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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 09.12.2020 - 10 AZR 333/20 (A)
BAG 09.12.2020 - 10 AZR 333/20 (A)
Vorinstanz
vorgehend ArbG Berlin, 16. Oktober 2019, Az: 39 Ca 9899/19, Urteil
vorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 12. Juni 2020, Az: 8 Sa 2029/19, Urteil
nachgehend EuGH, 7. Juli 2022, Az: C-257/21 und C-258/21, Urteil
Tenor
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I. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird nach Art. 267 AEUV um Vorabentscheidung über die Fragen ersucht:
-
1. Wird mit einer tarifvertraglichen Regelung die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union durchgeführt, wenn die tarifvertragliche Regelung für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Ausgleich vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit?
-
2. Sofern die Frage zu 1. bejaht wird:
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Ist eine tarifvertragliche Regelung mit Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Ausgleich vorsieht als für regelmäßige Nachtarbeit, wenn damit neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Nachtarbeit auch Belastungen wegen der schlechteren Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit ausgeglichen werden sollen?
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II. Das Revisionsverfahren wird bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über das Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.
Gründe
- 1
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Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 20 und 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta) sowie von Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG.
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A. Gegenstand und Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
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Die Parteien streiten über die Höhe der tariflichen Zuschläge für Arbeitsstunden, die in Nachtschichten geleistet werden.
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Der Kläger leistet Nachtarbeit im Rahmen von Schichtarbeit bei der Beklagten, einem Unternehmen der Getränkeindustrie. Er ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die Beklagte ist durch mit der Gewerkschaft NGG geschlossenen Unternehmenstarifvertrag an einen Manteltarifvertrag gebunden. Es handelt sich um den Manteltarifvertrag zwischen dem Verband der Erfrischungsgetränke-Industrie Berlin und Region Ost e. V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Hauptverwaltung vom 24. März 1998 (MTV). § 7 Nr. 1 MTV bestimmt, dass für unregelmäßige Nachtarbeit ein Zuschlag von 50 % je Stunde zu zahlen ist. Für regelmäßige Nachtarbeit ist nach der Tarifnorm ein Zuschlag von 20 % je Stunde geschuldet. Der MTV sieht einen Zuschlag von 25 % je Mehrarbeitsstunde und von 50 % je Mehrarbeitsstunde in der Nacht vor. Er begründet weitere Ansprüche für Schichtarbeitnehmer. Für 20 geleistete Nachtschichten ist ein Tag Schichtfreizeit zu gewähren. Arbeitnehmer im Drei-Schicht-System erhalten eine dreißigminütige bezahlte Essenspause.
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-
Der Kläger verrichtete im Dezember 2018, im Januar 2019 und von März bis Juli 2019 regelmäßige Nachtarbeit im tarifvertraglichen Sinn. Es handelte sich um 14,07 Stunden im Dezember 2018, 27,97 Stunden im Januar 2019, 50,25 Stunden im März 2019, 52,13 Stunden im April 2019, 60,07 Stunden im Mai 2019, 22,27 Stunden im Juni 2019 und 76,27 Stunden im Juli 2019.
- 6
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Die Beklagte leistete für die Monate Dezember 2018, Januar 2019 und März bis Juli 2019 Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 25 % auf die abgerechneten Nachtarbeitsstunden. Die geleisteten Zuschläge überstiegen die tariflichen Ansprüche für regelmäßige Nachtarbeit also um fünf Prozentpunkte. Die Vergütung des Klägers belief sich im Dezember 2018 auf 17,33 Euro brutto je Stunde. Mit Wirkung vom 1. Januar 2019 wurde sein Entgelt aufgrund eines Unternehmenstarifvertrags vom 13. Mai 2019 auf 18,11 Euro brutto je Stunde angehoben.
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Der Kläger ist der Auffassung, die gegenüber den tariflichen Ansprüchen auf Zuschläge von 50 % für unregelmäßige Nachtarbeit sehr viel geringeren tariflichen Ansprüche auf Zuschläge von 20 % für regelmäßige Nachtarbeit und auch die an ihn geleisteten übertariflichen Zuschläge von 25 % seien gleichheitswidrig. Die Unterscheidung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des deutschen Grundgesetzes (GG) und den unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei Nachtarbeit könnten andere Umstände als der Gesundheitsschutz höhere Zuschläge nicht rechtfertigen. Das tradierte Bild der „verstellbaren biologischen Uhr“ sei durch die aktuellen und gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnisse überholt. Die regelmäßige Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmer seien erheblich höheren Gesundheitsgefährdungen und Störungen ihres sozialen Umfelds ausgesetzt als Arbeitnehmer, die außerhalb von Schichtsystemen und daher seltener nachts arbeiteten. Rechtsfolge der gleichheitswidrigen Behandlung durch § 7 Nr. 1 MTV könne nur eine sog. Anpassung der zu geringen Vergütung nach oben sein.
- 8
-
Mit seiner Klage hat der Kläger die Differenzen zwischen den höheren Zuschlägen für unregelmäßige Nachtarbeit von 50 % und den an ihn geleisteten übertariflichen Zuschlägen für regelmäßige Nachtarbeit von 25 % für Dezember 2018, Januar 2019 und März bis Juli 2019 verlangt.
- 9
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Die Beklagte meint, die Tarifvertragsparteien seien allenfalls mittelbar an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Sie hätten den ihnen nach Art. 9 Abs. 3 GG zukommenden weiten Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eingehalten. Zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit bestehe ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, weil unregelmäßige Nachtarbeit in sehr viel geringerem Umfang anfalle. Der Zuschlag von 50 % für unregelmäßige Nachtarbeit betreffe typischerweise Mehrarbeit und enthalte den Mehrarbeitszuschlag. Die Zuschlagsdifferenz - das „Delta“ - sei schon deshalb geringer als 30 %, weil für je 20 geleistete Nachtschichten ein Tag Schichtfreizeit zu gewähren sei. Die dreißigminütige bezahlte Essenspause, die Arbeitnehmern im Drei-Schicht-System zu gewähren sei, entspreche einem weiteren „Zuschlag“ von 6,58 %. Der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit solle nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen. Er solle den Arbeitgeber auch davon abhalten, in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer einzugreifen. Bei der unregelmäßigen und spontanen Anordnung von Nachtarbeit sei die Teilhabe am sozialen Leben, etwa die Kinderbetreuung oder die Pflege von Familienangehörigen, wesentlich schwieriger zu organisieren als bei einer im Voraus planbaren Nachtarbeitssituation. Eine sog. Anpassung nach oben erweitere den Kostenrahmen der Beklagten wegen des Ausnahmecharakters der unregelmäßigen Nachtarbeit in unzumutbarem Umfang.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr zum Teil stattgegeben, in vollem Umfang für die Monate Januar 2019, April 2019, Mai 2019 und Juli 2019 sowie teilweise für den Monat März 2019. Die Ansprüche auf Differenzvergütung für Dezember 2018, Juni 2019 und einen Teil der Ansprüche für März 2019 hat das Landesarbeitsgericht aufgrund der Ausschlussfrist des § 17 Nr. 2 MTV für verfallen gehalten. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts in vollem Umfang wiederhergestellt wissen.
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B. Einschlägiges nationales Recht
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I. Verfassungsrecht
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1. Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 104a und 143h) vom 29. September 2020 (BGBl. I S. 2048) lautet:
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„1Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. 2Die Freiheit der Person ist unverletzlich. 3In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“
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2. Art. 3 GG regelt:
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„(1)
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
…
(3)
1Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. 2Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
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3. Art. 9 GG bestimmt:
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„(1)
Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
…
(3)
1Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. 2Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. 3Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.“
- 16
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II. Gesetzliche Vorschriften
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Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 575), bestimmt in Auszügen:
-
„§ 1
Zweck des Gesetzes
Zweck des Gesetzes ist es,
1.
die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland und in der ausschließlichen Wirtschaftszone bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern sowie
2.
den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer zu schützen.
§ 2
Begriffsbestimmungen
(1)
1Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. …
(2)
Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.
(3)
Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.
(4)
Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.
(5)
Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die
1.
auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten haben oder
2.
Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.
…
§ 6
Nacht- und Schichtarbeit
(1)
Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.
(2)
1Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. 2Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. 3Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.
(3)
1Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. 2Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitabständen von einem Jahr zu. 3Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, sofern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.
(4)
1Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn
a)
nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b)
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c)
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann,
sofern dem nicht dringende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. 2Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitnehmers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. 3Der Betriebs- oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.
(5)
Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.
(6)
Es ist sicherzustellen, daß Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.“
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III. Geltendes Tarifrecht
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-
Der Manteltarifvertrag zwischen dem Verband der Erfrischungsgetränke-Industrie Berlin und Region Ost e. V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Hauptverwaltung vom 24. März 1998 (MTV) bestimmt auszugsweise:
-
„§ 4
Regelung der Arbeitszeit
…
C. Nacht-, Sonntags- und Schichtarbeit
1.
Nachtarbeit ist die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr.
…
3.
Bei Schichtarbeit kann eine Verschiebung der Zeiträume der Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit entsprechend den Schichtzeiten festgelegt werden.
4.
Schichtarbeit liegt dann vor, wenn der Arbeitstag in verschiedene Abschnitte - Schichten - eingeteilt wird.
5.
Zur Abgeltung der auftretenden Erschwernisse und Belastungen bei ständiger Nachtschicht oder im 3-Schichten-Wechsel wird ein Ausgleich durch Freizeit gewährt.
6.
Arbeitnehmer/innen, die in ständiger Nachtschicht oder im 3-Schichten-Wechsel arbeiten, erhalten für je 20 geleistete Nachtschichten einen Tag Schichtfreizeit.
7.
Die Vergütung dieser Schichtfreizeit erfolgt mit dem entsprechenden Anteil des Monatsentgeltes.
8.
In Betrieben, in denen im 3-Schicht-System gearbeitet wird, muß den Arbeitnehmern/innen, die aus betrieblichen Gründen wegen ununterbrochenen Fortgangs der Arbeit ihren Arbeitsplatz nicht verlassen können, eine bezahlte Essenspause von 30 Minuten innerhalb der Arbeitszeit gewährt werden. Die bezahlte Essenspause ist nicht mit der wöchentlichen bzw. täglichen Arbeitszeit zu verrechnen.
…
…
§ 7
Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit
1.
Für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit werden folgende Zuschläge gezahlt:
Mehrarbeit ab der 41. Stunde/Woche
25 %
Mehrarbeit in der Nacht ab der 41. Stunde/Woche
50 %
regelmäßige Nachtarbeit ab 1998
17,5 %
regelmäßige Nachtarbeit ab 1999
20 %
unregelmäßige Nachtarbeit ab 1998
40 %
unregelmäßige Nachtarbeit ab 1999
50 %
…
2.
Bei Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der jeweils höhere Zuschlag zu zahlen.
3.
Die Zuschläge werden vom tariflichen Gesamtentgelt berechnet.
…
§ 17
Ausschlußfristen
…
2.
Ansprüche auf Bezahlung von Mehrarbeits- und Überstundenvergütungen sowie auf Zahlung von Zuschlägen müssen innerhalb von 2 Monaten nach Fälligkeit und unter Vorlage der Abrechnung geltend gemacht werden, andernfalls sind sie verwirkt.“
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C. Einschlägiges Unionsrecht
- 21
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I. Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12. Dezember 2007 (ABl. EU C 303 vom 14. Dezember 2007 S. 1) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2016 (ABl. EU C 202 vom 7. Juni 2016 S. 389)
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1. Art. 20 der Charta lautet:
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„Gleichheit vor dem Gesetz
Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.“
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2. Art. 21 der Charta bestimmt:
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„Nichtdiskriminierung
(1)
Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung sind verboten.
