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BVerfG 28.01.2019 - 1 BvR 1738/16
BVerfG 28.01.2019 - 1 BvR 1738/16 - Stattgebender Kammerbeschluss: Zur Abwägung zwischen Kunstfreiheit (Art 5 Abs 3 S 1 GG) und allgemeinem Persönlichkeitsrecht (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 1 Abs 1 GG) bei der Prüfung, ob und in welchem Umfang ein Unterlassungsanspruch gegen die öffentliche Präsentation eines Porträtbildes besteht - Präsentation des Bildes einer Minderjährigen in einem Kontext mit Gewalt und Kindesmissbrauch als schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts - Verletzung der Kunstfreiheit durch fehlende fachgerichtliche Abwägung bei der Bestimmung des Umfangs des Unterlassungsanspruchs
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, § 22 S 1 KunstUrhG
Vorinstanz
vorgehend LG Halle (Saale), 20. Juni 2016, Az: 4 S 3/16, Urteil
Tenor
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Das Urteil des Landgerichts Halle vom 20. Juni 2016 - 4 S 3/16 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Rechten aus Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben.
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Die Sache wird an das Landgericht Halle zurückverwiesen.
Gründe
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verwendung eines Porträts, das die Beschwerdeführerin von der Klägerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Klägerin) angefertigt hat.
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I.
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1. Die Beschwerdeführerin ist freischaffende Künstlerin. Im Jahre 2010 malte sie ein Bild der damals noch minderjährigen Klägerin, welches diese mit kurzen Haaren und einem Verband um den Arm zeigt. Die Beschwerdeführerin nannte das Bild "Rapunzel 4". Die Eltern und die Klägerin hatten der Anfertigung des Porträts zugestimmt.
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Drei Jahre später wurde das Bild in einer Kunstausstellung mit dem Titel "Märchenbilder" gezeigt. Um die Ausstellung für interessiertes Publikum bekannt zu machen, fertigte der Veranstalter einen Flyer, in dem sich eine kleine Einleitung zur Ausstellung und den dort gezeigten Bildern der Beschwerdeführerin befand. Darin wünschten sich die Verfasser "eine sachgerechte und sensible Auseinandersetzung mit ihren Werken und den darin aufgegriffenen Themen von Missbrauch, Gewalt, Verlassenheit und Sehnsucht". In der Folge erschien ein journalistischer Artikel, in dem auch das streitgegenständliche Bild gezeigt wurde. Der Verfasser führte unter anderem aus, Gegenstand der Ausstellung seien "16 Gemälde der Künstlerin W., die den Themen Missbrauch und Gewalt an Kindern gewidmet sind".
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Etwa neun Monate später erklärten die Eltern der Klägerin der Beschwerdeführerin, "für die Zukunft jegliche Einwilligung, das Portrait ihrer minderjährigen Tochter, als 'Rapunzel' benannt, öffentlich auszustellen" zu verweigern.
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Auf die Klage der Klägerin verurteilte das Amtsgericht die Beschwerdeführerin, es zu unterlassen, das streitgegenständliche Porträt im Original, als Kopie, Foto, Fotokopie oder in jeglicher anderen Form, jeglichen Dritten gegenüber öffentlich zu machen oder zu verbreiten, und es innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft des Urteils von ihrer Homepage zu entfernen.
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Die hiergegen eingelegte Berufung wies das Landgericht mit angegriffenem Urteil zurück. Die Klägerin habe gegen die Beschwerdeführerin einen Unterlassungsanspruch aus § 823 BGB in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog sowie §§ 22 f. des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (im Folgenden: KUG). Nach Abwägung der durch Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten persönlichen Würde der Klägerin mit der Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG habe ein wichtiger Grund für den Widerruf der ursprünglich erteilten Zustimmung nach § 22 Satz 1 KUG zur Veröffentlichung und Verbreitung des Bildes vorgelegen. Die Art der Ausstellung durch die Beschwerdeführerin sei geeignet gewesen, die Klägerin in den Zusammenhang eines Kindesmissbrauchs zu rücken. Zugunsten der Beschwerdeführerin sei zwar zu berücksichtigen, dass die grundrechtlich geschützte Befugnis, das gefertigte Bildnis in Ausstellungen zu zeigen und gegebenenfalls auch zu veräußern, deutlich eingeschränkt werde. Die danach gebotene Gesamtabwägung der sich widerstreitenden Interessen falle jedoch zu ihren Lasten aus. Die Zuordnung einer bestimmten Person zu dem Themenkreis des Kindesmissbrauchs berühre in hohem Maße dessen persönliche und familiäre Identität. Die Vermittlung eines unberechtigten Eindrucks, jemand sei Opfer eines Kindesmissbrauchs geworden, greife nicht nur in die Interessen derer ein, welche in den Verdacht geraten, Täter eines solchen Missbrauchs zu sein, sondern auch in diejenigen des angeblichen Opfers. Die Thematik "Märchenbilder" habe der Klägerin und ihren Eltern nicht nahelegen müssen, dass sie durch die Veröffentlichung mindestens in die Nähe eines Missbrauchs gerückt werde.
