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BVerfG 12.11.2020 - 2 BvR 1532/20
BVerfG 12.11.2020 - 2 BvR 1532/20 - Stattgebender Kammerbeschluss: Versagung von Eilrechtsschutz (§ 80 Abs 5 VwGO) im beschleunigten Verfahren gem § 36 Abs 3 AsylG (juris: AsylVfG 1992) ohne Abwarten der angekündigten Antragsbegründungsschrift verletzt Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG) - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 19 Abs 4 S 1 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 36 Abs 1 AsylVfG 1992, § 36 Abs 3 S 5 AsylVfG 1992, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG
Vorinstanz
vorgehend VG Magdeburg, 4. September 2020, Az: 7 B 394/20 MD, Beschluss
vorgehend VG Magdeburg, 17. August 2020, Az: 7 B 362/20 MD, Beschluss
vorgehend VG Magdeburg, 27. Juli 2020, Az: 7 B 330/20 MD, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 27. Juli 2020 - 7 B 330/20 MD - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Magdeburg zurückverwiesen.
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2. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 17. August 2020 - 7 B 362/20 MD - und vom 4. September 2020 - 7 B 394/20 MD - werden gegenstandslos.
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3. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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4. Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
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5. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 (in Worten: zehntausend) Euro und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 (in Worten: fünftausend) Euro festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben erstmals im Juni 2015 in das Bundesgebiet ein.
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2. Mit Bescheid der zuständigen Ausländerbehörde vom 27. August 2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Ihm wurde vorgeworfen, sich einen Aufenthaltstitel erschlichen zu haben, indem er im August 2018 beim Bürgeramt eine Niederlassungserlaubnis in seinen neu ausgestellten türkischen Nationalpass übertragen lassen habe, obwohl ihm eine solche zu keinem Zeitpunkt erteilt worden sei. Gegen diesen Bescheid, der öffentlich zugestellt wurde, erhob der Beschwerdeführer am 17. Februar 2020 Klage.
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3. Am 16. März 2020 stellte der Beschwerdeführer einen Asylantrag. Bei seiner persönlichen Anhörung gab er an, die Türkei im Mai 2015 verlassen zu haben, um nicht zum Wehrdienst eingezogen zu werden. Im August 2018 sei er für drei Wochen zurückgekehrt und am Flughafen festgenommen worden, weil er Mitglied der Gülen-Bewegung sei. Im Gefängnis sei er geschlagen worden, sodass er in ein Krankenhaus gebracht werden musste. Von dort habe er fliehen können.
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4. Mit Bescheid vom 16. Juli 2020, dem Beschwerdeführer zugestellt am 20. Juli 2020, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen, und drohte dem Beschwerdeführer die Abschiebung in die Türkei an.
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5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. Juli 2020 Klage und stellte einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Er führte aus: "Die Begründung bleibt einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten; Bescheid ist beigefügt." Das Verwaltungsgericht bestätigte den Eingang am selben Tag mit Schreiben vom 24. Juli 2020.
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6. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. Juli 2020, dem Beschwerdeführer zugegangen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) am 28. Juli 2020 um 12:24 Uhr, lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag ab. Das Bundesamt stütze seine Entscheidung, den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, zu Recht auf § 30 Abs. 3 Nr. 4 AsylG. Dem Beschwerdeführer habe aufgrund der Ausweisung mit Bescheid vom 27. August 2019, der am 28. Oktober 2019 in Bestandskraft erwachsen sei, die Aufenthaltsbeendigung gedroht und er habe seitdem auch ausreichend Gelegenheit gehabt, einen Asylantrag zu stellen. In rechtlich nicht zu beanstandender Weise habe das Bundesamt den Asylantrag gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Das Gericht folge hier den Ausführungen des Bundesamtes und bewerte das Vorbringen des Beschwerdeführers insbesondere im Hinblick auf die angebliche Rückkehr in die Türkei Ende August 2018 und die damit verbundenen Schilderungen zu seiner angeblichen Inhaftierung als nicht glaubhaft. Insgesamt seien die Schilderungen zu vage, detaillos und unsubstantiiert gewesen. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Verbleib seines Reisepasses sei in sich widersprüchlich. Sofern man jedoch zugunsten des Beschwerdeführers unterstelle, dass jedenfalls sein Vorbringen, er wolle in der Türkei keinen Wehrdienst leisten und habe deshalb die Türkei verlassen, als glaubhaft zu bewerten sei, so lägen dennoch die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzes nicht vor. Ebenso habe der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
