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BSG 12.09.2015 - B 1 KR 15/14 R
BSG 12.09.2015 - B 1 KR 15/14 R - Krankenversicherung - Polkörperdiagnostik keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung - Verfassungsmäßigkeit
Normen
§ 2 Abs 1a SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB 5 vom 21.12.1992, § 24a Abs 2 SGB 5, § 24b SGB 5, § 25 SGB 5, § 26 SGB 5, § 27 Abs 1 S 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 4 SGB 5, § 27a SGB 5, § 1 Abs 2 ESchG, § 8 Abs 1 ESchG, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Düsseldorf, 22. November 2012, Az: S 8 KR 549/11, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 28. Januar 2014, Az: L 1 KR 862/12, Urteil
Leitsatz
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Die Polkörperdiagnostik gehört nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
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Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung genetischer Präfertilisierungsdiagnostik (Polkörperdiagnostik - PKD).
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Das Erbgut der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherten, 1978 geborenen Klägerin weist einen X-chromosomal-rezessiven Gendefekt auf. Dieser verursacht bei männlichen Nachkommen eine häufig schon in der dritten Lebensdekade zum Tode führende, zunächst in der Kindheit die Gehfähigkeit und später den gesamten Muskelapparat erfassende Erkrankung mit schwersten Behinderungen (Muskeldystrophie vom Typ Duchenne). Die Klägerin und ihr Ehemann, der an einer Fertilitätsstörung leidet, wollten bei der Verwirklichung ihres Kinderwunsches vermeiden, dass ein Embryo mit diesem Gendefekt gezeugt wird. Mit der PKD wird in Zusammenhang mit In-Vitro-Fertilisations(IVF)-Behandlungszyklen das Erbgut der bei der Reifeteilung der Eizelle entstehenden Polkörper (befruchtungsunfähige, zytoplasmaarme, haploide Zellen) bestimmt, um Rückschlüsse auf das Erbgut der befruchteten Eizelle zu erhalten. Mittels PKD können insbesondere die mit einem X-chromosomalen Gendefekt behafteten, bereits befruchteten, aber sich noch im vorembryonalen Stadium (Vorkernstadium) befindenden Eizellen erkannt und von weiteren Maßnahmen der künstlichen Befruchtung ausgeschlossen werden. Die Beklagte bewilligte der Klägerin Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (künstliche Befruchtung), lehnte aber PKD-Leistungen ab (Bescheid vom 15.12.2010, Widerspruchsbescheid vom 11.5.2011). Nach Klageerhebung hat sich die Klägerin IVF-Behandlungszyklen mit PKD auf eigene Kosten selbst verschafft. Das SG hat die Klage auf Kostenerstattung und Freistellung von Kosten für zukünftige PKD-Leistungen abgewiesen (Urteil vom 22.11.2012). Der zweite IVF-Behandlungszyklus hat während des Berufungsverfahrens zur Geburt einer Tochter geführt. Das LSG hat die Berufung der Klägerin, mit der sie zuletzt noch die Erstattung von 10 163,13 Euro PKD-Kosten begehrt hat, zurückgewiesen. Der Klägerin stünden für die Finanzierung der PKD keine Ansprüche gegen die Beklagte zu, weil es sich dabei weder um eine Krankenbehandlung der Klägerin nach § 27 SGB V handele noch die Voraussetzungen für den Anspruch auf künstliche Befruchtung nach § 27a SGB V vorlägen. Die Grundsätze über das Systemversagen kämen mangels einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage für die begehrten Leistungen nicht zum Tragen. Der Leistungsausschluss verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Urteil vom 28.1.2014).
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Mit ihrer auf Zahlung von 9730,13 Euro beschränkten Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 27 SGB V. Das LSG habe den Begriff der Krankheit verkannt. Sie sei infolge des Gendefekts krank und habe Anspruch auf Behandlung dieser Krankheit. Teil dieser Krankheit sei die gestörte, der Behandlung bedürftige Funktion, Nachkommen ohne Gendefekt zu zeugen. Diese Fehlfunktion kompensiere die PKD. Nur dadurch werde man dem Programm des Gesetzgebers gerecht, genetisch bedingte, im Erbgang auftretende Erkrankungen zu diagnostizieren und zu behandeln. Jedenfalls bestehe nach § 2 Abs 1a SGB V Anspruch auf Übernahme der PKD-Kosten. Mutter und Embryo seien als Einheit zu sehen. Ein Embryo, der den Gendefekt aufweise, sei aber von Abtreibung und nach der Geburt von schwerem Leiden und frühem Tod bedroht. Dies gelte es zu verhindern.
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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Januar 2014 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22. November 2012 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 9730,13 Euro zu erstatten.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende SG-Urteil zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der im Revisionsverfahren allein noch geltend gemachten 9730,13 Euro Kosten der im Zusammenhang mit zwei IVF-Behandlungszyklen durchgeführten PKD. Die PKD - allein oder wie hier in Kombination mit SGB V-Leistungen zur Überwindung der Fertilitätsstörung eines Ehegatten - unterfällt nicht dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der selbstverschafften PKD-Leistungen.
