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BFH 04.11.2021 - VI R 48/18
BFH 04.11.2021 - VI R 48/18 - Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung und des Abzugsverbots für Diätverpflegung
Normen
§ 33 Abs 2 S 3 EStG 2009, § 33 Abs 3 EStG 2009, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, EStG VZ 2014
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 13. September 2018, Az: 15 K 1347/16, Urteil
nachgehend BFH, 4. August 2022, Az: VI K 1/21, Beschluss
nachgehend BFH, 4. August 2022, Az: VI S 10/22, Beschluss
nachgehend BFH, 4. August 2022, Az: VI S 15/21, Beschluss
nachgehend BFH, 15. Februar 2023, Az: VI S 15/21, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Der Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG bei Krankheitskosten begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch bei Krankheitskosten, die aufgrund eines vereinbarten Selbstbehalts von der privaten Krankenversicherung nicht erstattet werden.
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2. NV: Das Abzugsverbot für Aufwendungen für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG ist verfassungsgemäß.
Tenor
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Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 13.09.2018 - 15 K 1347/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist die Abziehbarkeit von Krankheitskosten und Aufwendungen für glutenfreie Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
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Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und wurden für das Streitjahr (2014) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie haben drei gemeinsame Kinder. Der Kläger sowie die Kinder waren ganzjährig privat krankenversichert, die Klägerin nur teilweise. Bei der im Jahr 2004 geborenen Tochter der Kläger war bereits vor dem Streitjahr Zöliakie diagnostiziert worden. Sie benötigt daher dauerhaft und ununterbrochen eine vollständig glutenfreie Ernährung.
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Für den Kläger und die Kinder entstanden im Streitjahr Krankheitskosten, die von der Krankenkasse nicht vollständig übernommen wurden. Die Kläger beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung daher den Abzug von selbst getragenen Arzt- und Arzneimittelkosten als außergewöhnliche Belastungen.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) brachte gemäß § 33 Abs. 3 EStG die zumutbare Belastung zum Abzug, so dass sich die geltend gemachten Aufwendungen nicht steuermindernd auswirkten.
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Gegen den Einkommensteuerbescheid legten die Kläger Einspruch ein. Am 14.12.2015 erließ das FA einen Änderungsbescheid, in welchem es einen Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 der Abgabenordnung) hinsichtlich der Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG um Bonuszahlungen für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 65a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch --SBV V--) beifügte. Hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastungen wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
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Mit der Klage begehrten die Kläger die Berücksichtigung von Krankheitskosten sowie zusätzlich von Aufwendungen für die Diätverpflegung der Tochter als außergewöhnliche Belastung ohne Ansatz einer zumutbaren Belastung.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 350 veröffentlichen Gründen ab. Es vertrat die Auffassung, die Aufwendungen für die glutenfreie Ernährung der Tochter seien nicht als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Zudem habe das FA zu Recht die zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG von den als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigten Krankheitskosten abgezogen.
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Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Revision.
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Sie beantragen sinngemäß,
das Urteil des FG Köln vom 13.09.2018 - 15 K 1347/16 sowie die Einspruchsentscheidung vom 21.04.2016 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 28.10.2015 in der geänderten Fassung vom 14.12.2015 dahingehend zu ändern, dass außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 3.294 € (2.356 € Krankheitskosten und 938 € Diätverpflegung) ohne Abzug einer zumutbaren Belastung berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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Das FG hat § 33 EStG zutreffend angewandt und die Krankheitskosten zu Recht um die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) gemindert. Es hat ferner zu Recht entschieden, dass die geltend gemachten Mehraufwendungen für die Ernährung der an Zöliakie erkrankten Tochter der Kläger gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind. Eine steuermindernde Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen ist auch von Verfassungs wegen nicht geboten.
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1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird nach § 33 Abs. 1 EStG auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Abs. 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
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Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Dementsprechend geht der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Krankheitskosten --ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung-- dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Bei den typischen und unmittelbaren Krankheitskosten wird die Außergewöhnlichkeit letztlich unwiderleglich vermutet und die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen weder dem Grunde nach (stets aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig) noch der Höhe nach (Angemessenheit und Notwendigkeit im Einzelfall) geprüft (Senatsurteile vom 14.04.2015 - VI R 89/13, BFHE 249, 483, BStBl II 2015, 703, und vom 02.09.2015 - VI R 32/13, BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151).