…“
- 24
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3. Art. 28 der Charta regelt:
-
„Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre jeweiligen Organisationen haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen.“
- 25
-
4. Art. 31 der Charta bestimmt:
-
„Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen
(1)
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.
(2)
Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.“
- 26
-
5. Art. 51 der Charta lautet:
-
„Anwendungsbereich
(1)
1Diese Charta gilt für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. 2Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in den Verträgen übertragen werden.
(2)
Diese Charta dehnt den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus und begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.“
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II. Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; Richtlinie 2003/88/EG, Arbeitszeitrichtlinie)
- 28
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1. Im vierten Erwägungsgrund und in den sechsten bis zehnten Erwägungsgründen der Richtlinie 2003/88/EG heißt es:
-
„(4)
Die Verbesserung von Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit stellen Zielsetzungen dar, die keinen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen.
…
(6)
Hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung ist den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation Rechnung zu tragen; dies betrifft auch die für Nachtarbeit geltenden Grundsätze.
(7)
Untersuchungen zeigen, dass der menschliche Organismus während der Nacht besonders empfindlich auf Umweltstörungen und auf bestimmte belastende Formen der Arbeitsorganisation reagiert und dass lange Nachtarbeitszeiträume für die Gesundheit der Arbeitnehmer nachteilig sind und ihre Sicherheit bei der Arbeit beeinträchtigen können.
(8)
Infolgedessen ist die Dauer der Nachtarbeit, auch in Bezug auf die Mehrarbeit, einzuschränken und vorzusehen, dass der Arbeitgeber im Fall regelmäßiger Inanspruchnahme von Nachtarbeitern die zuständigen Behörden auf Ersuchen davon in Kenntnis setzt.
(9)
Nachtarbeiter haben vor Aufnahme der Arbeit - und danach regelmäßig - Anspruch auf eine unentgeltliche Untersuchung ihres Gesundheitszustands und müssen, wenn sie gesundheitliche Schwierigkeiten haben, soweit jeweils möglich auf eine für sie geeignete Arbeitsstelle mit Tagarbeit versetzt werden.
(10)
In Anbetracht der besonderen Lage von Nacht- und Schichtarbeitern müssen deren Sicherheit und Gesundheit in einem Maß geschützt werden, das der Art ihrer Arbeit entspricht, und die Schutz- und Vorsorgeleistungen oder -mittel müssen effizient organisiert und eingesetzt werden.“
- 29
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2. Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG lautet:
-
„Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie sind:
…
3.
Nachtzeit: jede, in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegte Zeitspanne von mindestens sieben Stunden, welche auf jeden Fall die Zeitspanne zwischen 24 Uhr und 5 Uhr umfasst;
4.
Nachtarbeiter:
a)
einerseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit normalerweise mindestens drei Stunden seiner täglichen Arbeitszeit verrichtet;
b)
andererseits: jeder Arbeitnehmer, der während der Nachtzeit gegebenenfalls einen bestimmten Teil seiner jährlichen Arbeitszeit verrichtet, der nach Wahl des jeweiligen Mitgliedstaats festgelegt wird:
i)
nach Anhörung der Sozialpartner in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder
ii)
in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern auf nationaler oder regionaler Ebene;
5.
Schichtarbeit: jede Form der Arbeitsgestaltung kontinuierlicher oder nicht kontinuierlicher Art mit Belegschaften, bei der Arbeitnehmer nach einem bestimmten Zeitplan, auch im Rotationsturnus, sukzessive an den gleichen Arbeitsstellen eingesetzt werden, so dass sie ihre Arbeit innerhalb eines Tages oder Wochen umfassenden Zeitraums zu unterschiedlichen Zeiten verrichten müssen;
6.
Schichtarbeiter: jeder in einem Schichtarbeitsplan eingesetzte Arbeitnehmer;
…“
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3. Art. 8 bis 13 der Richtlinie 2003/88/EG geben vor:
-
„Artikel 8
Dauer der Nachtarbeit
1Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
a)
die normale Arbeitszeit für Nachtarbeiter im Durchschnitt acht Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum nicht überschreitet;
b)
Nachtarbeiter, deren Arbeit mit besonderen Gefahren oder einer erheblichen körperlichen oder geistigen Anspannung verbunden ist, in einem 24-Stunden-Zeitraum, während dessen sie Nachtarbeit verrichten, nicht mehr als acht Stunden arbeiten.
2Zum Zweck von Buchstabe b) wird im Rahmen von einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten oder von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern festgelegt, welche Arbeit unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Nachtarbeit und der ihr eigenen Risiken mit besonderen Gefahren oder einer erheblichen körperlichen und geistigen Anspannung verbunden ist.
Artikel 9
Untersuchung des Gesundheitszustands von Nachtarbeitern und Versetzung auf Arbeitsstellen mit Tagarbeit
(1)
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
a)
der Gesundheitszustand der Nachtarbeiter vor Aufnahme der Arbeit und danach regelmäßig unentgeltlich untersucht wird;
b)
Nachtarbeiter mit gesundheitlichen Schwierigkeiten, die nachweislich damit verbunden sind, dass sie Nachtarbeit leisten, soweit jeweils möglich auf eine Arbeitsstelle mit Tagarbeit versetzt werden, für die sie geeignet sind.
(2)
Die unentgeltliche Untersuchung des Gesundheitszustands gemäß Absatz 1 Buchstabe a) unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht.
(3)
Die unentgeltliche Untersuchung des Gesundheitszustands gemäß Absatz 1 Buchstabe a) kann im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens durchgeführt werden.
Artikel 10
Garantien für Arbeit während der Nachtzeit
Die Mitgliedstaaten können die Arbeit bestimmter Gruppen von Nachtarbeitern, die im Zusammenhang mit der Arbeit während der Nachtzeit einem Sicherheits- oder Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind, nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten von bestimmten Garantien abhängig machen.
Artikel 11
Unterrichtung bei regelmäßiger Inanspruchnahme von Nachtarbeitern
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit der Arbeitgeber bei regelmäßiger Inanspruchnahme von Nachtarbeitern die zuständigen Behörden auf Ersuchen davon in Kenntnis setzt.
Artikel 12
Sicherheits- und Gesundheitsschutz
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit:
a)
Nacht- und Schichtarbeitern hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit in einem Maß Schutz zuteil wird, das der Art ihrer Arbeit Rechnung trägt;
b)
die zur Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit von Nacht- und Schichtarbeitern gebotenen Schutz- und Vorsorgeleistungen oder -mittel denen für die übrigen Arbeitnehmer entsprechen und jederzeit vorhanden sind.
Artikel 13
Arbeitsrhythmus
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit ein Arbeitgeber, der beabsichtigt, die Arbeit nach einem bestimmten Rhythmus zu gestalten, dem allgemeinen Grundsatz Rechnung trägt, dass die Arbeitsgestaltung dem Menschen angepasst sein muss, insbesondere im Hinblick auf die Verringerung der eintönigen Arbeit und des maschinenbestimmten Arbeitsrhythmus, nach Maßgabe der Art der Tätigkeit und der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes, insbesondere was die Pausen während der Arbeitszeit betrifft.“
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D. Einschlägiges Völkerrecht: Übereinkommen 171 (1990) der Internationalen Arbeitsorganisation über Nachtarbeit (IAO-Übereinkommen 171, IAO-Nachtarbeitsübereinkommen)
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I. Art. 3 Abs. 1 IAO-Übereinkommen 171 lautet:
-
„Es sind besondere, durch die Art der Nachtarbeit gebotene Maßnahmen, die mindestens die in den Artikeln 4 bis 10 erwähnten zu umfassen haben, für Nachtarbeiter zu treffen, um ihre Gesundheit zu schützen, ihnen die Erfüllung ihrer Familien- und Sozialpflichten zu erleichtern, ihnen Möglichkeiten für den beruflichen Aufstieg zu bieten und sie angemessen zu entschädigen. Solche Maßnahmen sind auch im Bereich der Sicherheit und des Mutterschutzes für alle Arbeitnehmer zu treffen, die Nachtarbeit verrichten.“
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II. Art. 8 IAO-Übereinkommen 171 bestimmt:
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„Der Ausgleich für Nachtarbeiter in Form von Arbeitszeit, Entgelt oder ähnlichen Vergünstigungen hat der Natur der Nachtarbeit Rechnung zu tragen.“
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E. Deutsche Rechtsprechung zu Fragen des gesetzlichen Nachtarbeitsrechts, Arbeitswissenschaft und Geschichte des deutschen Arbeitszeitgesetzes
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I. Das Bundesverfassungsgericht hat für den Bereich der Nachtarbeit erkannt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, den Schutz der Arbeitnehmer vor den schädlichen Folgen der Nachtarbeit zu regeln (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191).
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1. Eine solche Regelung war notwendig, um dem objektiven Gehalt der Grundrechte des deutschen Grundgesetzes, insbesondere dem Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, zu genügen.
- 37
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a) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen für jeden Menschen schädlich, weil sie negative gesundheitliche Auswirkungen hat ( BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - zu C I 2 a der Gründe, BVerfGE 85, 191 ; ebenso BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 70 f.; 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 27 mwN; 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 49 , BAGE 162, 230 ; 18. Oktober 2017 - 10 AZR 47/17 - Rn. 39 , BAGE 160, 325 ; Schlachter/Heinig/Bayreuther Europäisches Arbeits- und Sozialrecht [EnzEuR Bd. 7] § 11 Rn. 33; EuArbRK/Gallner 3. Aufl. RL 2003/88/EG Art. 8 Rn. 3 mwN). Das gilt im Ausgangspunkt unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb von Schichtsystemen geleistet wird. Die gesundheitliche Belastung durch Nachtarbeit steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Zahl der Nächte im Monat und die Zahl der aufeinanderfolgenden Nächte, in denen Nachtarbeit geleistet wird (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 70; 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - aaO; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 17 mwN, BAGE 153, 378; 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19, BAGE 147, 33).
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b) Durch Arbeit während der Nachtzeit wird die sog. zirkadiane Rhythmik gestört. Zu der sozialen Desynchronisation kommt die physiologische Desynchronisation der Körperfunktionen, die sich typischerweise in Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden und kardiovaskulären Beeinträchtigungen äußert (Beermann Nacht- und Schichtarbeit - ein Problem der Vergangenheit? S. 4 f. = https://d-nb.info/992446481/34; Langhoff/Satzer Gutachten zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit S. 26 ff., 37 f.; DGUV Report 1/2012 S. 81 f., 91 ff., 119 ff.). Sekundärstudien deuten darauf hin, dass sich Nachtarbeit auch negativ auf die Psyche auswirkt (vgl. Amlinger-Chatterjee Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt S. 31). Anerkannt ist, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in je größerem Umfang sie geleistet wird (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 71; 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 27 mwN; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 17 mwN, BAGE 153, 378; vgl. auch den siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG ; Mitteilung der Europäischen Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. EU C 165 vom 24. Mai 2017 S. 42).
