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BSG 08.10.2019 - B 12 KR 8/19 R
BSG 08.10.2019 - B 12 KR 8/19 R - Sozialgerichtliches Verfahren - Beitragsstreitigkeit (hier: Beitragspflicht von Leistungen aus dem bei einem privaten Versicherungsunternehmen abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrag für die Berufsgruppe der Seelotsen) - Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Gebot des gesetzlichen Richters - Änderung des Streitgegenstands - neuer Verwaltungsakt - Ermittlungen seitens des Revisionsgerichts - keine Aufteilung des angefochtenen Beschlusses wegen Unterschiedlichkeit der Richterbank
Normen
§ 12 Abs 1 SGG, § 33 Abs 1 S 1 SGG, § 96 Abs 1 SGG, § 153 Abs 1 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 229 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5, § 57 Abs 1 SGB 11, § 21 SeelotG, § 28 Abs 1 Nr 6 SeelotG
Vorinstanz
vorgehend SG Lüneburg, 21. Mai 2015, Az: S 16 KR 100/13, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 31. Mai 2018, Az: L 4 KR 279/15, Beschluss
Leitsatz
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1. Das Berufungsgericht verstößt gegen das Gebot des gesetzlichen Richters, wenn es ohne ehrenamtliche Richter durch Beschluss die Berufung zurückweist, obwohl während des Berufungsverfahrens ein den angefochtenen Verwaltungsakt abändernder oder ersetzender neuer Verwaltungsakt ergangen ist, über den auf Klage zu entscheiden gewesen wäre.
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2. Das Revisionsgericht hat die Existenz eines solch neuen Verwaltungsakts von Amts wegen zu ermitteln, soweit sein Erlass - wie regelmäßig in Beitragsstreitigkeiten - auf der Hand liegt.
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3. Eine Aufteilung des mit der Revision angefochtenen Beschlusses in eine Entscheidung auf Berufung und eine Entscheidung auf Klage scheidet wegen der Unterschiedlichkeit der Richterbank aus.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. Mai 2018 aufgehoben.
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Die Sache wird zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von 286 522,35 Euro als Versorgungsbezug der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) unterliegt.
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Der Kläger war als Seelotse Mitglied der Lotsenbrüderschaft Nord-Ostsee-Kanal I. Er bezieht seit 1.7.2007 eine Altersrente der beklagten Deutschen Rentenversicherung (DRV) Knappschaft-Bahn-See. Als Rentner ist der Kläger bei der Beklagten als Kranken- und Pflegekasse pflichtversichertes Mitglied in der GKV und sPV. Neben der Altersrente erhält er einen laufenden Versorgungsbezug der beigeladenen Bundeslotsenkammer - Gemeinsame Übergangskassen der Reviere/Gemeinsame Ausgleichskasse (GÜK/GAK).
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Zum 1.10.2007 erhielt der Kläger von der H. (H.) eine einmalige Kapitalleistung in Höhe von 286 522,35 Euro (Nr 8). Grundlage dieser Leistung ist ein zwischen der beigeladenen Bundeslotsenkammer und der Rechtsvorgängerin der H. abgeschlossener Gruppenversicherungsvertrag vom 7./20.7.1972 (GVV). Danach sind Mitglieder einer vom GVV erfassten Lotsenbrüderschaft Versicherungsnehmer einer Berufsunfähigkeits-, Alters-, Witwen- und Waisenrentenversicherung (§§ 1, 2 und 6 GVV). Die See-Krankenkasse als Rechtsvorgängerin der Beklagten legte 1/120 der Kapitalleistung der Beitragserhebung in der GKV und sPV für die Zeit ab 1.10.2007 zugrunde (Bescheid vom 7.11.2007, Widerspruchsbescheid vom 25.2.2013).
