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EuGH 20.10.2016 - C-24/15
EuGH 20.10.2016 - C-24/15 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 20. Oktober 2016 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung — Steuerrecht — Mehrwertsteuer — Sechste Richtlinie — Art. 28c Teil A Buchst. a und d — Verbringung von Gegenständen innerhalb der Europäischen Union — Recht auf Befreiung — Nichteinhaltung der Verpflichtung, eine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen — Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung — Versagung der Befreiung — Zulässigkeit“
Leitsatz
In der Rechtssache C-24/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht München (Deutschland) mit Entscheidung vom 4. Dezember 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Januar 2015, in dem Verfahren
Josef Plöckl
gegen
Finanzamt Schrobenhausen
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
des Finanzamts Schrobenhausen, vertreten durch K. Ostermeier, H. Marhofer-Ferlan und D. Scherer,
der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
der griechischen Regierung, vertreten durch K. Nasopoulou und S. Lekkou als Bevollmächtigte,
der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. Cunha und R. Campos Laires als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wasmeier und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. April 2016
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2005/92/EG des Rates vom 12. Dezember 2005 (ABl. 2005, L 345, S. 19) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) in der Fassung des Art. 28h der Sechsten Richtlinie sowie von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d dieser Richtlinie.
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Plöckl und dem Finanzamt Schrobenhausen (Deutschland) (im Folgenden: Finanzamt) wegen dessen Weigerung, die im Jahr 2006 vorgenommene Verbringung eines dem Unternehmen von Herrn Plöckl zugeordneten Kraftfahrzeugs von Deutschland nach Spanien von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in ihrem Art. 4 Abs. 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie definiert als „Lieferung eines Gegenstands“ die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h sieht vor:
„Die Mitgliedstaaten können unter Beachtung der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen im Inland und zwischen Mitgliedstaaten bewirkten Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie als erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Förmlichkeiten beim Grenzübertritt führen.
…“
Art. 28a Abs. 5 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„Einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt ist
die von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verbringung eines Gegenstands seines Unternehmens in einen anderen Mitgliedstaat.
Als in einen anderen Mitgliedstaat verbracht gilt jeder körperliche Gegenstand, der vom Steuerpflichtigen oder für seine Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft für andere Zwecke seines Unternehmens als für die Zwecke einer der folgenden Umsätze versandt oder befördert wird:
…“
In Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d der Sechsten Richtlinie heißt es:
„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsbestimmungen befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch festlegen:
die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt.
…
die Lieferungen von Gegenständen im Sinne des Artikels 28a Absatz 5 Buchstabe b), für die die vorstehende Steuerbefreiung gelten würde, wenn sie für einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt worden wären.“
Deutsches Recht
§ 3 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung (im Folgenden: UStG) bestimmt:
„Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer.“
Gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG sind innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei.
§ 6a UStG definiert die innergemeinschaftliche Lieferung u. a. wie folgt:
„…
(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a [UStG]).
(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. …“
§ 17c Abs. 1 und 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung bestimmt:
„(1) Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a Abs. 1 und 2 [UStG]) muss der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen. Die Voraussetzungen müssen eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen sein.
…
(3) In den einer Lieferung gleichgestellten Verbringungsfällen (§ 6a Abs. 2 [UStG]) soll der Unternehmer Folgendes aufzeichnen:
…
die Anschrift und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des im anderen Mitgliedstaat belegenen Unternehmensteils;
…“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
Im Jahr 2006 erwarb der Einzelunternehmer Josef Plöckl ein Kraftfahrzeug, das er seinem Unternehmen zuordnete. Dieses Fahrzeug versandte er am 20. Oktober 2006 an einen in Spanien ansässigen Händler, um es in Spanien zu verkaufen. Der Versand ist belegt durch einen CMR-Frachtbrief (einen auf der Grundlage des am 19. Mai 1956 in Genf unterzeichneten Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr in der durch das Protokoll vom 5. Juli 1978 geänderten Fassung ausgestellten Frachtbrief). Am 11. Juli 2007 wurde das Fahrzeug an ein Unternehmen mit Sitz in Spanien verkauft.
