BVerfG 25.01.2011 - 2 BvR 2015/09 - Einstellung eines Verfassungsverfahrens infolge Erledigterklärung des Beschwerdeführers - Erledigung des Verfahrens zur Rückführung Asylsuchender nach Griechenland gemäß der Dublin-II-Verordnung
Normen
Artikel 16a vom 28.06.1993, Artikel 19, Artikel 2, § 34a Abs 2 AsylVfG 1992, Art 19 Abs 2 S 4 EGV 343/2003, Art 20 Abs 1 Buchst e S 4 EGV 343/2003
Vorinstanz
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 2. September 2009, Az: 9 B 1277/09.A, Beschluss
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 31. August 2009, Az: 9 B 1198/09.A, Beschluss
vorgehend BVerfG, 8. September 2009, Az: 2 BvQ 56/09, Einstweilige Anordnung
vorgehend BVerfG, 25. Februar 2010, Az: 2 BvR 2015/09, Einstweilige Anordnung
vorgehend BVerfG, 17. August 2010, Az: 2 BvR 2015/09, Einstweilige Anordnung
nachgehend BVerfG, 14. April 2011, Az: 2 BvR 2015/09, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
Gründe
I.
- 1
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Irak und beantragte in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Zuvor hatte er sich in Griechenland
aufgehalten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - stellte mit Bescheid vom 17. Juni 2008 fest, dass der
Asylantrag wegen des Voraufenthalts des Beschwerdeführers in Griechenland unzulässig sei, und ordnete die Abschiebung nach
Griechenland an. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer Klage. Gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts
beantragte er die Zulassung der Berufung; über diesen Antrag ist noch nicht entschieden. Den Antrag auf Gewährung einstweiligen
Rechtsschutzes wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen unter Berufung auf § 34a Abs. 2 AsylVfG ebenso
wie einen Änderungsantrag zurück. Der Beschwerdeführer erhob daraufhin Verfassungsbeschwerde, über die der Senat am 28. Oktober
2010 mündlich verhandelt hat. Das Bundesministerium des Innern wies mit Schreiben vom 13. Januar 2011 das Bundesamt an, Asylsuchende
nicht mehr nach Griechenland zu überstellen, sondern die Asylverfahren in der Bundesrepublik durchzuführen; die Maßnahmen
sind bis zum 12. Januar 2012 befristet. Das Bundesamt hob den Bescheid vom 17. Juni 2008 auf und teilte dem Beschwerdeführer
mit, dass es dessen Asylantrag zur Entscheidung in das nationale Verfahren übernehme. Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde
daraufhin für erledigt erklärt.
II.
- 2
Über die Verfassungsbeschwerde ist aufgrund der Erledigungserklärung des Beschwerdeführers nicht mehr zu entscheiden (vgl.
BVerfGE 85, 109 113>). Unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von diesem Grundsatz im Hinblick auf die allgemeine Bedeutung
einer Verfassungsbeschwerde in Betracht zu ziehen sind (vgl. BVerfGE 98, 218 242 f.>), bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
Die Verfassungsbeschwerde hat ihre allgemeine Bedeutung dadurch verloren, dass das Bundesministerium des Innern das Bundesamt
angewiesen hat, generell von Überstellungen Asylsuchender nach Griechenland abzusehen und die Schutzgesuche im nationalen
Verfahren zu prüfen. Die im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen lediglich abstrakt zu klären,
ist nicht angezeigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen
Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind.
III.
- 3
Die Anordnung der Auslagenerstattung gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG entspricht der Billigkeit, nachdem das Bundesamt den Bescheid
vom 17. Juni 2008, dessen sofortige Vollziehbarkeit Gegenstand der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung
war, aufgehoben und damit den Wegfall der Beschwer des Beschwerdeführers bewirkt hat.