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BFH 08.10.2024 - VIII B 73/23
BFH 08.10.2024 - VIII B 73/23 - Nachhaltige Erfindertätigkeit - Divergenz
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 15 Abs 2 S 1 EStG 2009, § 18 Abs 2 EStG 2009
Vorinstanz
vorgehend FG München, 18. Juli 2023, Az: 12 K 1458/22, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine nachhaltige und damit steuerbare Erfindertätigkeit kann vorliegen, wenn der Erfinder oder sein Patentanwalt im Verfahren auf Erteilung des Patents die technische Verwertungsreife der Erfindung fördern. Hiervon abzugrenzen ist die typische Tätigkeit des Patentanwalts im Verfahren auf Erteilung des Patents, die keine erfinderische Tätigkeit darstellt.
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2. NV: Hat das Finanzgericht (FG) keine Grundsätze aufgestellt, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen, kann die Zulassung wegen Divergenz nicht mit der Begründung erreicht werden, ein anderes FG sei in derselben Frage von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abgewichen.
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 18.07.2023 - 12 K 1458/22 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde ist nicht begründet. Das Finanzgericht (FG) hat sein Urteil kumulativ begründet. Es kann dahinstehen, ob hinsichtlich der zweiten Begründung (nachhaltige und deshalb steuerbare Erfindertätigkeit wegen nachfolgender Anmeldung weiterer ähnlicher Patente) ein Zulassungsgrund vorliegt, da es hinsichtlich der ersten Begründung (nachhaltige Erfindertätigkeit wegen Förderung der anfänglich nicht gegebenen Verwertungsreife) bereits an einem Zulassungsgrund fehlt.
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1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist zur Rechtsfortbildung nicht erforderlich. Die Rechtslage ist durch den BFH hinreichend geklärt.
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a) Eine zumindest vorübergehend (§ 18 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes) nachhaltige und deshalb steuerbare Erfindertätigkeit ist anzunehmen, wenn sie planmäßig ausgeübt wird. Dabei muss sich die Nachhaltigkeit auf die Erfindertätigkeit selbst beziehen; auf die Verwertung der Erfindung hat die Rechtsprechung in diesem Zusammenhang nicht abgestellt. Eine nachhaltige Erfindertätigkeit ist danach etwa zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige wiederholt erfinderisch tätig wird, um auf den erfinderischen Gedanken zu kommen, oder weil die Erfindung im Zeitpunkt ihrer Entstehung noch nicht verwertungsreif ist, so dass weitere Tätigkeiten des Erfinders erforderlich sind, um die technische Verwertungsreife der Erfindung zu fördern oder herzustellen. Die vorübergehende Tätigkeit ist auch dann nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige letztlich nur eine Erfindung macht (vgl. BFH-Urteil vom 18.06.1998 - IV R 29/97, BFHE 186, 351, BStBl II 1998, 567).
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Davon abzugrenzen ist die typische Tätigkeit des Patentanwalts im Verfahren auf Erteilung des Patents. Sie stellt keine auf Wiederholung angelegte erfinderische Tätigkeit dar und dient nicht der Förderung der (technischen) Verwertungsreife der Erfindung. In diesem Sinne hat der BFH im Urteil vom 18.06.1998 - IV R 29/97 (BFHE 186, 351, BStBl II 1998, 567) Patentanmeldungen allein nicht als Ausdruck nachhaltiger Tätigkeit beurteilt, sondern nur solche Tätigkeiten, die die technische Verwertungsreife fördern.
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Da der Steuerpflichtige selbst das Merkmal der nachhaltigen Tätigkeit erfüllen muss, können nur solche Tätigkeiten berücksichtigt werden, die ihm persönlich zurechenbar sind, weil er sie entweder selbst ausführt oder diese von Dritten in seinem Auftrag ausgeführt werden. Fehlt es an einer nachhaltigen Tätigkeit, weil die Erfindung ein einmaliger Akt und von vornherein ohne weitere Tätigkeiten des Erfinders verwertungsreif war, handelt es sich (mangels Nachhaltigkeit der Betätigung) um eine nicht steuerbare sogenannte Zufallserfindung (zum Ganzen: BFH-Urteil vom 10.09.2003 - XI R 26/02, BFHE 203, 448, BStBl II 2004, 218).
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b) Vor diesem Hintergrund besteht kein Bedürfnis für eine Rechtsfortbildung in Bezug auf die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) als klärungsbedürftig angesehene Frage: Erfordert eine Erarbeitung einer veränderten Lösung einer technischen Aufgabe im Rahmen eines Patentanmeldungsverfahrens als geänderte Mitteilung des Erfindergedankens stets eine Tätigkeit des Erfinders, die zu einer nachhaltigen Tätigkeit des Erfinders führt, auch wenn diese Erarbeitung einer veränderten Lösung einer technischen Aufgabe von einem beauftragten Patentanwalt ausgeführt wird und sogar, wenn es sich lediglich um die Zusammenfassung einzelner bereits in diesem Verfahren angemeldeter Patentansprüche handelt?
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Die Frage, ob die im Patentverfahren vom Patentanwalt entfaltete Tätigkeit der Förderung und Herstellung der Verwertungsreife der Erfindung gedient und mithin zu einer nachhaltigen Erfindertätigkeit geführt hat oder ob es sich um die typische Tätigkeit eines Patentanwalts gehandelt hat, die nicht der Erfindertätigkeit zuzurechnen ist, muss anhand der bisherigen Rechtsprechung vom FG in tatsächlicher Hinsicht beurteilt werden. Die Beschwerde zeigt jenseits des Individualinteresses am Ausgang des vorliegenden Verfahrens keine Gesichtspunkte auf, die zu einer Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung Veranlassung geben würden.
