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BSG 10.03.2015 - B 1 KR 1/15 R
BSG 10.03.2015 - B 1 KR 1/15 R - Sozialgerichtliches Verfahren - Anfrage an 4. und 9. Senat des BSG wegen Festhaltung an ursprünglicher Rechtsprechung - prozessuales Anerkenntnis - Zulässigkeit der Anfechtung wegen Irrtums
Normen
§ 41 Abs 3 S 1 SGG, § 101 Abs 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 202 SGG, § 307 S 1 ZPO, § 119 BGB, §§ 119ff BGB
Vorinstanz
vorgehend SG Hannover, 14. Dezember 2009, Az: S 19 KR 622/08, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 18. Juli 2012, Az: L 4 KR 468/09, Urteil
Tenor
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Bei dem 4. und dem 9. Senat des Bundessozialgerichts wird angefragt, ob sie an ihrer in den Urteilen vom 27. Juni 1978 - 4/5 RJ 10/77 - und vom 1. April 1981 - 9 RV 43/80 - vertretenen Rechtsauffassung festhalten, dass ein prozessuales Anerkenntnis der Irrtumsanfechtung unterliegt.
Gründe
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I. Der erkennende 1. Senat des BSG hat über eine Revision zu entscheiden, die die klagende Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses erhoben hat. Das am gleichen Ort wie die Klägerin ansässige Klinikum L nahm den 1929 geborenen, bei der beklagten Krankenkasse versicherten K (Versicherter) am 30.4.2007 auf. Eine Computertomografie zeigte bei ihm beidseits im Schädel Hygrome (mit Flüssigkeit gefüllte Zysten). Das Klinikum L sah sich nicht in der Lage, die erforderliche weitere Behandlung selbst zu erbringen. Nach einem Telefonat mit dem Krankenhaus der Klägerin verlegte es den Versicherten dorthin. Der Versorgungsauftrag der Klägerin umfasst nicht Neurochirurgie. Die Klägerin behandelte den Versicherten in ihrer Sektion Neurotraumatologie und Wirbelsäulenchirurgie vom 30.4. bis 9.5.2007 stationär mit Bohrlochtrepanation beidseits und subduralen Drainagen. Sie berechnete hierfür 6680,52 Euro (Fallpauschale - Diagnosis Related Group <DRG> B02E; 25.5.2007). Die Beklagte lehnte es - gestützt auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) (7.11.2007: korrekt erbrachte klassische neurochirurgische Leistung) - ab, zu zahlen: Neurochirurgische Leistungen seien nicht Bestandteil des Versorgungsauftrages der Klägerin (19.11.2007).
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Nach Klageerhebung (12.6.2008) hat die Beklagte erklärt, den Anspruch einschließlich Verfahrenskosten und Zinsen anzuerkennen (Schreiben vom 30.9.2008 an das SG Osnabrück - Az S 3 KR 258/08, von diesem - wegen des Verweisungsbeschlusses der Sache zum neuen Az S 19 KR 622/08 an das SG Hannover übersandt, Eingang dort 2.10.2008, "betr.: Kazim K(…)" : "… hat es sich nach gutachterlicher Auskunft um eine Notfallbehandlung nach dem Verkehrsunfall des Kindes gehandelt. Vor diesem Hintergrund erkennen wir den Klageanspruch an. …"). Die Beklagte hat dem SG Hannover sodann erklärt, das Anerkenntnis beziehe sich vom Sachverhalt her auf den Vorgang Okan Ö(…) (SG Osnabrück - S 3 KR 342/08) und nicht - wie irrtümlich angegeben - auf das oa Klageverfahren. Sie bitte für die Verwechselung um Nachsicht (Fax vom 13.10.2008, Eingang am selben Tage, "betr.: Kazim K(…)" Az S 19 KR 622/08). Die Klägerin hat das Anerkenntnis angenommen und den Rechtsstreit für erledigt erklärt (10.10., Eingang SG Hannover 16.10.2008). SG und LSG haben gemeint, die Beklagte habe ihr Anerkenntnis wirksam widerrufen. Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 14.12.2009), das LSG die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Klägerin habe keinen Versorgungsauftrag für die erbrachte klassische neurochirurgische Leistung. Sie habe auch keinen Notfall behandelt (§ 8 Abs 1 S 3 Halbs 2 KHEntgG). Der Versicherte hätte in der zugelassenen Neurochirurgie der P-Klinik am gleichen Ort behandelt werden können. Das Telefonat zwischen Klinikum L und Krankenhaus der Klägerin widerlege einen Notfall. Es komme nicht darauf an, warum das Klinikum L bei der Klägerin angerufen und den Versicherten mit einem Notfalltransport zur Klägerin habe bringen lassen. Die behandelnden Ärzte der Klägerin hätten zudem vor der Operation mit den Kindern des Versicherten gesprochen, um das weitere Vorgehen abzuklären (Urteil vom 18.7.2012). Die Klägerin hat die vom BSG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision eingelegt (BSG Beschluss vom 16.5.2013 - B 3 KR 28/12 B -; B 3 KR 9/13 R). Der 1. Senat des BSG ist hierfür nach dem seit 2015 geltenden Geschäftsverteilungsplan des BSG zuständig.
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Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor, lediglich sie, nicht aber die P-Klinik sei zu einer qualitätsgerechten Behandlung des Versicherten in der Lage gewesen.
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II. Der erkennende 1. Senat des BSG beabsichtigt, die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben, da das wirksam angenommene Anerkenntnis den Rechtsstreit erledigt hat. Daran sieht sich der Senat allerdings gehindert, weil er dabei in entscheidungstragender Weise von der Rechtsprechung des 4. und des 9. Senats des BSG abweichen würde. Er legt dem 4. und dem 9. Senat daher die im Beschlusstenor enthaltene Frage zur Beantwortung vor (vgl § 41 Abs 2 und 3 SGG).
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1. Nicht nur der 9., sondern auch der 4. Senat des BSG ist weiterhin für die Beantwortung der Anfrage zuständig, obwohl sich seit seinem Urteil aus dem Jahr 1978 (BSG Urteil vom 27.6.1978 - 4/5 RJ 10/77 - Juris) seine Zuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan geändert hat. Nach § 41 Abs 3 S 1 SGG ist eine Vorlage an den Großen Senat nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält. "Der Senat, von dessen Entscheidung" der 1. BSG-Senat abweichen will, ist sowohl der 9. als auch der 4. BSG-Senat.
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Eine Ausnahme von der Regel des § 41 Abs 3 S 1 SGG liegt nicht vor. § 41 Abs 3 S 2 SGG bestimmt: "Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befasst werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, nunmehr zuständig wäre." Die Voraussetzungen dieser Regelung sind nicht erfüllt, weil der 4. Senat weiterhin mit der vom erkennenden Senat aufgeworfenen Rechtsfrage befasst werden kann. Er kann auch künftig darüber entscheiden, dass ein prozessuales Anerkenntnis der Irrtumsanfechtung unterliegt. In solchen Fällen verbleibt es bei der regelmäßigen Zuständigkeit gemäß § 41 Abs 3 S 1 SGG. Das entspricht bereits dem klaren Wortlaut, aber auch Entstehungsgeschichte, Systematik und Zweck der Regelung (vgl näher zB BSG Beschluss vom 16.12.2008 - B 1 KR 69/08 B - RdNr 4 ff).
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2. Der erkennende 1. Senat geht davon aus, dass die Frage des Eintritts einer Erledigung des Rechtsstreits durch angenommenes Anerkenntnis beim SG auch ohne diesbezüglichen Beteiligtenvortrag im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen und hier zu bejahen ist. Nach Zugang bei Gericht konnte die Beklagte ihr Anerkenntnis nicht widerrufen (so der Rechtsgedanke des § 130 Abs 1 S 2 BGB). Auf den Zugang bei dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin kommt es insoweit nicht an.
