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BAG 14.09.2010 - 1 ABR 30/09
BAG 14.09.2010 - 1 ABR 30/09 - Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs - tarifliche Schlichtungsstelle - Verletzung des Unterschriftserfordernisses
Normen
§ 76 Abs 3 S 4 BetrVG, § 1 TVG, § 76 Abs 3 S 3 BetrVG, § 76 Abs 8 BetrVG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hameln, 16. Juni 2008, Az: 2 BV 8/07, Beschluss
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 9. Februar 2009, Az: 8 TaBV 70/08, Beschluss
Leitsatz
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Ein vom Vorsitzenden der Einigungsstelle nicht unterzeichneter Einigungsstellenspruch ist unwirksam.
Tenor
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1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Februar 2009 - 8 TaBV 70/08 - aufgehoben.
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2. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hameln vom 16. Juni 2008 - 2 BV 8/07 - abgeändert.
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3. Es wird festgestellt, dass der Spruch der tariflichen Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007 zum Regelungsgegenstand Betriebsvereinbarung - Zielvereinbarung mit Entgeltkoppelung im AT-Bereich unwirksam ist.
Gründe
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A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Spruchs einer tariflichen Schlichtungsstelle.
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Die Arbeitgeberin betreibt eine Maschinenfabrik. Antragsteller ist der bei ihr gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist an die Tarifverträge der niedersächsischen Metallindustrie gebunden. Gem. § 30 Abs. 1 des Gemeinsamen Manteltarifvertrags für die Beschäftigten in der niedersächsischen Metallindustrie vom 17. Oktober 1994 idF vom 23. November 2006 (MTV) tritt im Fall der Nichteinigung zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung die tarifliche Schlichtungsstelle an die Stelle der Einigungsstelle nach § 76 BetrVG.
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Nachdem sich die Beteiligten nicht über die Regelung von Zielvereinbarungen mit Entgeltkoppelung für AT-Angestellte einigen konnten, rief die Arbeitgeberin die tarifliche Schlichtungsstelle an. Diese bestand aus je zwei Beisitzern auf Arbeitgeber- und Betriebsratsseite sowie einem unparteiischen Vorsitzenden. In der vierten Sitzung der Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007 stellte die Arbeitgeberin einen Antrag zur Abstimmung, die mit zwei Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen endete. Im Rahmen der anschließenden Erörterung änderte die Arbeitgeberin auf Anregung des Vorsitzenden ihren Antrag inhaltlich ab und stellte den neu gefassten Entwurf zur zweiten Abstimmung. Diese erbrachte unter Beteiligung des Vorsitzenden drei Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen.
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Der Vorsitzende der Schlichtungsstelle übermittelte den Beteiligten jeweils ein von ihm mit dem Zusatz „für die Richtigkeit des Protokolls“ unterzeichnetes Protokoll der Sitzung vom 15. Mai 2007 sowie einen nicht unterzeichneten Ausdruck des Schlichtungsstellenspruchs nebst Anlagen.
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Mit seinem am 29. Mai 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Betriebsrat geltend gemacht, der Schlichtungsstellenspruch sei unwirksam.
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Der Betriebsrat hat beantragt
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festzustellen, dass der Spruch der tariflichen Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007 zum Regelungsgegenstand Betriebsvereinbarung - Zielvereinbarung mit Entgeltkoppelung im AT-Bereich unwirksam ist.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat gemeint, der Schlichtungsstellenspruch sei wirksam. Das Formerfordernis des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG sei gewahrt. Der Vorsitzende habe den Spruch nach der Sitzung am 16. Mai 2007 im Original unterzeichnet und zu seiner Akte genommen. Den Beteiligten habe der Spruch nicht mit einer Originalunterschrift zugeleitet werden müssen.
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Die Vorinstanzen haben den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.
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B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist begründet.
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I. Der Antrag ist zulässig. Streiten die Betriebsparteien über die Rechtswirksamkeit eines Spruchs der nach § 76 Abs. 8 BetrVG an die Stelle der betrieblichen Einigungsstelle getretenen tariflichen Schlichtungsstelle, ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses und nicht dessen Aufhebung zu beantragen (vgl. BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 11, DB 2010, 1765).
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II. Der Antrag ist begründet. Der Spruch der tariflichen Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007 ist unwirksam.
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1. Die tarifliche Schlichtungsstelle war entgegen der Auffassung des Betriebsrats gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 MTV zur Regelung der zwischen den Beteiligten streitigen Angelegenheit zuständig.
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a) Die Tarifvertragsparteien haben nach § 76 Abs. 8 BetrVG die Möglichkeit, anstelle der betrieblichen Einigungsstelle eine tarifliche Schlichtungsstelle einzurichten. Diese verdrängt innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs die Einigungsstelle. Die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle kann sich auf den gesamten Bereich oder nur einzelne Teilaspekte der Zuständigkeit der Einigungsstelle erstrecken (Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. Bd. II § 76 Rn. 180; Fitting BetrVG 25. Aufl. § 76 Rn. 115; ErfK/Kania 10. Aufl. § 76 BetrVG Rn. 33).