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Soweit die Kläger meinen, dem FG Hamburg (Urteil vom 12.12.2005 - VI 18/04, Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 661) sei dahin zu folgen, dass selbst die Erarbeitung der technischen Lösungsmöglichkeiten durch den Patentanwalt noch eine typische Tätigkeit des Patentanwalts und keine dem Erfinder zurechenbare Tätigkeit zur Ausarbeitung der Erfindung sei, läge darin keine Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung, sondern eine Änderung. Denn die Ansicht des FG Hamburg ist mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht zu vereinbaren, wonach Tätigkeiten zur Förderung oder Herstellung der technischen Verwertungsreife der Erfindung zur Nachhaltigkeit der Erfindertätigkeit führen, unabhängig davon, ob sie der Erfinder in Person ausführt oder ob er sie durch eine andere Person in seinem Auftrag ausführen lässt. Die andere Person kann auch der Patentanwalt sein. Damit liegt der bisherigen Rechtsprechung des BFH auch die Aussage zugrunde, dass Tätigkeiten zur Förderung oder Herstellung der technischen Verwertungsreife nicht zu den typischen Tätigkeiten des Patentanwalts im Patentanmeldungsverfahren zählen. Der Senat sieht keine Veranlassung, die bisherige Rechtsprechung in dieser Frage einer Revision zu unterziehen. Gründe dafür hat die Beschwerde auch nicht aufgezeigt.
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Die Feststellung und Würdigung, ob der Patentanwalt im Verfahren auf Erteilung des Patents auch eine Tätigkeit entfaltet hat, die der Förderung oder Herstellung der Verwertungsreife gedient hat und die dem Erfinder in dem Sinne zurechenbar ist, dass sie bei ihm zur Annahme einer nachhaltigen und steuerbaren Erfindertätigkeit führt, liegt auf tatsächlichem Gebiet und betrifft in erster Linie den Einzelfall. Die Umstände des Einzelfalls eignen sich regelmäßig nicht für eine Verallgemeinerung und können deshalb nicht zum Gegenstand einer Rechtsfortbildung gemacht werden.
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So liegt der Streitfall. Ob der Kläger als Patentanwalt lediglich im Verfahren bereits formulierte Patentansprüche zusammengefasst und damit nur die Eintragungsreife gefördert oder ob er auch die technische Verwertungsreife der Idee gefördert hat, muss das FG beurteilen. Eine über den Einzelfall hinausweisende Frage wird damit nicht aufgeworfen.
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2. Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Ob das FG Hamburg in der zitierten Entscheidung von der Rechtsprechung des BFH abgewichen ist, bedarf letztlich keiner Entscheidung, weil die Revision deshalb nicht zugelassen werden könnte, da die Divergenz im Revisionsverfahren nicht beseitigt werden kann, denn eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist --wie dargelegt-- nicht veranlasst (vgl. Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 202, m.w.N.). Demgegenüber ist das FG in dem angefochtenen Urteil erkennbar von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen und hat keine davon abweichenden Rechtssätze aufgestellt. Etwas anderes behaupten auch die Kläger nicht. Wenn das FG bei der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall zu einer Lösung gefunden hätte, die diesen Grundsätzen widerspräche, läge darin nur ein materiell-rechtlicher Fehler der Rechtsanwendung, der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen könnte.
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3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Insbesondere liegt eine Überraschungsentscheidung nicht vor (Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör). Die Kläger vermissen insofern einen eindeutigen Hinweis des FG, dass bereits die Tätigkeit im Patentverfahren zur Nachhaltigkeit der Erfindertätigkeit geführt haben könnte. Damit hätten sie nicht rechnen müssen, da im gesamten Verfahren davor nur die Frage erörtert worden sei, ob die nachfolgenden Erfindertätigkeiten des Klägers auf die steuerliche Beurteilung seiner ersten Erfindung zurückstrahlen könnten.
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Die Behauptung der Kläger, sie seien deshalb von dem Urteil überrascht worden und hätten sich zu der Frage der originär nachhaltigen Erfindertätigkeit nicht äußern können, trifft nicht zu. Unabhängig davon, dass das FG nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht dazu verpflichtet ist, die (fachkundig vertretenen) Beteiligten im Rechtsgespräch auf seine (vorläufige) Rechtsansicht hinzuweisen, hat das FG ausweislich des Protokolls mit den Beteiligten unter anderem die Frage erörtert, ob der Kläger als Patentanwalt im Verfahren auf Erteilung des Patents (auch) eine Tätigkeit entfaltet hat, die die Verwertungsreife der Erfindung gefördert hat. Die Kläger haben das verneint und dazu erklärt, dass nach ihrer Auffassung die Beschreibung der Aufgabe bereits eine Tätigkeit des Patentanwalts sei. Allein daraus ergibt sich, dass die Frage, ob der Kläger schon bei seiner ersten Erfindung und ohne Rücksicht auf seine nachfolgende Erfindertätigkeit eine nachhaltige Erfindertätigkeit entfaltet hat, Gegenstand der Erörterung gewesen ist, so dass es für die Kläger nicht überraschend sein konnte, wenn das FG sein Urteil auf diesen Punkt stützt.
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4. Einer weiteren Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe bedarf es nicht (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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