Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
EuGH 18.09.2019 - C-32/18
EuGH 18.09.2019 - C-32/18 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer) - 18. September 2019 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Soziale Sicherheit – Wanderarbeitnehmer – Verordnung (EG) Nr. 987/2009 – Art. 60 – Familienleistungen – Anspruch auf Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem im vorrangig zuständigen Mitgliedstaat gewährten Elterngeld und dem im nachrangig zuständigen Mitgliedstaat vorgesehenen Kinderbetreuungsgeld“
Leitsatz
In der Rechtssache C-32/18
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 20. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Januar 2018, in dem Verfahren
Tiroler Gebietskrankenkasse
gegen
Michael Moser
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten F. Biltgen (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
von Herrn Moser, vertreten durch die Rechtsanwälte E. Suitner und P. Wallnöfer,
der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Pavliš und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer, D. Martin und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. März 2019
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2009, L 284, S. 1).
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Tiroler Gebietskrankenkasse (Österreich) und Herrn Michael Moser über dessen Antrag auf Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem deutschen Elterngeld und dem österreichischen Kinderbetreuungsgeld.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung (EG) Nr. 883/2004
Der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. 2004, L 166, S. 1, Berichtigung im ABl. 2004, L 200, S. 1) lautet: „Der Grundsatz, dass bestimmte Sachverhalte oder Ereignisse, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eingetreten sind, so zu behandeln sind, als ob sie im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften Anwendung finden, eingetreten wären, sollte … nicht zu einem Widerspruch mit dem Grundsatz der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, mit Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, führen. Zeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden sind, sollten deshalb nur durch die Anwendung des Grundsatzes der Zusammenrechnung der Zeiten berücksichtigt werden.“
Art. 5 („Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder Ereignissen“) dieser Verordnung sieht vor:
„Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:
Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.
Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.“
Art. 67 der Verordnung bestimmt:
„Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. …“
Art. 68 dieser Verordnung legt die Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen wie folgt fest:
„(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:
Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.
Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:
bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird …
…
(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. …“
Verordnung Nr. 987/2009
Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 lautet:
„Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird.“
Österreichisches Recht
Mit dem Kinderbetreuungsgeldgesetz wurde das Kinderbetreuungsgeld als Familienleistung ausgestaltet. Die Gewährung dieser Leistung hängt nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit vor der Geburt des anspruchsbegründenden Kindes ab.
Ursprünglich ermöglichte es dieses Gesetz den anspruchsberechtigten Eltern, zwischen drei Varianten zu wählen, wobei die Leistung in Form von drei Pauschalbeträgen ausbezahlt wurde, die drei verschiedenen Bezugszeiträumen in Abhängigkeit vom Alter des Kindes entsprachen.
Infolge einer Änderung dieses Gesetzes wurde eine vierte Variante eingeführt. Das Kinderbetreuungsgeld kann nunmehr bis zur Vollendung des 12. bzw. höchstens des 14. Lebensmonats des Kindes auch als Ersatzleistung für das Erwerbseinkommen gewährt werden. Die Höhe der ausbezahlten Leistung hängt bei dieser Variante vom Betrag des vorherigen Erwerbseinkommens ab.
§ 6 Abs. 3 dieses Gesetzes in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: KBGG) sieht vor:
„Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ruht, sofern Anspruch auf vergleichbare ausländische Familienleistungen besteht, in der Höhe der ausländischen Leistungen. Der Differenzbetrag zwischen den vergleichbaren ausländischen Familienleistungen und dem Kinderbetreuungsgeld wird nach Ende der ausländischen Familienleistungen auf das Kinderbetreuungsgeld angerechnet.“
§ 24 KBGG bestimmt:
„(1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nach diesem Abschnitt hat ein Elternteil … für sein Kind …, sofern
1. die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Z 1, 2, 4 und 5 erfüllt sind,
2. dieser Elternteil in den letzten 6 Monaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen werden soll, durchgehend erwerbstätig gemäß Abs. 2 war sowie in diesem Zeitraum keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten hat, wobei sich Unterbrechungen von insgesamt nicht mehr als 14 Kalendertagen nicht anspruchsschädigend auswirken. …
…
(2) Unter Erwerbstätigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes versteht man die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. …“
§ 24a KBGG bestimmt:
„(1) Das Kindergeld beträgt täglich
1. für eine Wochengeldbezieherin 80 % des auf den Kalendertag entfallenden Wochengeldes nach österreichischen Rechtsvorschriften, welches anlässlich der Geburt jenes Kindes, für welches Kinderbetreuungsgeld beantragt wird, gebührt, …
…
3. für einen Vater … 80 % des auf den Kalendertag entfallenden fiktiv zu berechnenden Wochengeldes, welches anlässlich der Geburt jenes Kindes, für welches Kinderbetreuungsgeld beantragt wird, einer Frau an seiner Stelle gebühren würde.
