecto“ betreffenden Antrag zurückgewiesen habe, dieses Produkt überhaupt nicht mehr berücksichtigt, was eine falsche rechtliche Qualifizierung von Tatsachen darstelle. Hätte die Kommission im Anschluss an die Einleitung des Schutzklauselverfahrens von 1998 eine Entscheidung erlassen, hätte Broncho-Air Medizintechnik danach das Produkt „Inhaler“ bis heute vermarkten und verkaufen können. Jedenfalls seien die Folgen des Unterbleibens der Entscheidung der Kommission hinreichend unmittelbar, weil es die wesentliche, entscheidende und objektiv vorhersehbare Ursache für die Aufwendungen im Rahmen der Gründung von atmed und ihrer späteren Auflösung gewesen sei.
Schließlich wären die Verfahrenskosten und Anwaltshonorare sowie die Darlehen und Zinsen zur Finanzierung der Verfahren vor den nationalen Gerichten nicht entstanden, wenn die Kommission binnen angemessener Frist im Rahmen des Schutzklauselverfahrens von 1998 gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/42 eine Entscheidung erlassen hätte.
Die Kommission macht geltend, es könne keine Rede davon sein, dass ihre Untätigkeit Broncho-Air Medizintechnik gezwungen hätte, im Jahr 1997 den Vertrieb des Produkts „Inhaler“ einzustellen. Zunächst sei es schon chronologisch nicht denkbar, dass die Entscheidung von Broncho-Air Medizintechnik, ab dem 1. Januar 1997 das Inverkehrbringen dieses Produkts einzustellen, die zwingende Folge des Umstands gewesen sein solle, dass die Kommission nicht auf die schriftliche Mitteilung vom 7. Januar 1998 reagiert habe.
Wäre Broncho-Air Medizintechnik der Auffassung gewesen, dass das Produkt „Inhaler“ rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden sei, hätte sie dessen Vertrieb weiterführen und Widerspruch gemäß der deutschen Verwaltungsgerichtsordnung gegen einen zu erwartenden Verbotsbescheid einlegen können, der grundsätzlich aufschiebende Wirkung habe. Primed Halberstadt Medizintechnik sei gegen die Untersagungsanordnung der deutschen Behörden in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ vom23. September 1997 so vorgegangen, und diese Anordnung sei wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs niemals bestandskräftig geworden. Daher habe entgegen den Ausführungen des Rechtsmittelführers auch kein Zwang bestanden, atmed zu gründen.
Dass weiterhin die Möglichkeit bestanden habe, das Produkt „Inhaler“ zu vermarkten, werde dadurch bestätigt, dass nach den eigenen Angaben des Rechtsmittelführers in der Rechtssache, in der das Urteil vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), ergangen sei, dieses Produkt von Primed Halberstadt Medizintechnik zwischen 1996 und 2001 hergestellt worden und von 1996 bis 2002 tatsächlich weiterhin von Broncho-Air Medizintechnik vertrieben worden sei.
Die Rüge der Sachverhaltsverfälschung sei nicht hinreichend substantiiert, und das Gericht habe in Rn. 75 seines Urteils nicht entschieden, dass das Schutzklauselverfahren von 1998 gegenstandslos geworden sei. Zudem spreche die E-Mail von atmed vom 18. Dezember 2006 dafür, dass Broncho-Air Medizintechnik von sich aus entschieden habe, das Produkt „Inhaler“ nicht mehr in den Verkehr zu bringen.
Zum mutmaßlichen Ergebnis der Entscheidung der Kommission nach der schriftlichen Mitteilung vom 7. Januar 1998 trägt sie vor, die angeblichen Schäden des Rechtsmittelführers ließen sich nur dann auf ein etwaiges rechtswidriges Verhalten ihrerseits zurückführen, wenn nachgewiesen werden könnte, dass die Schäden nicht entstanden wären, wenn sie sich rechtmäßig verhalten hätte. In Rn. 79 des angefochtenen Urteils stelle das Gericht jedoch fest, dass Broncho-Air Medizintechnik selbst anerkannt habe, dass es weiterer wissenschaftlicher Studien und Versuche bedurft habe, um die Unbedenklichkeit des Produkts „Inhaler“ festzustellen.