Herr Plöckl erklärte für diesen Vorgang für das Jahr 2006 keinen Umsatz. Für das Jahr 2007 erklärte er eine mehrwertsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an das spanische Unternehmen.
Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung lägen nicht vor und es handle es sich um eine Lieferung, die in Deutschland für das Jahr 2007 zu besteuern sei. Es erließ daher einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2007.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht München (Deutschland) stellte dieses fest, das sich das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Fahrzeug im Jahr 2007 bereits in Spanien befunden hatte, was das Finanzamt dazu veranlasste, den geänderten Umsatzsteuerbescheid aufzuheben.
Im Anschluss an diese Aufhebung änderte das Finanzamt die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 2006, wobei es die Ansicht vertrat, dass die Verbringung des Fahrzeugs im Jahr 2006 nach Spanien der Umsatzsteuer unterliege und nicht steuerfrei sei, weil Herr Plöckl keine von Spanien erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben und damit den für die Umsatzsteuerbefreiung erforderlichen Buchnachweis nicht geführt habe.
Gegen diese Entscheidung erhob Herr Plöckl beim vorlegenden Gericht Klage. Dieses vertritt zum einen die Auffassung, dass keine innergemeinschaftliche Lieferung vorgelegen habe, da es keinen hinreichenden zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen dem Versand des Fahrzeugs nach Spanien und seinem Verkauf in diesem Mitgliedstaat gebe, und zum anderen, dass die im Jahr 2006 vorgenommene innergemeinschaftliche Verbringung nach § 3 Abs. 1a UStG der Mehrwertsteuer unterliege.
Das vorlegende Gericht möchte allerdings wissen, ob diese Verbringung von der Mehrwertsteuer zu befreien ist. Seiner Ansicht nach hat Herr Plöckl zwar nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um eine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer anzugeben, jedoch lägen keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung vor und werde diese vom Finanzamt ausgeschlossen. Herrn Plöckl sei lediglich ein Rechtsirrtum unterlaufen, indem er den Vorgang des Verbringens und den späteren Verkauf in seinen Aufzeichnungen als innergemeinschaftliche Lieferung erfasst habe, und er habe gegenüber dem Finanzamt keine falschen tatsächlichen Angaben gemacht.
Insoweit nimmt das vorlegende Gericht auf Rn. 58 des Urteils vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592), Bezug, wonach die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig gemacht werden kann, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt; dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat.
Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass die vom Gerichtshof in diesem Urteil getroffene Schlussfolgerung auch auf eine innergemeinschaftliche Lieferung wie die des Ausgangsverfahrens anwendbar sei und aus ihr abgeleitet werden könne, dass im vorliegenden Fall die Mehrwertsteuerbefreiung versagt werden könne, weil Herr Plöckl nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um eine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer anzugeben.
Es weist jedoch darauf hin, dass der Gerichtshof in Rn. 52 des genannten Urteils entschieden hat, dass es legitim ist, von einem Lieferer zu verlangen, dass er redlich ist und alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Es ist somit der Auffassung, dass vom Steuerpflichtigen zumutbare Maßnahmen nur verlangt werden könnten, wenn es für eine Steuerhinterziehung konkrete Anhaltspunkte gebe.
Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung könne die Mehrwertsteuerbefreiung nicht versagt werden, sofern die materiellen Voraussetzungen hierfür wie im Ausgangsverfahren erfüllt seien, wobei die Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer keine solche Voraussetzung sei. Unter solchen Umständen stehe die Versagung der Steuerbefreiung im Widerspruch zu den Grundsätzen der Steuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit.
Das Finanzgericht München hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Erlauben Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h sowie Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d der Sechsten Richtlinie den Mitgliedstaaten, eine Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung (hier: innergemeinschaftliches Verbringen) zu versagen, wenn der Lieferer zwar nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen im Hinblick auf formelle Erfordernisse bei der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erfüllt hat, aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen?
Zur Vorlagefrage
Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h sowie Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d dieser Richtlinie dahin auszulegen sind, dass sie es der Finanzverwaltung des Herkunftsmitgliedstaats verwehren, eine Mehrwertsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Verbringung mit der Begründung zu versagen, der Steuerpflichtige habe keine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen.