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b) Danach war die tarifliche Schlichtungsstelle zuständig. § 30 Abs. 1 Satz 1 MTV weist ihr eine uneingeschränkte Zuständigkeit in den Fällen zu, in denen sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen können und nach § 76 BetrVG die Einigungsstelle zuständig ist. Der Zuständigkeit der tariflichen Schlichtungsstelle steht entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht entgegen, dass die zu regelnde Angelegenheit ausschließlich AT-Angestellte betraf. Die Herausnahme der AT-Angestellten aus dem persönlichen Geltungsbereich des MTV durch § 1 Abs. 3 Buchst. b MTV gilt nicht für die Zuständigkeit der tariflichen Schlichtungsstelle. Diese Bestimmung betrifft allein die Inhaltsnormen des Tarifvertrags. § 30 Abs. 1 Satz 1 MTV regelt demgegenüber eine betriebsverfassungsrechtliche Frage iSd. § 3 Abs. 2 TVG. Dafür ist lediglich die hier gegebene Tarifbindung des Arbeitgebers erforderlich (Kreutz § 76 Rn. 185; Richardi BetrVG 12. Aufl. § 76 Rn. 148; DKKW/Berg BetrVG 12. Aufl. § 76 Rn. 101).
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2. Sprüche einer tariflichen Schlichtungsstelle nach § 76 Abs. 8 BetrVG unterliegen der Formvorschrift des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG (Kreutz § 76 Rn. 182; Richardi § 76 Rn. 150; Fitting § 76 Rn. 116; ErfK/Kania § 76 BetrVG Rn. 33). Wie die Begründung zum Regierungsentwurf des Betriebsverfassungsgesetzes 1972 zeigt, beabsichtigte der Gesetzgeber in Abweichung von § 50 Abs. 5 BetrVG 1952 eine Bindung der Schlichtungsstelle an das im Gesetz geregelte Verfahren (vgl. BT-Drucks. VI/1786 S. 47). Aus § 30 MTV ergibt sich nichts anderes. Soweit es in § 30 Abs. 4 Satz 1 MTV heißt, die Schlichtungsstelle entscheide durch Beschluss, welcher der Mehrheit der anwesenden Mitglieder bedürfe, folgt hieraus kein Verzicht auf die in § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG genannten Formvorschriften. Gleiches gilt für § 30 Abs. 4 Satz 2 MTV, wonach der Spruch der Schlichtungsstelle verbindlich iSv. § 76 Abs. 5 BetrVG ist und die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt. Diese Bestimmung stellt lediglich die Rechtswirkungen des Schlichtungsspruchs klar, weitergehende Wirkungen kommen ihr nicht zu. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Tarifvertragsparteien zur Regelung abweichender Formvorschriften befugt sind.
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3. Nach § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG sind die Beschlüsse der Einigungsstelle schriftlich niederzulegen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und Arbeitgeber und Betriebsrat zuzuleiten.
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a) § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG enthält eine verbindliche Handlungsanleitung für den Vorsitzenden der Einigungsstelle. Bereits der Wortlaut dieser Bestimmung macht deutlich, dass ein Einigungsstellenspruch nur wirksam ist, wenn er schriftlich niedergelegt und mit der Unterschrift des Vorsitzenden versehen beiden Betriebsparteien zugeleitet wird. Die Zuleitung eines zwar schriftlich niedergelegten, aber nicht unterzeichneten Spruchs genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.
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b) Das aus dem Wortlaut des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG folgende Normverständnis wird durch den sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang ergebenden Zweck der Regelung bestätigt. Diese dient in erster Linie der Rechtsklarheit. Die Unterschrift des Vorsitzenden beurkundet und dokumentiert den Willen der Einigungsstellenmitglieder (BAG 29. Januar 2002 - 1 ABR 18/01 - zu B I 1 der Gründe, BAGE 100, 239). Für die Betriebsparteien und für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wird damit rechtssicher bestätigt, dass das vom Vorsitzenden unterzeichnete Schriftstück das von der Einigungsstelle beschlossene Regelwerk enthält. Die Beurkundung und Dokumentation ist erforderlich, weil der Einigungsstellenspruch die fehlende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (Fitting § 76 Rn. 93; Kreutz § 76 Rn. 136 f.; Richardi § 76 Rn. 30) und ihm daher die gleiche normative Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) zukommt wie einer von den Betriebsparteien geschlossenen Betriebsvereinbarung. Da der Arbeitgeber gem. § 77 Abs. 2 Satz 3 BetrVG den Spruch an geeigneter Stelle auszulegen hat, können die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer so erkennen, dass das ausgelegte und vom Vorsitzenden unterzeichnete Regelwerk auch tatsächlich von der Einigungsstelle beschlossen wurde und damit auf einer erzwungenen Einigung der Betriebsparteien beruht.