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c) Aufgrund der steigenden gesundheitlichen Belastung durch eine größere Zahl der Nächte im Monat und eine höhere Zahl der aufeinanderfolgenden Nächte, in denen Nachtarbeit geleistet wird, sollten möglichst wenige Nachtschichten aufeinanderfolgen. Dem steht nicht entgegen, dass viele Schichtarbeitnehmer, die in einem Rhythmus von fünf und mehr aufeinanderfolgenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass sich ihr Körper der Nachtschicht besser anpasst. Das trifft nicht zu (vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.; Langhoff/Satzer Gutachten zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit S. 32). Aufeinanderfolgende Nachtschichten sind besonders schädlich, obwohl sich Arbeitnehmer typabhängig unterschiedlich gut an die Nachtarbeit anpassen (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 72; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 17, BAGE 153, 378; 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19 f. mwN, BAGE 147, 33; vgl. Langhoff/Satzer aaO S. 36). Bislang ist nicht belegt, dass aufeinanderfolgende Nachtschichten signifikant weniger gesundheitsschädlich sind, wenn Arbeitnehmer nach einem Schichtplan eingesetzt werden, der ihnen im Voraus bekannt ist. Nach Amlinger-Chatterjee zeigen extrahierte statistische Daten lediglich eine tendenziell geringere gesundheitliche Belastung, wenn die Arbeitszeiten vorhersagbar sind (Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt S. 52).
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2. Für das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besteht eine staatliche Schutzpflicht. Dem Gesetzgeber kommt ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsfreiraum zu, um die Schutzpflicht zu erfüllen. Dieser Freiraum lässt es zu, konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Die Maßnahmen, die der Gesetzgeber trifft, dürfen jedoch nicht völlig ungeeignet sein, um den Grundrechtsschutz zu wahren (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191; ebenso BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 44; 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 42).
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3. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Nachtarbeitsentscheidung hervorgehoben, dass ein besonderer gesetzlicher Schutz nicht deswegen entbehrlich ist, weil Nachtarbeit immer aufgrund freiwillig getroffener Vereinbarungen verrichtet wird. Aus seiner Sicht kann das dem Vertragsrecht zugrunde liegende Prinzip der Privatautonomie hinreichenden Schutz nur gewährleisten, soweit die Bedingungen freier Selbstbestimmung gegeben sind. Wo es kein annäherndes Kräftegleichgewicht der Beteiligten gebe, sei mit den Mitteln des Vertragsrechts allein kein sachgerechter Ausgleich der Interessen zu gewährleisten. Das sei bei dem Abschluss von Arbeitsverträgen typischerweise der Fall. In einer solchen Lage seien die objektiven Grundentscheidungen der Verfassung im Grundrechtsabschnitt und im Sozialstaatsgebot durch gesetzliche Vorschriften zu verwirklichen, die sozialem und wirtschaftlichem Ungleichgewicht entgegenwirkten (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191).
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II. Nach der Begründung des Entwurfs des Arbeitszeitgesetzes entspricht der von der Kommission der (damaligen) Europäischen Gemeinschaften (EG) vorgelegte Entwurf einer Richtlinie des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung dem Gesetzentwurf (BT-Drs. 12/5888 S. 19 f.).
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1. Der Kommissionsentwurf mündete in die erste Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EG L 307 vom 13. Dezember 1993 S. 18). Die Begründung des Entwurfs des Arbeitszeitgesetzes nimmt an, durch den Richtlinienentwurf sollten bestimmte, die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer am Arbeitspatz gewährleistende Aspekte EG-einheitlich festgelegt werden. Werde Nachtarbeit geleistet, habe jeder Arbeitnehmer der EG Anspruch auf besondere Schutzmaßnahmen (BT-Drs. 12/5888 S. 19 f.). Die Konzeption des Richtlinienentwurfs folgt aus Sicht des deutschen Gesetzgebers der Begründung des Entwurfs des Arbeitszeitgesetzes (BT-Drs. 12/5888 S. 20).
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2. Der Gesetzgeber des Arbeitszeitgesetzes ging davon aus, dass in einer modernen Industriegesellschaft wie der Bundesrepublik Deutschland nicht generell auf Nachtarbeit verzichtet werden könne (BT-Drs. 12/5888 S. 19, 25). Durch die Schutzvorschriften über die Nachtarbeit solle die unverzichtbare Nachtarbeit zeitlich begrenzt sowie arbeitsmedizinisch und sozialpolitisch flankiert werden (BT-Drs. 12/5888 S. 19).
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F. Deutsche Rechtsprechung zu tarifvertraglichen Mechanismen des Nachtarbeitsausgleichs und der Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien
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I. § 6 Abs. 5 ArbZG überantwortet Ausgleichsregelungen für geleistete Nachtarbeit wegen ihrer größeren Sachnähe vorrangig den Tarifvertragsparteien und schafft nur subsidiär gesetzliche Ansprüche (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 45; 17. Januar 2012 - 1 ABR 62/10 - Rn. 15). Das gilt sowohl für Regelungen des Freizeitausgleichs als auch für Zuschläge auf das Bruttoarbeitsentgelt.
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II. Die deutschen Tarifvertragsparteien sind nicht frei von den Bindungen der Grundrechte des Grundgesetzes, wenn sie Tarifnormen setzen, zB um Belastungen durch Nachtarbeit auszugleichen.
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1. Die Tarifvertragsparteien sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings nicht unmittelbar an die Grundrechte des Grundgesetzes gebunden, wenn sie tarifliche Normen setzen (st. Rspr., zB BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 26; 19. November 2020 - 6 AZR 449/19 - Rn. 21 mwN; 2. September 2020 - 5 AZR 168/19 - Rn. 21 mwN; siehe auch Dieterich FS Schaub 1998 S. 117, 120 ff.). Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich auf Erkenntnisse des Bundesverfassungsgerichts.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiert Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG den sozialen Schutz der abhängig Beschäftigten im Weg kollektivierter Privatautonomie (BVerfG 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 ua. - Rn. 147, BVerfGE 146, 71; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 26 mwN; abl. Däubler/D. Ulber TVG 4. Aufl. Einleitung Rn. 249 ff.). Die Tarifautonomie ist darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütungen und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen ( BVerfG 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 ua. - Rn. 146, aaO; 1. Dezember 2010 - 1 BvR 2593/09 - Rn. 23 ).
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b) Mit der Normsetzung auf der Grundlage der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie üben die Tarifvertragsparteien daher nach deutschem Recht keine delegierte Staatsgewalt aus. Sie nehmen vielmehr privatautonom ihre Grundrechte wahr (Spelge ZTR 2020, 127, 130 mwN). Diese privatautonome Legitimation reicht teilweise weiter als die Legitimation des staatlichen Gesetzgebers, die den in § 4 Abs. 1 TVG enthaltenen staatlichen Geltungsbefehl tariflicher Rechtsnormen trägt. Mit der privatautonomen Legitimation tariflicher Rechtsnormen ist eine umfassende gerichtliche Überprüfung tarifvertraglicher Regelungen am Maßstab der Verhältnismäßigkeit in der Regel nicht zu vereinbaren (vgl. BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 26 mwN; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Einl. Rn. 47).
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2. Tarifnormen sind im Ausgangspunkt dennoch uneingeschränkt am allgemeinen Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 27; 19. November 2020 - 6 AZR 449/19 - Rn. 21; 29. September 2020 - 9 AZR 364/19 - Rn. 47; 27. Mai 2020 - 5 AZR 258/19 - Rn. 37; 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 25 mwN, BAGE 169, 163; vgl. auch BVerfG 9. August 2000 - 1 BvR 514/00 - zu II der Gründe; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Einl. Rn. 49).
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a) Die Grundrechte des deutschen Grundgesetzes sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Der Staat hat seine Rechtsordnung so zu gestalten, dass die einzelnen grundrechtlichen Gewährleistungen in ihr wirksam werden können (vgl. BVerfG 26. Februar 2020 - 2 BvR 2347/15 ua. - Rn. 300, BVerfGE 153, 182). Die Grundrechte des Grundgesetzes haben deshalb mittelbare Drittwirkung in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten im Sinn einer Ausstrahlungswirkung. Sie entfalten ihre Wirkung als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen und strahlen als „Richtlinien“ auf privatrechtliche Rechtsbeziehungen aus. Diese wertsetzenden „Richtlinien“ sollen gleichberechtigte Freiheit im Fall kollidierender Grundrechtspositionen nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zur Geltung bringen (vgl. für die st. Rspr. BVerfG 9. Juli 2020 - 1 BvR 719/19 ua. - Rn. 9; 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - Rn. 32 mwN, BVerfGE 148, 267). Das Bundesverfassungsgericht hat von den Grundrechten auch als einer „objektiven Wertordnung“ gesprochen (BVerfG 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - aaO).
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b) Dieser Ausstrahlungswirkung der Grundrechte des Grundgesetzes müssen die Gerichte als staatliche Gewalt im Sinn von Art. 1 Abs. 3 GG bei ihren Entscheidungen genügen (vgl. BVerfG 23. April 1986 - 2 BvR 487/80 - zu B I der Gründe, BVerfGE 73, 261). Die Fachgerichte haben die Grundrechte, vor allem über zivilrechtliche Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe, bei der Auslegung des Fachrechts zur Geltung zu bringen (BVerfG 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - Rn. 32, BVerfGE 148, 267).
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c) Aufgabe der Arbeitsgerichte ist es aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts, die im Grundgesetz niedergelegten Grundrechte der von Tarifnormen erfassten Arbeitnehmer zu schützen, indem sie die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien beschränken, wenn sie mit den Freiheits- oder Gleichheitsrechten oder mit anderen Rechten der Normunterworfenen mit Verfassungsrang kollidiert. Das gilt auch dann, wenn die Kollision zwischen der Tarifautonomie und den Grundrechten der Normunterworfenen nicht durch einfaches Gesetzesrecht konkretisiert ist (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 29; 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 21 ff. mwN, BAGE 169, 163; 24. Oktober 2019 - 2 AZR 158/18 - Rn. 34, BAGE 168, 238; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Art. 3 Rn. 25; Staudinger/Richardi/Fischinger [2020] § 611a Rn. 763; Tschöpe/Grimm Arbeitsrecht 11. Aufl. Teil 4 C Rn. 123; zweifelnd Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 266; krit. Henssler/Moll/Bepler/Engels 2. Aufl. Teil 1 Rn. 45 f.; aA Wiedemann/Jacobs TVG 8. Aufl. Einleitung Rn. 349; Jacobs/Frieling SR 2019, 108, 110 f.; Spelge [in ZTR 2020, 127, 130] und D. Ulber [in Däubler TVG 4. Aufl. Einleitung Rn. 208 ff., 231 ff., 236 ff.] stellen zu Recht fest, dass es in dieser Kontroverse bislang nicht gelungen ist, einen allseits anerkannten Lösungsweg zu entwickeln).
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d) Gewerkschaftsmitglieder sind der tarifvertraglichen Normsetzung in zumindest ähnlicher Weise unterworfen wie Bürger der Rechtsetzung durch den Staat (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 30; vgl. auch Bayreuther NZA 2019, 1684, 1686: „fremdverantwortete Rechtsgestaltung“; Däubler/D. Ulber TVG 4. Aufl. Einleitung Rn. 254; Waltermann FS Söllner 2000 S. 1251, 1275 mwN). Grundrechtsträger können ihre Freiheit zwar selbst freiwillig in weiterem Umfang beschränken, als sie staatliche Eingriffe hinnehmen müssten (näher ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Einl. Rn. 46, 62). Die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften können sich durch ihren Beitritt jedoch nicht zugleich freiwillig jeder nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung in Tarifnormen unterwerfen (vgl. Bayreuther aaO; Fastrich FS Richardi 2007 S. 127, 130 f.: „funktional gebundene und damit begrenzte Autonomie“; aA Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 265 f.). Im Gewerkschaftsbeitritt liegt kein wirksamer Grundrechtsverzicht (Fastrich aaO S. 130).