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7. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11. August 2020 Anhörungsrüge nach § 152a VwGO. Das Gericht habe sein Recht auf rechtliches Gehör verletzt, indem es die Entscheidung getroffen habe, ohne auf die angekündigte Begründung zu warten. In der Sache hätte die Begründung folgende Gesichtspunkte enthalten: Es sei unzutreffend, dass der Beschwerdeführer den Asylantrag gestellt habe, um eine drohende Abschiebung zu verhindern. Das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass gegen die Ausweisungsverfügung vom 27. August 2019 am 17. Februar 2020 Klage erhoben worden sei, die nicht verfristet sei, da die von der Ausländerbehörde veranlasste öffentliche Zustellung fehlerhaft sei. Im Übrigen sei unzutreffend, dass der Beschwerdeführer mit einer Abschiebung habe rechnen müssen, da er keine Kenntnis von dem gefälschten Aufenthaltstitel gehabt habe. Auch die auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylG gestützte Ablehnung als offensichtlich unbegründet sei fehlerhaft. Der Beschwerdeführer habe bei der eigentlichen Anhörung entgegen der Darstellung des Gerichts unmittelbar erläutert, dass er 2018 in der Türkei gewesen sei und was ihm dort passiert sei. Im Übrigen könne er ein Foto des Reisepasses mit dem Ein- und Ausreisestempel der Türkei vorlegen. Eine Substanzlosigkeit des Vorbringens könne ihm ebenfalls nicht angelastet werden. Dem Bundesamt hätten sich Nachfragen zur Inhaftierung, Folterung und Befreiung aufgedrängt, als er in der Anhörung knappe Angaben gemacht habe.
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8. Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 17. August 2020 wies das Verwaltungsgericht die Anhörungsrüge zurück. Dem Beschwerdeführer sei zwar zuzugeben, dass die Frist zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nach § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG erst mit Ablauf des 3. August 2020 geendet habe. Dies bedeute jedoch nicht, dass das Gericht nicht vor Ablauf dieser Frist habe entscheiden dürfen, da die Entscheidung nach § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen solle. Die Umstände des Einzelfalles hätten weder ein Zuwarten des Gerichts bis zum 3. August 2020 noch eine Verlängerung der Wochenfrist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 6 AsylG erforderlich gemacht. Im Zeitpunkt der Antragstellung am 23. Juli 2020 seien dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers alle Umstände des Einzelfalles bekannt gewesen, um den Antrag sogleich zu begründen. Soweit dieser ausgeführt habe, die Begründung bleibe einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten, habe sich das Gericht nicht veranlasst gesehen, eine Antragsbegründung abzuwarten. Mit der Wortwahl "vorbehalten" habe er zum Ausdruck gebracht, dass er sich eine Begründung offenlasse. Ein weiteres Abwarten sei mit dem Sinn und Zweck des beschleunigten Verfahrens nicht vereinbar gewesen.
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9. Den Abänderungsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vom 27. August 2020 lehnte das Verwaltungsgericht mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 4. September 2020 ab. Der Antrag sei bereits nicht statthaft, da der Beschwerdeführer in dem ursprünglichen Verfahren nicht ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die entscheidungserheblichen Umstände geltend zu machen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers habe das Gericht seine Entscheidung in dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auch nicht verfrüht getroffen. Zwar sei der Beschluss unter dem 27. Juli 2020 von der Einzelrichterin unterzeichnet worden, jedoch sei er erst am nächsten Tag von der Geschäftsstelle zur zentralen Poststelle des Verwaltungsgerichts gegeben worden, sodass nach dem gewöhnlichen Ablauf eine Aufgabe zur Post frühestens am 29. Juli 2020 erfolgt sei. Jedenfalls am 28. Juli 2020 hätte der Beschwerdeführer noch Gelegenheit gehabt, seine Umstände darzulegen.
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II.
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1. Der Beschwerdeführer hat am 27. August 2020 Verfassungsbeschwerde erhoben und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er rügt eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG.
