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EuGH 07.04.2016 - C-294/14
EuGH 07.04.2016 - C-294/14 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 7. April 2016 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung — Zollunion und Gemeinsamer Zolltarif — Zollkodex der Gemeinschaften — Zollpräferenzen — Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 — Art. 74 Abs. 1 — Erzeugnisse mit Ursprung in einem begünstigten Land — Verkehr — Sendungen bestehend aus einer Mischung von Rohpalmkernöl mit Ursprung in verschiedenen Ländern, denen dieselbe Präferenzbehandlung zugutekommt“
Leitsatz
In der Rechtssache C-294/14
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Mai 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Juni 2014, in dem Verfahren
ADM Hamburg AG
gegen
Hauptzollamt Hamburg-Stadt
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal und K. Jürimäe,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der ADM Hamburg AG, vertreten durch die Rechtsanwälte H.-J. Prieß und R. Stein,
des Hauptzollamts Hamburg-Stadt, vertreten durch J. Thaler als Bevollmächtigten,
der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Groenfeldt und B.-R. Killmann als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. September 2015
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 74 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1063/2010 der Kommission vom 18. November 2010 (ABl. L 307, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2454/93).
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der ADM Hamburg AG (im Folgenden: ADM Hamburg) und dem Hauptzollamt Hamburg-Stadt (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen der Rechtmäßigkeit eines Einfuhrabgabenbescheids für Rohpalmkernölsendungen.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 2454/93
Art. 72 der Verordnung Nr. 2454/93 bestimmt:
„Die folgenden Erzeugnisse gelten als Erzeugnisse mit Ursprung in einem begünstigten Land:
Erzeugnisse, die im Sinne des Artikels 75 vollständig in diesem Land gewonnen oder hergestellt wurden;
Erzeugnisse, die in diesem Land unter Verwendung von Vormaterialien hergestellt wurden, die dort nicht vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, sofern diese Vormaterialien im Sinne des Artikels 76 in ausreichendem Maße be- oder verarbeitet worden sind.“
Art. 74 dieser Verordnung sieht in den Abs. 1 und 2 vor:
„(1) Die zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in der Europäischen Union angemeldeten Erzeugnisse müssen dieselben sein wie die, die aus dem begünstigten Land, als dessen Ursprungserzeugnisse sie gelten, ausgeführt wurden. Vor der Anmeldung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr dürfen sie nicht verändert, in irgendeiner Weise umgewandelt oder Be- oder Verarbeitungen unterzogen worden sein, die über das zur Erhaltung ihres Zustands erforderliche Maß hinausgehen. Erzeugnisse oder Sendungen können gelagert und Sendungen können aufgeteilt werden, wenn dies unter der Verantwortung des Ausführers oder eines anschließenden Halters der Waren geschieht und die Erzeugnisse in dem Durchfuhrland/den Durchfuhrländern unter zollamtlicher Überwachung verbleiben.
(2) Die Bedingung des Absatzes 1 gilt als erfüllt, sofern die Zollbehörden nicht Grund zur Annahme des Gegenteils haben; in diesem Fall können die Zollbehörden den Anmelder auffordern, die Erfüllung nachzuweisen, was in jeder Art geschehen kann, einschließlich durch Vorlage vertraglich festgelegter Frachtpapiere wie Konnossements oder faktischer oder konkreter Nachweise ausgehend von der Kennung oder Anzahl von Packstücken oder durch jeden Hinweis auf die Waren selbst.“
Art. 97l Abs. 1 und 2 der Verordnung lautet:
„(1) Das Ursprungszeugnis nach Formblatt A, dessen Muster in Anhang 17 enthalten ist, wird auf schriftlichen Antrag des Ausführers oder seines bevollmächtigten Vertreters zusammen mit allen weiteren Belegen dafür ausgestellt, dass die Ausfuhrerzeugnisse die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ursprungszeugnisses nach Formblatt A erfüllen.
(2) Es wird dem Ausführer zur Verfügung gestellt, sobald die Ausfuhr tatsächlich erfolgt oder sichergestellt ist. Ein Ursprungszeugnis nach Formblatt A kann jedoch ausnahmsweise nach der Ausfuhr der Erzeugnisse, auf die es sich bezieht, ausgestellt werden,
wenn es infolge eines Irrtums, eines unverschuldeten Versehens oder besonderer Umstände bei der Ausfuhr nicht ausgestellt worden ist oder
wenn den zuständigen Regierungsbehörden glaubhaft dargelegt wird, dass ein Ursprungszeugnis nach Formblatt A ausgestellt, aber bei der Einfuhr aus formalen Gründen nicht angenommen worden ist.“
Art. 97n Abs. 1 der Verordnung bestimmt:
„Die Ursprungszeugnisse nach Formblatt A bzw. die Erklärungen auf der Rechnung sind den Zollbehörden der Einfuhrmitgliedstaaten nach den dort für die Zollanmeldung geltenden Verfahrensvorschriften vorzulegen.“
Verordnung (EG) Nr. 732/2008
Der Erwägungsgründe 6 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 des Rates vom 22. Juli 2008 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 552/97 und (EG) Nr. 1933/2006 sowie der Verordnungen (EG) Nr. 1100/2006 und (EG) Nr. 964/2007 der Kommission (ABl. L 211, S. 1) lauten wie folgt:
Die allgemeine Regelung sollte allen begünstigten Ländern gewährt werden, sofern sie nicht von der Weltbank als Länder mit hohem Einkommen eingestuft werden und sofern ihre Ausfuhren nicht ausreichend diversifiziert sind.