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Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist allein § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V (idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung <Gesundheitsstrukturgesetz> vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Hat die KK danach eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13 - Lorenzos Öl). Daran fehlt es. Die Klägerin erfüllt weder die Anspruchsvoraussetzungen einer Krankenbehandlung (dazu 1) noch medizinischer Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft im Wege der künstlichen Befruchtung (dazu 2). Die Nichteinbeziehung der PKD in den GKV-Leistungskatalog verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (dazu 3).
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1. Als Rechtsgrundlage eines Anspruchs gegen die Beklagte auf Versorgung mit IVF-assoziierter PKD im Rahmen der Krankenbehandlung als Naturalleistung kommt § 27 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 1 SGB V sowie S 4 in Betracht. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. "Krankheit" im Rechtssinne erfordert einen regelwidrigen, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichenden Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 24 RdNr 9; BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 10; BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 4 alle mwN).
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Der Senat muss nicht abschließend darüber entscheiden, ob ein Gendefekt, der keine pathophysiologischen Wirkungen beim Träger des Erbguts entfaltet und auch voraussichtlich nicht entfalten wird, aber vererblich ist und uU gravierende Folgen für die Nachkommen haben kann, gleichwohl als gegenwärtig bestehende Krankheit (Konduktoreigenschaft) im Sinne eines regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes anzusehen ist. Selbst wenn die Klägerin wegen ihrer Konduktoreigenschaft hinsichtlich der Muskeldystrophie vom Typ Duchenne als krank anzusehen wäre, ist die von ihr selbst beschaffte PKD keine auf die Behandlung des Gendefekts gerichtete Krankenbehandlung. Durch die PKD-IVF-Behandlung soll bei der Klägerin keine Funktionsbeeinträchtigung erkannt, geheilt, gelindert oder ihre Verschlimmerung verhütet werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 24 - Vitiligo). Die PKD-IVF-Behandlung bezweckt, befruchtete Eizellen im Vorkernstadium zu untersuchen und sie ggf absterben zu lassen, wenn nach ärztlicher Erkenntnis der daraus entstehende Embryo Träger des Gendefekts wird. Wie der erkennende Senat bereits zur Präimplantationsdiagnostik entschieden hat, dient dort die künstliche Erzeugung eines Embryos und dessen Bewertung nach medizinischen Kriterien, um bei ihm und seiner Nachkommenschaft dem Ausbruch schwerwiegender Erbkrankheiten entgegenzuwirken, der Vermeidung zukünftigen Leidens eines eigenständigen Lebewesens, nicht aber der Behandlung eines vorhandenen Leidens. Erst recht gilt nichts anderes für die PKD. § 8 Abs 1 Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz - ESchG) vom 13.12.1990 (BGBl I 2746) bestimmt, dass als Embryo im Sinne des ESchG bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an gilt, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag. Die PKD hingegen dient der Ermittlung genetischer Defekte von befruchteten Eizellen der Mutter im Vorkernstadium, also im vorembryonalen Stadium, und erfolgt damit in einem Zeitpunkt vor dem Abschluss der Entstehung neuen Lebens. Die PKD gehört auch nicht zu den Leistungen zur Herstellung der Zeugungsfähigkeit.
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Ein Anspruch der Klägerin auf Früherkennungsuntersuchung (§§ 25 und 26 SGB V) kommt ebenfalls nicht in Betracht: Die PKD bezweckt nicht, die Klägerin zu untersuchen, sondern - wie ausgeführt - befruchtete Eizellen im vorembryonalen Stadium (Vorkernstadium). Eine entsprechende Anwendung des § 24a Abs 2 SGB V (Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln oder Notfallkontrazeptiva) scheitert schon aufgrund der mit dieser Vorschrift erfassten völlig anders gelagerten Lebenssachverhalte und Regelungszwecke. Der Gedanke an ein Systemversagen (vgl dazu zB BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29 mwN) verbietet sich schon im Ausgangspunkt.
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Gleiches gilt für einen Anspruch nach der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts (vgl BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 und zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 14 mwN zur Rspr; s ferner BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 9 RdNr 12 ff) bzw nach § 2 Abs 1a SGB V, der mWv 1.1.2012 (durch Art 1 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG> vom 22.12.2011, BGBl I 2983) diese Grundsätze kodifiziert hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die gezielte Vernichtung von im Werden begriffenem, mit einem definierten Gendefekt belastetem neuen Leben offenkundig keine Maßnahme zu dessen Erhaltung, sondern zu dessen Verhinderung.