…
(2) Das Kinderbetreuungsgeld nach Abs. 1 beträgt in jedem Fall mindestens den Tagessatz nach Abs. 1 Z 5, höchstens jedoch 66 Euro täglich.
…“
§ 24b KBGG sieht vor: „Nimmt nur ein Elternteil Kinderbetreuungsgeld … in Anspruch, gebührt dieses längstens bis zur Vollendung des 12. Lebensmonates des Kindes. Nimmt auch der zweite Elternteil diese Leistung in Anspruch, so verlängert sich die Anspruchsdauer … um jenen Zeitraum, den der zweite Elternteil beansprucht, höchstens jedoch bis zur Vollendung des 14. Lebensmonates des Kindes. Als beansprucht gelten ausschließlich Zeiträume des tatsächlichen Bezuges der Leistung.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Das Ehepaar Moser wohnt mit seinen beiden Töchtern in Deutschland. Seit 1992 geht Herr Moser einer Erwerbstätigkeit in Deutschland nach, während Frau Moser seit dem 1. Juli 1996 in Österreich beschäftigt ist.
Nach der Geburt ihrer ersten Tochter am 14. Juni 2011 war Frau Moser bis 31. Januar 2013 in Karenz. Nach der Geburt ihrer zweiten Tochter am 29. August 2013 vereinbarte sie mit ihrem österreichischen Dienstgeber eine weitere Karenz bis 28. Mai 2015.
Ab dem Ende des Mutterschutzes bezog Frau Moser deutsches Elterngeld sowie deutsches Betreuungsgeld.
Darüber hinaus leistete die Tiroler Gebietskrankenkasse an Frau Moser für den Zeitraum vom 25. Oktober 2013 bis 31. Mai 2014 eine Ausgleichszahlung zum österreichischen einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld.
Aufgrund einer erfolgreichen Klage von Frau Moser vor dem Landesgericht Innsbruck (Österreich) auf Leistung einer zusätzlichen Ausgleichszahlung über den Zeitraum der gewährten ersten Ausgleichszahlung hinaus, d. h. für die Zeiträume vom 25. Oktober 2013 bis zum 28. Juni 2014 sowie vom 29. August bis zum 28. Oktober 2014, bezahlte ihr die Tiroler Gebietskrankenkasse die begehrte Leistung aus.
Herr Moser war vom 29. Juni bis 28. August 2014 in Elternzeit und bezog während dieses Zeitraums deutsches Elterngeld.
Auch er erhob Klage beim Landesgericht Innsbruck auf Leistung einer zusätzlichen Ausgleichszahlung für ihn in Form des Differenzbetrags zwischen dem bezogenen deutschen Elterngeld und dem österreichischen einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 66 Euro täglich für den Zeitraum seiner Elternzeit vom 29. Juni bis zum 28. August 2014.
Mit Urteil vom 10. November 2015 wies dieses Gericht seine Klage ab.
Das Oberlandesgericht Innsbruck gab der vom Kläger eingelegten Berufung mit Urteil vom 27. April 2017 teilweise statt und verpflichtete die Tiroler Gebietskrankenkasse zur Leistung einer Ausgleichszahlung von 29,86 Euro täglich, sohin insgesamt 1821,46 Euro.
Die Krankenkasse erhob gegen diese Entscheidung Revision an den österreichischen Obersten Gerichtshof, mit der sie geltend macht, dass zum einen Herr Moser die von der österreichischen Rechtslage aufgestellten Voraussetzungen für den Bezug einer Ausgleichszahlung nicht erfülle und zum anderen das grenzüberschreitende Element im Sinne der Verordnung Nr. 883/2004 fehle.