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Das SG Lüneburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 21.5.2015). Der Kläger hat hiergegen am 27.7.2015 Berufung eingelegt und beantragt, die erstinstanzliche Entscheidung sowie den "Bescheid vom 07.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2013" aufzuheben. Nachdem die Beklagte weitere Beitragsbescheide (25.6., 15.7., 17.12.2015, 24.6., 8.7., 21.12.2016, 28.6., 19.7.2017) erlassen hatte, hat das LSG die Berufung durch Beschluss vom 31.5.2018 nach § 153 Abs 4 SGG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgewiesen. Die Gruppenversicherung sei notwendiger integraler Bestandteil einer angemessenen Alterssicherung der Seelotsen.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm Art 3 Abs 1 GG sowie von Art 3 Abs 1 GG. Die im Senatsurteil vom 10.6.1988 (12 RK 35/86 - SozR 2200 § 180 Nr 43) geforderte Versorgung der Lotsen entsprechend derjenigen eines Kapitäns auf Großer Fahrt sei bereits durch die gesetzliche Altersrente und die Leistungen der GÜK/GAK erreicht. Die streitigen Kapitalleistungen gingen über dieses Sicherungsniveau hinaus und seien vom Auftrag des § 28 Abs 1 Nr 6 Seelotsgesetz (SeeLG, in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.9.1984 <BGBl I 1213>; zuvor § 32 Abs 1 Nr 6 SeeLG in der Fassung vom 13.10.1954 <BGBl II 1035>), Maßnahmen für eine ausreichende Versorgung der Seelotsen zu treffen, nicht gedeckt. Die vom BVerfG zur Beitragspflicht von Leistungen aus einer Direktversicherung iS von § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V entwickelten Grundsätze ließen sich auf den vorliegenden Fall übertragen. Er sei von Anfang an Versicherungsnehmer gewesen und habe damit von vornherein eines der vom BVerfG für die Beitragsfreiheit geforderten Kriterien erfüllt. Der allgemeine Gleichheitssatz sei verletzt, wenn im Vergleich zu anderen Altersvorsorgeprodukten Beiträge sowohl in der Anspar- als auch in der Auszahlungsphase und damit doppelt erhoben würden.
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Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 31. Mai 2018 und das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 21. Mai 2015 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2013 und die Bescheide vom 25. Juni 2015, 15. Juli 2015, 17. Dezember 2015, 24. Juni 2016, 8. Juli 2016, 21. Dezember 2016, 28. Juni 2017 und 19. Juli 2017 insoweit aufzuheben, als Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung auf Kapitalzahlungen der H.(Nr 8) festgesetzt worden sind.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Die beigeladene Bundeslotsenkammer hat keinen Antrag gestellt.
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Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 2.10.2019 die nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils ergangenen Bescheide übersandt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der angefochtene Beschluss des LSG beruht auf dem Verfahrensfehler der fehlerhaften Besetzung des Berufungsgerichts nur mit Berufsrichtern. Das LSG hätte nicht im Wege des vereinfachten Beschlussverfahrens nach § 153 Abs 4 SGG (dazu 1.) ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter entscheiden dürfen (dazu 3.), weil nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils weitere Verwaltungsakte Gegenstand des Rechtsstreits geworden sind (dazu 2.). Dieser Mangel ist vom Revisionsgericht auch ohne entsprechende Rüge von Amts wegen zu beachten (dazu 4.). Dem stehen die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht entgegen (dazu 5.).
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1. Nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG, außer in den Fällen des Gerichtsbescheids nach § 105 Abs 2 Satz 1 SGG, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Zu dieser Entscheidungsform sind die Beteiligten vorher zu hören (§ 153 Abs 4 Satz 2 SGG). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lagen nicht vor. Zwar hat das LSG dem Anhörungsgebot mit Schreiben vom 28.3.2018 an die Beteiligten Rechnung getragen. Die Möglichkeit des vereinfachten Beschlussverfahrens ohne die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (vgl § 33 Abs 1 iVm § 12 Abs 1 Satz 2 Alt 1 SGG) war aber nicht (mehr) eröffnet.