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e) Das allgemeine Gleichheitsgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG bildet als grundlegende Gerechtigkeitsnorm in seiner Ausstrahlungswirkung als verfassungsrechtliche Wertentscheidung oder auch „Richtlinie“ eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 31; 19. November 2020 - 6 AZR 449/19 - Rn. 21; 29. September 2020 - 9 AZR 364/19 - Rn. 47; 2. September 2020 - 5 AZR 168/19 - Rn. 21; 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 25 mwN, BAGE 169, 163; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Einl. Rn. 49, Art. 3 Rn. 25; Waltermann Anm. AP TVöD § 46 Nr. 5 zu VI 2; krit. Fastrich FS Richardi 2007 S. 127, 132 f., 137 ff.). Diese Grenze ist zu beachten, obwohl Tarifnormen nicht selten Ergebnisse tarifpolitischer Kompromisse sind (krit. zu solchen Grenzen der Tarifautonomie Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 267; Giesen NZA Heft 4/2020 Editorial; Thüsing/Mathy SR 2019, 292, 301 f.). Die Tarifvertragsparteien können durch die Ausstrahlungswirkung von Art. 3 Abs. 1 GG darin beschränkt sein, ihre Tarifautonomie als kollektivierte, von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Privatautonomie auszuüben.
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aa) Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich.
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(1) Das daraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich- und wesentlich Ungleiches ungleichzubehandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem die Begünstigung einem Personenkreis gewährt und einem anderen Personenkreis vorenthalten wird. Differenzierungen sind nicht untersagt. Sie müssen jedoch durch Sachgründe gerechtfertigt sein, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG 26. Mai 2020 - 1 BvL 5/18 - Rn. 94, BVerfGE 153, 358; vgl. auch BVerfG 7. Mai 2013 - 2 BvR 909/06 ua. - Rn. 76, BVerfGE 133, 377; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 33; zu dem weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen des allgemeinen Gleichheitsgrundrechts BVerfG 11. August 2020 - 1 BvR 2654/17 - Rn. 35; zu der Entwicklung des Verhältnismäßigkeitskriteriums im Rahmen der Gleichheitsprüfung einfachen Gesetzesrechts in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Britz NJW 2014, 346, 347 ff.; Waltermann [in Anm. AP TVöD § 46 Nr. 5 zu VI 2] stimmt einer Verhältnismäßigkeitsprüfung auch für differenzierende Tarifnormen zu).
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(2) Der Gesetzgeber unterliegt hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen des allgemeinen Gleichheitsgrundrechts an den Sachgrund, der eine Ungleichbehandlung trägt, je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedlichen Grenzen. Sie können von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (BVerfG 26. Mai 2020 - 1 BvL 5/18 - Rn. 94 f. mwN, BVerfGE 153, 358; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 34).
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(a) Die verfassungsrechtlichen Anforderungen verschärfen sich zudem, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG 17. Juni 2020 - 1 BvR 1134/15 - Rn. 9 mwN; 26. Mai 2020 - 1 BvL 5/18 - Rn. 95 mwN, BVerfGE 153, 358). Ob und inwieweit ein Differenzierungsmerkmal verfügbar ist, muss jeweils im konkreten Regelungszusammenhang beurteilt werden (vgl. BVerfG 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 - Rn. 132, BVerfGE 138, 136; 7. Oktober 1980 - 1 BvL 50/79 ua. - zu B II 2 b der Gründe, BVerfGE 55, 72; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 35).
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(b) Art. 3 Abs. 1 GG verlangt für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung. Dieser innere Zusammenhang muss sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweisen (BVerfG 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 - Rn. 131, BVerfGE 138, 136; 19. Dezember 2012 - 1 BvL 18/11 - Rn. 44, BVerfGE 133, 1; 18. Dezember 2012 - 1 BvL 8/11 ua. - Rn. 45, BVerfGE 132, 372; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 36).
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(c) Ob ein Sachgrund die Differenzierung rechtfertigt, ist auch dann zu überprüfen, wenn die ggf. erforderliche Anpassung „nach oben“ mit erheblichen Mehrkosten für die betroffenen Arbeitgeber verbunden ist (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 37; vgl. auch BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 35, BAGE 140, 1).
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bb) Art. 3 Abs. 1 GG hat abweichend von den Freiheitsrechten keinen eigenen Schutzbereich. Der allgemeine Gleichheitssatz soll nicht bestimmte Rechtsgüter oder Sphären vor ungerechtfertigten Eingriffen schützen. Er soll ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen verhindern (Spelge ZTR 2020, 127, 134 mwN). Die den Gleichheitsrechten zukommende Schutzfunktion, die Ausdruck des Gerechtigkeitsgedankens im Grundgesetz ist, kann dennoch auf das Privatrecht ausstrahlen. Ein allgemeiner Grundsatz, wonach private Vertragsbeziehungen jeweils den Rechtfertigungsanforderungen des Gleichbehandlungsgebots unterliegen, folgt aus Art. 3 Abs. 1 GG zwar nicht, auch nicht aufgrund mittelbarer Drittwirkung (BVerfG 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - Rn. 40, BVerfGE 148, 267). Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten aus Art. 3 Abs. 1 GG können sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedoch für spezifische Konstellationen ergeben (BVerfG 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - Rn. 41, aaO; vgl. auch BVerfG 9. August 2000 - 1 BvR 514/00 - zu II der Gründe; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 38; 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 25 mwN, BAGE 169, 163; grundlegend BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II 3 b der Gründe, BAGE 111, 8; vgl. ferner Dreier/Heun Grundgesetz-Kommentar 3. Aufl. Art. 3 Rn. 67 mwN; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Einl. Rn. 41; krit. Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 9; abl. Jacobs/Frieling SR 2019, 108, 112 f.; Kleinebrink NZA 2019, 1458, 1459 f.; Latzel ZFA 2020, 526, 530 f.; Münder jurisPR-ArbR 15/2020 Anm. 2 zu C I). Die Gerichte müssen dafür sorgen, dass der Schutzzweck der Gleichheitsrechte durchgesetzt wird (vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 1 der Gründe, BVerfGE 89, 276; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - aaO; 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - aaO).
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f) Bei der Überprüfung von Tarifnormen am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG haben die Arbeitsgerichte die in Art. 9 Abs. 3 GG ebenfalls verfassungsrechtlich verbürgte kollektive Koalitionsfreiheit angemessen zur Geltung zu bringen (BAG 2. September 2020 - 5 AZR 168/19 - Rn. 22; 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 26, BAGE 169, 163; ErfK/Schmidt 21. Aufl. GG Einl. Rn. 49; Spelge ZTR 2020, 127, 134). Die kollektive Koalitionsfreiheit ist mit dem Individualgrundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG angemessen in Ausgleich zu bringen (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 39).
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aa) Das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG, das in erster Linie ein Freiheitsrecht ist, schützt alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen, vor allem die Tarifautonomie. Sie steht im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeit, ihre Zwecke zu verfolgen. Die Wahl der aus ihrer Sicht geeigneten Mittel, mit denen die Koalitionen die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Zwecke verfolgen, ist ihnen mit Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich selbst überlassen. Der Abschluss und das Aushandeln von Tarifverträgen sind wesentliche Zwecke der Koalitionen. Das schließt den Bestand und die Anwendung geschlossener Tarifverträge ein (BVerfG 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15 ua. - Rn. 130 f., BVerfGE 146, 71; BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 40).
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bb) Als selbständigen Grundrechtsträgern steht den Tarifvertragsparteien aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Sie verfügen über einen weiten Gestaltungsspielraum für die inhaltliche Ausformung ihrer normsetzenden Regelungen, dessen Reichweite im Einzelfall von den Differenzierungsmerkmalen abhängt. Sie sind nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Vielmehr genügt es, wenn es für die jeweils getroffene Regelung einen sachlich vertretbaren Grund gibt (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 41; vgl. auch BAG 19. November 2020 - 6 AZR 449/19 - Rn. 22; 2. September 2020 - 5 AZR 168/19 - Rn. 22; 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 26, BAGE 169, 163; 24. Oktober 2019 - 2 AZR 158/18 - Rn. 34, BAGE 168, 238; 3. Juli 2019 - 10 AZR 300/18 - Rn. 19).
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cc) Daraus folgt nach deutschem Recht in der Regel eine deutlich zurückgenommene Prüfungsdichte durch die Gerichte (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 42; 19. November 2020 - 6 AZR 449/19 - Rn. 22; 19. Dezember 2019 - 6 AZR 563/18 - Rn. 26, BAGE 169, 163; abl. hinsichtlich der nur zurückgenommenen Verhältnismäßigkeitsprüfung Waltermann Anm. AP TVöD § 46 Nr. 5 zu VI 2 mwN). Ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichheitsgrundrecht ist vor diesem Hintergrund erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise hätten beachtet werden müssen. Die Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Allerdings müssen die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen (BAG 27. Juni 2018 - 10 AZR 290/17 - Rn. 37 mwN, BAGE 163, 144; krit. Wiedemann/Jacobs TVG 8. Aufl. Einleitung Rn. 406).
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3. Diese Grundsätze gelten im Ausgangspunkt auch für tarifvertragliche Ausgleichsregelungen im Sinn von § 6 Abs. 5 ArbZG (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 43).
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a) Das Bundesverfassungsgericht hat für den Bereich der Nachtarbeit allerdings erkannt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, den Schutz der Arbeitnehmer vor den schädlichen Folgen der Nachtarbeit zu regeln (BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191).
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b) Der deutsche Gesetzgeber seinerseits hat in § 6 Abs. 5 ArbZG vorrangig den Tarifvertragsparteien den Ausgleich für geleistete Nachtarbeit anvertraut.
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aa) Die in Tarifverträgen getroffenen Ausgleichsregelungen sind dennoch ausgeübte originäre Tarifautonomie (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 46; aA Kothe Gutachten zu Nachtarbeitszuschlagsregelungen S. 21; derselbe FS Buschmann 2014 S. 71, 79). Der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz der Koalitionsfreiheit ist nicht auf den Bereich des Unerlässlichen beschränkt. Er geht über den Kernbereich des Art. 9 Abs. 3 GG hinaus und erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen (BVerfG 12. Juni 2018 - 2 BvR 1738/12 ua. - Rn. 115 mwN, BVerfGE 148, 296).
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bb) Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, wie sie den Ausgleich regeln. Um den gesetzlichen Anspruch aus § 6 Abs. 5 ArbZG zu suspendieren, muss die tarifliche Regelung die mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen jedoch kompensieren (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 47; 17. Januar 2012 - 1 ABR 62/10 - Rn. 15; für einen angemessenen Ausgleich Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 269; Kothe FS Buschmann 2014 S. 71, 81; J. Ulber AuR 2020, 157, 161 f.; aA Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 26 f.; wohl auch Neumann/Biebl ArbZG 16. Aufl. § 6 Rn. 26).