In Bezug auf das auf die Verletzung der Begründungspflicht gestützte Vorbringen habe sich das Gericht in Rn. 72 des angefochtenen Urteils zu Recht auf den Inhalt der Untersagungsanordnung vom 23. September 1997 und des Schreibens vom 7. Januar 1998 gestützt, um daraus abzuleiten, dass ungewiss gewesen sei, ob die Kommission eine Entscheidung in dem vom Rechtsmittelführer behaupteten Sinne getroffen hätte.
Zudem habe die Bundesrepublik Deutschland den nach Art. 8 der Richtlinie 93/42 im Fall von Risiken im Zusammenhang mit Medizinprodukten erforderlichen Nachweis erbracht, und die Entscheidung der deutschen Behörden hätte jedenfalls wegen der aufgrund fehlender klinischer Daten bestehenden Unsicherheit über die Wirkung des Produkts „Inhaler“ bestätigt werden müssen.
Das Vorbringen des Rechtsmittelführers in Bezug auf den Ausgang des Schutzklauselverfahrens von 1998 sei unsubstantiiert. Darüber hinaus sei der streitige Entscheidungsentwurf vom Rechtsmittelführer vor dem Gericht angeführt worden, um nachzuweisen, dass die Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm begangen habe, und nicht im Rahmen der Prüfung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten der Kommission und dem geltend gemachten Schaden. Zudem sei dieser Entwurf nicht zum Nachweis eines solchen Kausalzusammenhangs geeignet.
Auf das Vorbringen zum Kausalzusammenhang in Bezug auf das Produkt „effecto“ habe das Gericht zum einen nicht eingehen müssen, da weder der Rechtsmittelführer persönlich noch atmed in den Anwendungsbereich von Art. 8 der Richtlinie 93/42 fielen. Zum anderen hätte der Rechtsmittelführer keine Aufwendungen für die Gründung von atmed tätigen müssen.
Die Rechtsverfolgungskosten des Rechtsmittelführers im Rahmen der Verfahren vor den nationalen Gerichten seien nicht hinreichend unmittelbar auf das Verhalten der Kommission zurückzuführen. Sie stünden auch in keinerlei Zusammenhang mit der Untätigkeit der Kommission nach dem Erhalt des Schreibens vom 7. Januar 1998.
Im Ergebnis ist nach Ansicht der Kommission der gesamte fünfte Rechtsmittelgrund unbegründet.
Würdigung durch den Gerichtshof
Im vorliegenden Fall hat das Gericht im Anschluss an die Feststellung, dass die Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht begangen habe und der Rechtsmittelführer nur die von Broncho-Air Medizintechnik abgetretenen Schadensersatzansprüche geltend machen könne, in Rn. 73 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass kein Kausalzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten der Kommission und den vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Schäden hergestellt werden könne.
Das Gericht hat hierzu in Rn. 74 des angefochtenen Urteils erstens ausgeführt, dass Broncho-Air Medizintechnik mit Schreiben vom 22. Mai 1997 die deutschen Behörden von ihrer Absicht unterrichtet habe, freiwillig den Verkauf des Produkts „Inhaler“ einzustellen, bis weitere Studien und Versuche zur Übereinstimmung dieses Produkts mit der Richtlinie 93/42 vorlägen.
In Rn. 75 des angefochtenen Urteils hat das Gericht daraus gefolgert, dass das Inverkehrbringen und der Verkauf des Produkts „Inhaler“ eingestellt worden seien, bevor sein Vertrieb am 23. September 1997 untersagt worden sei und bevor diese Entscheidung am 7. Januar 1998 der Kommission gemäß Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/42 mitgeteilt worden sei, und dass der vom Rechtsmittelführer behauptete Schaden, der nach seinen Angaben u. a. im Ausbleiben von Verkäufen des Produkts „Inhaler“ und anderer daraus resultierender Forderungen bestehe, somit auf der von Broncho-Air Medizintechnik aus eigenem Antrieb getroffenen Entscheidung und nicht auf der gerügten Untätigkeit der Kommission beruhe.
In Rn. 76 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hinzugefügt, sollte der Rechtsmittelführer geltend machen wollen, dass das Produkt „Inhaler“ ab 1997 wegen der Untersagungsanordnung vom 23. September 1997 und der Untätigkeit der Kommission nicht mehr vertrieben worden sei, stünde dieses Argument überdies im Widerspruch zu den Ausführungen von atmed in einer E-Mail, die sie am 18. Dezember 2006 der Kommission übermittelt habe und in der die freiwillige Einstellung des Vertriebs des Produkts „Inhaler“ bestätigt werde.