Gemäß Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie ist die von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verbringung eines Gegenstands seines Unternehmens in einen anderen Mitgliedstaat als den Sitzmitgliedstaat dieses Unternehmens einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt. Eine solche Verbringung stellt somit nach Art. 2 Nr. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie einen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz dar.
Die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Umsatz als innergemeinschaftliche Verbringung im Sinne von Art. 28a Abs. 5 Buchst. b der Sechsten Richtlinie qualifiziert werden kann, sind im zweiten Unterabsatz dieser Bestimmung genannt. Danach gilt als in einen anderen Mitgliedstaat verbracht jeder körperliche Gegenstand, der vom Steuerpflichtigen oder für seine Rechnung nach Orten außerhalb des in Art. 3 dieser Richtlinie bezeichneten Gebiets, aber innerhalb der Europäischen Union für die Zwecke seines Unternehmens versandt oder befördert wird, wobei Zwecke bestimmter, in diesem Unterabsatz aufgeführter Umsätze ausgenommen sind.
Nach Art. 28c Teil A Buchst. d der Sechsten Richtlinie ist eine solche innergemeinschaftliche Verbringung im Herkunftsmitgliedstaat von der Mehrwertsteuer zu befreien, sofern für sie die Befreiung nach Art. 28c Teil A Buchst. a bis c dieser Richtlinie gelten würde, wenn sie für einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt worden wäre.
Folglich ist für die Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung eine innergemeinschaftliche Verbringung wie die nach Art. 28a Abs. 5 Buchst. b u. a. einer innergemeinschaftlichen Lieferung gleichgestellt, deren Mehrwertsteuerbefreiung in Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie vorgesehen ist. Was die Voraussetzungen für die Befreiung einer solchen innergemeinschaftlichen Verbringung anbelangt, ergeben sich diese zum einen aus der letztgenannten Bestimmung, ohne dass die Verbringung für einen anderen Steuerpflichtigen bewirkt werden müsste. Die betreffenden Gegenstände müssen daher vom Steuerpflichtigen oder für seine Rechnung nach Orten außerhalb des in Art. 3 dieser Richtlinie bezeichneten Gebiets, aber innerhalb der Union versandt oder befördert werden, und die Verbringung muss an diesen Steuerpflichtigen oder an eine nicht steuerpflichtige juristische Person bewirkt werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der Gegenstände handelt.
Wie der Generalanwalt in den Nrn. 59 bis 61 seiner Schlussanträge festgestellt hat, müssen zum anderen auch die in Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie enthaltenen und in Rn. 27 des vorliegenden Urteils aufgeführten materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Verbringung erfüllt sein, damit eine solche Verbringung von der Mehrwertsteuer befreit ist.
Vor diesem Hintergrund ist zu präzisieren, dass der Umstand, dass ein Gegenstand entsprechend dieser Bestimmung für die Zwecke des Unternehmens des Steuerpflichtigen verbracht wird, bedeutet, dass diese Verbringung an diesen Steuerpflichtigen bewirkt wird, der im Sinne von Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie „als solcher handelt“. Insoweit entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass ein Steuerpflichtiger in dieser Eigenschaft handelt, wenn er im Rahmen seiner steuerbaren Tätigkeit Umsätze tätigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. September 2012, VSTR, C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 49, und vom 8. November 2012, Profitube, C-165/11, EU:C:2012:692, Rn. 52).
Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts ist der im Ausgangsverfahren fragliche Umsatz als eine innergemeinschaftliche Verbringung im Sinne von Art. 28a Abs. 5 Buchst. b der Sechsten Richtlinie anzusehen. Hierzu weist es darauf hin, dass das von Herrn Plöckl erworbene Fahrzeug dessen Unternehmen in Deutschland zugeordnet und dann nach Spanien versandt worden sei, um von Herrn Plöckl dort weiterhin unternehmerisch genutzt zu werden.