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cc) Soweit tarifvertragliche Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründen, tritt eine gesundheitsschützende Wirkung jedenfalls in den Fällen ein, in denen sich die Dauer der Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt verringert und er zeitnah gewährt wird (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 48; zu dem gesetzlichen Zuschlag aus § 6 Abs. 5 ArbZG BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 28). Nachtarbeitszuschläge wirken sich dagegen nicht positiv auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers aus. Der individuelle Gesundheitsschaden wird über den Zuschlag kommerzialisiert (D. Ulber Anm. AP ArbZG § 6 Nr. 14 zu IV). Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg allgemein Nachtarbeit einzudämmen (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - aaO; zu § 6 Abs. 5 ArbZG BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - aaO; Polzin SR 2019, 303, 314). Außerdem soll der Nachtarbeitszuschlag den Arbeitnehmer in einem gewissen Umfang für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben entschädigen (BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - aaO; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 18 mwN, BAGE 153, 378; krit. D. Ulber aaO; zu der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbstätigkeit als Aspekt von Art. 6 Abs. 2 GG BVerfG 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - Rn. 60, BVerfGE 138, 261).
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4. Auf der Grundlage dieser Obersätze hat der vorlegende Senat angenommen, dass eine andere Tarifnorm gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, die für Nachtarbeit in ständiger Nachtschicht einen nur halb so hohen Zuschlagsanspruch je Stunde begründet wie für gelegentlich außerhalb von Schichtsystemen geleistete sog. ungeplante Nachtarbeit. Der Senat ist davon ausgegangen, die Tarifvertragsparteien hätten ihren Gestaltungsspielraum mit der getroffenen Regelung überschritten. Besonderheit war, dass sich diesem Tarifvertrag nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck kein sachlicher Grund für die Unterscheidung zwischen (planbarer) Nachtschichtarbeit und ungeplanter Nachtarbeit entnehmen ließ (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 49 ff.; 9. Dezember 2020 - 10 AZR 335/20 - Rn. 49 ff.). Der Tarifvertrag ließ neben dem angestrebten finanziellen Ausgleich des Gesundheitsschadens durch die Nachtarbeit keinen legitimen Zweck erkennen, der es gerechtfertigt hätte, die ungeplante Nachtarbeit höher zu vergüten als die Nachtschichtarbeit. Bei der Anordnung von Nachtarbeit außerhalb des Schichtdienstes hatte der Arbeitgeber nach diesem Tarifvertrag „auf private und kulturelle Wünsche der Beschäftigten weitgehend Rücksicht zu nehmen“. Der einzelne Arbeitnehmer konnte deshalb selbstbestimmt am sozialen und kulturellen Leben teilhaben. Aus Sicht des Senats bestand kein sachlicher Grund dafür, eine nicht erlittene Einbuße an Planbarkeit mit einem höheren Zuschlag auszugleichen (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 78; 9. Dezember 2020 - 10 AZR 335/20 - Rn. 78). Auf der Rechtsfolgeseite hat der Senat den geringeren Zuschlag für Nachtschichtarbeit an das verbleibende Bezugssystem für außerhalb von Schichtsystemen geleistete ungeplante Nachtarbeit „nach oben“ angepasst (näher BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 87 ff. mwN; 9. Dezember 2020 - 10 AZR 335/20 - Rn. 87 ff. mwN).
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G. Frage der Gleichbehandlungsprüfung nach den Vorgaben des Unionsrechts für Nacht- und Schichtarbeit
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I. Neben die Gleichheitsprüfung auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 GG könnte hier eine Gleichbehandlungskontrolle nach Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union treten. Das Arbeitszeitrecht der Nacht- und Schichtarbeit ist für diese besonderen Formen der Arbeit unionsrechtlich überformt durch die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Nacht- und Schichtarbeiter werden durch die Arbeitszeitrichtlinie als besonders (gesundheits-)schutzbedürftige Arbeitnehmergruppen gekennzeichnet. Das zeigen die sechsten bis zehnten Erwägungsgründe der Richtlinie 2003/88/EG und ihre Art. 8 bis 13.
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II. Für den vorlegenden Senat stellt sich deshalb zunächst die Frage, ob das Tarifrecht des § 7 Nr. 1 MTV mit Blick auf die regelmäßige und die unregelmäßige Nachtarbeit die entsprechenden Vorgaben der Richtlinie 2003/88/EG durchführt im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta. Sollte diese Frage zu bejahen sein, stellt sich die weitere Frage, ob die unterschiedliche Behandlung der Gruppen von Arbeitnehmern, die regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit leisten, durch einen anderen Tarifzweck als den finanziellen Ausgleich der gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Nachtarbeit gerechtfertigt werden kann. Die Auslegung von § 7 Nr. 1 MTV lässt erkennen, dass die höheren Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit geschuldet sind, weil mit ihnen neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Nachtarbeit auch Belastungen wegen der schlechteren Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit finanziell ausgeglichen werden sollen.
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H. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs und Erläuterung der Vorlagefragen
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I. Erforderlichkeit der Entscheidung des Gerichtshofs
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1. Die vom Kläger erhobenen Ansprüche auf höhere Nachtarbeitszuschläge ergeben sich nicht aus den geltenden tariflichen Bestimmungen. § 4 Abschn. C Nr. 1 MTV definiert „Nachtarbeit“ als die Arbeit in der „Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr“. Nach dem klaren Wortlaut von § 7 Nr. 1 MTV ist für regelmäßige Nachtarbeit ein Zuschlag von 20 % zu zahlen, der im Fall des Klägers mit geleisteten 25 % überschritten wurde. Demgegenüber sieht § 7 Nr. 1 MTV für unregelmäßige Nachtarbeit einen Zuschlag von 50 % vor.
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2. Die noch streitigen Differenzansprüche zwischen 25 % und 50 % des Stundenentgelts sind jedoch gegeben, wenn § 7 Nr. 1 MTV nicht mit Art. 20 der Charta iVm. den Vorgaben der Richtlinie 2003/88/EG vereinbar ist, soweit die Tarifnorm und auch das arbeitsvertraglich geschuldete Entgelt geringere Ansprüche auf Zuschläge für regelmäßige Nachtarbeit vorsehen.
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a) Eine solche anspruchsbegründende Wirkung ist anzunehmen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind. Im ersten Schritt müssten mit der zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit differenzierenden Tarifnorm des § 7 Nr. 1 MTV die Nacht- und Schichtarbeitsvorgaben der Richtlinie 2003/88/EG jedenfalls für die Nachtzeit ihres Art. 2 Nr. 3 im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta durchgeführt werden. Im zweiten Schritt müsste die Unterscheidung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 20 der Charta verstoßen. Das setzt voraus, dass Arbeitnehmer, die regelmäßig in der Nacht arbeiten, mit Arbeitnehmern vergleichbar sind, die unregelmäßig in der Nacht arbeiten, und sie schlechter als die Vergleichsgruppe behandelt werden. Die schlechtere Behandlung dürfte nicht durch ein objektives und angemessenes Kriterium gerechtfertigt sein.
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b) Der gleichbehandlungswidrige Teil der Regelung in § 7 Nr. 1 MTV wäre in diesem Fall unanwendbar. Die Rechtsfolge der Unanwendbarkeit beruhte aus Sicht des Senats auf dem Verstoß gegen Art. 20 der Charta iVm. dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens. Darin kommt das besondere Schutzbedürfnis von Nacht- und Schichtarbeitern im Sinn von Art. 2 Nr. 4 und 6 der Arbeitszeitrichtlinie zum Ausdruck. Dieser besondere Schutzzweck geht aus den engen Vorgaben von Art. 8 bis 13 sowie den sechsten bis achten Erwägungsgründen der Arbeitszeitrichtlinie hervor.
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c) Die ungerechtfertigte schlechtere Behandlung von Arbeitnehmern, die regelmäßig in der Nacht arbeiten, könnte in der Vergangenheit nur durch eine Anpassung der niedrigeren Zuschlagsansprüche bei regelmäßiger Nachtarbeit an das höhere Zuschlagsniveau bei unregelmäßiger Nachtarbeit beseitigt werden. Diese Anpassung „nach oben“ wäre unumgänglich, weil die begünstigende Regelung für unregelmäßige Nachtarbeit das einzig gültige Bezugssystem bliebe (vgl. die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Verstößen gegen unionsrechtliche Diskriminierungsverbote: EuGH 14. März 2018 - C-482/16 - [Stollwitzer] Rn. 30; 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 46 f. mwN; ebenso BAG 11. November 2020 - 10 AZR 185/20 (A) - Rn. 39 mwN, vor dem Gerichtshof anhängig unter - C-660/20 - [Lufthansa CityLine]; Schmidt RdA 2020, 269, 270 mwN; J. Ulber AuR 2020, 157, 165; vgl. auch Soost AuR 2020, 489; zu einer Anpassung „nach oben“ bei Verstößen gegen Art. 3 Abs. 1 GG näher BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 87 ff. mwN; 9. Dezember 2020 - 10 AZR 335/20 - Rn. 87 ff. mwN). Die Verbesserung von Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit stellen nach dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG Zielsetzungen dar, die keinen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden dürfen.
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II. Erläuterung der ersten Vorlagefrage
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Die erste Vorlagefrage betrifft die Auslegung von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta.
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1. Für die Entscheidung des Senats kommt es zunächst darauf an, ob das primäre Unionsrecht des Art. 20 der Charta anzuwenden ist, weil die tarifliche Unterscheidung zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit in den Anwendungsbereich des Unionsrechts im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta fällt. Das Prüfungsprogramm des Art. 20 der Charta ist lediglich eröffnet, wenn das nationale Tarifrecht des § 7 Nr. 1 MTV mit Blick auf die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge die entsprechenden Vorgaben der Richtlinie 2003/88/EG durchführt im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta. Nur dann stellt sich die Frage, ob die tarifliche Differenzierung zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit mit Art. 20 der Charta vereinbar ist.
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2. Nach Art. 20 der Charta sind alle Personen vor dem Gesetz gleich. Die Formulierung ähnelt Art. 3 Abs. 1 GG, der bestimmt, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Art. 21 Abs. 1 der Charta verbietet Diskriminierungen insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung. Nach Art. 21 Abs. 2 der Charta ist unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten. Für Art. 21 der Charta besteht insofern eine teilweise Parallele im deutschen Verfassungsrecht, als Art. 3 Abs. 3 GG ebenfalls an bestimmte Differenzierungsmerkmale anknüpft, die allerdings nicht vollständig deckungsgleich mit denen des Art. 21 der Charta sind.
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a) Der Gerichtshof weist darauf hin, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, der in Art. 20 der Charta niedergelegt ist. Das Diskriminierungsverbot des Art. 21 Abs. 1 der Charta stellt eine besondere Ausprägung dieses Grundsatzes dar (EuGH 29. Oktober 2020 - C-243/19 - [ Veselības ministrija] Rn. 35 mwN).
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b) Der Gerichtshof betont jedoch, dass nationale Maßnahmen nur anhand von Art. 20 und 21 der Charta zu prüfen sind, wenn sie im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta in ihren Anwendungsbereich fallen, also dazu dienen, Unionsrecht durchzuführen (vgl. EuGH 29. Oktober 2020 - C-243/19 - [ Veselības ministrija] Rn. 34).