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Nach § 33 Abs. 3 EStG beträgt die zumutbare Belastung in Abhängigkeit vom Gesamtbetrag der Einkünfte der Steuerpflichtigen und in Abhängigkeit davon, ob bei den Steuerpflichtigen der Grundtarif oder das Splittingverfahren zur Anwendung kommt sowie ob ein oder zwei bzw. drei oder mehr Kinder zu berücksichtigen sind, zwischen 1 % und 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte.
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2. Nach diesen Grundsätzen ist es zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die streitbefangenen Aufwendungen für Arztbesuche und Arzneimittel Krankheitskosten darstellen und daher grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind. Die Aufwendungen sind allerdings nur insoweit als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, als sie den Betrag der nach § 33 Abs. 3 EStG ermittelten zumutbaren Belastung überschreiten. Denn § 33 Abs. 3 EStG differenziert bei der Ermittlung der zumutbaren Belastung nicht zwischen Krankheitskosten und anderen Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind; der Wortlaut ist insoweit eindeutig (Senatsurteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151; Senatsbeschluss vom 21.02.2018 - VI R 11/16, BFHE 260, 507, BStBl II 2018, 469; BFH-Urteile vom 01.06.2016 - X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55; vom 25.04.2017 - VIII R 52/13, BFHE 258, 53, BStBl II 2017, 949, und BFH-Beschluss vom 29.09.2016 - III R 62/13, BFHE 255, 252, BStBl II 2017, 259).
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3. Der Ansatz der zumutbaren Belastung bei Krankheitskosten, die wegen eines vereinbarten Selbstbehalts durch die private Krankenversicherung nicht erstattet werden, ist auch von Verfassungs wegen hinzunehmen. Die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums richtet sich grundsätzlich nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau (Senatsurteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151; Senatsbeschluss in BFHE 260, 507, BStBl II 2018, 469, und BFH-Urteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55).
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a) Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung, ob eine einkommensteuerrechtliche Regelung Aufwendungen des Steuerpflichtigen aus dem Bereich der privaten Lebensführung hinreichend berücksichtigt, das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums, das aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abzuleiten ist. Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Dem Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat, entspricht es, dass sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, das darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen (BVerfG-Beschlüsse vom 13.02.2008 - 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125, und vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653; Senatsurteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151, und BFH-Urteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55).
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b) Zu diesem einkommensteuerrechtlich zu verschonendem Existenzminimum gehören grundsätzlich auch die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Kranken- und Pflegeversorgung. Denn das Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums schützt nicht nur das sogenannte sächliche Existenzminimum für Nahrung, Kleidung, Hygiene, Hausrat, Wohnung und Heizung, sondern auch die Kranken- und Pflegeversorgung. Daher können dem Grunde nach nicht nur die Beiträge zur Krankenversicherung, sondern auch der eigentliche Sachaufwand für eine Krankenversorgung vom einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimum umfasst sein (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 125, unter D.II.4.b; Senatsurteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151, und BFH-Urteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55).
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c) Allerdings ist auch für die Bemessung des existenznotwendigen Aufwands hinsichtlich der Aufwendungen für eine Kranken- und Pflegeversorgung der Höhe nach auf das sozialhilferechtlich gewährleistete Leistungsniveau als eine das Existenzminimum quantifizierende Vergleichsebene abzustellen (so BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125, und vom 25.09.1992 - 2 BvL 5, 8, 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413; Senatsurteil in BFHE 251, 196, BStBl II 2016, 151, und BFH-Urteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55).
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Da auch Empfänger von Sozialleistungen die Aufwendungen für einen von ihnen vertraglich mit der Krankenkasse vereinbarten Selbstbehalt selbst zu tragen haben (ausführlich hierzu BFH-Urteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55; s.a. Urteile des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 22.04.2008 - B 1 KR 10/07 R, BSGE 100, 221, und vom 29.04.2015 - B 14 AS 8/14 R, BSGE 119, 7; Beschluss des Landessozialgerichts --LSG-- Baden-Württemberg vom 30.06.2009 - L 2 SO 2529/09 ER-B, Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte 61, 183, und Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27.06.2013 - L 9 SO 619/11), gehören diese Aufwendungen indes nicht zum einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum (BFH-Beschluss in BFHE 255, 252, BStBl II 2017, 259; BFH-Urteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55).
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Hiergegen kann insbesondere nicht eingewandt werden, dass das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum für alle Steuerpflichtigen unabhängig von ihrem individuellen Grenzsteuersatz in voller Höhe von der Einkommensteuer freizustellen ist. Dies gilt nämlich nur für Aufwendungen, die tatsächlich von Verfassungs wegen auch dem einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum zuzuordnen sind, weil die Aufwendungen dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau entsprechen. Das sozialhilferechtliche Versorgungsniveau umfasst aber gerade nicht die im Rahmen vertraglich vereinbarter Selbstbehalte anfallenden Aufwendungen (BFH-Beschluss in BFHE 255, 252, BStBl II 2017, 259; BFH-Urteil in BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55).