Demnach waren – wie auch aus dem Wortlaut der Frage des vorlegenden Gerichts hervorgeht – die Voraussetzungen für die Befreiung der im Ausgangsverfahren fraglichen Verbringung von der Mehrwertsteuer erfüllt. Diese Befreiung versagte das Finanzamt jedoch, weil Herr Plöckl ihm keine vom Königreich Spanien erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt hatte, wie dies § 17c Abs. 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung verlangt.
In ihren schriftlichen Erklärungen vertritt die Europäische Kommission die Auffassung, dass diese Anforderung, eine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen, bei einer innergemeinschaftlichen Verbringung dem Nachweis dienen solle, dass der Steuerpflichtige den fraglichen Gegenstand „für die Zwecke seines Unternehmens“ in diesen Mitgliedstaat verbracht habe, was – wie aus den Rn. 30 und 31 des vorliegenden Urteils hervorgeht – eine Voraussetzung für die Befreiung einer solchen Verbringung von der Mehrwertsteuer sei. Das Finanzamt und die deutsche Regierung haben in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass dies das Ziel der genannten Anforderung sei. Mit der Vorlagefrage soll somit geklärt werden, welche Beweisanforderungen für den Nachweis der Erfüllung dieser Voraussetzung der Befreiung gestellt werden dürfen und unter welchen Umständen dies geschehen darf.
Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass, da die Sechste Richtlinie keine Vorschrift enthält, die sich hiermit befasst, und in ihrem Art. 28c Teil A erster Halbsatz lediglich vorsieht, dass die Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von Gegenständen festlegen, die Mitgliedstaaten für die Frage zuständig sind, welche Beweise die Steuerpflichtigen vorlegen können, um in den Genuss der Mehrwertsteuerbefreiung zu gelangen (Urteil vom 27. September 2012, VSTR, C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dies gilt auch für die in Buchst. d dieser Bestimmung genannten innergemeinschaftlichen Verbringungen.
Ferner können die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h Maßnahmen erlassen, um eine genaue Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, unter dem Vorbehalt, dass die Maßnahmen insbesondere nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Diese Maßnahmen dürfen daher nicht so eingesetzt werden, dass sie die Neutralität der Mehrwertsteuer, die ein Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist, in Frage stellen würden (Urteil vom 27. September 2012, VSTR, C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Eine solche nationale Maßnahme geht dann über das hinaus, was erforderlich ist, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen, wenn sie das Recht auf Mehrwertsteuerbefreiung im Wesentlichen von der Einhaltung formeller Pflichten abhängig macht, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen und insbesondere ohne in Betracht zu ziehen, ob diese erfüllt sind. Die Umsätze sind nämlich unter Berücksichtigung ihrer objektiven Merkmale zu besteuern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2007, Collée, C-146/05, EU:C:2007:549, Rn. 29 und 30).
Hinsichtlich der objektiven Merkmale einer innergemeinschaftlichen Verbringung geht aus Rn. 30 des vorliegenden Urteils hervor, dass eine Verbringung von Gegenständen von der Mehrwertsteuer befreit ist, wenn sie die Voraussetzungen des Art. 28a Abs. 5 Buchst. b Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie erfüllt (vgl. entsprechend Urteil vom 27. September 2007, Collée, C-146/05, EU:C:2007:549, Rn. 30).
Folglich erfordert der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, dass die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn diese materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat (vgl. entsprechend Urteil vom 27. September 2007, Collée, C-146/05, EU:C:2007:549, Rn. 31).
Hierzu hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit einer innergemeinschaftlichen Lieferung entschieden, dass eine Verpflichtung zur Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers des Gegenstands im Hinblick auf das Recht auf Mehrwertsteuerbefreiung ein formelles Erfordernis darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2012, VSTR, C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 51).