…
Diese Präferenzen sollten so konzipiert sein, dass sie zusätzliches Wirtschaftswachstum fördern und damit der Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung entsprechen. Im Rahmen dieser Regelung sollten daher Wertzölle sowie spezifische Zölle, es sei denn, sie sind mit einem Wertzollsatz kombiniert, für die begünstigten Länder ausgesetzt werden.“
Art. 5 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung bestimmt:
„(1) Die vorgesehenen Zollpräferenzen gelten für die Einfuhren von Waren, auf die die Regelungen anwendbar sind, die das begünstigte Ursprungsland in Anspruch nehmen kann.
(2) Für die Zwecke der in Artikel 1 Absatz 2 genannten Regelungen gelten die Regeln über die Bestimmung des Begriffs der Ursprungserzeugnisse und die damit verbundenen Verfahren und Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen, die in der Verordnung … Nr. 2454/93 vorgesehen sind.“
Verordnung Nr. 1063/2010
Durch die Verordnung Nr. 1063/2010 wurden die im Ausgangsverfahren einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 2454/93 neu gefasst.
In den Erwägungsgründen 3 und 16 der Verordnung Nr. 1063/2010 heißt es:
Im Zusammenhang mit der Entwicklungsagenda von Doha wurde anerkannt, dass die Entwicklungsländer insbesondere durch einen verbesserten Zugang zu den Märkten der entwickelten Länder besser in die Weltwirtschaft integriert werden müssen.
Daher sollten die Präferenzursprungsregeln vereinfacht und, sofern es zweckdienlich erscheint, gelockert werden, so dass die Präferenzen für Erzeugnisse mit Ursprung in begünstigten Ländern auch tatsächlich in Anspruch genommen werden können.
…
…
Es ist häufig schwierig, den nach den derzeitigen Vorschriften erforderlichen Nachweis zu erbringen, dass die Waren auf direktem Weg in die Europäische Union befördert wurden. Aufgrund dieses Erfordernisses kann die Präferenz zuweilen für Waren, die von einem gültigen Ursprungsnachweis begleitet werden, nicht gewährt werden. Daher sollte eine neue, einfachere und flexiblere Bestimmung eingeführt werden, die darauf abzielt, dass es sich bei den Waren, die bei der Anmeldung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in der Europäischen Union gestellt werden, um dieselben Waren handelt, die das begünstigte Ausfuhrland verlassen haben und unterwegs keinerlei Veränderung oder Verarbeitung erfolgt ist.“
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
ADM Hamburg führte am 11. August 2011 verschiedene Partien Rohpalmkernöl aus Kolumbien, Panama, Costa Rica und Ecuador nach Deutschland zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr ein. Die vier Länder, die durch das von der Union im Rahmen ihres mit der Verordnung Nr. 732/2008 eingeführten Schemas allgemeiner Zollpräferenzen gewährte Allgemeine Präferenzsystem begünstigte Entwicklungsländer sind (im Folgenden: APS-Länder), hatten für die verschiedenen Partien Ursprungszeugnisse nach Formblatt A ausgestellt.
Das Rohpalmkernöl befand sich bei seinem Transport in die Union in verschiedenen Tanks eines Frachtschiffs. In drei dieser Tanks wurden Sendungen aus drei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden APS-Länder jeweils getrennt verladen befördert. In einem vierten Tank hatte ADM Hamburg Öl in verschiedenen Teilmengen aus den vier im Ausgangsverfahren in Rede stehenden APS-Ländern vermischt.
Beim Eintreffen der Ware in Deutschland legte ADM Hamburg Ursprungszeugnisse nach Formblatt A vor und beantragte für die gesamte Rohpalmkernölladung des Frachtschiffs die Anwendung einer Präferenzbehandlung in Bezug auf die Einfuhrabgaben nach dem Schema allgemeiner Zollpräferenzen.