Der Rechtsmittelführer macht geltend, dass das Gericht mit diesen Feststellungen den Sachverhalt verfälscht habe, da aus den Akten hervorgehe, dass der Kausalzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Verhalten der Kommission und dem ihm dadurch entstandenen Schaden vorgelegen habe.
Nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist allein das Gericht für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für ihre Würdigung zuständig (Urteile vom 6. April 2006, General Motors/Kommission, C-551/03 P, EU:C:2006:229, Rn. 51, und vom 8. März 2016, Griechenland/Kommission, C-431/14 P, EU:C:2016:145, Rn. 30).
Demnach stellt die Tatsachenwürdigung, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweise nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteile vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C-397/03 P, EU:C:2006:328, Rn. 85, und vom 8. März 2016, Griechenland/Kommission, C-431/14 P, EU:C:2016:145, Rn. 31).
Behauptet ein Rechtsmittelführer eine Verfälschung von Beweisen durch das Gericht, muss er nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genau angeben, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben. Außerdem muss sich eine solche Verfälschung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteile vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission, C-413/08 P, EU:C:2010:346, Rn. 16, und vom 8. März 2016, Griechenland/Kommission, C-431/14 P, EU:C:2016:145, Rn. 32).
Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt sich, dass die deutschen Behörden im Jahr 1996 Broncho-Air Medizintechnik einen Entscheidungsentwurf für ein Vertriebsverbot des Produkts „Inhaler“ übermittelten. Mit Schreiben vom 22. Mai 1997 teilte Broncho-Air Medizintechnik den deutschen Behörden mit, dass dieses Produkt seit dem 1. Januar 1997 nicht mehr in den Verkehr gebracht und sein Vertrieb ausgesetzt worden sei, bis weitere Studien und Versuche zur Übereinstimmung des Produkts mit der Richtlinie 93/42 vorlägen. Am 23. September 1997 erließen die deutschen Behörden eine Anordnung, mit der sie Primed Halberstadt Medizintechnik, die im Auftrag von Broncho-Air Medizintechnik das Produkt „Inhaler“ herstellte, dessen Inverkehrbringen untersagten.
Hierzu ist jedenfalls festzustellen, dass mit der Untersagungsanordnung die Freiwilligkeit der Einstellung des Vertriebs des Produkts „Inhaler“ durch Broncho-Air Medizintechnik endete.
Außerdem hatte Primed Halberstadt Medizintechnik nach den Angaben des Rechtsmittelführers in seiner Klageschrift vor den deutschen Gerichten gemäß der deutschen Verwaltungsgerichtsordnung Widerspruch gegen die Untersagungsanordnung vom 23. September 1997 eingelegt; dies wird von der Kommission nicht bestritten.
Selbst wenn dieser Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, bestätigt er, dass die Einstellung des Vertriebs des Produkts „Inhaler“ durch Broncho-Air Medizintechnik im vorliegenden Fall nicht freiwillig war.
Im Gegensatz zu den Ausführungen des Gerichts in Rn. 76 des angefochtenen Urteils ist zudem der Inhalt der E-Mail von atmed vom 18. Dezember 2006 nicht geeignet, die Freiwilligkeit der Einstellung des Vertriebs des Produkts „Inhaler“ durch Broncho-Air Medizintechnik zu bestätigen. Zum einen kann nämlich diese bloße Erklärung von atmed, die mehrere Jahre nach den fraglichen Ereignissen und nicht im Namen von Broncho-Air Medizintechnik abgegeben wurde, Letztere nicht binden. Zum anderen bestätigt – wie bereits ausgeführt – der Widerspruch gegen die Untersagungsanordnung vom 23. September 1997 als solcher, dass die Einstellung des Vertriebs des Produkts „Inhaler“ nicht freiwillig war.
Folglich hat das Gericht in seinem Urteil die seiner Würdigung unterliegenden Tatsachen verfälscht, indem es im vorliegenden Fall die Einstellung des Vertriebs des Produkts „Inhaler“ durch Broncho-Air Medizintechnik als freiwillig eingestuft hat.
Das Gericht war daher nicht berechtigt, auf der Grundlage einer solchen Feststellung zu entscheiden, dass es keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Kommission und dem vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Schaden gebe.