Dasselbe gilt hinsichtlich einer Verpflichtung, im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Verbringung die vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Steuerpflichtigen mitzuteilen. Zwar ist die Mitteilung dieser Nummer ein Beweis dafür, dass eine solche Verbringung für die Zwecke des Unternehmens des Steuerpflichtigen bewirkt worden ist und folglich – wie aus Rn. 31 des vorliegenden Urteils hervorgeht – der Steuerpflichtige als solcher in diesem Mitgliedstaat handelt, doch kann der Nachweis der Steuerpflichtigeneigenschaft nicht in jedem Fall ausschließlich von der Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer abhängen. Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie, in dem der Begriff „Steuerpflichtiger“ definiert wird, macht die Steuerpflichtigeneigenschaft nämlich nicht davon abhängig, dass die betreffende Person eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer besitzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2012, VSTR, C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 49). Die Mitteilung dieser Nummer stellt somit keine materielle Voraussetzung für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Verbringung von der Mehrwertsteuer dar.
Daraus ergibt sich, dass die Verwaltung eines Mitgliedstaats die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Verbringung von der Mehrwertsteuer nicht allein aus dem Grund versagen darf, dass der Steuerpflichtige die ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht mitgeteilt hat.
Wie der Generalanwalt in Nr. 81 seiner Schlussanträge festgestellt hat, sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch zwei Fälle anerkannt, in denen die Nichteinhaltung einer formellen Anforderung den Verlust des Rechts auf Mehrwertsteuerbefreiung nach sich ziehen kann.
Als Erstes kann sich ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdet, für die Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung nicht auf den Grundsatz der Steuerneutralität berufen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Dezember 2010, R., C-285/09, EU:C:2010:742, Rn. 54, und vom 27. September 2012, VSTR, C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 46).
Das vorlegende Gericht hat jedoch festgestellt, dass im Ausgangsrechtsstreit keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung vorliegen und das Finanzamt eine Steuerhinterziehung ausgeschlossen hat. Daher ist diese Ausnahme von der Regel, wonach die Mehrwertsteuerbefreiung selbst bei Nichteinhaltung einer formellen Voraussetzung zu gewähren ist, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, auf diesen Rechtsstreit nicht anwendbar.
Als Zweites kann der Verstoß gegen eine formelle Anforderung zur Versagung der Mehrwertsteuerbefreiung führen, wenn er den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. September 2007, Collée, C-146/05, EU:C:2007:549, Rn. 31, und vom 27. September 2012, VSTR, C-587/10, EU:C:2012:592, Rn. 46).
Bereits aus der Voraussetzung, von der die Versagung der Mehrwertsteuerbefreiung abhängig gemacht wird, ergibt sich jedoch, dass, wenn die Verwaltung über die Angaben verfügt, die für die Feststellung erforderlich sind, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind, sie hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Befreiung keine zusätzlichen Voraussetzungen festlegen darf, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Dezember 2014, Idexx Laboratories Italia, C-590/13, EU:C:2014:2429, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Wie in den Rn. 30 und 31 des vorliegenden Urteils ausgeführt, entsprechen die in Art. 28a Abs. 5 Buchst. b der Sechsten Richtlinie enthaltenen materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Verbringung im Wesentlichen den in Art. 28c Teil A Buchst. a dieser Richtlinie aufgeführten materiellen Voraussetzungen für die Befreiung einer solchen Verbringung von der Mehrwertsteuer.
Da – wie aus Rn. 32 des vorliegenden Urteils hervorgeht – im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits das vorlegende Gericht, wenngleich Herr Plöckl keine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt hatte, festgestellt hat, dass der fragliche Umsatz als eine innergemeinschaftliche Verbringung im Sinne von Art. 28a Abs. 5 Buchst. b der Sechsten Richtlinie anzusehen sei, ist daher davon auszugehen, dass das Finanzamt über die Angaben verfügte, anhand deren auch festgestellt werden konnte, dass die Voraussetzungen für die Befreiung dieser Verbringung erfüllt waren.
Es zeigt sich somit, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsrechtsstreits keiner der beiden Fälle anwendbar ist, in denen der Gerichtshof der Verwaltung die Möglichkeit zuerkannt hat, die Mehrwertsteuerbefreiung wegen der Nichterfüllung einer formellen Anforderung zu versagen.