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3. Das primäre Unionsrecht kann auch Regelungen in Tarifverträgen entgegenstehen (für die st. Rspr. EuGH 23. April 2020 - C-710/18 - [Land Niedersachsen (Périodes antérieures d’activité pertinente)] Rn. 22 ff.; näher EuGH 7. Februar 1991 - C-184/89 - [Nimz] Rn. 17 mwN; BAG 17. Juni 2020 - 10 AZR 210/19 (A) - Rn. 34, vor dem Gerichtshof anhängig unter - C-514/20 - [Koch Personaldienstleistungen]). Das in Art. 28 der Charta gewährleistete Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen muss im Anwendungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit ihm ausgeübt werden. Wenn die nationalen Sozialpartner Maßnahmen treffen, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, müssen sie das Unionsrecht beachten (vgl. für die von UNICE, CEEP und EGB geschlossene Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG EuGH 19. September 2018 - C-312/17 - [Bedi] Rn. 69 f.; BAG 11. November 2020 - 10 AZR 185/20 (A) - Rn. 44, vor dem Gerichtshof anhängig unter - C-660/20 - [Lufthansa CityLine]; 22. Oktober 2019 - 9 AZR 71/19 - Rn. 31 mwN). Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Charta und die Verträge nach Art. 6 Abs. 1 EUV gleichrangig sind (vgl. schon EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 22).
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4. Für den Senat ist nicht klar oder geklärt, wie die Frage zu beantworten ist, ob § 7 Nr. 1 MTV die Nacht- und Schichtarbeitsvorgaben der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG durchführt im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta (vgl. zB die Analyse der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 20 und 21 der Charta von Povedano Peramato in Anm. ZESAR 2020, 344, 346 mwN).
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a) In der Sache Åkerberg Fransson hat der Gerichtshof es genügen lassen, dass die Streitigkeit in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt (EuGH 26. Februar 2013 - C-617/10 - Rn. 19).
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b) In der Sache Baldonedo Martín hat der Gerichtshof aus Sicht des Senats einen restriktiveren Ansatz gewählt. Um festzustellen, ob eine nationale Maßnahme das Recht der Union im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta durchführt, ist ua. zu prüfen, ob mit der nationalen Regelung bezweckt wird, eine Bestimmung des Unionsrechts durchzuführen, welchen Charakter die Regelung hat und ob mit ihr andere als die unter das Unionsrecht fallenden Ziele verfolgt werden. Das gilt selbst dann, wenn die innerstaatliche Regelung das Unionsrecht mittelbar beeinflussen kann. Ferner ist zu prüfen, ob es eine Regelung des Unionsrechts gibt, die für diesen Bereich spezifisch ist oder ihn beeinflussen kann (EuGH 22. Januar 2020 - C-177/18 - [Baldonedo Martín] Rn. 59 mit Bezug auf EuGH 10. Juli 2014 - C-198/13 - [Julián Hernández ua.] Rn. 37 ). Der Gerichtshof verneint in der Sache Baldonedo Martín, dass die konkrete nationale Bestimmung zum Ziel hat, das Unionsrecht - § 5 der von EGB, UNICE und CEEP geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG - durchzuführen im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta (EuGH 22. Januar 2020 - C-177/18 - [Baldonedo Martín] Rn. 63 f.).
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c) Der Senat hält es selbst nach dem restriktiveren Ansatz des Gerichtshofs für denkbar, dass mit den tariflichen Zuschlagsbestimmungen für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit bezweckt wird, Bestimmungen des Unionsrechts im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta durchzuführen. Es ist möglich, dass § 7 Nr. 1 MTV mit Blick auf die Nachtarbeit die Nachtarbeitsvorgaben im sechsten und achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens durchführen will. Jedenfalls könnten die gesamten Nacht- und Schichtarbeitsvorgaben der Richtlinie 2003/88/EG für diesen Bereich des deutschen Tarifrechts spezifisch sein oder ihn beeinflussen.
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aa) Bezugssystem ist für beide Zuschlagsarten - zumindest auch - Nachtarbeit von Nachtarbeitern im Sinn des unionsrechtlichen Sprachgebrauchs und von Nachtarbeitnehmern im Sinn des deutschen Arbeitszeitgesetzes (Art. 2 Nr. 3 und 4 der Richtlinie 2003/88/EG; § 2 Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 5 ArbZG).
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bb) Die Tarifvertragsparteien üben ihre Regelungsmacht für den Ausgleich von Arbeitsstunden, die der Nachtarbeitnehmer während der Nachtzeit leistet, vorrangig und damit anstelle des deutschen Gesetzgebers aus (§ 6 Abs. 5 Halbs. 1 ArbZG). Der nationale Gesetzgeber wollte öffentlich-rechtlichen Arbeitszeit- und Gesundheitsschutz für alle Arbeitnehmer und alle Beschäftigungsbereiche schaffen (BT-Drs. 12/5888 S. 1, 19, 21). Er hatte das Ziel, mit § 6 Abs. 5 ArbZG gesetzliche Ansprüche auf angemessene Zuschläge auf das Bruttoarbeitsentgelt zu begründen. Nachtarbeit soll für Arbeitgeber - ordnungsrechtlich betrachtet - generalpräventiv weniger attraktiv sein.
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cc) Es liegt deshalb nahe, dass der deutsche Gesetzgeber davon ausging, die Tarifvertragsparteien würden wegen ihres Kräftegleichgewichts richtlinienkonforme Ansprüche auf Nachtarbeitszuschläge schaffen, um die durch Nachtarbeit eintretenden Gesundheitsschäden auszugleichen. Dieses Kräftegleichgewicht wird vor allem durch die Tarifautonomie gewährleistet, die sowohl von Art. 28 der Charta als auch von Art. 9 Abs. 3 GG geschützt wird. Der Gesetzgeber der ersten Fassung des Arbeitszeitgesetzes wollte seinerseits der im Gesetzgebungsverfahren zu erwartenden (ersten) Richtlinie des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (93/104/EG) entsprechen (BT-Drs. 12/5888 S. 19 f.).
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dd) Deshalb besteht ein Bezug von § 6 Abs. 5 ArbZG und dem von seinem ersten Halbsatz eröffneten tariflichen Regelungssystem zu dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG. Danach ist hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation Rechnung zu tragen. Das betrifft auch die für die Nachtarbeit geltenden Grundsätze. Nach dem achten Erwägungsgrund der Arbeitszeitrichtlinie ist die Dauer der Nachtarbeit einzuschränken.
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ee) Der vorlegende Senat hält den sechsten und den achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG wegen ihres „befehlenden“ Charakters materiell-rechtlich für Richtlinienvorgaben.
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(1) Der Senat hat angenommen, dass Art. 8 bis 12 der Richtlinie 2003/88/EG keine Vorgaben in absoluten Zahlen oder Prozentangaben für die Höhe des als angemessen anzusehenden Nachtarbeitszuschlags nach § 6 Abs. 5 ArbZG machen (vgl. BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 52). Konkrete Vorgaben zu der Höhe einer Entschädigung in Geld oder eines finanziellen Ausgleichs für Nachtarbeiter ergeben sich aus seiner Sicht auch nicht aus dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG iVm. Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens (BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 53).
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(2) Nach Art. 12 Buchst. a der Richtlinie 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit Nacht- und Schichtarbeitern hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit in einem Maß Schutz zuteilwird, das der Art ihrer Arbeit Rechnung trägt. Die Richtlinie 2003/88/EG benennt damit zwar die Gesundheitsgefährdung durch Nachtarbeit, verpflichtet die Mitgliedstaaten aber - anders als Art. 7 Abs. 1 zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 2002/15/EG im Hinblick auf Nachtarbeit bei Fahrpersonal - nicht ausdrücklich dazu, einen finanziellen Ausgleich in bestimmter Höhe zu schaffen (vgl. BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 52; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 41 , BAGE 153, 378 ). Abweichend von der aus Gründen der praktischen Wirksamkeit der Richtlinie 2003/88/EG erforderlichen Pflicht, die Arbeitszeit zu erfassen, enthalten weder Art. 12 Buchst. a noch die weiteren Regelungen in Art. 8 bis 12 der Richtlinie 2003/88/EG Vorgaben zu der Höhe eines Zuschlags für Nachtarbeit (vgl. im Unterschied dazu die Zeiterfassungspflicht nicht nur im Rahmen der Richtlinien für den Transportbereich, sondern auch auf der Grundlage der allgemeinen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG: EuGH 14. Mai 2019 - C-55/18 - [CCOO] Rn. 64 f.). Anhaltspunkte dafür, dass das als Gesamtheit zu betrachtende Schutzkonzept des § 6 ArbZG den Anforderungen der Art. 8 bis 12 der Richtlinie 2003/88/EG und ihren sechsten bis achten Erwägungsgründen nicht gerecht wird, sind nach Auffassung des Senats nicht erkennbar.
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(3) Der Senat hat aus dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG den Schluss gezogen, dass hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung den Grundsätzen der Internationalen Arbeitsorganisation Rechnung zu tragen ist. Das betrifft auch die für Nachtarbeit geltenden Grundsätze. Die Bundesrepublik Deutschland hat das IAO-Nachtarbeitsübereinkommen zwar nicht ratifiziert (BT-Drs. 13/2778 S. 5; Buschmann AuR 2019, 498, 502 ; Preis/Sagan/D. Ulber EuArbR 2. Aufl. Rn. 7.185). Wegen des Verweises im sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG ist es dennoch zu berücksichtigen (J. Schubert Arbeitsvölkerrecht S. 193; J. Ulber AuR 2020, 157 ; vgl. auch Buschmann/J. Ulber Arbeitszeitrecht Anhang - Europäische Union RL 2003/88/EG Fn. 80 zu 1, die eine Auslegungshilfe annehmen). Nach Art. 3 Abs. 1 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens sind ua. Maßnahmen zu treffen, um die Gesundheit von Nachtarbeitern zu schützen, ihnen die Erfüllung ihrer Familien- und Sozialpflichten zu erleichtern und sie angemessen zu entschädigen. Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens sieht vor, dass der Ausgleich für Nachtarbeiter in Form von Arbeitszeit, Entgelt oder ähnlichen Vergünstigungen der Natur der Nachtarbeit Rechnung zu tragen hat. Konkrete Vorgaben zu der Höhe einer Entschädigung in Geld oder eines finanziellen Ausgleichs für Nachtarbeiter enthält der sechste Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG iVm. Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens nach Ansicht des Senats jedoch nicht (BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 53; vgl. auch Polzin SR 2019, 303, 306 ).
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(4) Der Senat kann dennoch nicht bei dem Befund stehen bleiben, dass die absolute oder prozentuale Höhe gesetzlicher oder tariflicher Nachtarbeitszuschläge richtlinienrechtlich auch durch die Verweisung auf das IAO-Nachtarbeitsübereinkommen nicht vorgegeben ist. Unionsrecht könnte hier durchgeführt werden, weil § 7 Nr. 1 MTV an ein und dieselbe Nachtarbeitsstunde unterschiedlich hohe Zuschläge knüpft. Wird Unionsrecht durchgeführt, könnte es zu einer anspruchsbegründenden Wirkung über Art. 20 der Charta kommen, weil es ein Bezugssystem gibt, das eine günstigere Regelung für unregelmäßige Nachtarbeit trifft. Dafür könnte auch die Überschrift von Art. 31 der Charta sprechen, die die Rechte aus Art. 31 Abs. 1 und 2 der Charta als (Rechte auf) gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen zusammenfasst.