Das Hauptzollamt setzte mit Bescheid vom 8. Dezember 2011 die Einfuhrabgaben fest, ohne für den aus einer Mischung von Ölen bestehenden und im vierten Tank eingelagerten Teil der Lieferung eine Präferenzbehandlung zu gewähren, und unterwarf diesen den in voller Höhe berechneten Einfuhrabgaben.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob ADM Hamburg beim Finanzgericht Hamburg Klage auf Aufhebung des Einfuhrabgabenbescheids vom 8. Dezember 2011.
ADM Hamburg begründet ihre Klage u. a. damit, dass die gemeinsame Lagerung der Öle zu Transportzwecken ursprungsneutral sei, während das Hauptzollamt der Ansicht ist, die Zollpräferenzbehandlung könne nur für Waren gewährt werden, die nachweislich unverändert seien, was hier nicht der Fall sei.
Unter diesen Umständen hat das Finanzgericht Hamburg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist die tatbestandliche Voraussetzung des Art. 74 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 2454/93, wonach die zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in der Europäischen Union angemeldeten Erzeugnisse dieselben sein müssen wie die, die aus dem begünstigten Land, als dessen Ursprungserzeugnisse sie gelten, ausgeführt wurden, in einem Fall wie dem vorliegenden erfüllt, wenn mehrere Teilmengen Rohpalmkernöl aus verschiedenen APS-Ausfuhrländern, als deren Ursprungserzeugnisse sie jeweils gelten, nicht physisch voneinander getrennt ausgeführt und in die Europäische Union eingeführt, sondern bei der Ausfuhr jeweils in denselben Tank des Transportschiffs gefüllt und in diesem Tank miteinander vermischt in die Europäische Union eingeführt werden, wobei ausgeschlossen werden kann, dass während des Transports dieser Erzeugnisse bis zu deren Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr andere – insbesondere nicht präferenzbegünstigte – Erzeugnisse in den Tank des Transportschiffs gelangt sind?
Zur Vorlagefrage
Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage wissen, ob Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 dahin auszulegen ist, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem gültige Ursprungszeugnisse vorgelegt wurden, für Rohpalmkernölsendungen der Präferenzursprung im Sinne des durch die Verordnung Nr. 732/2008 eingeführten Schemas allgemeiner Zollpräferenzen auch dann anerkannt werden kann, wenn diese Waren bei ihrer Beförderung in die Union im Tank eines Frachtschiffs vermischt wurden, sofern ausgeschlossen werden kann, dass andere – insbesondere nicht präferenzbegünstigte – Erzeugnisse in diesen Tank gelangt sind.
Nach Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 ist u. a. zum einen erforderlich, dass die zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in der Union angemeldeten Erzeugnisse dieselben sind wie die, die aus dem begünstigten Land, als dessen Ursprungserzeugnisse sie gelten, ausgeführt wurden, und zum anderen, dass sie vor der Anmeldung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr nicht verändert, in irgendeiner Weise umgewandelt oder Be- oder Verarbeitungen unterzogen worden sind, die über das zur Erhaltung ihres Zustands erforderliche Maß hinausgehen.
Hierzu ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisse untereinander vollkommen austauschbar sind und dieselben Merkmale aufweisen. Durch das Mischen der Erzeugnisse während des Transports wird ihr Inhalt nicht geändert.
Ferner steht fest, dass für jede der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rohpalmkernölpartien ein gültiges Ursprungszeugnis vorlag. Daher wird diesen Teilmengen grundsätzlich dieselbe Zollbehandlung zuteil.
Im Übrigen kann gemäß den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ausgeschlossen werden, dass der aus den verschiedenen Teilmengen aus den vier in Rede stehenden APS-Ländern stammenden Ölmischung im vierten Tank des Frachtschiffs andere – einer anderen Tarifregelung unterliegende – Erzeugnisse hinzugefügt wurden.
Daher kann der Umstand, dass Erzeugnisse, die die Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rohpalmkernölpartien aufweisen, bei ihrer Beförderung in die Union in einem Schiffstank vermischt wurden, als solcher nicht dazu führen, dass diese Erzeugnisse nicht dieselben sind wie die, die aus dem begünstigten Land, als dessen Ursprungserzeugnisse sie gelten, ausgeführt wurden.
Um festzustellen, ob die Anforderungen nach Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 erfüllt sind, ist daher zu klären, ob das Mischen von Erzeugnissen, die die Merkmale der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rohpalmkernölpartien aufweisen, eine Veränderung, eine Umwandlung oder eine Be- oder Verarbeitung im Sinne dieser Bestimmung darstellt.
Hierzu ist festzustellen, dass sich allein aus dem Wortlaut des Satzes 2 dieser Vorschrift die Bedeutung der Begriffe „Veränderung“, „Umwandlung“ und „Be- oder Verarbeitung“ nicht mit Sicherheit erschließt.
Ferner ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 2454/93 keine Definition dieser Begriffe enthält.