Herr Moser ist der Ansicht, dass sich die Verpflichtung zur Leistung der Ausgleichszahlung durch den österreichischen Träger aus dem aufrechten Dienstverhältnis seiner Ehefrau zu ihrem österreichischen Dienstgeber ergebe und dass jegliche andere Auslegung von § 24 Abs. 2 KBGG unionsrechtswidrig wäre.
Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts erfüllt Herr Moser die Voraussetzungen für den Bezug der Leistung nach österreichischem Recht in Gestalt eines zweimonatigen Mindestkarenzbezugszeitraums sowie einer mindestens sechsmonatigen durchgehenden Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes. Es hat in seiner Rechtsprechung die in § 24 Abs. 1 Ziff. 2 in Verbindung mit Abs. 2 KBGG enthaltene Verknüpfung des Kinderbetreuungsgeldbezugs mit der tatsächlichen Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit als unionsrechtswidrig qualifiziert.
Folglich geht es nach dem Obersten Gerichtshof in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit lediglich darum, ob das Unionsrecht, das in Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 die Verpflichtung zur Familienbetrachtungsweise vorsieht, dem Vater unionsrechtlich den Anspruch auf den Differenzbetrag zum österreichischen einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld verschafft, wenn die Republik Österreich nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 883/2004 als Beschäftigungsstaat der Mutter nachrangig zuständig ist und dieser bereits eine Ausgleichszahlung auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld geleistet hat.
Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs verweist das vorlegende Gericht darauf, dass einschränkende Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen, die verhinderten, dass Erwerbstätige von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machten, oder sie davon abhielten, unionsrechtswidrig und daher nicht anzuwenden seien (Urteile vom 10. Oktober 1996, Hoever und Zachow, C-245/94 und C-312/94, EU:C:1996:379, Rn. 34 bis 36, sowie vom 15. Dezember 2011, Bergström, C-257/10, EU:C:2011:839, Rn. 43 und 44). Gemäß der Fiktion nach Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 habe der Gerichtshof entschieden, dass es ohne Bedeutung sei, welcher Elternteil nach nationalem Recht als diejenige Person gelte, die den Anspruch auf diese Leistungen habe (Urteil vom 22. Oktober 2015, Trapkowski, C-378/14, EU:C:2015:720, Rn. 49).
Allerdings hätten die diesen Urteilen zugrunde liegenden Fälle nur pauschale Familienleistungen betroffen, während im hier anhängigen Fall eine einkommensabhängige Familienleistung gegenständlich sei. Im Übrigen bestehe im vorliegenden Fall auch keine Gefährdung oder Beschränkung der Freizügigkeit des Vaters durch die Ablehnung von zusätzlichen Zahlungen auf das Kinderbetreuungsgeld in Österreich.
Für den Fall, dass der Vater einen unionsrechtlichen Anspruch auf den Unterschiedsbetrag zum einkommensabhängigen österreichischen Kinderbetreuungsgeld haben sollte, stellt sich für das vorlegende Gericht die Frage, ob diese Leistung nach dem tatsächlich erzielten Einkommen im Beschäftigungsstaat zu berechnen ist oder das Einkommen aus einer vergleichbaren hypothetischen Erwerbstätigkeit im nachrangig zuständigen Mitgliedstaat berücksichtigt werden muss. Ungeachtet des Urteils des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2011, Bergström (C-257/10, EU:C:2011:839, Rn. 53), spreche die in Art. 5 der Verordnung Nr. 883/2004 angeordnete Gleichstellung von Leistungen, Sachverhalten und Ereignissen für eine Auslegung in dem Sinne, das in Deutschland tatsächlich erzielte Einkommen der Berechnung zugrunde zu legen.
Unter diesen Umständen hat der Oberste Gerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen, dass ein nachrangig zuständiger Mitgliedstaat (Republik Österreich) einem Elternteil mit Wohnsitz und Beschäftigung in einem nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 883/2004 vorrangig zuständigen Mitgliedstaat (Bundesrepublik Deutschland) den Unterschiedsbetrag zwischen dem im vorrangig zuständigen Mitgliedstaat geleisteten Elterngeld und dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld des anderen Mitgliedstaats als Familienleistung zu zahlen hat, wenn beide Eltern mit den gemeinsamen Kindern im vorrangig zuständigen Mitgliedstaat wohnen und nur der andere Elternteil im nachrangig zuständigen Mitgliedstaat als Grenzgänger beschäftigt ist?