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5. Unionsrecht muss nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil die Europäische Union nach Art. 153 Abs. 5 AEUV keine Kompetenz für die Regelung des Arbeitsentgelts hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist diese Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Sie bezieht sich auf Maßnahmen, mit denen das Unionsrecht unmittelbar in die Festsetzung der Arbeitsentgelte innerhalb der Union eingriffe, wie eine Vereinheitlichung einzelner oder aller Bestandteile und/oder der Höhe der Löhne und Gehälter. Sie lässt sich jedoch nicht auf alle mit dem Arbeitsentgelt in irgendeinem Zusammenhang stehenden Fragen erstrecken. Sonst würden einige in Art. 153 Abs. 1 AEUV aufgeführte Bereiche eines großen Teils ihrer Substanz beraubt (EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 ua. - [Specht ua.] Rn. 33 mwN). Art. 153 Abs. 5 AEUV steht deswegen einer Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 20 der Charta auf Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtarbeit leisten, nicht entgegen, wenn § 7 Nr. 1 MTV im Hinblick auf Nachtarbeit Unionsrecht im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta durchführt.
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6. Die Antworten auf die Fragen nach der Durchführung von Unionsrecht durch die unterschiedliche Höhe von Nachtarbeitszuschlägen in § 7 Nr. 1 MTV sind für den Senat weder völlig klar noch geklärt. Er ersucht deshalb den dafür zuständigen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV darum, die Frage zu beantworten, ob die Tarifnorm des § 7 Nr. 1 MTV hinsichtlich der regelmäßigen und unregelmäßigen Nachtarbeit das Nacht- und Schichtarbeitsrecht der Richtlinie 2003/88/EG - insbesondere den sechsten Erwägungsgrund der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens - durchführt im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta.
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III. Erläuterung der zweiten Vorlagefrage
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Sollte der Gerichtshof die erste Frage nach der Durchführung von Unionsrecht im Sinn von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta bejahen, betrifft die zweite Vorlagefrage die Auslegung von Art. 20 der Charta. Über den sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens stellt sich für den Senat die Frage, ob die tarifliche Unterscheidung der Höhe der Zuschlagsansprüche bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit in § 7 Nr. 1 MTV mit dem in Art. 20 und 21 der Charta verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar ist.
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1. Dieser allgemeine Grundsatz verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (EuGH 29. Oktober 2020 - C-243/19 - [ Veselības ministrija ] Rn. 37 mwN; 9. März 2017 - C-406/15 - [Milkova] Rn. 55; 21. Dezember 2016 - C-76/15 - [Vervloet ua.] Rn. 74 mwN; 22. Mai 2014 - C-356/12 - [Glatzel] Rn. 43 ).
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a) Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Situationen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein müssen. Die Prüfung der Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern ist spezifisch und konkret unter Berücksichtigung von Gegenstand und Ziel der nationalen Regelung, mit der die Unterscheidung vorgenommen wird, durchzuführen (EuGH 9. März 2017 - C-406/15 - [Milkova] Rn. 57 mwN).
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b) Eine unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt, wenn sie auf einem objektiven und angemessenen Kriterium beruht, dh. wenn sie im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel steht, das mit der in Rede stehenden Regelung verfolgt wird, und wenn diese unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu dem mit der betreffenden Behandlung verfolgten Ziel steht (EuGH 29. Oktober 2020 - C-243/19 - [ Veselības ministrija ] Rn. 37; 9. März 2017 - C-406/15 - [Milkova] Rn. 55; 22. Mai 2014 - C-356/12 - [Glatzel] Rn. 43 ). Die Situationen, die dazu führen, dass eine nationale Maßnahme gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, sind anhand aller diese Situationen kennzeichnenden Merkmale zu beurteilen (EuGH 9. März 2017 - C-406/15 - [Milkova] Rn. 56 mwN).
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2. Nach diesen Grundsätzen muss der Senat zunächst prüfen, ob die beiden Arbeitnehmergruppen vergleichbar sind, wenn sie regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit leisten. Danach hat er zu untersuchen, ob § 7 Nr. 1 MTV Arbeitnehmer, die regelmäßige Nachtarbeit leisten, schlechter behandelt als Arbeitnehmer, die unregelmäßige Nachtarbeit leisten. Handelt es sich um eine schlechtere Behandlung, hat der Senat zu prüfen, ob die Ungleichbehandlung auf einem objektiven und angemessenen Kriterium beruht.
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a) Der Senat hält die beiden Gruppen von Arbeitnehmern für vergleichbar im Sinn von Art. 20 der Charta.
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aa) Die jeweiligen Zuschlagstatbestände knüpfen übereinstimmend an die Arbeitsleistung in der tarifvertraglich definierten Nachtzeit an, die sich von der Arbeit zu anderen Zeiten unterscheidet (vgl. BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 46, BAGE 162, 230; Kleinebrink [in NZA 2019, 1458, 1461] zieht in Erwägung, dass diese Gruppen vergleichbar sind, nimmt aber an, Arbeitnehmer, die Nachtschichtarbeit leisteten, könnten auch mit Arbeitnehmern in Schichtarbeit außerhalb der Nachtzeit verglichen werden). Die Arbeit während der tarifvertraglichen Nachtzeit reicht angesichts der geringen Anforderungen an die Vergleichbarkeit aus, um die Normadressaten auf der ersten Ebene der Prüfung von Art. 20 der Charta miteinander vergleichen zu können (vgl. EuGH 9. März 2017 - C-406/15 - [Milkova] Rn. 57 mwN; vgl. für die Unterscheidung von Nachtarbeit und Arbeit in der Nachtschicht in einem anderen Tarifvertrag, dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Brauereien und deren Niederlassungen in Hamburg und Schleswig-Holstein vom 29. Oktober 2005, auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 GG im Einzelnen BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 51; 9. Dezember 2020 - 10 AZR 335/20 - Rn. 51; siehe auch Dreier/Dreier Grundgesetz-Kommentar 3. Aufl. Vorb. Rn. 151; Jarass/Pieroth GG 16. Aufl. Art. 3 Rn. 11).
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bb) Dem steht nicht entgegen, dass die Tarifvertragsparteien grundsätzlich die Tatbestandsvoraussetzungen bestimmen können, auf deren Grundlage die Gruppen zu bilden sind (aA Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 266; ähnlich Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 16 ff.; Kleinebrink NZA 2019, 1458, 1461). Es ist nur zu klären, ob sich die Ungleichbehandlung dadurch rechtfertigen lässt (vgl. BeckOK GG/Kischel Art. 3 Stand 15. November 2020 Rn. 18). Diese für Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Grundsätze lassen sich aus Sicht des Senats auf Art. 20 der Charta übertragen.
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cc) Arbeitnehmer, die unregelmäßige Nachtarbeit im tariflichen Sinn leisten, sind mit Arbeitnehmern vergleichbar, die regelmäßige Nachtarbeit verrichten, unabhängig davon, ob es sich um Nachtarbeiter im Sinn von Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2003/88/EG oder um Nachtarbeitnehmer im Sinn von § 2 Abs. 5 ArbZG handelt (ebenso J. Ulber AuR 2020, 157, 162, 164; aA LAG Berlin-Brandenburg 7. August 2020 - 2 Sa 561/20 - zu II 2 b bb der Gründe). Die Gruppen der Nachtarbeiter und der Nachtarbeitnehmer sind nach dem erkennbaren Willen der Richtliniengeber der Arbeitszeitrichtlinie und des Gesetzgebers des Arbeitszeitgesetzes besonders schutzbedürftig.
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dd) Bei den von § 7 Nr. 1 MTV erfassten Arbeitnehmern, die regelmäßig nachts arbeiten, handelt es sich nicht um eine Gruppe, die so klein ist, dass die Tarifvertragsparteien sie im Rahmen zulässiger Typisierung vernachlässigen konnten. Eine solche geringe Größe hat die Beklagte auch nicht behauptet. Vielmehr wird in den dem MTV unterfallenden Betrieben typischerweise regelmäßige Nachtarbeit (in Schichtsystemen) geleistet. Der jetzige Sachverhalt unterscheidet sich damit grundlegend von dem Sachverhalt, über den der Senat am 11. Dezember 2013 zu befinden hatte (- 10 AZR 736/12 - Rn. 21 ff., BAGE 147, 33).
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b) Die unterschiedlich hohen Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit in § 7 Nr. 1 MTV führen dazu, dass zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die nachts arbeiten, ungleichbehandelt werden.
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aa) Die „Lücke“ von 30 % zwischen den beiden tariflichen Zuschlagstatbeständen verringert sich zwar, weil für je 20 geleistete Nachtschichten im Drei-Schichten-Wechsel ein Tag Schichtfreizeit zu leisten ist (§ 4 Abschn. C Nr. 6 MTV). Der zu gewährende Freizeitausgleich entspricht jedoch nur einer um circa 5 % verringerten Arbeitszeit. Es bleibt also ein „Delta“ zwischen den beiden tariflichen Zuschlagstatbeständen von etwa 25 %. Der tarifliche Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit ist ungefähr doppelt so hoch wie der tarifliche Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit. Im Fall des Klägers bleibt wegen der in übertariflichem Umfang geleisteten Zuschläge von 25 % eine „Lücke“ von circa 20 %.
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bb) Die rechnerische Differenz bei der Zuschlagshöhe für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit verringert sich dagegen nicht weiter um die bezahlte Essenspause von 30 Minuten innerhalb der Arbeitszeit nach § 4 Abschn. C Nr. 8 MTV. Die Pausenregelung begünstigt nicht nur Arbeitnehmer, die regelmäßig nachts arbeiten, sondern auch Arbeitnehmer in Wechselschicht ohne Nachtarbeit.
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cc) Der Unterschied in der Zuschlagshöhe bei regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit vermindert sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht dadurch, dass unregelmäßige Nachtarbeit in der Regel Mehrarbeit ist und der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit einen Mehrarbeitszuschlag umfasst. § 7 Nr. 1 MTV begründet für Mehrarbeit ab der 41. Wochenstunde zwar einen Anspruch auf Zuschläge von 25 %. Nach § 7 Nr. 2 MTV ist nur der höhere Zuschlag zu zahlen, wenn mehrere Zuschläge zusammentreffen. Das könnte im Ausgangspunkt darauf hindeuten, dass der höhere Nachtarbeitszuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit regelmäßig den Mehrarbeitszuschlag umfasst. Dem steht jedoch entgegen, dass Mehrarbeit in der Nacht ab der 41. Wochenstunde mit einem Zuschlag von 50 % zu vergüten ist (§ 7 Nr. 1 MTV). Der Umstand, dass Mehrarbeit in der Nacht gesondert geregelt ist, spricht dafür, dass unregelmäßige Nachtarbeit nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien nicht mit Mehrarbeit in der Nacht gleichzusetzen ist. Sonst wäre eine Zuschlagsregelung für unregelmäßige Nachtarbeit in Höhe von 50 % entbehrlich. Eigenständige Bedeutung hat der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit nur, wenn keine Mehrarbeit geleistet wird. Das zeigt sich besonders deutlich an der tarifvertraglichen Regelung für die Zeit vor 1999. In dieser Zeit belief sich der Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit auf lediglich 40 % je Stunde in der tariflich definierten Nachtzeit. Er war damit geringer als der Zuschlag für Mehrarbeit in der Nacht.
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dd) Der Senat hat deshalb eine schlechtere Behandlung im Sinn von Art. 20 der Charta von regelmäßig in der Nacht arbeitenden Arbeitnehmern gegenüber unregelmäßig in der Nacht arbeitenden Arbeitnehmern hinsichtlich des Entgelts anzunehmen.
