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BSG 04.02.2016 - B 11 AL 84/15 B
BSG 04.02.2016 - B 11 AL 84/15 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache - Klärungsbedürftigkeit - Bestimmtheit von Erstattungsbescheiden - Gesamterstattungsforderung
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 33 SGB 10, § 35 Abs 1 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Darmstadt, 16. Dezember 2013, Az: S 11 AL 303/08, Urteil
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 17. September 2015, Az: L 7 AL 67/14, Beschluss
nachgehend BVerfG, 27. Juni 2016, Az: 1 BvR 625/16, Nichtannahmebeschluss
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. September 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Im Streit steht die Rücknahme der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 10.2.1998 bis zum 31.12.2004 sowie ein Erstattungsbescheid, mit dem die in dem Zeitraum geleistete Alhi sowie die hierauf entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 90 083,53 Euro zurückgefordert werden, weil der Kläger in der Zeit Alhi bezogen und der Beklagten eine (weitere) Erwerbstätigkeit sowie vorhandenes Vermögen verschwiegen hat.
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Die Anfechtungsklage des Klägers gegen diese Verwaltungsakte, die die Beklagte durch Schreiben vom 13.5.2013 konkretisiert hat, ist vor dem SG Darmstadt (Urteil vom 16.12.2013) sowie vor dem Hessischen LSG (Beschluss vom 17.9.2015) ohne Erfolg geblieben.
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Mit der Beschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es seien folgende Fragen zu klären,
"…, ob bei Abänderung eines Bescheides im Klageverfahren nach § 96 Abs 1 SGG durch Erlass eines konkretisierenden Bescheides der nach § 96 SGG abgeänderte Bescheid rechtswidrig ist, weil die Ausschlussfrist des § 45 Abs 4 S 2 SGB X nicht eingehalten worden ist", sowie
"…, ob bei der Aufhebung einer Vielzahl von Bescheiden und Änderungsbescheiden, die Leistungen über mehrere Bewilligungszeiträume gewährt haben, die Angabe eines Gesamterstattungsbetrages aller gewährten Leistungen für die Bestimmtheit der Aufhebungsentscheidung ausreichend ist."
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Der Kläger rügt auch eine Divergenz, auf der die angefochtene Entscheidung beruhe. Die Entscheidung des LSG berücksichtige nicht das Urteil des BSG vom 29.11.2012 (B 14 AS 196/11 R).
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
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In Bezug auf die erste formulierte Frage hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass diese Rechtsfrage klärungsbedürftig ist. Insoweit hätte er aufzeigen müssen, dass das Verhältnis der Ausschlussfrist nach § 45 Abs 4 S 2 SGB X zu einem später erlassenen und nach § 96 SGG in das Verfahren einbezogenen Verwaltungsakt in der Rechtsprechung noch ungeklärt ist. Dazu hätte er sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Konkretisierung des Ausgangsbescheids in der Weise, dass die aufgehobenen Verwaltungsakte einzeln bezeichnet werden, eine bis zur letzten Tatsacheninstanz nachholbare (weitere) Begründung des Ursprungsbescheids ist (§§ 41 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB X), oder ob dadurch der Verfügungssatz des Ausgangsbescheids verändert worden ist. Zwar hat der Kläger angedeutet, dass der durch die nachträgliche Benennung der aufgehobenen Bescheide der Regelungsgehalt des angefochtenen Verwaltungsakts (Zurücknahme "aller Entscheidungen" über die Bewilligung von Alhi seit 10.2.1998) geändert worden wäre (dazu Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 41 RdNr 12 mwN). Er hat aber nicht erläutert, inwiefern sich der Regelungsgehalt des Ursprungsbescheids geändert hat. Deshalb wird auch nicht deutlich, dass die aufgeworfene Frage sich stellen könnte.
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Die mit diesem Problem in Zusammenhang stehende zweite Frage zielt darauf, ob die im Erstattungsbescheid vorgenommene Bezeichnung einer Gesamterstattungsforderung ausreichend ist, damit dieser iS des § 33 SGB X hinreichend bestimmt ist. Auch insoweit hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage nicht hinreichend dargetan. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, dass er sich mit vorhandener höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Frage der Bestimmtheit eines Erstattungsbescheids auseinandersetzt, der die Gesamterstattungsforderung beziffert. Dazu hat das BSG entschieden (Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - juris; Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 2), dass ein Bescheid, der eine Gesamtforderung beziffert, hinreichend bestimmt ist. Die Angabe und Auflistung der zugrundeliegenden Einzelbeträge ist dagegen der Begründung des Bescheides (§ 35 Abs 1 SGB X) zuzuordnen (vgl auch Mutschler in KassKomm § 33 SGB X RdNr 11).
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Soweit der Kläger eine Divergenzrüge erhebt (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG), genügt auch diese den Darlegungsanforderungen nicht. Zu deren Begründung ist erforderlich, dass die Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen soll, so bezeichnet, dass sie ohne Schwierigkeiten auffindbar ist. Ferner ist deutlich zu machen, worin die Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss einen abstrakten Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil und einen abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar wird. Es reicht hingegen nicht aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der gerügten Divergenz beruht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54, 67).
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Eine Divergenz wird schon im Ansatz nicht deutlich. Der Kläger bezeichnet zwar ein Urteil des BSG, von dem das LSG abgewichen sein soll und arbeitet auch einen Rechtssatz aus dieser Entscheidung heraus. Dann führt er weiter aus, das LSG habe die Entscheidung des BSG "nicht berücksichtigt". Die Nichtberücksichtigung einer Entscheidung stellt aber keine Abweichung von den in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Maßstäben dar.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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