Bejahendenfalls: Bemisst sich das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld nach dem im Beschäftigungsstaat (Bundesrepublik Deutschland) tatsächlich erzielten Einkommen oder nach dem im nachrangig zuständigen Mitgliedstaat (Republik Österreich) aus einer vergleichbaren Erwerbstätigkeit hypothetisch zu erzielenden Einkommen?
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift für die Bestimmung des Umfangs des Anspruchs einer Person auf Familienleistungen vorgesehene Verpflichtung zur Berücksichtigung „der gesamten Familie in einer Weise …, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen“, sowohl für den Fall gilt, dass die Leistungen nach den gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 883/2004 als vorrangig bestimmten Rechtsvorschriften gewährt werden, als auch für jenen Fall, dass die Leistungen nach einer oder mehreren anderen Rechtsvorschriften geschuldet werden.
Gemäß Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 werden die Familienleistungen bei dem zuständigen Träger beantragt und ist bei der Anwendung von den Art. 67 und 68 der Verordnung Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.
Wie bereits aus dem Wortlaut dieses Art. 60 folgt, sind dessen Bedeutung und Tragweite aufgrund des dortigen Verweises auf die Art. 67 und 68 der Verordnung Nr. 883/2004 anhand der Bestimmungen dieser Vorschriften zu ermitteln.
Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 legt den Grundsatz fest, dass eine Person Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige, die in einem anderen als dem für die Gewährung dieser Leistungen zuständigen Mitgliedstaat wohnen, so erheben kann, als würden sie in dem zuständigen Mitgliedstaat wohnen (Urteil vom 22. Oktober 2015, Trapkowski, C-378/14, EU:C:2015:720, Rn. 35).
Der Gerichtshof hat in Bezug auf Art. 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, dessen im Wesentlichen inhaltsgleiche Nachfolgebestimmung Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 bildet, ausgeführt, dass diese Vorschrift es den Wandererwerbstätigen erleichtern soll, Familienbeihilfen in ihrem Beschäftigungsstaat zu erlangen, wenn ihre Familie ihnen nicht in diesen Staat gefolgt ist, und insbesondere verhindern soll, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen davon abhängig machen kann, dass die Familienangehörigen des Erwerbstätigen in dem Mitgliedstaat wohnen, in dem die Leistungen erbracht werden (Urteil vom 14. Oktober 2010, Schwemmer, C-16/09, EU:C:2010:605, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Somit ist Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 auch auf einen Arbeitnehmer anwendbar, der, wie Frau Moser im Ausgangsverfahren, in einem Mitgliedstaat arbeitet, aber mit seiner Familie in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen lebt, dessen Rechtsvorschriften er unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2002, Maaheimo, C-333/00, EU:C:2002:641, Rn. 32).
In diesem Fall kann sich der Ehegatte des Arbeitnehmers ebenfalls auf diesen Artikel berufen (Urteil vom 7. November 2002, Maaheimo, C-333/00, EU:C:2002:641, Rn. 33), und zwar gemäß der Fiktion des Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004, wonach die gesamte Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.
Wenn die Gewährung einer Familienleistung von der Voraussetzung, dass der Betroffene eine Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats ausgeübt hat, abhängt – wie im Ausgangsverfahren von der Voraussetzung nach § 24 Abs. 1 Ziff. 2 KBGG, der den Bezug der Leistung an die Erfüllung von Versicherungszeiten in Österreich knüpft, so ist diese Voraussetzung als erfüllt anzusehen, wenn der Betroffene im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats erwerbstätig war.