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Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im Rahmen der Anhörungsrüge. Die Sichtweise des Gerichts, dass die Ankündigung, die Begründung bleibe einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten, im Sinne einer eventuell nicht sicher zu erwartenden Begründung zu verstehen sei, entbehre jeder Grundlage. Jedenfalls sei die Formulierung so auszulegen, dass das Recht auf rechtliches Gehör nicht beschnitten werde. Die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG habe vorliegend am 28. Juli 2020 zu laufen begonnen. Die angefochtene Entscheidung sei jedoch am 27. Juli 2020 ergangen. Der Beschwerdeführer habe daher nicht damit rechnen müssen, dass die gerichtliche Entscheidung verfrüht getroffen werde. Auch die Argumentation, es sei dem Bevollmächtigten ohne weiteres möglich gewesen, den Antrag gleich zu begründen, verkenne angesichts der Tatsache, dass zuvor eine Besprechung mit dem Beschwerdeführer notwendig gewesen sei, die Realität. Entgegen den Ausführungen im Beschluss vom 4. September 2020 sei der Beschluss dem Beschwerdeführer am 28. Juli 2020 um 12:24 Uhr elektronisch übersandt worden. Es sei fernliegend, dass eine Begründung an diesem Tag noch hätte berücksichtigt werden können.
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2. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesamt sowie das Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Durchsetzung des grundrechtsgleichen Rechts des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet.
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1. Die fristgerecht erhobene Verfassungsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
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a) Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg erschöpft (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Zwar stellt sich die von ihm erhobene Anhörungsrüge nach § 152a VwGO teilweise als eine Art Rechtsmittelbegründung gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Juli 2020 dar. Entscheidend und deshalb ausreichend ist jedoch, dass er auch eine Gehörsverletzung durch diesen Beschluss geltend gemacht hat.
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b) Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Der Beschwerdeführer hat substantiiert dargelegt, dass das Verwaltungsgericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen haben könnte, indem es über seinen Antrag entschieden hat, ohne eine angemessene Frist für die vorbehaltene Begründung zu setzen oder abzuwarten. Auch die Möglichkeit des Beruhens der angegriffenen Entscheidung auf diesem Verstoß hat der Beschwerdeführer aufgezeigt. Er hat hierzu ausgeführt, was er bei Gewährung des rechtlichen Gehörs im fachgerichtlichen Verfahren vorgetragen hätte (vgl. BVerfGE 28, 17 20>; 72, 122 132>).
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet.
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a) Der angegriffene Beschluss vom 27. Juli 2020 verletzt den Beschwerde-führer in seinem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.
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aa) Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem Einzelnen ein Recht darauf, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt zu äußern, damit er Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen kann (vgl. BVerfGE 89, 28 35>; 101, 106 129>; stRspr). Einer gerichtlichen Entscheidung dürfen daher grundsätzlich nur solche Tatsachen zugrunde gelegt werden, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten (vgl. BVerfGE 89, 381 392>; 101, 106 129>; stRspr).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss ein Gericht deshalb, wenn sich ein Antragsteller oder Beschwerdeführer ausdrücklich die Begründung seines Rechtsschutzbegehrens vorbehalten hat, entweder eine Frist für die Begründung setzen oder, wenn es davon absieht, mit einer nicht stattgebenden Entscheidung angemessene Zeit warten. Entscheidet es vor Ablauf der Frist oder sonst angemessener Zeit, ist der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. BVerfGE 4, 190 192>; 8, 89 91>; 17, 191 193>; 24, 23 25 f.>; 60, 313 317 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Januar 2019 - 2 BvR 93/19 -, Rn. 2). Die Frage, welcher Zeitraum ange-messen ist, kann nicht abstrakt bestimmt werden, sondern hängt vom konkreten Einzelfall ab (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2002 - 2 BvR 654/02 -, Rn. 4). Eine Gehörsverletzung liegt vor, wenn das Gericht zu einem Zeitpunkt entscheidet, zu dem der Betroffene mit einer Entscheidung noch nicht zu rechnen brauchte.
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bb) Gemessen daran hat das Verwaltungsgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es dem Beschwerdeführer keine ausreichende Gelegenheit zur Begründung seines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegeben hat.