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Die Beklagte hat das erklärte Anerkenntnis auch nicht wirksam wegen Irrtums angefochten. Eine sinngemäße Anfechtungserklärung liegt in ihrem Schreiben an das SG vom 13.10.2008. Das Anerkenntnis kann indes als ausschließlich prozessuale Erklärung nicht wegen Irrtums angefochten oder widerrufen werden. Das Anerkenntnis kann lediglich widerrufen werden, wenn es von einem Restitutionsgrund betroffen ist, aufgrund dessen das Anerkenntnisurteil mit der Wiederaufnahmeklage beseitigt werden könnte. Daran fehlt es.
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Die Erklärung eines Anerkenntnisses ist nach Auffassung des 1. Senats rein prozessual zu beurteilen. Er stimmt darin mit der Rechtsprechung des BGH überein (vgl zB BGHZ 80, 389, 391 ff; BGHZ 107, 142, 147, Juris RdNr 26). Die Rechtsprechung der meisten Senate des BSG teilt den Ausgangspunkt des 1. Senats des BSG, die Anwendbarkeit des § 307 S 1 ZPO: Nach Auffassung des 1. Senats regelt § 307 S 1 ZPO iVm § 202 SGG die Erklärung eines Anerkenntnisses (stRspr, vgl 4. Senat> BSGE 24, 4, 5 = SozR Nr 7 zu § 101 SGG, dort nicht abgedruckt; 5. Senat> BSG SozR 1750 § 307 Nr 1; 1. Senat> BSG SozR 1750 § 307 Nr 2; 12. Senat> BSG Urteil vom 17.10.1986 - 12 RK 38/85 - Juris; 4. Senat> BSG SozR 6580 Art 5 Nr 4; 7. Senat> BSG SozR 3-1500 § 193 Nr 4; 6. Senat> BSG Beschluss vom 12.9.2001 - B 6 KA 13/01 B - Juris; 10. Senat> BSG Urteil vom 10.5.2007 - B 10 EG 2/06 R - Juris; 6. Senat> BSG Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 31/06 R - Juris; 13. Senat> BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 19; 5. Senat> BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 5 R 34/11 B - Juris; 3. Senat> BSG Urteil vom 12.9.2012 - B 3 KR 17/11 R - Juris; aA 10. Senat> BSG Beschluss vom 6.10.1961 - 10 RV 539/61 - Juris, in der Sache sinngemäß aufgegeben durch BSG Urteil vom 29.4.1969 - 10 RV 12/68 - Juris). Die Regelung des § 307 S 1 ZPO lautet: "Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen." Diese Regelung ergänzt jene des § 101 Abs 2 SGG: "Das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs erledigt insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache."
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Der Ausgangspunkt des § 307 ZPO, der zur Qualifizierung des Anerkenntnisses als Prozesserklärung führt, spiegelt sich in der zitierten Rechtsprechung der BSG-Senate wider (vgl zB zusammenfassend BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 19 RdNr 21): "Ein Anerkenntnis ist gegenüber dem Gericht abzugeben; dies kann in einem Schriftsatz - wie vorliegend -, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 3 Nr 1 ZPO) erfolgen. Nach § 101 Abs 2 SGG erledigt zwar nur das angenommene Anerkenntnis des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs den Rechtsstreit in der Hauptsache. Ein nicht angenommenes Anerkenntnis bleibt aber gleichfalls eine Prozesserklärung, wenngleich ohne unmittelbare prozessuale Wirkung, dh es erledigt als solches den Rechtsstreit in der Hauptsache nicht." Dennoch bleibt auch ohne eine Annahme der Beteiligte, der die Erklärung abgegeben hat, an - so der 13. Senat - ihren "materiell-rechtlichen" Inhalt gebunden, weil es sich bei dem Anerkenntnis um eine einseitige, nicht zustimmungsbedürftige Erklärung handelt (vgl BSG SozR Nr 3 zu § 101 SGG; BSG Urteil vom 29.4.1969 - 10 RV 12/68 - Juris RdNr 21). Diese Bindung führt - so der 13. Senat - dazu, dass auch im sozialgerichtlichen Verfahren auf ein nicht angenommenes Anerkenntnis ein Anerkenntnisurteil (§ 202 SGG iVm § 307 ZPO) zu ergehen hat (stRspr, zB BSG SozR 1750 § 307 Nr 1 S 2; BSG SozR 1750 § 307 Nr 2 S 5; BSG SozR 1500 § 101 Nr 6 S 6; BSG Urteil vom 24.7.2003 - B 4 RA 62/02 R - Juris RdNr 18).