Es ist jedoch klarzustellen, dass der in Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 normierte Grundsatz der Gleichstellung insofern kein absoluter ist, als die Antikumulierungsvorschriften des Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 Anwendung finden, wenn mehrere Ansprüche aufgrund unterschiedlicher Rechtsordnungen geschuldet werden (vgl. zu Art. 73 der Verordnung Nr. 1408/71 Urteil vom 14. Oktober 2010, Schwemmer, C-16/09, EU:C:2010:605, Rn. 42 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so kommt gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 883/2004 für durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöste Ansprüche den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats des Wohnorts der Kinder Priorität zu. Abs. 2 dieses Artikels sieht vor, dass die Familienleistungen bei Zusammentreffen von Ansprüchen nach den Rechtsvorschriften gewährt werden, die nach Abs. 1 Vorrang haben, wobei Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen Rechtsvorschriften bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt werden; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren.
Der Gerichtshof hat entschieden, dass solche Antikumulierungsvorschriften dem Empfänger der von mehreren Mitgliedstaaten gezahlten Leistungen einen Gesamtbetrag an Leistungen garantieren sollen, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht (Urteil vom 30. April 2014, Wagener, C-250/13, EU:C:2014:278, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im Ausgangsverfahren wurde nach den Angaben des vorlegenden Gerichts die Bundesrepublik Deutschland gemäß der in Rn. 41 des vorliegenden Urteils dargestellten Prioritätsregel als Mitgliedstaat bestimmt, dessen Rechtsvorschriften vorrangig sind, so dass nach anderen Rechtsvorschriften, nämlich jenen der Republik Österreich, zustehende Familienleistungen ausgesetzt und gegebenenfalls in Form des Unterschiedsbetrags gewährt werden.
Zu Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 ist festzustellen, dass die Eltern des Kindes, für das die Familienleistungen beantragt werden, unter den Begriff der „beteiligten Personen“ im Sinne von Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 fallen und somit zur Beantragung dieser Leistungen berechtigt sind. Der Gerichtshof hat bereits ausgeführt, dass die im zweiten Satz dieser Bestimmung vorgesehene Fiktion dazu führt, dass der Anspruch auf Familienleistungen einer Person zusteht, die nicht in dem Mitgliedstaat wohnt, der für die Gewährung dieser Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2015, Trapkowski, C-378/14, EU:C:2015:720, Rn. 39 und 41).
Da der Ausdruck „Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats“ in Art. 60 der Verordnung Nr. 987/2009 keine Beschränkung hinsichtlich des jeweiligen Mitgliedstaats enthält, ist dieser Artikel dahin auszulegen, dass er sowohl in dem Fall, dass die Leistung gemäß den als vorrangig bestimmten Rechtsvorschriften gewährt wird, als auch in jenem Fall, dass sie nach den Rechtsvorschriften eines nachrangig zuständigen Mitgliedstaats in Form eines Unterschiedsbetrags ausbezahlt wird, Anwendung findet.
Ein anderes Verständnis von Art. 60 der Verordnung Nr. 987/2009, die die Anwendung der Fiktion auf allein den Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften vorrangig anwendbar sind, beschränkte, liefe nicht nur dem Grundsatz der Gleichstellung nach Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 zuwider, dessen Durchführung Art. 60 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 gewährleisten soll, sondern auch den Antikumulierungsvorschriften des Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004, da die genannte Auslegung dem Empfänger der von mehreren Mitgliedstaaten gezahlten Leistungen einen Gesamtbetrag garantieren soll, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht.
In diesem Zusammenhang ist hinzuzufügen, dass die Anwendung von Art. 60 der Verordnung Nr. 987/2009 sowie die Leistung des daraus folgenden Unterschiedsbetrags kein grenzüberschreitendes Element beim betreffenden Bezieher erfordern.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 987/2009 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift für die Bestimmung des Umfangs des Anspruchs einer Person auf Familienleistungen vorgesehene Verpflichtung zur Berücksichtigung „der gesamten Familie in einer Weise …, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen“, sowohl für den Fall gilt, dass die Leistungen nach den gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 883/2004 als vorrangig bestimmten Rechtsvorschriften gewährt werden, als auch für jenen Fall, dass die Leistungen nach einer oder mehreren anderen Rechtsvorschriften geschuldet werden.
Zur zweiten Frage
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass die Höhe des Unterschiedsbetrags nach dem im Beschäftigungsstaat tatsächlich erzielten Einkommen oder nach einem im nachrangig zuständigen Mitgliedstaat aus einer vergleichbaren Erwerbstätigkeit erzielten Einkommen zu bemessen ist.