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2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf PKD als Gegenstand der künstlichen Befruchtung, die in § 27a SGB V als GKV-Leistung abschließend geregelt ist. § 27a SGB V setzt als Grund für einen Anspruch auf Leistungen der künstlichen Befruchtung nur die Unfruchtbarkeit des Ehepaares voraus. Die vorgesehenen Maßnahmen müssen zur Herbeiführung der gewünschten Schwangerschaft erforderlich und nach ärztlicher Einschätzung Erfolg versprechend sein. Welche Umstände die Infertilität verursachen und ob ihr eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne zugrunde liegt, ist unerheblich. Nicht die Krankheit, sondern die Unfähigkeit des Paares, auf natürlichem Wege Kinder zu zeugen, und die daraus resultierende Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung bildet den Versicherungsfall (stRspr, vgl BSGE 88, 62, 64 = SozR 3-2500 § 27a Nr 3 S 24; BVerfGE 117, 316, 325 f = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 34; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 5 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 27a Nr 7 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 1 KR 19/13 R - Juris RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 27 Nr 26 vorgesehen; Hauck SGb 2009, 321, 322 mwN).
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Die PKD ist zur Herbeiführung einer gewünschten Schwangerschaft weder erforderlich noch nach ärztlicher Einschätzung Erfolg versprechend. Sie ist vom Anspruch aus § 27a SGB V nicht umfasst. Ihr Zweck liegt - wie dargelegt - darin, befruchtete Eizellen im Vorkernstadium zu untersuchen und sie ggf absterben zu lassen, wenn sie nach ärztlicher Erkenntnis den die Muskeldystrophie vom Typ Duchenne verursachenden Gendefekt auf dem X-Chromosom der Mutter aufweisen, nicht aber in der Herbeiführung einer Schwangerschaft. Für den Anspruch auf medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft ist es unerheblich, dass die PKD auf den Gesamtvorgang der künstlichen Befruchtung angewiesen ist. Eine PKD ohne beabsichtigte IVF ist medizinisch sinnlos und rechtlich verboten. Nur wer zum Zweck der Herbeiführung einer Schwangerschaft die befruchtete Eizelle im Vorkernstadium untersucht, macht sich nicht nach § 1 Abs 2 ESchG strafbar. Denn nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer 1. künstlich bewirkt, dass eine menschliche Samenzelle in eine menschliche Eizelle eindringt, oder 2. eine menschliche Samenzelle in eine menschliche Eizelle künstlich verbringt, ohne eine Schwangerschaft der Frau herbeiführen zu wollen, von der die Eizelle stammt (näher dazu Günther in Günther/Taupitz/Kaiser, ESchG, 2. Aufl 2014, C. II. § 1 Abs 2 RdNr 1 ff; zum Ausschluss der PKD aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes über genetische Untersuchungen bei Menschen <Gendiagnostikgesetz - GenDG> vgl Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks 16/10532 S 19 f - Zu § 2; s ferner Kern in ders, GenDG, 2012, § 2 RdNr 6; Schillhorn/Heidemann, GenDG, 2011, § 2 RdNr 7). Demgegenüber sind Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht auf PKD angewiesen. Diese Leistungen erbrachte die Beklagte in Gestalt zweier IVF-Behandlungszyklen. Sie stehen insoweit nicht im Streit.
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3. Die Leistungseingrenzung des § 27a SGB V allein auf medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Art 3 Abs 1 GG gebietet es nicht, dass die Gerichte die Behebung einer Fertilitätsstörung mit der Embryonen-Vorauswahl zur Vermeidung erbkranken Nachwuchses bei bestehender Fertilität gleichsetzen (vgl BVerfG <Kammer> Nichtannahmebeschluss vom 30.11.2001 - 1 BvR 1764/01 - Juris RdNr 2; BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 1 KR 19/13 R - Juris RdNr 19, zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 27 Nr 26 und für BSGE vorgesehen). Gleiches gilt für die Vorauswahl befruchteter Eizellen im vorembryonalen Stadium (Vorkernstadium).
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Der Verweis der Klägerin darauf, dass eine PKD gegenüber einer grundsätzlich möglichen, zum GKV-Leistungskatalog gehörenden späteren Abtreibung (vgl § 24b SGB V) rechtsethisch vorzugswürdig sei, vermag daran nichts zu ändern und keinen Anspruch auf PKD-Leistungen zu begründen. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, jede nicht verbotene Form der "medizinisch unterstützten Erzeugung menschlichen Lebens" (so die Formulierung des Kompetenztitels in Art 74 Abs 1 Nr 26 GG) in den GKV-Leistungskatalog einzubeziehen. § 27a SGB V regelt keinen Kernbereich der Leistungen der GKV, sondern begründet einen eigenständigen Versicherungsfall, vor dem Maßnahmen der Krankenbehandlung Vorrang haben. Es liegt im Rahmen der grundsätzlichen Freiheit des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der GKV näher zu bestimmen, auch - wie hier - in einem Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen eines Menschen, deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der GKV nicht von vornherein veranlasst ist (vgl BVerfGE 117, 316, 326 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 35).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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