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Nach dem ausdrücklichen Regelungsgehalt des inzwischen geänderten § 307 S 1 ZPO bedarf es demgegenüber keiner Bindung an einen "materiell-rechtlichen" Inhalt; es genügt die Bindung an den prozessualen Inhalt des Anerkenntnisses, welche bereits allein den Erlass des Anerkenntnisurteils rechtfertigt.
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Wesentliche, im beim 1. Senat anhängigen Rechtsstreit sich zeigende Auswirkungen hat die vom BGH abgelehnte, in der Rechtsprechung der angerufenen BSG-Senate aber ausdrücklich befürwortete Annahme einer Doppelnatur des Anerkenntnisses für die Möglichkeiten der Beseitigung der Erklärung. Die genannten BSG-Senate halten die Regeln der Anfechtung (§§ 119 ff BGB) auf die Erklärung des Anerkenntnisses für anwendbar. Ausgehend hiervon hätte die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit bei sinngemäßer Auslegung ihres Schreibens vom 13.10.2008 ihre Annahmeerklärung unverzüglich und wirksam wegen Irrtums angefochten. Der Rückgriff auf die Regeln der Anfechtung wegen Irrtums (§§ 119 ff BGB) müsste wegen der unterschiedlichen Auslegung des § 307 ZPO eine Anfrage an den 4b-BGH-Senat zur Vorbereitung einer Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach sich ziehen. Nach dessen Rechtsprechung kann ein prozessuales Anerkenntnis nicht wegen Irrtums angefochten oder widerrufen werden. Das Anerkenntnis kann widerrufen werden, wenn es von einem Restitutionsgrund betroffen ist, aufgrund dessen das Anerkenntnisurteil mit der Wiederaufnahmeklage beseitigt werden könnte. Der Widerruf kann mit der Berufung gegen das Anerkenntnisurteil geltend gemacht werden (vgl BGH <IVb Senat> BGHZ 80, 389, 391 ff). Der BGH hat sich mit der vorangegangenen abweichenden Rechtsprechung des 4. und 9. BSG-Senats nicht auseinandergesetzt.
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Der 4. BSG-Senat hat unter Hinweis auf Literatur in einer Entscheidung aus dem Jahr 1978 die Grundsätze für den Prozessvergleich auf das Anerkenntnis übertragen (vgl BSG 4. Senat Urteil vom 27.6.1978 - 4/5 RJ 10/77 - Juris RdNr 13 ff). Dem haben sich der 9. Senat des BSG (BSG Urteil vom 1.4.1981 - 9 RV 43/80 - Juris RdNr 30) und - in einem obiter dictum - der 1. Senat des BSG angeschlossen (vgl BSG SozR 1750 § 307 Nr 2). Diese Entscheidungen konnten sich noch nicht mit der hiervon abweichenden, erst später ergangenen Rechtsprechung des BGH auseinandersetzen (vgl BGH Urteil vom 27.5.1981 - IVb ZR 589/80 - BGHZ 80, 389), dies hätte vielmehr dem BGH oblegen.