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Die Beschwerdeführerin sei zu der von ihr vorgenommenen Verwertung des Bildnisses auch nicht losgelöst von der Fortdauer der Zustimmung der Klägerin nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG berechtigt. Bei der Prüfung der Voraussetzungen dieser Norm seien nämlich dieselben grundrechtlich geschützten Positionen zu bedenken, wie sie die Kammer bei der Frage der Wirksamkeit des Widerrufs beachtet habe. Soweit eine zustimmungsfreie Verwertung nach § 23 Abs. 2 KUG dennoch scheitere, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt werde, habe auch hier entsprechend der bereits erfolgten Abwägung das Interesse der Beschwerdeführerin an der weiteren Ausstellung des Bildes zurückzustehen.
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2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.
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a) Das Gericht habe ihre Kunstfreiheit nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Dabei sei schon nicht ersichtlich, wie man bei dem mit der Märchenfigur "Rapunzel" betitelten Bild auf die Deutung "Kindesmissbrauch" kommen könne. Zudem habe sie nicht proklamiert, mit ihrem Werk die Realität wiederzugeben. Allein der Kontext in der Ausstellungseinladung - eines Dritten - begründe noch keine Persönlichkeitsrechtsverletzung, solange - wie hier - der Nachweis nicht erbracht sei, dass die Künstlerin es dem Publikum nahegelegt habe, diese Darstellungen als tatsächlich geschehen zu betrachten, und dass gerade diese Schilderungen eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung verursachten. Das Gericht habe insofern verkannt, dass eine bloße Identifizierungsmöglichkeit der Klägerin nach Vornahme weiterer Recherchen nicht ausreichend sei, sondern dass sich das In-Verbindung-Bringen für die Gruppe der Rezipienten ohne weiteren Aufwand geradezu aufdrängen müsse. Die von Dritten formulierte Einladung sei jedoch gerade kein Beweis dafür, dass die Klägerin in der Ausstellung unzweideutig als minderjähriges Opfer von Missbrauch und Gewalt dargestellt werde. Jedenfalls aber sei der Eingriff in die Kunstfreiheit unverhältnismäßig. Als milderes Mittel wäre ein Verbot des Ausstellens des Bildnisses in einem Kontext, der Assoziationen zu Missbrauch schaffe, vollkommen ausreichend gewesen.
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b) Zudem werde das in dem angegriffenen Urteil ausgesprochene Ausstellungs- und Verwertungsverbot der verfassungsrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierten Berufsfreiheit nicht gerecht.
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3. Dem Ministerium für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt und der Klägerin ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Sie haben davon keinen Gebrauch gemacht.
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II.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG angezeigt ist (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.
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1. Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin in ihrer Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, soweit ihr hierdurch ein unbeschränktes Verbot auferlegt wird, das streitgegenständliche Porträt in der Öffentlichkeit zu zeigen oder es zu verbreiten.
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a) Durch die Verurteilung der Beschwerdeführerin, es zu unterlassen, das als "Rapunzel 4" bezeichnete Porträt der Klägerin jeglichen Dritten gegenüber öffentlich zu machen oder zu verbreiten und es von ihrer Homepage zu entfernen, ist sie in ihrer Kunstfreiheit betroffen.
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Unabhängig von der vom Bundesverfassungsgericht wiederholt hervorgehobenen Schwierigkeit, den Begriff der Kunst abschließend zu definieren (vgl. BVerfGE 30, 173 188 f.>; 67, 213 224 ff.>), stellt das Gemälde ein Kunstwerk dar, nämlich eine freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache, hier der Malerei, zur Anschauung gebracht werden (vgl. BVerfGE 30, 173 188 f.>; 67, 213 226>; 75, 369 377>; 119, 1 20 f.>; 142, 74 103 f. Rn. 89>).