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(1) Der Beschwerdeführer hat sich eine Begründung seines Antrags bei Antragstellung ausdrücklich vorbehalten. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie der Vorbehalt des Beschwerdeführers vorliegend auszulegen war. Zwar dürften die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in der Antragsschrift entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht dahingehend zu verstehen gewesen sein, dass dieser sich eine Begründung lediglich offengehalten hat und damit auch die Möglichkeit bestand, dass eine Antragsbegründung nicht erfolgen wird. Die Formulierung ("Die Begründung bleibt einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten") legt eher nahe, dass eine Begründung zu einem späteren Zeitpunkt in einem gesonderten Schriftsatz eingereicht werden sollte. Ungeachtet dessen ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer einen Vorbehalt erklärt hat. Selbst wenn das Gericht dabei mit der Möglichkeit gerechnet haben sollte, dass eine Antragsbegründung nicht erfolgen werde, hätte es dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist zur Vorlage setzen oder auf die anstehende Entscheidung hinweisen können. Beides hat es jedoch unterlassen.
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(2) Angesichts dessen war der hier verbleibende Zeitraum von vier Tagen bis zur Ablehnung des Antrags unangemessen kurz, weil der Beschwerdeführer noch nicht mit einer Entscheidung rechnen musste.
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Im Asylprozess soll die Entscheidung über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung bei Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Ausreisefrist nach Absatz 1 ergehen (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 36 AsylG Rn. 30; Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, § 36 Rn. 108 <Okt. 2019>). Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist um jeweils eine weitere Woche verlängern; dies ist ab der zweiten Verlängerung jedoch nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 6 und 7 AsylG). Die Regelung ist Ausdruck des Beschleunigungswillens des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 12/4450, S. 24). Verfahrensbeteiligte müssen daher damit rechnen, dass über das streitgegenständliche Begehren innerhalb von wenigen Tagen entschieden wird. Auch eine Entscheidung noch vor Beginn der Wochenfrist ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen; eine Pflicht des Gerichts, nach Antragseingang unabhängig vom Inhalt des Antrags mit der Entscheidung zuzuwarten, sieht das Asylgesetz nicht vor. In dieser Situation können diejenigen Antragsteller, die nicht schon mit der Antragsschrift eine vollständige Antragsbegründung verbinden wollen oder können, auf ihre Absicht, eine solche Begründung noch vorlegen zu wollen, ausdrücklich hinweisen. Zwar muss ein Antragsteller auch nach einem solchen Hinweis mit einer Entscheidung des Gerichts vor Ablauf der Wochenfrist rechnen. Art. 19 Abs. 4 GG als Ausprägung des Fairnessgrundsatzes sowie Art. 103 Abs. 1 GG verpflichten allerdings das Gericht, die mitgeteilte Absicht zur (weiteren) Begründung des Antrags zur Kenntnis zu nehmen und in die Gestaltung des weiteren Verfahrensablaufs einfließen zu lassen. Dies kann durch eine dem Antragsteller auferlegte Frist zur Vorlage der angekündigten Begründung oder durch die Mitteilung des beabsichtigten Entscheidungszeitpunkts ebenso geschehen wie durch ein den konkreten Umständen des Einzelfalls genügendes bloßes Zuwarten mit der Entscheidung oder eine andere geeignete Verfahrensweise. Der Antragsteller muss sich allerdings darauf verlassen können, dass seiner Absicht, sein Begehren mit einer Begründung zu versehen, innerhalb des engen durch § 36 Abs. 1 und 3 AsylG gesetzten Rahmens in der Weise Rechnung getragen wird, dass ihm ein realistisch bemessener Zeitraum für die Abfassung und Vorlage der Begründung verbleibt.