Im Zusammenhang mit dieser Frage hat sich das vorlegende Gericht auf das Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2011, Bergström (C-257/10, EU:C:2011:839, Rn. 53), bezogen und dabei vorgeschlagen, angesichts der in Art. 5 der Verordnung Nr. 883/2004 vorgesehenen Gleichstellung von Leistungen, Sachverhalten und Ereignissen das in Deutschland tatsächlich erzielte Einkommen der Berechnung des Unterschiedsbetrags zugrunde zu legen.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich insofern von dem, der dem Urteil vom 15. Dezember 2011, Bergström (C-257/10, EU:C:2011:839), zugrunde lag, als die in diesem Urteil vorgenommene Auslegung im Sinne der Berechnung der Höhe einer Elterngeldleistung auf der Grundlage eines Referenzeinkommens ohne Zusammenhang mit dem tatsächlich erzielten Einkommen nicht auf die im Ausgangsverfahren gegenständliche Konstellation übertragbar ist, in der Herr Moser eine Familienleistung nach den Art. 67 und 68 der Verordnung Nr. 883/2004 beanspruchen kann.
Gemäß der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung soll dieser Art. 68 nämlich dem Empfänger einen Gesamtbetrag an Leistungen verschiedener Mitgliedstaaten garantieren, der gleich dem Betrag der günstigsten Leistung ist, die ihm nach dem Recht nur eines dieser Staaten zusteht.
Unter diesen Umständen steht – abgesehen von etwaigen praktischen Schwierigkeiten für die für die Berechnung der Leistungen zuständigen Träger in Bezug auf die Referenzeinkommen der Betroffenen – die Auslegung im Sinne einer Bemessung der Höhe des Unterschiedsbetrags anhand des im Beschäftigungsstaat tatsächlich erzielten Einkommens im Einklang mit dem Ziel, das sowohl die gegenständlichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften als auch die unionsrechtlichen Bestimmungen im Bereich der sozialen Sicherheit der Wanderarbeitnehmer verfolgen.
Wie nämlich aus Rn. 10 des vorliegenden Urteils hervorgeht, stellt das österreichische einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld eine Ersatzleistung für das Erwerbseinkommen dar, wodurch es dem Erwerbstätigen ermöglicht wird, eine Leistung zu beziehen, deren Höhe vom Betrag des zum Zeitpunkt ihrer Zuerkennung erzielten Einkommens abhängt. Folglich sind zur Erreichung dieses Ziels die Einkommensverhältnisse im Beschäftigungsstaat zu beurteilen, zumal das Einkommen im Rahmen grenzüberschreitender Konstellationen regelmäßig im Beschäftigungsstaat des Arbeitnehmers höher sein wird.
Nach alledem ist Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen, dass die Höhe des Unterschiedsbetrags, der einem Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften eines gemäß dieser Bestimmung nachrangig zuständigen Mitgliedstaats zusteht, nach dem von diesem Arbeitnehmer in seinem Beschäftigungsstaat tatsächlich erzielten Einkommen zu bemessen ist.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift für die Bestimmung des Umfangs des Anspruchs einer Person auf Familienleistungen vorgesehene Verpflichtung zur Berücksichtigung „der gesamten Familie in einer Weise …, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen“, sowohl für den Fall gilt, dass die Leistungen nach den gemäß Art. 68 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit als vorrangig bestimmten Rechtsvorschriften gewährt werden, als auch für jenen Fall, dass die Leistungen nach einer oder mehreren anderen Rechtsvorschriften geschuldet werden.
Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 ist dahin auszulegen, dass die Höhe des Unterschiedsbetrags, der einem Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften eines gemäß dieser Bestimmung nachrangig zuständigen Mitgliedstaats zusteht, nach dem von diesem Arbeitnehmer in seinem Beschäftigungsstaat tatsächlich erzielten Einkommen zu bemessen ist.
Biltgen
Malenovský
Fernlund
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. September 2019.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Achten Kammer
F. Biltgen
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
Kontakt zur AOK
Persönlicher Ansprechpartner
E-Mail-Service