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c) Die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform ist Wirksamkeitsvoraussetzung eines Einigungsstellenspruchs. Ein schriftlicher Spruch ohne Unterschrift des Vorsitzenden ist unwirksam (Kreutz § 76 Rn. 116). Eine nachträgliche, rückwirkende Heilung der Verletzung des Unterschriftserfordernisses ist nicht möglich. Dagegen spricht bereits die unmittelbare und zwingende Wirkung des Einigungsstellenspruchs in den Fällen, in denen die Betriebsparteien über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung gestritten haben. Diese normative Wirkung erfordert aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit einen von Anfang an formwirksamen Beschluss der Einigungsstelle.
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4. Der Spruch der tariflichen Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007 erfüllt nicht die formalen Anforderungen des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG und ist deshalb unwirksam. Der Vorsitzende hat den Betriebsparteien kein von ihm unterzeichnetes Exemplar des Schlichtungsstellenspruchs zugeleitet. Es genügt nicht, dass er eine unterzeichnete Fassung des Spruchs zu seinen Unterlagen genommen hat. Auch die Unterschrift des Vorsitzenden unter dem Protokoll der Sitzung der Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007 wahrt nicht das Unterschriftserfordernis des § 76 Abs. 3 Satz 4 BetrVG. Der beigefügte Zusatz „für die Richtigkeit des Protokolls“ macht deutlich, dass mit der Unterschrift allein die inhaltliche Richtigkeit des Protokolls dokumentiert werden sollte, nicht jedoch auch die des dem Protokoll als Anlage beigefügten Beschlusses der Schlichtungsstelle. Dass am Ende des Protokolls auf den Spruch unter Angabe der konkreten Seitenzahl verwiesen wird und sich auf jeder Seite des durchnummerierten Spruchs die Überschrift „Spruch der tariflichen Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007“ und in der Fußzeile der Zusatz „Spruch der TSS am 16. Mai 2007.doc“ findet, ändert daran nichts. Die mit dem Unterschriftserfordernis bezweckte Rechtsklarheit wird nur erreicht, wenn sich die Unterschrift entweder unmittelbar am Ende des Beschlusses oder am Ende der dem Beschluss unmittelbar angefügten Begründung befindet. Nur in diesem Fall steht zweifelsfrei fest, welchen Inhalt die durch die Schlichtungsstelle beschlossenen und im Betrieb geltenden Regelungen haben.
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5. Der Spruch der tariflichen Schlichtungsstelle vom 15. Mai 2007 beruht des Weiteren auf einem wesentlichen Verfahrensfehler, der ebenfalls zu dessen Unwirksamkeit führt.
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a) Nach § 76 Abs. 3 Satz 2 BetrVG fasst die Einigungsstelle ihre Beschlüsse nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit. Bei der Beschlussfassung hat sich der Vorsitzende zunächst der Stimme zu enthalten. Kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, nimmt er gem. § 76 Abs. 3 Satz 3 BetrVG nach weiterer Beratung an der erneuten Beschlussfassung teil.
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b) Die tarifliche Schlichtungsstelle hat dieses Abstimmungsverfahren nicht eingehalten.
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aa) Ausweislich des vom Vorsitzenden gefertigten Protokolls, dessen inhaltliche Richtigkeit die Beteiligten in der Anhörung vor dem Senat bestätigt haben, hat die Schlichtungsstelle in der Sitzung vom 15. Mai 2007 über den arbeitgeberseitig eingebrachten Antrag in einer ersten Abstimmung mit zwei Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen abgestimmt. Daraufhin hat die Arbeitgeberin auf Anregung des Vorsitzenden ihren Antrag inhaltlich abgeändert und den so neu gefassten Entwurf zur zweiten Abstimmung gestellt. Damit wurde bei den beiden Abstimmungen jeweils über unterschiedliche Gegenstände abgestimmt. Die zweite Abstimmung hat jedoch gem. § 76 Abs. 3 Satz 3 BetrVG über dieselbe Vorlage wie die erste zu erfolgen. Nur so wird sichergestellt, dass der vom Gesetz angestrebte Vorrang einer einvernehmlichen Einigung der Betriebsparteien erreicht werden kann. Der Vorsitzende hätte daher richtigerweise den modifizierten Entwurf der Arbeitgeberin zunächst zu einer Abstimmung ohne seine Beteiligung stellen müssen und erst bei Stimmengleichheit an der zweiten Abstimmung über diesen Entwurf teilnehmen dürfen.
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bb) Dem steht die protokollierte Äußerung des Betriebsrats, solange seine Positionen keine Aufnahme in die §§ 7 und 8 des Entwurfs fänden, sei der Vorschlag der Arbeitgeberin für ihn unannehmbar, nicht entgegen. Unabhängig davon, ob ein Verzicht auf eine neuerliche Abstimmung über den geänderten Antrag der Arbeitgeberin ohne Beteiligung des Vorsitzenden überhaupt zulässig ist, kann der Äußerung schon nicht hinreichend deutlich entnommen werden, dass der Betriebsrat hierauf verzichtet hat. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass sich die vom Vorsitzenden angeregten Änderungen auf die vom Betriebsrat genannten Bestimmungen des Beschlussentwurfs ausgewirkt hatten, so dass eine neue Abstimmung ohne den Vorsitzenden erforderlich war, an die sich dann nach weiterer Beratung die zweite Abstimmung unter Mitwirkung des Vorsitzenden hätte anschließen können.
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