Zweitens hat das Gericht in den Rn. 77 bis 81 des angefochtenen Urteils seine Schlussfolgerung, dass der Rechtsmittelführer das Vorliegen eines solchen Kausalzusammenhangs nicht nachgewiesen habe, darauf gestützt, dass dem Argument, die Kommission hätte in jedem Fall eine den Feststellungen der deutschen Behörden zuwiderlaufende Entscheidung erlassen, nicht gefolgt werden könne.
Wie der Generalanwalt in Nr. 72 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, hätte die Frage nach der Gewissheit der Entscheidung, die die Kommission getroffen hätte, im vorliegenden Fall vom Gericht aber im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Vorliegen oder dem Umfang des Schadens beim Produkt „Inhaler“ geprüft werden müssen und nicht im Stadium der Prüfung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten der Kommission und dem geltend gemachten Schaden.
Folglich hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es das Vorliegen eines solchen Kausalzusammenhangs unter Berufung auf die fehlende Gewissheit einer positiven Entscheidung der Kommission im Anschluss an die schriftliche Mitteilung der deutschen Behörden vom 7. Januar 1998 verneint hat.
Drittens schließlich hat das Gericht in Rn. 82 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Rechtsmittelführer die Verfahrenskosten und die Anwaltshonorare sowie die Darlehen und Zinsen zur Finanzierung der Verfahren vor den nationalen Gerichten aus eigenem Antrieb aufgewendet habe, um die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der deutschen Behörden anzufechten, so dass sie nicht der Kommission zugerechnet werden könnten.
Wie der Rechtsmittelführer geltend macht, durfte das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen diesen Aufwendungen, insbesondere der Kosten im Rahmen des gegen die Untersagungsanordnung vom 23. September 1997 eingeleiteten Widerspruchsverfahrens, und dem Ausbleiben einer Entscheidung der Kommission gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 93/42 in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ vom Gericht jedoch nicht verneint werden. Diese Kosten sind nämlich auch deswegen entstanden oder zumindest weiterhin angefallen, weil die Kommission keine Entscheidung traf.
Somit ist festzustellen, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem rechtswidrigen Verhalten der Kommission und dem vom Rechtsmittelführer wegen der Verfahrenskosten und Anwaltshonorare sowie der Darlehen und Zinsen zur Finanzierung der Verfahren vor den nationalen Gerichten geltend gemachten Schaden verneint hat.
Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist dem fünften Rechtsmittelgrund stattzugeben, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist, soweit das Gericht die Klage abgewiesen hat, weil der Rechtsmittelführer das Vorliegen eines unmittelbaren und hinreichenden Kausalzusammenhangs, der die Haftung der Union auslösen könnte, nicht nachgewiesen habe.
Zum Antrag, der Kommission aufzugeben, die gesamte das Schutzklauselverfahren gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/42 betreffende Akte vorzulegen
Im Rahmen seines Rechtsmittels beantragt der Rechtsmittelführer unter Berufung auf Art. 41 der Charta, der Kommission aufzugeben, die gesamte das Schutzklauselverfahren gemäß Art. 8 der Richtlinie 93/42 betreffende Akte vorzulegen.
Insoweit ist festzustellen, dass die Vorlage der betreffenden Unterlagen für den Rechtsmittelführer nicht von Nutzen ist, da der Gerichtshof festgestellt hat, dass das rechtswidrige Verhalten der Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellt und nicht behauptet wird, dass diese Unterlagen in anderer Weise für das vorliegende Rechtsmittel zweckdienlich seien.
Daher ist dem Beweisantrag des Rechtsmittelführers nicht stattzugeben.
Aus alledem ergibt sich, dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist, soweit darin entschieden wird, dass der Rechtsmittelführer das Vorliegen eines unmittelbaren und hinreichenden Kausalzusammenhangs, der die Haftung der Union auslösen könnte, nicht nachgewiesen habe. Im Übrigen ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Zur Klage vor dem Gericht
Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit endgültig entscheiden, wenn er zur Entscheidung reif ist.
Das ist hier der Fall. Daher ist zu prüfen, ob in Anbetracht der in Rn. 60 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen für den Eintritt der außervertraglichen Haftung der Union die Voraussetzungen des tatsächlichen Vorliegens des geltend gemachten Schadens und des Bestehens eines Kausalzusammenhangs zwischen dem streitigen Verhalten, das einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellte, und diesem Schaden erfüllt sind.