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c) Er muss in der Folge prüfen, ob die unterschiedliche Behandlung der beiden Arbeitnehmergruppen durch ein objektives und angemessenes Kriterium gerechtfertigt ist. Darüber kann der Senat nicht befinden, ohne den Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV anzurufen. Die Entscheidung hängt davon ab, wie Art. 20 der Charta iVm. dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens auszulegen ist. Es kommt darauf an, ob der mit den tariflichen Bestimmungen verfolgte zusätzliche Zweck, die schlechtere Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit auszugleichen, objektiv geeignet ist, es zu rechtfertigen, dass Arbeitnehmer, die regelmäßige Nachtarbeit leisten, durch die geringeren Nachtarbeitszuschläge schlechter behandelt werden.
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aa) Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei darin, in Ausübung ihrer grundrechtlich geschützten autonomen Regelungsmacht den Zweck einer tariflichen Leistung zu bestimmen. Der Zweck ist der von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen ausdrücklichen Zweckbestimmung der Leistung zu entnehmen oder durch Auslegung der Tarifnorm - anhand von Anspruchsvoraussetzungen, Ausschließungs- und Kürzungsregelungen - zu ermitteln (BAG 11. November 2020 - 10 AZR 185/20 (A) - Rn. 68, vor dem Gerichtshof anhängig unter - C-660/20 - [Lufthansa CityLine]; 19. Dezember 2018 - 10 AZR 231/18 - Rn. 34 mwN, BAGE 165, 1). Allerdings dürfen die Tarifvertragsparteien den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 20 der Charta nicht verletzen. Höhere Anforderungen an die Rechtfertigung folgen hier zwar nicht daraus, dass sich die Merkmale, an die die tarifliche Differenzierung anknüpft, denen des Art. 21 der Charta annähern. Bei der Prüfung am Maßstab des Art. 20 der Charta ist jedoch zu berücksichtigen, dass Arbeitnehmer nicht darüber verfügen können, ob sie die Differenzierungsmerkmale verwirklichen, nach denen sich die Zuschlagspflicht für die Arbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr richtet (Kothe Gutachten zu Nachtarbeitszuschlagsregelungen S. 49; aA Höpfner Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 24; zu dem Kriterium der Verfügbarkeit zB BVerfG 17. Juni 2020 - 1 BvR 1134/15 - Rn. 9 mwN). Schon wegen des dem Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 GewO zukommenden Weisungsrechts kann ein Arbeitnehmer grundsätzlich nicht der Anordnung von regelmäßiger Nachtarbeit widersprechen und stattdessen verlangen, zu unregelmäßiger Nachtarbeit herangezogen zu werden. Nach dem MTV ist regelmäßige Nachtarbeit ein zulässiges Arbeitszeitmodell.
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bb) Der Wortlaut des § 7 Nr. 1 MTV bestimmt nicht ausdrücklich, zu welchen Zwecken die höheren Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit geleistet werden.
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cc) Der Tarifvertrag lässt aus Sicht des Senats jedoch einen Zweck der höheren Ausgleichsleistungen für unregelmäßige Nachtarbeit erkennen.
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(1) Die Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit sollen ersichtlich die durch die Nachtarbeit bereits erlittenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen finanziell ausgleichen. Es ist nach deutschem Verfassungsrecht ein legitimer Zweck, zumindest generalpräventiv die Gesundheit von Arbeitnehmern zu schützen, die nachts arbeiten (vgl. BVerfG 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 ua. - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 85, 191; BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 41 ff.). Ein solcher Schutz ist nach Auffassung des Senats unionsrechtlich durch den sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG sowie Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 des IAO-Nachtarbeitsübereinkommens, den siebten und achten Erwägungsgrund der Arbeitszeitrichtlinie sowie ihre engen Vorgaben in Art. 8 bis 12 geboten. Das rechtfertigt es nicht, die Gruppen der Arbeitnehmer ungleichzubehandeln, die regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit leisten.
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(2) Als weiterer legitimer Zweck der beiden Zuschlagsregelungen ist ein finanzieller Ausgleich für die erschwerte Teilhabe am sozialen Leben erkennbar, der neben den Zweck des Gesundheitsschutzes tritt. Nachtarbeitszuschläge dienen typischerweise auch einem solchen Ausgleich (BAG 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 28; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 18 mwN, BAGE 153, 378; krit. D. Ulber Anm. AP ArbZG § 6 Nr. 14 zu IV). Nachtarbeit erschwert es für die betroffenen Arbeitnehmer, am sozialen Leben in ihrem familiären Umfeld, im Freundes- und Bekanntenkreis sowie in ihrem erweiterten gesellschaftlichen Umfeld teilzunehmen (vgl. zu der Achtung des Privat- und Familienlebens Art. 7 der Charta; zu der Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbstätigkeit als Gesichtspunkt von Art. 6 Abs. 2 GG BVerfG 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - Rn. 60, BVerfGE 138, 261; siehe auch Creutzfeldt/Eylert ZFA 2020, 239, 270). Eine Rechtfertigung höherer Nachtarbeitszuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit setzt jedoch voraus, dass unregelmäßige Nachtarbeit die Teilhabe am sozialen Leben stärker beeinträchtigt als regelmäßige Nachtarbeit. Davon ist der Senat zuletzt nicht ausgegangen (vgl. BAG 21. März 2018 - 10 AZR 34/17 - Rn. 52, BAGE 162, 230).
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(3) Für den Senat stellt sich jedoch die Frage, ob der aus der Unterscheidung von regelmäßiger und unregelmäßiger Nachtarbeit in § 7 Nr. 1 MTV hervorgehende zusätzliche Zweck, die schlechtere Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit finanziell auszugleichen, die höheren Zuschläge für diese Arbeitnehmergruppe objektiv rechtfertigen kann. Für ihn ist offen, ob Art. 20 der Charta iVm. den Nachtarbeitsvorgaben der Richtlinie 2003/88/EG einen solchen Rechtfertigungsgrund anerkennt.
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(a) Höhere Zuschläge für unregelmäßige als für regelmäßige Nachtarbeit wollen aus Sicht der Tarifvertragsparteien gegebene höhere Belastungen durch schlechter planbare Arbeitszeiten ausgleichen. Regelmäßige Nachtarbeit, die in der Regel einem Schichtplan folgt, ist jedenfalls bei typisierender Betrachtung besser vorhersehbar als unregelmäßige Nachtarbeit. Schichtpläne müssen regelmäßig mit zeitlichem Vorlauf aufgestellt werden. Typischerweise folgen sie einem gewissen Rhythmus. Unregelmäßige Nachtarbeit richtet sich dagegen nicht nach festen Regeln, sondern folgt einem weniger vorhersehbaren Bedarf.
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(b) Einer Rechtfertigung durch den Zweck, die schlechtere Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit auszugleichen, könnte jedoch das höhere gesundheitliche Schutzbedürfnis von Arbeitnehmern entgegenstehen, die regelmäßige Nachtarbeit leisten. Der aufgrund der geleisteten Nachtarbeit nicht mögliche individuelle Gesundheitsschutz und der damit verbundene Gesundheitsschaden werden finanziell kompensiert. Die gesundheitliche Belastung steigt durch eine größere Zahl der Nächte im Monat und eine höhere Zahl der aufeinanderfolgenden Nächte, in denen Nachtarbeit geleistet wird, nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin. Es sollten möglichst wenige Nachtschichten aufeinanderfolgen (BAG 9. Dezember 2020 - 10 AZR 334/20 - Rn. 70; 15. Juli 2020 - 10 AZR 123/19 - Rn. 27; 9. Dezember 2015 - 10 AZR 423/14 - Rn. 17 mwN, BAGE 153, 378; 11. Dezember 2013 - 10 AZR 736/12 - Rn. 19, BAGE 147, 33; näher Rn. 36 ff. dieses Beschlusses). Für den Senat stellt sich deshalb die Frage, ob neben den Zweck des finanziellen Ausgleichs der besonderen Gesundheitseinbuße bei regelmäßiger Nachtarbeit die schlechtere Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit als objektiver und angemessener Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung der beiden Gruppen treten kann. Der Zweck der schlechteren Planbarkeit müsste im Zusammenhang mit einem rechtlich zulässigen Ziel stehen.
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(4) Die Rechtsfrage der Rechtfertigung durch den zusätzlichen Zweck der schlechteren Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit kann aus Sicht des Senats nicht deshalb als geklärt angesehen werden, weil der Gerichtshof im Antidiskriminierungsrecht angenommen hat, es sei Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob objektive Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten (vgl. zB im Teilzeitrecht EuGH 1. März 2012 - C-393/10 - [O’Brien] Rn. 67; 6. Dezember 2007 - C-300/06 - [Voß] Rn. 43; 27. Mai 2004 - C-285/02 - [Elsner-Lakeberg] Rn. 18). Die Ausführungen des Gerichtshofs betrafen jeweils die Beurteilung, ob im konkreten Fall überhaupt ein Rechtfertigungsgrund angeführt wurde und ob ein genannter Grund einer Prüfung am anzulegenden Rechtfertigungsmaßstab standhielte. Die Hinweise bezogen sich nach Auffassung des Senats nicht auf die Frage, ob ein Sachverhalt an sich geeignet ist, eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Der Gerichtshof hat mehrfach darauf hingewiesen, dass ein rechtfertigender „sachlicher Grund“ für eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmergruppen nicht allein daraus folgt, dass die Ungleichbehandlung in einer allgemeinen, abstrakten Regelung des nationalen Rechts wie einem Gesetz oder einem Tarifvertrag vorgesehen ist (vgl. etwa im Befristungsrecht EuGH 9. Februar 2017 - C-443/16 - [Rodrigo Sanz] Rn. 42 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; 21. September 2016 - C-631/15 - [Álvarez Santirso] Rn. 48 mwN).
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3. Die Entscheidung über die Revision hängt von der Beantwortung der zweiten Vorlagefrage ab.
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a) Kann der Ausgleich der schlechteren Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit nicht herangezogen werden, um eine schlechtere Behandlung von Arbeitnehmern zu rechtfertigen, die regelmäßige Nachtarbeit leisten, hätte die Revision der Beklagten teilweise keinen Erfolg. Der Kläger könnte die noch rechtshängigen Zuschlagsdifferenzen grundsätzlich verlangen. Das Landesarbeitsgericht hätte für Teile der Ansprüche zu Recht erkannt, dass die an den Kläger geleisteten übertariflichen Zuschläge von 25 % für regelmäßige Nachtarbeit an das Niveau der tariflichen Zuschläge von 50 % für unregelmäßige Nachtarbeit anzugleichen sind (Anpassung „nach oben“). Das Berufungsgericht müsste für Teile der Ansprüche jedoch noch Tatsachen feststellen, aus denen sich ergibt, ob der Kläger die Ausschlussfrist des § 17 Nr. 2 MTV eingehalten hat. Insoweit müsste der Senat die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.
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b) Läge im Ausgleich der schlechteren Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit dagegen ein Kriterium, das die schlechtere Behandlung von Arbeitnehmern rechtfertigen könnte, die regelmäßige Nachtarbeit leisten, stünde die konkrete unterschiedliche Behandlung in angemessenem Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Ziel (vgl. zu diesem Prüfungsschritt EuGH 29. Oktober 2020 - C-243/19 - [ Veselības ministrija ] Rn. 37; 9. März 2017 - C-406/15 - [Milkova] Rn. 55; 22. Mai 2014 - C-356/12 - [Glatzel] Rn. 43 ). Die Revision der Beklagten hätte Erfolg. Das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts wäre in vollem Umfang wiederherzustellen.
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I. Die Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreits beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 148 ZPO.
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