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BSG 10.02.2016 - B 12 R 26/15 B
BSG 10.02.2016 - B 12 R 26/15 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem als Prokurist tätigen Kommanditisten einer GmbH & Co KG
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 7 Abs 1 SGB 4
Vorinstanz
vorgehend SG Köln, 25. April 2013, Az: S 5 R 189/12, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 14. Januar 2015, Az: L 8 R 578/13, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Januar 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Kommanditist und Prokurist für die Beigeladene zu 1.
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.1.2015 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung seines Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
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Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Allein die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
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Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 18.9.2015 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
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Der Kläger hält die folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:
"Ist ein geschäftsführender Gesellschafter bzw. Prokurist bereits dann weisungsgebunden i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV, wenn zwar die bestehenden rechtlichen Verhältnisse eine Weisungserteilung ausschließen, diese rechtlichen Verhältnisse jedoch verändert werden können und sodann eine Weisungsbindung installiert werden könnte?"
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Der Kläger trägt dazu vor, das LSG habe eine versicherungspflichtige Beschäftigung angenommen, weil bereits die Kündbarkeit einer Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern über die Einstimmigkeit von Gesellschafterbeschlüssen (hier im Gesellschafterbeschluss vom 25.3.2011), dazu führe, dass der Kläger nicht jederzeit Weisungen an sich verhindern könne. In solchen "Stimmbindungsfällen" existiere bundesweit keine einheitliche Rechtsprechung. Eine Klärung der aufgeworfenen Frage sei aus Gründen der Rechtseinheit, auch im Hinblick auf frühere Rechtsprechung des BSG zur versicherungspflichtigen Beschäftigung von Minderheitsgesellschaftern geboten. Die Frage sei auch klärungsfähig: Ohne Weisungsgebundenheit sei keine abhängige Beschäftigung möglich, so dass auch keine Sozialversicherungspflicht entstehen könne. Die rechtliche Wertung des LSG sei ursächlich für das (teilweise) Unterliegen des Klägers.
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Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Kläger zur Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage - ihre Qualität als Rechtsfrage unterstellt - ausreichend vorgetragen hat. Jedenfalls fehlt es in seiner Begründung an den erforderlichen Darlegungen zur Klärungsfähigkeit dieser Frage. Hierzu wäre insbesondere darzustellen gewesen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste, die Frage also entscheidungserheblich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit nicht notwendigerweise beantwortet werden muss, weil die Entscheidung der Vorinstanz mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 9g mwN). Dies ist - wie das Vorliegen grundsätzlicher Bedeutung insgesamt (vgl hierzu Leitherer, aaO, § 160 RdNr 9f mwN) - auf der Tatsachengrundlage der Vorinstanz zu beurteilen, weshalb sich auch die Darlegungen zu dieser Zulässigkeitsvoraussetzung auf die im angegriffenen Urteil mit Bindungswirkung für das BSG (§ 163 SGG) festgestellten Tatsachen beziehen müssen. Dies ist vorliegend nicht geschehen.
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Die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw selbstständigen Tätigkeit ist nach deren Gesamtbild vorzunehmen und setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, dh den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (stRspr, vgl nur BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15 RdNr 25 mwN). Jedoch zieht der Kläger hieraus nicht die für die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der von ihm formulierten Frage notwendigen Konsequenzen: Weil das LSG sein Ergebnis auf eine Gesamtabwägung verschiedener Indizien gründete (vgl S 22 ff des LSG-Urteils), hätte der Kläger alle vom LSG in die Abwägung eingestellten Gesichtspunkte sowie deren jeweilige vom LSG vorgenommene Gewichtung benennen und darlegen müssen, dass sich durch die von ihm favorisierte Beantwortung der formulierten Frage das Gewicht der vom LSG in die vorgenommene Gesamtabwägung eingestellten Indizien so zu seinen (des Klägers) Gunsten verschieben würde, dass entgegen dem Abwägungsergebnis des LSG Versicherungspflicht wegen Beschäftigung nicht mehr angenommen werden kann. Zur Erfüllung dieser Anforderungen genügt es nicht schon, dass sich der Kläger allein auf Ausführungen zu der mit Gesellschafterbeschluss vom 25.3.2011 beschlossenen Einstimmigkeit und deren Kündbarkeit beschränkt, ohne zu seiner Weisungsgebundenheit im Hinblick auf die Besonderheiten der GmbH & Co KG vorzutragen. Wenn - wie das LSG ausgeführt hat - die Geschäftsführung der Beigeladenen zu 1. nach § 164 HGB zunächst der Komplementär-GmbH obliegt, die auch den Widerruf der dem Kläger erteilten Prokura erklären könne (vgl S 25 f des LSG-Urteils), hätte der Kläger im Einzelnen darlegen müssen, woraus er gleichwohl die Rechtsmacht - allein aufgrund der Einstimmigkeit von Gesellschafterbeschlüssen - ableitet, Weisungen an sich jederzeit verhindern zu können.
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Auch ist der Kläger nicht auf die zahlreichen weiteren Gesichtspunkte eingegangen, die das LSG in seinen Entscheidungsgründen als überwiegend für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses angesehen hat. Dazu gehören insbesondere die vom LSG angenommenen "wesentlichen arbeitsvertraglichen Züge" des Prokuristen-Dienstvertrages (vgl S 23 ff des LSG-Urteils) und das fehlende Unternehmerrisiko (vgl S 29 des LSG-Urteils). Der Kläger hätte deshalb die vom LSG im Rahmen seiner Abwägung konkret festgestellten Tatsachen insgesamt darstellen, im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit nach der aktuellen BSG-Rechtsprechung bewerten, ihrem hieraus folgenden Gewicht entsprechend zusammen mit allen anderen vom LSG festgestellten Indizien in die Abwägung einstellen sowie darlegen müssen, dass sich deren Ergebnis hierdurch entscheidend zu seinen Gunsten verändern würde. Daran fehlt es.
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Hinzu kommt, dass das LSG ausgeführt hat, es sei "schon zweifelhaft, ob die Vereinbarung vom 25.3.2011 dem Kläger überhaupt das Recht verleiht, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern." Die Einstimmigkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sei beschlossen worden, um eine effiziente und gemeinschaftliche Führung des Unternehmens zu gewährleisten. Nach Auffassung des LSG lässt dies auch die Auslegung zu, der Kläger sei zumindest im Einzelfall gehalten gewesen, seine Stimmausübung an den Mehrheitsinteressen auszurichten (vgl LSG-Urteil S 26 f). Auch dazu hätte der Kläger zur Begründung der Klärungsfähigkeit und damit der Entscheidungserheblichkeit der von ihm aufgeworfenen Frage zwingend vortragen müssen.
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Der Senat weist - nur ergänzend - darauf hin, dass zu den beiden vom Kläger angeführten Revisionsverfahren zur Kündbarkeit eines (im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vereinbarten) Veto-Rechts des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers und zur Kündbarkeit eines Stimmbindungsvertrages, geschlossen mit einem Minderheitsgesellschafter, der nicht selbst Geschäftsführer war, am 11.11.2015 Urteile ergangen sind (B 12 KR 10/14 R und B 12 KR 13/14 R - zur Veröffentlichung in SozR bzw BSGE vorgesehen). In beiden Entscheidungen stellte der Senat maßgeblich auf die Möglichkeit einer einseitigen Kündigung der Vereinbarungen ab, die deshalb nicht geeignet waren, die sich aus dem Gesellschaftsvertrage ergebenden Rechtsmachtverhältnisse ohne Weiteres mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben.
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2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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