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BVerfG 02.09.2014 - 2 BvR 480/14
BVerfG 02.09.2014 - 2 BvR 480/14 - Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung - Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit rechtfertigt Weisung zum Tragen einer "elektronischen Fußfessel" im Rahmen der Führungsaufsicht (§§ 68b Abs 1 Nr 12, 68f Abs 1 StGB)
Normen
GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 68b Abs 1 S 1 Nr 12 StGB, § 68f Abs 1 StGB
Vorinstanz
vorgehend KG Berlin, 23. Januar 2014, Az: 2 Ws 11/14 - 141 AR 620/13, Beschluss
vorgehend LG Berlin, 21. November 2013, Az: 590 StVK 361/13, Beschluss
Gründe
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Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die ihm im Rahmen der Führungsaufsicht erteilte Weisung, eine sogenannte "elektronische Fußfessel" zu tragen. Im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt er, diese Weisung sofort außer Vollzug zu setzen und ihm die "elektronische Fußfessel" abzunehmen.
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I.
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Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. Oktober 1998 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt; zudem wurde die Sicherungsverwahrung angeordnet. Der bereits vielfach wegen gleichartiger Delikte vorbestrafte Beschwerdeführer hatte nach dem Scheitern einer längeren Beziehung zu einer Frau dieser vorsätzlich von hinten eine geschlossene Schere zweimal mit großer Wucht unmittelbar in Nähe der Halsschlagader in die linke Halsseite gestochen.
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Mit Beschluss vom 22. Mai 2012 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ab dem 20. November 2013 zur Bewährung ausgesetzt. Im Rahmen der Führungsaufsicht wurden dem Beschwerdeführer verschiedene Weisungen erteilt. Mit dem angegriffenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Berlin vom 21. November 2013 wurden dem Beschwerdeführer unter teilweiser Abänderung des Beschlusses vom 22. Mai 2012 weitere Weisungen erteilt, insbesondere, die für eine elektronische Überwachung seines Aufenthaltsortes erforderlichen Mittel ständig in betriebsbereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen sowie diverse Aufenthalts- und Kontaktverbote.
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Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Kammergericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 23. Januar 2014 verworfen.
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II.
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Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
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1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn die Verfassungsbeschwerde erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 71, 158 161>; 111, 147 152 f.>; 118, 111 122>; stRspr). Bei offenem Ausgang muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 71, 158 161>; 96, 120 128 f.>; 105, 365 371>; 126, 158 168>; 129, 284 298>; stRspr). Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer einstweiligen Anordnung ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 93, 181 186>; 106, 51 58>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Februar 2009 - 2 BvQ 7/09 -, juris, Rn. 1).
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2. Vorliegend erscheint die Verfassungsbeschwerde zwar weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Der Beschwerdeführer trägt zur Begründung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedoch nicht ausreichend vor, um dem Bundesverfassungsgericht eine Folgenabwägung zu ermöglichen. Er sieht angesichts der strafbewehrten Weisung lediglich die Gefahr, während der Dauer des Verfassungsbeschwerdeverfahrens durch Verstöße gegen die Weisung, die er für verfassungswidrig hält, bestraft werden zu können, und hält dies für unzumutbar. Insoweit erscheint bereits zweifelhaft, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung deren Voraussetzungen hinreichend substantiiert darlegt (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Oktober 2010 - 2 BvR 1744/10 -, juris, Rn. 1 m.w.N.).
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3. Jedenfalls ergibt die gebotene Abwägung, dass die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann, weil die für deren Erlass sprechenden Gründe nicht in der erforderlichen Weise deutlich überwiegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Februar 2011 - 2 BvR 132/11 -, juris, Rn. 2 m.w.N.).
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Erginge die einstweilige Anordnung und erwiese sich die Verfassungsbeschwerde als unbegründet, könnten schutzwürdige Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit in hohem Maße beeinträchtigt werden. In den angegriffenen Beschlüssen wird dargestellt, dass von dem Beschwerdeführer aufgrund der vorherigen schweren Straftaten und des späteren Vollzugsverhaltens das - von ihm bestrittene - Risiko der Begehung erhebliche Straftaten ausgehe und die Weisung deshalb zum Schutz potentieller Opfer erforderlich und verhältnismäßig sei. Würde dem Beschwerdeführer die "elektronische Fußfessel" ersatzlos abgenommen, würde wegen der damit verbundenen Minderung des Entdeckungsrisikos die Gefahr der Begehung erneuter schwerer Straftaten aus Sicht der Fachgerichte deutlich erhöht.
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Unterbliebe der Erlass einer einstweiligen Anordnung hingegen und erwiese sich die Verfassungsbeschwerde später als begründet, wäre dies mit keinen vergleichbar schwerwiegenden Nachteilen verbunden. Weder vermag der Beschwerdeführer solche Nachteile darzulegen, noch sind sie sonst ersichtlich. Aufgrund dieser Umstände kann jedenfalls das erforderliche deutliche Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe nicht festgestellt werden.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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