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Nach diesen Grundsätzen stellt die Verfahrensweise des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Einzelfall eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG dar. Der Bescheid des Bundesamts vom 16. Juli 2020 wurde dem Beschwerdeführer am 20. Juli 2020 bekanntgegeben, sodass die Ausreisefrist am 27. Juli 2020 abgelaufen ist. Die Wochenfrist, innerhalb derer das Verwaltungsgericht über den Antrag entscheiden sollte, endete damit am 3. August 2020. Sein Rechtsschutzbegehren hatte der Beschwerdeführer bereits am 23. Juli 2020, dem dritten Tag der Ausreisefrist gemäß § 36 Abs. 1 AsylG, auf elektronischem Wege bei dem Verwaltungsgericht unter Beifügung des Bescheids anhängig gemacht; eine Begründung enthielt die Klage- und Antragsschrift nicht, lediglich den Hinweis auf die Absicht einer gesondert vorzulegenden Begründung. Der angegriffene Beschluss erging am 27. Juli 2020, mithin am letzten Tag der Ausreisefrist, und wurde am 28. Juli 2020, dem ersten Tag der Entscheidungsfrist des § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG, elektronisch übermittelt. Zu diesem Zeitpunkt musste der Beschwerdeführer noch nicht damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht seinen Antrag ablehnen würde, ohne die zuvor angekündigte Begründung abzuwarten, zumal das Verwaltungsgericht auf seine Ankündigung nicht erkennbar reagiert hatte und er deshalb von einem stillschweigenden Einverständnis mit einer realistischen Frist zur Vorlage der Begründung ausgehen durfte. Denn zum einen war der Antragsschrift bisher überhaupt keine Begründung beigefügt, so dass nicht lediglich der Vorbehalt der Übersendung einer "weiteren" oder vertiefenden Begründung in Rede stand, sondern die erstmalige Mitteilung der für den Antrag geltend gemachten Gesichtspunkte an das Gericht. Zum anderen stand dem Gericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch die gesamte Dauer der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG zur Verfügung, so dass sich etwa die Frage einer der Kammer vorbehaltenen "Verlängerungsentscheidung" nach § 36 Abs. 3 Satz 6 AsylG noch nicht stellte. In dieser Situation, in der eine Begründung ausdrücklich angekündigt war und bis zum Ablauf der Wochenfrist nach § 36 Abs. 3 Satz 5 AsylG noch elf Tage zur Verfügung standen, musste der Beschwerdeführer mit einem Verfahrensabschluss binnen vier Tagen nicht rechnen.
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Dem steht nicht entgegen, dass der Beschluss vom 27. Juli 2020 dem Beschwerdeführer erst am 28. Juli 2020 bekanntgegeben worden ist. Soweit das Gericht in dem Beschluss über die Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO ausführt, eine Aufgabe zur Post sei "frühestens" am 29. Juli 2020 erfolgt, ist dies schon deshalb unzutreffend, weil der Beschluss dem Beschwerdeführer ausweislich des vorgelegten und in der Akte des Ausgangsverfahrens befindlichen Prüfprotokolls bereits am 28. Juli 2020 um 12:24 Uhr elektronisch übersandt worden ist.
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Vor diesem Hintergrund kommt es auf die weiteren Ausführungen des Gerichts, dass dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung bereits alle Umstände zur Begründung des Antrags bekannt gewesen seien, nicht an. Im Übrigen hat der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers zutreffend darauf hingewiesen, dass trotz Übermittlung einer Kopie der Asylakte mit Zustellung des Bescheids durch das Bundesamt (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 AsylG) noch eine ‒ wenn auch kurzfristige ‒ Rücksprache mit dem Mandanten notwendig sein kann. Auch dies hätte das Verwaltungsgericht im Rahmen einer angemessenen Fristsetzung für die Vorlage der Antragsbegründung berücksichtigen müssen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Februar 2003 - 2 BvR 153/02 -, Rn. 29 ff.).
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b) Der angegriffene Beschluss beruht auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer bei ausreichender Gelegenheit zur Antragsbegründung in Aussicht gestellten Vorbringens zu einer für diesen günstigeren Entscheidung gekommen wäre. Zwar stellt sich das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Anhörungsrüge teilweise als eine Art Rechtsmittelbegründung gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dar. Ungeachtet dessen lässt sich den Ausführungen entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gegen die Ablehnung seines Asylantrags als offensichtlich unbegründet ‒ sowohl wegen der zuvor erfolgten Ausweisung als auch hinsichtlich seines als unsubstantiiert und widersprüchlich gewerteten Vorbringens ‒ gewendet hätte. Dieser Vortrag ist gemessen am Maßstab des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nicht von vornherein ungeeignet, um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung zu begründen.
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IV.
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Die Kammer hebt gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG den Beschluss vom 27. Juli 2020 auf und verweist die Sache an das Verwaltungsgericht zurück.
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Die ebenfalls angegriffenen Beschlüsse vom 17. August 2020 und vom 4. September 2020 werden damit gegenstandslos. Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>; BVerfGK 20, 336 337 f.>).
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