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3. Die Übertragung der Grundsätze für den Prozessvergleich auf das Anerkenntnis überzeugt nicht. Rechtsdogmatisch erscheint die Zuordnung des Anerkenntnisses nach § 307 ZPO zum Prozessrecht als konsequent. Wortlaut, Regelungsort, -system sowie -zweck sprechen für ein prozessuales Verständnis. Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen über Prozesshandlungen, von ihrer Widerruflichkeit nur beim Vorliegen von Restitutionsgründen auszugehen. Das prozessuale Anerkenntnis bezieht sich nur auf den mit der Klage geltend gemachten prozessualen Anspruch, dem sich der Anerkennende unterwirft. Eine materiell-rechtliche Komponente enthält das prozessrechtliche Anerkenntnis als solches nicht. Es hat vielmehr zur Folge, dass der anerkennende Beteiligte dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen ist, ohne dass es noch auf die materiell-rechtliche Begründetheit des Klageanspruchs ankommt (§ 307 S 1 ZPO; vgl schon zum alten Rechtszustand BGHZ 80, 389, 391; BGHZ 10, 333, 335). Billigkeitsgründe stehen diesem aus Systematik und Sinn der verfahrensrechtlichen Vorschriften abgeleiteten Ergebnis nicht entgegen. Der anerkennende Beteiligte übernimmt mit dem Anerkenntnis das Beurteilungsrisiko bezüglich der dem Anerkenntnis zugrunde gelegten tatsächlichen und rechtlichen Vorstellungen (vgl schon zum alten Rechtszustand BGHZ 80, 389).
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Das früher von der Rechtsprechung des BSG verwendete Bild zweier kongruenter, gegenüber dem Gericht abgegebener Prozesserklärungen beider Beteiligter, der erst zum Erfolg iS von § 101 Abs 2 SGG führe und nicht einseitig kraft hoheitlicher Gewalt durch Verwaltungsakt rückgängig gemacht werden könne (vgl BSG Urteil vom 27.6.1978 - 4/5 RJ 10/77 - Juris RdNr 13 mit Hinweis auf BSGE 7, 279, 280 zum Prozessvergleich; siehe auch BSG Urteil vom 6.5.2004 - B 4 RA 52/03 R - Juris; BSG SozR 4-8570 § 5 Nr 5), entfaltet gerade unter Einbeziehung der aktuellen Regelung des § 307 S 1 ZPO keine Überzeugungskraft. Schon die einseitige Erklärung des Beklagten, den Klageanspruch ganz oder teilweise anzuerkennen, führt zum Anerkenntnisurteil (vgl in diesem Sinne zur ZPO bereits BGHZ 10, 333 ff).
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Die Rechtsprechung des 4. und 9. Senats des BSG, die von einer Doppelnatur des Anerkenntnisses entsprechend dem Prozessvergleich ausgeht, begnügt sich nicht mit der entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 119 ff BGB. Sie schränkt deren Anwendung mit der - für sich genommen zutreffenden - Überlegung ein, dass mittels Zulassung der Anfechtung nicht der Schutz unterlaufen werden darf, den etwa § 45 SGB X beim Erlass eines Verwaltungsakts bietet: Die Verwaltung kann die Wirkung eines angenommenen Anerkenntnisses danach nicht durch eine nachträgliche Erklärung beseitigen, wenn sie, hätte sie einen Verwaltungsakt mit dem entsprechenden Inhalt des Anerkenntnisses erlassen, diesen nach § 45 Abs 3 SGB X nicht hätte zurücknehmen können. In diesem Fall darf der Kläger aufgrund des angenommenen Anerkenntnisses, das eine stärkere verfahrensrechtliche Stellung verschafft (§ 101 Abs 2, § 199 Abs 1 Nr 3 SGG), nicht ungünstiger gestellt werden (vgl BSG Urteil vom 25.1.1984 - 9a RV 12/83 - Juris RdNr 6).