Es ist jedoch zu beachten, dass, wenn der Wortlaut einer unionsrechtlichen Vorschrift unklar ist, der Kontext, in dem diese Bestimmung steht, und die mit ihr verfolgten Ziele zu berücksichtigen sind (Urteil PPG und SNF/ECHA, C-625/11 P, EU:C:2013:594, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Wie der Generalanwalt in den Nrn. 24 und 25 seiner Schlussanträge festgestellt hat, gehört Art. 74 der Verordnung Nr. 2454/93 zu Kapitel 2 von Teil I Titel IV dieser Verordnung, das den präferenziellen Ursprung regelt. Genauer gesagt gehört diese Vorschrift zu Abschnitt 1 Unterabschnitt 2, in dem es um die Bestimmung der Begriffe „Erzeugnisse mit Ursprung in“ oder „Ursprungserzeugnisse“, namentlich Erzeugnisse mit Ursprung in einem APS-Land, geht.
Angesichts des Wortlauts und des Kontexts dieser Vorschrift ist daher anzunehmen, dass sie hauptsächlich dazu beitragen soll, sicherzustellen, dass die zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldeten Waren tatsächlich Ursprungserzeugnisse eines APS-Landes und nicht eines Drittlands sind.
Unter diesen Umständen kann die Herstellung einer Mischung mehrerer Erzeugnisse aus APS-Ländern während des Transports, die den Inhalt dieser Erzeugnisse nicht ändert und die keine Zweifel an ihrem Ursprung aufkommen lässt, nicht als Veränderung, Umwandlung oder Be- oder Verarbeitung angesehen werden, die dem entgegensteht, dass der Ursprung dieser Erzeugnisse in dem namentlich durch Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 festgestellten Rahmen anerkannt wird.
Darüber hinaus ergibt sich aus den Erwägungsgründen 3 und 16 der Verordnung Nr. 1063/2010, dass die durch diese Verordnung vorgenommene Reform des Allgemeinen Präferenzsystems die Präferenzursprungsregeln vereinfachen und, sofern es zweckdienlich erscheint, lockern soll, so dass die Präferenzen für Erzeugnisse mit Ursprung in begünstigten Ländern auch tatsächlich in Anspruch genommen werden können.
Was insbesondere Art. 74 der Verordnung Nr. 2454/93 betrifft, ergibt sich aus dem 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1063/2010, dass diese in die Verordnung Nr. 2454/93 eine neue, einfachere und flexiblere Bestimmung einführen soll, die die frühere Bestimmung ersetzt, die dazu führte, dass für bestimmte Waren, die von einem gültigen Ursprungsnachweis begleitet wurden, keine Zollpräferenz gewährt wurde.
Ferner lässt sich dem neunten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 732/2008 entnehmen, dass die Präferenzregeln wie das durch diese Verordnung eingeführte Schema allgemeiner Zollpräferenzen das Wirtschaftswachstum fördern und der Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung entsprechen sollen.
Unter diesen Umständen kann Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 nicht dahin ausgelegt werden, dass er die Anerkennung des Ursprungs von Erzeugnissen wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden allein aus dem Grund, dass sie untereinander vermischt wurden, ausschließt, obwohl die zuständigen Behörden durch die Herstellung dieser Mischung nicht daran gehindert wurden, sich zu vergewissern, dass die ausgeführten Erzeugnisse alle ihren Ursprung in einem APS-Land haben.
Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2454/93 dahin auszulegen ist, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der gültige Ursprungszeugnisse vorgelegt wurden, für Rohpalmkernölsendungen der Präferenzursprung im Sinne des durch die Verordnung Nr. 732/2008 eingeführten Schemas allgemeiner Zollpräferenzen auch dann anerkannt werden kann, wenn die Waren bei ihrer Beförderung in die Union im Tank eines Frachtschiffs vermischt wurden, sofern ausgeschlossen werden kann, dass andere – insbesondere nicht präferenzbegünstigte – Erzeugnisse in diesen Tank gelangt sind.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 74 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1063/2010 der Kommission vom 18. November 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der gültige Ursprungszeugnisse vorgelegt wurden, für Rohpalmkernölsendungen der Präferenzursprung im Sinne des durch die Verordnung (EG) Nr. 732/2008 des Rates vom 22. Juli 2008 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2011 und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 552/97 und (EG) Nr. 1933/2006 sowie der Verordnungen (EG) Nr. 1100/2006 und (EG) Nr. 964/2007 der Kommission eingeführten Schemas allgemeiner Zollpräferenzen auch dann anerkannt werden kann, wenn die Waren bei ihrer Beförderung in die Europäische Union im Tank eines Frachtschiffs vermischt wurden, sofern ausgeschlossen werden kann, dass andere – insbesondere nicht präferenzbegünstigte – Erzeugnisse in diesen Tank gelangt sind.
Unterschriften
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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