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Von der Kunstfreiheit ist nicht nur das Anfertigen des Porträts, sondern auch die Ausstellung in der Öffentlichkeit erfasst. Die Kunstfreiheitsgarantie betrifft in gleicher Weise den "Werkbereich" und den "Wirkbereich" künstlerischen Schaffens. Nicht nur die künstlerische Betätigung, sondern darüber hinaus auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks sind sachnotwendig für die Begegnung mit dem Werk als eines ebenfalls kunstspezifischen Vorgangs. Dieser "Wirkbereich" ist der Boden, auf dem die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bisher vor allem Wirkung entfaltet hat (vgl. BVerfGE 30, 173 189>; 36, 321 331>; 67, 213 224>; 81, 278 292>; 119, 1 21 f.>; 142, 74 96 Rn. 68>). Die Anerkennung von Kunst darf nicht von einer staatlichen Stil-, Niveau- und Inhaltskontrolle oder von einer Beurteilung der Wirkungen des Kunstwerks abhängig gemacht werden (vgl. BVerfGE 75, 369 377>; 81, 278 291>; 83, 130 139>).
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b) Die Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin durch die angegriffene Entscheidung ist in ihrem Umfang nicht gerechtfertigt. Die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften der §§ 823, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit §§ 22 f. KUG tragen der Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin nicht hinreichend Rechnung.
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aa) (1) Das umfassende Verbot, ein Gemälde jeglichen Dritten gegenüber öffentlich zu machen oder zu verbreiten, stellt eine besonders starke Beeinträchtigung der Kunstfreiheit dar (vgl. zum Verbot eines Romans BVerfGE 119, 1 22>). Das Bundesverfassungsgericht kann seine Überprüfung daher nicht auf die Frage beschränken, ob die angegriffene Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruht, sondern muss vielmehr die Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidung mit der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie auf der Grundlage der konkreten Umstände des vorliegenden Sachverhalts überprüfen (vgl. BVerfGE 119, 1 22>).
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(2) Die Kunstfreiheit ist in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zwar vorbehaltlos, aber nicht schrankenlos gewährleistet. Die Schranken ergeben sich insbesondere aus den Grundrechten anderer Rechtsträger, aber auch aus sonstigen Rechtsgütern mit Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 30, 173 193>; 67, 213 228>; 83, 130 139>; 119, 1 23 f.>; 142, 74 101 f. Rn. 84>). Es muss sichergestellt sein, dass Personen, die durch Künstler in ihren Rechten beeinträchtigt werden, ihre Rechte auch verteidigen können und in diesen Rechten auch unter Berücksichtigung der Kunstfreiheit einen wirksamen Schutz erfahren. In dieser Situation sind die staatlichen Gerichte den Grundrechten beider Seiten gleichermaßen verpflichtet. Auf private Klagen hin erfolgende Beeinträchtigungen der Kunstfreiheit stellen sich nicht als staatliche "Kunstzensur" dar, sondern sind darauf zu überprüfen, ob sie den Grundrechten von Künstlern und der durch das Kunstwerk Betroffenen gleichermaßen gerecht werden (vgl. BVerfGE 119, 1 23>).
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Das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein solches wesentliches Rechtsgut von Verfassungsrang, das der Kunstfreiheit Grenzen ziehen kann (vgl. BVerfGE 67, 213 228>). Diesem ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besonders hohe Bedeutung beigemessen worden. Das gilt insbesondere für seinen Menschenwürdekern (vgl. BVerfGE 75, 369 380>; 80, 367 373 f.>). Das Persönlichkeitsrecht ergänzt die im Grundgesetz normierten Freiheitsrechte und gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen (vgl. BVerfGE 54, 148 153>; 114, 339 346>). Damit kommt es auch als Schranke für künstlerische Darstellungen in Betracht. Der Inhalt dieses Rechts ist nicht allgemein und abschließend umschrieben. Zu den anerkannten Inhalten gehören das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person, die soziale Anerkennung sowie die persönliche Ehre (vgl. BVerfGE 54, 148 153 f.>; 99, 185 193>; 114, 339 346>; 119, 1 24>).
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Ein allgemeines oder gar umfassendes Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person enthält Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfGE 101, 361 380>). Das Recht am eigenen Bild gewährleistet dem Einzelnen aber Einfluss- und Entscheidungsmöglichkeiten, soweit es um die Anfertigung und Verwendung von Bildaufzeichnungen seiner Person durch andere geht. Das Schutzbedürfnis ergibt sich vor allem aus der Möglichkeit, das auf eine bestimmte Situation bezogene Erscheinungsbild eines Menschen von diesem zu lösen und das Abbild jederzeit unter für den Betroffenen nicht überschaubaren Voraussetzungen vor Dritten zu reproduzieren (vgl. BVerfGE 101, 361 381>).