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2. Gegenstand des Klageverfahrens war zunächst der Bescheid der Beklagten vom 7.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.2.2013. Die nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils ergangenen weiteren Verwaltungsakte (Bescheide vom 25.6., 15.7., 17.12.2015, 24.6., 8.7., 21.12.2016, 28.6. und 19.7.2017) sind mit ihrem Erlass gemäß § 96 Abs 1 in Verbindung mit § 153 Abs 1 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Durch sie sind die auf die Kapitalleistung erhobenen Beiträge zur GKV und sPV jeweils neu festgesetzt und damit frühere Beitragserhebungen im Sinne dieser Vorschriften abgeändert worden. Die Einbeziehung abändernder oder ersetzender Verwaltungsakte in ein anhängiges Klageverfahren ist nicht in das Ermessen der Beteiligten gestellt. Sie werden im Wege einer gesetzlichen Klageänderung automatisch Gegenstand des Rechtsstreits, ohne dass es auf den Willen der Beteiligten ankommt (BSG Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 57/04 R - SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 21; vgl auch BSG Urteil vom 9.12.2016 - B 8 SO 1/15 R - juris). Daher ist unerheblich, ob vorliegend die späteren Beitragsbescheide von den Beteiligten in das Verfahren eingeführt wurden. Auch kommt es für die Rechtsfolge des § 96 Abs 1 SGG nicht darauf an, ob das Gericht bei seiner Entscheidung die zwischenzeitlich erlassenen Verwaltungsakte gewürdigt und damit tatsächlich einbezogen hat. Die unabhängig vom Willen der Beteiligten kraft Gesetzes eintretende Klageänderung hindert die Beteiligten allerdings nicht, über den Verfahrensgegenstand im Rahmen ihrer allgemeinen Dispositionsbefugnis zu verfügen und die Klage ausdrücklich auf die Anfechtung des Ausgangsverwaltungsakts zu beschränken (BSG Urteil vom 17.11.2005, aaO RdNr 22). Eine solche Begrenzung des Streitgegenstands liegt aber nicht schon in dem mit Berufungsschriftsatz vom 27.7.2015 formulierten Antrag des Klägers, die erstinstanzliche Entscheidung sowie den "Bescheid vom 07.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2013" aufzuheben, der zeitlich jedenfalls vor Erlass der Verwaltungsakte vom 17.12.2015, 24.6., 8.7. und 21.12.2016 sowie 28.6. und 19.7.2017 gestellt worden ist.
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3. Über erst während des Berufungsverfahrens wirksam erlassene Verwaltungsakte, die einen mit dem Rechtsmittel bereits angefochtenen Verwaltungsakt abändern oder ersetzen im Sinne des § 96 Abs 1 in Verbindung mit § 153 Abs 1 SGG, hat das Berufungsgericht nicht zweitinstanzlich auf Berufung, sondern erstinstanzlich auf Klage zu befinden (stRspr; vgl BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 13 R 61/09 R - SozR 4-5050 § 22 Nr 10 RdNr 15 mwN). Daher hätte vorliegend aufgrund mündlicher Verhandlung oder nach Zustimmung der Beteiligten (§ 124 Abs 2 SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil unter Beteiligung ehrenamtlicher Richter entschieden und - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - die Klage gegen die im Berufungsverfahren erlassenen Beitragsbescheide abgewiesen werden müssen (vgl BSG Beschluss vom 22.11.2012 - B 3 P 10/12 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 15 RdNr 15). Für die notwendige erstinstanzliche Entscheidung bietet § 153 Abs 4 SGG keine Grundlage. Das folgt sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift (vgl BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 5 R 34/11 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 12 zu einer rechtswidrigen Teilstattgabe der Berufung nach nicht angenommenem Teilanerkenntnis und Zurückweisung im Übrigen) als auch aus deren Regelungszweck.
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Nach dem Gesetzestext ist dem Berufungsgericht unter bestimmten Voraussetzungen die Befugnis eingeräumt, die "Berufung" durch Beschluss zurückzuweisen. Als "Berufung" wird aber das mit Devolutiv- und Suspensiveffekt versehene Rechtsmittel gegen vorinstanzliche Entscheidungen der Sozialgerichte bezeichnet (vgl § 143 SGG), das grundsätzlich auf Überprüfung des erstinstanzlich beurteilten Streitgegenstands gerichtet ist (vgl § 157 SGG) und eine Beschwer durch die erstinstanzliche Entscheidung voraussetzt. Auf erst im Berufungsverfahren ergangene Verwaltungsakte kann sich eine erstinstanzliche Entscheidung nicht erstrecken. Zudem soll das vereinfachte Beschlussverfahren zu einer Straffung des Verfahrens und Entlastung des LSG beitragen, ohne den Rechtsschutzanspruch der Beteiligten zu vernachlässigen (vgl BT-Drucks 12/1217 S 20 zu den Grundzügen der Entlastung des sozialgerichtlichen Verfahrens). Es bezweckt die Beschleunigung rechtlich wie tatsächlich einfach gelagerter Verfahren, die bereits wegen umfassender Sachverhaltsaufklärung und Erörterung in der Vorinstanz zügig zu einer verfahrensbeendenden Entscheidung gebracht werden können sollen (BSG Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 33/15 R - juris RdNr 12 mwN). Bei erst im Berufungsverfahren erlassenen Verwaltungsakten fehlt es zwangsläufig an einer solchen erstinstanzlichen Erörterung. Gleichwohl das vereinfachte Beschlussverfahren gegenüber erst während des Berufungsverfahrens erlassenen Verwaltungsakten einzuräumen, ließe außer Acht, dass Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention im Rahmen des gebotenen fairen Verfahrens das Recht auf eine mündliche Verhandlung zubilligt (vgl BSG Beschluss vom 8.4.2014 - B 8 SO 22/14 B - SozR 4-1500 § 158 Nr 7 RdNr 7), die mündliche Verhandlung das "Kernstück" des gerichtlichen Verfahrens ist und den Zweck verfolgt, dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, §§ 62, 128 Abs 2 SGG) zu genügen (vgl BSG Beschluss vom 8.9.2015 - B 1 KR 134/14 B - juris RdNr 8).