Zu dem geltend gemachten Schaden ist darauf hinzuweisen, dass jeder Schaden, für den im Rahmen einer Klage wegen außervertraglicher Haftung der Union gemäß Art. 340 Abs. 2 AEUV Ersatz begehrt wird, tatsächlich und sicher sein muss, wobei der Kläger insoweit beweispflichtig ist. Es ist Sache des Klägers, schlüssige Beweise sowohl für das Vorliegen als auch für den Umfang des von ihm geltend gemachten Schadens zu erbringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, C-481/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:461, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Ausführungen zum vierten Rechtsmittelgrund, dass der Rechtsmittelführer nur die von Broncho-Air Medizintechnik abgetretenen Schadensersatzansprüche geltend machen konnte und keine eigenen Ansprüche oder Ansprüche von atmed.
Außerdem ergibt sich aus Rn. 54 des Urteils vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), dass die Schadensersatzforderung des Rechtsmittelführers jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen ist, soweit sie den Schaden betrifft, der vor dem 15. September 2006 entstanden sein soll.
Wie der Generalanwalt in Nr. 45 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann der Rechtsmittelführer somit aufgrund der Wirkung des Urteils vom 21. Januar 2014, Klein/Kommission (T-309/10, EU:T:2014:19), in Verbindung mit der Zurückweisung des hierauf gerichteten ersten Rechtsmittelgrundes in Rn. 58 des Urteils vom 22. April 2015, Klein/Kommission (C-120/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:252), nur den Ersatz des Schadens fordern, der ihm seit dem 15. September 2006 in Bezug auf Broncho-Air Medizintechnik entstanden sein soll.
Insoweit ist hervorzuheben, dass die Ermittlung des Umfangs der Schadensersatzansprüche in Bezug auf Broncho-Air Medizintechnik für die Zeit nach dem 15. September 2006 gewisse Besonderheiten aufweisen kann, die insbesondere damit zusammenhängen, dass – wie der Rechtsmittelführer geltend macht – das Widerspruchsverfahren gegen die Untersagungsanordnung der deutschen Behörden in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ vom 23. September 1997 noch nicht abgeschlossen war, als die Klage erhoben wurde.
Der Rechtsmittelführer kann aber nicht von jeder Beweispflicht in Bezug auf den behaupteten Schaden freigestellt werden. Auch für diese Art von Vermögensschaden muss er nämlich sowohl das Bestehen des Schadens als auch die Angaben, auf die sich dessen Bewertung stützt, nachweisen, da sie nicht einfach nach billigem Ermessen vorgenommen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, SELEX Sistemi Integrati/Kommission, C-481/07 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:461, Rn. 37).
Insoweit hat der Rechtsmittelführer in seiner Klageschrift nur die im Rahmen des 1997 eingeleiteten Widerspruchsverfahrens gegen die Untersagungsanordnung der deutschen Behörden in Bezug auf das Produkt „Inhaler“ gezahlten Verfahrenskosten und Anwaltshonorare angeführt, ohne deren Umfang zu beziffern oder zumindest zu schätzen.
Unter diesen Umständen ist der Schadensersatzantrag des Rechtsmittelführers ebenso zurückzuweisen wie der Antrag, einen Sachverständigen zu benennen.
Kosten
Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.
Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.
Im vorliegenden Fall sind unter Berücksichtigung des Umstands, dass das angefochtene Urteil teilweise aufgehoben, aber der Schadensersatzantrag zurückgewiesen wird, dem Rechtsmittelführer und der Kommission ihre eigenen durch die Verfahren im ersten Rechtszug und die Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.
Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.
Infolgedessen hat die Bundesrepublik Deutschland als Streithelferin in den Verfahren im ersten Rechtszug ihre eigenen durch diese Verfahren entstandenen Kosten zu tragen.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 28. September 2016, Klein/Kommission (T-309/10 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:570), wird aufgehoben, soweit darin entschieden wird, dass Herr Christoph Klein keinen unmittelbaren und hinreichenden Kausalzusammenhang, der die Haftung der Europäischen Union begründen könnte, nachgewiesen habe.
Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.
Die Klage von Herrn Christoph Klein auf Ersatz des Schadens, der dadurch entstanden sein soll, dass die Europäische Kommission gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 8 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte verstoßen habe, wird abgewiesen.
Herr Christoph Klein und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen durch die Verfahren im ersten Rechtszug und die Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.
Die Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen durch die Verfahren im ersten Rechtszug entstandenen Kosten.
Bay Larsen
Malenovský
Safjan
Šváby
Vilaras
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. September 2018.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Dritten Kammer
L. Bay Larsen
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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