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(3) Allerdings zieht die Kunstfreiheit ihrerseits dem Persönlichkeitsrecht Grenzen. Um diese im konkreten Fall zu bestimmen, genügt es mithin im gerichtlichen Verfahren nicht, ohne Berücksichtigung der Kunstfreiheit eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts festzustellen: Es bedarf der Klärung, ob diese Beeinträchtigung derart schwerwiegend ist, dass die Freiheit der Kunst zurückzutreten hat; eine geringfügige Beeinträchtigung oder die bloße Möglichkeit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung reichen hierzu angesichts der hohen Bedeutung der Kunstfreiheit nicht aus. Lässt sich freilich eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts zweifelsfrei feststellen, so kann sie auch nicht durch die Kunstfreiheit gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 67, 213 228>; vgl. auch BVerfGE 30, 173 195>; 75, 369 380>; 119, 1 27>).
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bb) Nach diesen Maßstäben ist das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung den Anforderungen der Kunstfreiheit nicht in jeder Hinsicht gerecht geworden. Zwar verletzt die Annahme, die Präsentation des Bildes im Rahmen einer Ausstellung zu den Themen Missbrauch und Gewalt sei nicht von der ursprünglich erteilten Einwilligung der Klägerin gedeckt und auch unabhängig hiervon nicht gerechtfertigt, die Kunstfreiheit nicht (1). Das Landgericht hat es jedoch versäumt, hinsichtlich des ohne jede Beschränkung ausgesprochenen Veröffentlichungsverbots die Auswirkungen der angegriffenen Entscheidung auf die Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin den Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht der Klägerin gegenüberzustellen und die widerstreitenden Grundrechte in praktischer Konkordanz möglichst weitgehend zur Geltung zu bringen (2).
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(1) Die Würdigung des Landgerichts, die Art der Ausstellung durch die Beschwerdeführerin sei geeignet gewesen, die Klägerin in den Zusammenhang eines Kindesmissbrauchs zu rücken, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellten Feststellungen der Fachgerichte ist die aus der Nähe des Ausstellungsorts stammende Klägerin auf dem Gemälde eindeutig identifizierbar. Mit verfassungsrechtlich tragfähiger Begründung ist das Landgericht von der ohne weiteres nachvollziehbaren Einschätzung ausgegangen, die Präsentation des Bildes in der streitgegenständlichen Ausstellung habe bei den Besuchern den Eindruck erwecken können, das Kunstwerk sei den Themen Missbrauch und Gewalt gewidmet. Gegen die Feststellung des Landgerichts, die Verbindung des ausgestellten Bildes, das die Klägerin mit einem Verband um einen Arm zeige, mit dem Flyer zu der Ausstellung lege die Deutung nahe, die Klägerin sei selbst Opfer von Kindesmissbrauch geworden, ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.
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Bei der Frage, ob die Präsentation des Bildes in einer Ausstellung zu den Themen Kindesmissbrauch und Gewalt von der Einwilligung der Klägerin gedeckt oder unabhängig hiervon zulässig war, hat das Landgericht die widerstreitenden Grundrechte in hinreichender Weise beachtet und gegeneinander abgewogen. Dass es insoweit dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin größeres Gewicht beigemessen hat als der Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Vielmehr beeinträchtigt die Ausstellung des Bildes in einem Kontext mit Gewalt und Kindesmissbrauch das Persönlichkeitsrecht der Klägerin in derart schwerwiegender Weise, dass die Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin dahinter zurückzutreten hat. Wird - wie hier - der Eindruck erweckt, die Klägerin sei selbst Opfer eines Kindesmissbrauchs geworden, bedarf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des besonderen Schutzes durch die Verfassung. Durch die Verknüpfung des Porträts mit dem Themenkomplex Gewalt und Kindesmissbrauch besteht die Gefahr einer Schädigung der Klägerin in persönlicher und sozialer Hinsicht, zumal sie zum Zeitpunkt der Ausstellung noch minderjährig war. Die Präsentation des eigenen Konterfeis im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung, die sich mit Missbrauch an Kindern auseinandersetzt, ist geeignet, die Persönlichkeitsentwicklung schwerwiegend zu stören, und kann zu einem hilflosen Gefühl des Ausgeliefertseins führen. Vor diesem Hintergrund muss die Klägerin nicht dulden, dass das von ihr angefertigte Porträt in einem derartigen Zusammenhang gezeigt wird.