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Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 153 Abs 4 SGG ist nicht danach zu differenzieren, ob die im Berufungsverfahren nach § 96 Abs 1 in Verbindung mit § 153 Abs 1 SGG einzubeziehenden Verwaltungsakte eine wesentliche Änderung der prozessualen Situation mit sich bringen oder nicht (vgl hierzu BSG Beschluss vom 8.4.2014 - B 8 SO 59/13 B - juris RdNr 5, ohne über die Rechtslage im Fall einer unveränderten Prozesssituation zu entscheiden). Anders als in den Fällen einer erneut notwendigen weiteren Anhörungsmitteilung aufgrund einer entscheidungserheblichen Veränderung der Prozesssituation, über die das LSG ausschließlich als Berufungsinstanz zu entscheiden hat, ist in Verfahren, in denen das Berufungsgericht auch als erstinstanzliches Gericht zu entscheiden hat, schon der Anwendungsbereich der Verfahrensvorschrift nicht eröffnet (vgl oben). Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Erlass eines Verwaltungsakts im Berufungsverfahren, der Gegenstand des Klageverfahrens wird, ausnahmslos mit einer wesentlichen Änderung der Prozesssituation einhergeht.
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4. An einer - wie hier notwendigen - Entscheidung des LSG durch Urteil haben neben den Berufsrichtern zwei ehrenamtliche Richter mitzuwirken (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGG). Das Berufungsgericht hat vorliegend hingegen durch Beschluss allein der Berufsrichter entschieden und damit die verfassungsrechtliche Garantie des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) missachtet. Die nicht vorschriftsmäßige Besetzung ist ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen.
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Das Revisionsgericht hat zwischen Verfahrensmängeln zu unterscheiden, die es nur auf entsprechende Rüge hin oder unabhängig davon von Amts wegen zu beachten hat. Von Amts wegen ist bei einer zulässigen Revision ein fortwirkender Verstoß gegen einen verfahrensrechtlichen Grundsatz zu berücksichtigen, der im öffentlichen Interesse zu beachten und dessen Befolgung dem Belieben der Beteiligten entzogen ist (BSG Urteil vom 23.4.2015 - B 5 RE 21/14 R - BSGE 118, 286 = SozR 4-2600 § 2 Nr 19, RdNr 17 mwN). Zu solch schwerwiegenden, die Wirksamkeit des Verfahrens als Ganzes betreffenden Verfahrensmängeln zählen das Fehlen der allgemeinen oder besonderen Prozessvoraussetzungen sowie ein Verstoß gegen tragende Grundsätze des sozialgerichtlichen Verfahrens wie die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 12 Abs 1 Satz 1, § 33 Abs 1 Satz 1 SGG). Demgegenüber sind weniger bedeutsame Verfahrensverstöße, die nicht in der nächsten Instanz fortwirken, nur auf Rüge zu beachten, und auch nur, solange das Rügerecht nicht entfallen ist (BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 13 mwN). Der mit der gesetzeswidrigen Entscheidung des LSG im Wege des vereinfachten Beschlussverfahrens nach § 153 Abs 4 SGG einhergehende Verstoß einerseits gegen den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf eine Entscheidung durch den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) und andererseits gegen den das sozialgerichtliche Verfahren prägenden Grundsatz der Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (§ 33 SGG) ist als absoluter Revisionsgrund (§ 547 Nr 1 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG) ohne Rüge der Beteiligten von Amts wegen zu berücksichtigen (stRspr; vgl nur BSG Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 33/15 R - juris RdNr 16 mwN). Den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ist nicht die Rechtsmacht eingeräumt, durch prozessuales Verhalten die Unbeachtlichkeit einer Verletzung des der Rechtsstaatlichkeit dienenden grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter herbeizuführen (BSG Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/06 R - SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 33 f).