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Hinter der Zulassung der entsprechenden Anwendung der Regelungen der §§ 119 ff BGB steht das Bedürfnis, Verwaltungsträger durch das Anerkenntnis nicht stärker zu binden als durch einen Verwaltungsakt. Dieses Bedürfnis steht der Übernahme der prozessualen Lösung entsprechend der Ansicht des BGH bei sachgerechter Auslegung nicht entgegen. Vielmehr ermöglicht es die Annahme eines getrennt zu beurteilenden prozessualen und materiell-rechtlichen Doppeltatbestands in geeigneten Fällen, systemgerechte, willkürliche Ungleichbehandlung vermeidende Ergebnisse zu erzielen. Nach Auffassung des BGH ist es möglich, dass mit dem prozessualen Anerkenntnis auch eine materiell-rechtlich bedeutsame Erklärung verbunden wird. Das Wesen des prozessualen Anerkenntnisses wird nach BGH-Auffassung davon jedoch nicht berührt. Dessen verfahrensrechtliche Wirkung und die materiell-rechtliche Wirkung der etwa mit dem Anerkenntnis verbundenen sachlich-rechtlichen Willenserklärung sind gegebenenfalls getrennt zu beurteilen (vgl BGHZ 80, 389, 391 ff; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl 2015, Einf 1 B vor §§ 306, 307 mwN). Das prozessuale Anerkenntnis hat nach dieser Rechtsprechung weder allgemein noch in einem solchen Fall eine materiell- und verfahrensrechtliche Doppelnatur, wie dies etwa beim Prozessvergleich angenommen wird (vgl zu letzterem BGH Urteil vom 25.1.1980 - I ZR 60/78 - NJW 1980, 1753, 1754 mwN).
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Geht man - mit dem BGH - bei materiell-rechtlichem Gehalt der Erklärung eines Anerkenntnisses von einem Doppeltatbestand aus, kann man bei Subordinationsverhältnissen zwanglos einen Verwaltungsakt zugrunde legen, den der Anerkennende neben dem prozessualen Anerkenntnis erlässt. Der Anerkennende kann diesen Verwaltungsakt auch nach Eintritt seiner Bestandskraft nach den Regelungen des SGB X ändern oder aufheben. Es harmoniert mit diesem Ansatz, dass nach der Rechtsprechung des 13. Senats des BSG eine in Ausführung eines angenommenen Anerkenntnisses bewilligte Rente bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB X aufgehoben werden kann (BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 19).
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Soweit - wie vorliegend im Falle der Krankenhausvergütung - kein Subordinationsverhältnis besteht, sondern ein gesetzliches Behandlungsverhältnis mit Gleichordnung zugrunde liegt, besteht kein Anlass, zu einer vom BGH abweichenden Wertung zu gelangen. Auch hier übernimmt der anerkennende Beteiligte mit dem Anerkenntnis das Beurteilungsrisiko bezüglich der dem Anerkenntnis zugrunde gelegten tatsächlichen und rechtlichen Vorstellungen (vgl oben). Besonders gelagerten Ausnahmefällen kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (so schon bei Auslegung der Erklärungen, siehe oben; ggf auch bei Erschleichen eines Titels/§ 826 BGB) und nach den Vorschriften über die Wiederaufnahme des Verfahrens Rechnung getragen werden (vgl schon zum alten Rechtszustand BGHZ 80, 389, 391). Es fehlte aber auch ein sachlicher Grund, solche Fälle der Gleichordnung in Verfahren nach dem SGG abweichend von jenen zu behandeln, über die der BGH entschieden hat.
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Das BSG geht zudem für die Annahme eines Anerkenntnisses (§ 101 Abs 2 SGG) von einer Prozesshandlung aus, die das Gericht und die Beteiligten bindet, auch wenn der Rechtsstreit materiell nicht erledigt wurde. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden (vgl BSG Urteil vom 20.12.1995 - 6 RKa 18/95 - Juris RdNr 11). Es ist schwerlich zu erklären, warum dann die Erklärung eines Anerkenntnisses nach § 202 SGG iVm § 307 S 1 ZPO als potentiell erster Schritt zu einer Erledigung nach § 101 Abs 2 SGG eine andere Rechtsqualität haben sollte.
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