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(2) Den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht wird die angegriffene Entscheidung jedoch, soweit das Landgericht der Klägerin einen Unterlassungsanspruch bezüglich jeglicher Veröffentlichung oder Verbreitung des streitgegenständlichen Bildes Dritten gegenüber zuerkennt. Das Landgericht verkennt, dass auch hinsichtlich des Umfangs des Unterlassungsanspruchs zwischen den Auswirkungen der angegriffenen Entscheidung auf die Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin einerseits und den Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht der Klägerin andererseits abzuwägen ist und die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung zu bringen sind.
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Dieser Verpflichtung ist das Landgericht nicht hinreichend nachgekommen. Dies wiegt umso schwerer, als die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren ausdrücklich geltend gemacht hatte, dass das Urteil des Amtsgerichts sie unverhältnismäßig stark in ihrer Kunstfreiheit beeinträchtige und ein Verbot des Ausstellens des Bildnisses in einem Kontext, der Assoziationen zu Missbrauch schaffe, vollkommen ausreichend gewesen wäre. Das Landgericht hätte nicht nur aus diesem Grunde die Auswirkungen eines umfassenden Ausstellungsverbots auf die Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin (a) den Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht der auf dem Gemälde abgebildeten Klägerin (b) gegenüberstellen und die widerstreitenden Interessen in einen verhältnismäßigen Ausgleich bringen müssen (c).
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(a) Durch die Verurteilung, es zu unterlassen, das streitgegenständliche Porträt der Klägerin jeglichen Dritten gegenüber öffentlich zu machen oder zu verbreiten, wird die Beschwerdeführerin in schwerwiegender Weise in ihrer Kunstfreiheit betroffen. Der Wirkbereich der Kunstfreiheit wird durch das Urteil massiv verkürzt. Wie das Landgericht selbst im Ansatz zutreffend erkannt hat, ist der Beschwerdeführerin, einer freischaffenden Künstlerin, eine wirtschaftliche Verwertung des Gemäldes weitgehend verwehrt. Eine öffentliche Ausstellung des Bildes, auch wenn sie in einem völlig unverfänglichen Zusammenhang erfolgt, ist ihr in Zukunft nicht mehr möglich.
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(b) Dieser Beschränkung der Kunstfreiheit ist das von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin gegenüberzustellen. Während die Präsentation des Bildes im Rahmen einer öffentlichen Ausstellung zu den Themen Gewalt und Missbrauch ihr Persönlichkeitsrecht wie ausgeführt massiv beeinträchtigt, gilt dies nicht gleichermaßen für Ausstellungen, die keinen derartigen Kontext zum Gegenstand haben und nach den konkreten Umständen keine Erinnerung an die vormalige Präsentation des Bildes im Missbrauchskontext wachrufen können. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Gemälde selbst in keiner Weise anstößig oder sonst negativ behaftet ist. Aus den Feststellungen des Landgerichts geht hervor, dass die Klägerin mit der Anfertigung des Gemäldes einverstanden war und sich das Einverständnis ursprünglich auch auf eine öffentliche Ausstellung und den Verkauf des Bildes erstreckte. Solange eine öffentliche Präsentation nicht in dem hier streitgegenständlichen Kontext von Gewalt und Missbrauch erfolgt, ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin lediglich geringfügig beeinträchtigt.
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(c) Vor diesem Hintergrund erscheint das ohne jegliche Beschränkung ausgesprochene Verbot, das Porträt der Klägerin in der Öffentlichkeit auszustellen oder zu verbreiten, auf der Grundlage der bisherigen fachgerichtlichen Feststellungen als unverhältnismäßige Beschränkung der Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin. Das Landgericht hätte insbesondere prüfen müssen, ob nicht eine Beschränkung des Unterlassungsanspruchs auf solche Ausstellungen, die das Bild in einen Zusammenhang mit Missbrauch und Gewalt rücken, ausreichend gewesen wäre, um dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zur Geltung zu verhelfen, ohne die Kunstfreiheit der Beschwerdeführerin übermäßig einzuschränken. Dass die festgestellte Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin derart schwer wiegt, dass der Beschwerdeführerin in Zukunft jegliche Veröffentlichung des streitgegenständlichen Bildes zu untersagen wäre, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Jedenfalls aber bedürfte es einer näheren Begründung und gegebenenfalls noch weiterer Feststellungen durch das Fachgericht, aus welchen Gründen es der Klägerin in Zukunft unzumutbar sein soll, jegliche Ausstellung ihres Porträts in der Öffentlichkeit zu dulden.
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c) Das angegriffene Urteil beruht auch auf dem festgestellten Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Landgericht bei Beachtung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu einer für die Beschwerdeführerin günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
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2. Ob darüber hinaus die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin verletzt ist, kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.
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3. Das angegriffene Urteil des Landgerichts ist daher gemäß § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuverweisen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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