Das vorlegende Gericht nimmt jedoch auf Rn. 58 des Urteils vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592), Bezug, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie es der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung davon abhängig zu machen, dass der Lieferer die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mitteilt; dies gilt allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Steuerbefreiung nicht allein aus dem Grund verweigert wird, dass diese Verpflichtung nicht erfüllt worden ist, wenn der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese Identifikationsnummer nicht mitteilen kann und er außerdem Angaben macht, die hinreichend belegen können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob sich daraus ableiten lässt, dass die Mehrwertsteuerbefreiung einem Steuerpflichtigen versagt werden kann, der im Rahmen einer innergemeinschaftlichen Verbringung nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um der Verwaltung eine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitzuteilen.
Im Urteil vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592), wollte der Gerichtshof keine derartige allgemeine Regel aufstellen.
In Rn. 46 des genannten Urteils hat der Gerichtshof nämlich ausdrücklich die Rechtsprechung bestätigt, nach der – mit Ausnahme der beiden in den Rn. 44 und 46 des vorliegenden Urteils genannten Fälle – der Grundsatz der Steuerneutralität es erfordert, dass die Mehrwertsteuerbefreiung gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat.
Außerdem geht – wie der Generalanwalt in Nr. 111 seiner Schlussanträge festgestellt hat – u. a. aus Rn. 52 des Urteils vom 27. September 2012, VSTR (C-587/10, EU:C:2012:592), hervor, dass die Feststellung, dass ein Steuerpflichtiger redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers nicht mitteilen kann, den Fall betrifft, in dem es um die Frage geht, ob der Steuerpflichtige an einer Steuerhinterziehung beteiligt war. So hat der Gerichtshof entschieden, dass die Beteiligung des Lieferers an einer Steuerhinterziehung angesichts des Umstands ausgeschlossen werden konnte, dass dieser redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hatte, die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers nicht mitteilen konnte.
Daraus folgt, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsrechtsstreits, unter denen die Beteiligung des Steuerpflichtigen an einer Steuerhinterziehung jedenfalls ausgeschlossen wurde, diesem die Mehrwertsteuerbefreiung nicht mit der Begründung versagt werden darf, dass er nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um eine formelle Verpflichtung, nämlich die Mitteilung der vom Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Verbringung erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zu erfüllen.
Vor dem Gerichtshof haben das Finanzamt und die deutsche Regierung jedoch die große Bedeutung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer als Kontrollmerkmal bei massenhaften Vorgängen mit einer großen Zahl innergemeinschaftlicher Verbringungen unterstrichen.
Diese Erwägung kann allerdings im Rahmen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems weder eine formelle in eine materielle Anforderung umwandeln noch eine Versagung der Steuerbefreiung rechtfertigen, die damit begründet wird, dass eine im nationalen Recht zur Umsetzung der Sechsten Richtlinie vorgeschriebene Anforderung nicht erfüllt worden sei.
Denn Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h gestattet es den Mitgliedstaaten zwar, Maßnahmen zu erlassen, um eine genaue Erhebung der Mehrwertsteuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, doch ginge eine solche Versagung der Befreiung über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinaus, da ein solcher Verstoß gegen das nationale Recht mit einer Geldbuße geahndet werden kann, die in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Verstoßes steht (vgl. entsprechend Urteile vom 9. Juli 2015, Salomie und Oltean, C-183/14, EU:C:2015:454, Rn. 62 und 63, sowie vom 15. September 2016, Barlis 06 – Investimentos Imobiliários e Turísticos, C-516/14, EU:C:2016:690, Rn. 47 und 48).
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie in der Fassung ihres Art. 28h sowie Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d dieser Richtlinie dahin auszulegen sind, dass sie es der Finanzverwaltung des Herkunftsmitgliedstaats verwehren, eine Mehrwertsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Verbringung mit der Begründung zu versagen, der Steuerpflichtige habe keine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2005/92/EG des Rates vom 12. Dezember 2005 geänderten Fassung in seiner Fassung des Art. 28h der Sechsten Richtlinie sowie Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d dieser Richtlinie sind dahin auszulegen, dass sie es der Finanzverwaltung des Herkunftsmitgliedstaats verwehren, eine Mehrwertsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Verbringung mit der Begründung zu versagen, der Steuerpflichtige habe keine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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