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Mit der vorliegenden Entscheidung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu früherer Rechtsprechung des BSG. In seinem - die Zulassung der Sprungrevision (§ 161 SGG) gegen einen Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) betreffenden - Urteil vom 21.8.2008 (B 13 RJ 44/05 R - SozR 4-2600 § 96a Nr 12 RdNr 15 ff) hat der 13. Senat des BSG lediglich Zweifel daran geäußert, ob in der Entziehung des gesetzlichen Richters ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensfehler liege. Die dort zitierten Urteile des 6. Senats vom 15.9.1977 (6 RKa 4/77 - BSGE 44, 244 = SozR 7323 § 3 Nr 1) und des 7. Senats vom 24.5.1984 (7 RAr 97/83 - BSGE 57, 15 = SozR 1500 § 31 Nr 3) sind zwischenzeitlich überholt. Auch die bezeichneten Senate gehen mittlerweile von einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel aus (vgl BSG Urteil vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - juris RdNr 11 f; BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 32/10 R - BSGE 109, 34 = SozR 4-2500 § 89 Nr 5, RdNr 12; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - juris RdNr 8 f). Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil vom 22.3.2001 (B 12 RJ 2/00 R - SozR 3-5070 § 21 Nr 9 S 45) ausgeführt hat, dass der Verfahrensfehler der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung nur auf entsprechende Rüge beachtlich sei, betraf dies einen anderen Sachverhalt. Gegenstand war ein Urteil eines LSG, das in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern statt durch den Berichterstatter allein ergangen ist.
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5. An der Berücksichtigung der im Berufungsverfahren erlassenen Verwaltungsakte ist der Senat nicht durch die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist (§ 163 SGG), gehindert. Das LSG hat zwar die Existenz dieser Verwaltungsakte nicht festgestellt, sondern in seinem Beschluss ausschließlich den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 7.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.2.2013 erwähnt. Insoweit kann offenbleiben, ob Tatsachenfeststellungen eines Gerichts, die unter Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf den gesetzlichen Richter getroffen worden sind, überhaupt der Bindung nach § 163 SGG fähig sind (vgl hierzu BSG Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/06 R - SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 37). Hat das Revisionsgericht - wie hier - von Amts wegen einen Verfahrensfehler zu beachten, ist es jedenfalls befugt, die insoweit maßgebenden tatsächlichen Feststellungen selbst zu ermitteln und zu treffen. Das gilt zumindest dann, wenn hinreichende Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht aus Art 101 Abs 1 Satz 2 GG auf den gesetzlichen Richter bestehen. Bliebe der absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung (§ 547 Nr 1 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG) trotz hinreichender Anhaltspunkte unbeachtet, würde dessen Berücksichtigung von Amts wegen ins Leere gehen und der vorinstanzliche Grundrechtsverstoß in der Revisionsinstanz perpetuiert (vgl BSG Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/06 R - SozR 4-1500 § 155 Nr 1 RdNr 29).
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In der Sache geht es vorliegend um die Beitragspflicht des Klägers in der GKV und sPV aufgrund einer einmalig ausgezahlten Kapitalleistung. Sie betrifft einen Zeitraum von mehreren Jahren, da bei einer nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistung 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag, längstens jedoch für 120 Monate, gilt (§ 229 Abs 1 Satz 3 SGB V). Dass währenddessen infolge von Beitragssatzanpassungen, neu festgesetzten Beitragsbemessungsgrenzen oder sonstigen Änderungen in den Beitragsbemessungsgrundlagen die Beiträge durch abändernde Verwaltungsakte regelmäßig neu festzusetzen sind, liegt offenkundig auf der Hand. Die Beklagte hat auf die daher gebotene Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass entsprechende Beitragsneufestsetzungen im Berufungsverfahren durch die weiteren Bescheide vom 17.12.2015, 24.6., 8.7. und 21.12.2016 sowie 28.6. und 19.7.2017 geregelt worden sind.
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6. Der Verfahrensmangel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LSG insgesamt. Der angefochtene Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG lässt sich nicht in eine gesetzeskonforme Zurückweisung der Berufung mit ordnungsgemäßer Besetzung des Spruchkörpers und eine rechtswidrige Entscheidung unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters über die Klage aufspalten. Das LSG hat das Verfahren als Ganzes geführt, ohne dass ein Teil des streitbefangenen Zeitraums abgetrennt worden ist. Die gesetzeswidrige Entscheidung auch über die Klage "infiziert" den gesamten Beschluss (vgl BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 5 R 34/11 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 12 RdNr 4).
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7. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
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