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Ein Selbstbehalt mag allenfalls dann nicht mehr zumutbar sein, falls dadurch in das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum eingegriffen werden sollte (BSG-Urteil in BSGE 100, 221). Solange allerdings der tatsächliche Umfang der von dem Steuerpflichtigen erbrachten Aufwendungen im Rahmen dieser Selbstbehalte --wie im Streitfall-- der Höhe nach nicht geeignet ist, dieses Existenzminimum zu tangieren, hält der erkennende Senat eine Einschränkung der zumutbaren Belastung von Verfassungs wegen nicht für geboten.
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d) Selbst wenn der Kläger Aufwendungen für medizinisch notwendige Leistungen getragen hat, die einem Sozialhilfeempfänger im Rahmen der Sozialhilfe kostenlos zur Verfügung gestellt worden wären (§ 2 SBV V), führte dies nicht zu Zweifeln des Senats an der Verfassungsmäßigkeit des Ansatzes der zumutbaren Belastung im Streitfall. Denn insoweit beruhen die Kostentragung und die wirtschaftliche Belastung als Folge des Abzuges einer zumutbaren Belastung maßgeblich auf der Vereinbarung eines Selbstbehalts mit der Krankenkasse (s.a. BFH-Urteil in BFHE 258, 53, BStBl II 2017, 949).
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4. Zutreffend hat das FG auch die geltend gemachten zöliakiebedingten Aufwendungen für die Ernährung der Tochter der Kläger nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
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a) Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG können Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm gilt dies ausnahmslos und auch für Sonderdiäten, die --wie z.B. bei der Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)-- eine medikamentöse Behandlung ersetzen (BFH-Urteile vom 06.04.1990 - III R 60/88, BFHE 161, 432, BStBl II 1990, 958; vom 27.09.1991 - III R 15/91, BFHE 165, 531, BStBl II 1992, 110, und vom 21.06.2007 - III R 48/04, BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880, Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG-Beschluss vom 06.07.2010 - 2 BvR 2164/07; Senatsurteil vom 14.04.2015 - VI R 89/13, BFHE 249, 483, BStBl II 2015, 703).
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Die Diätverpflegung tritt in diesen Fällen nicht nur an die Stelle einer medikamentösen Behandlung, sondern auch an die Stelle üblicher Nahrungsmittel. Auf deren Verzehr und Beschaffung sind aber alle Steuerpflichtigen angewiesen; die entsprechenden Aufwendungen sind deshalb nicht außergewöhnlich i.S. des § 33 Abs. 1 EStG (BFH-Urteile in BFHE 165, 531, BStBl II 1992, 110; in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880, und Senatsurteil in BFHE 249, 483, BStBl II 2015, 703).
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b) Gegen das gesetzliche Verbot der Berücksichtigung von Diätverpflegungskosten in § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH-Urteile in BFHE 165, 531, BStBl II 1992, 110, und in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880). Die Vorschrift ist selbst dann nicht verfassungswidrig, wenn --wie im Streitfall-- die Diät an Stelle der medikamentösen Behandlung tritt (BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880; BFH-Beschluss vom 09.10.2003 - III B 139/02, BFH/NV 2004, 187). Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde gegen diesen Beschluss nicht zur Entscheidung angenommen (s. BVerfG-Beschluss vom 21.04.2005 - 2 BvR 2100/03).
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aa) Das BVerfG (Kammerbeschluss vom 29.10.1987 - 1 BvR 672/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1989, 152) hat den Wegfall der Pauschbeträge für Diätverpflegung durch das Einkommensteuerreformgesetz 1974 verfassungsrechtlich nicht beanstandet.
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bb) Das ausnahmslose Abzugsverbot gemäß § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da die Ungleichbehandlung zwischen Diätaufwendungen und unmittelbaren Krankheitskosten sachlich gerechtfertigt ist und nicht gegen den Grundsatz der Leistungsfähigkeit verstößt (BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880). Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung von Kranken, die durch eine Diät und Kranken, die durch Arznei- und Hilfsmittel therapiert werden, ist sachlich gerechtfertigt.
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Im Gesetzentwurf sind sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung typischer und unmittelbarer Krankheitskosten und Diätaufwendungen aufgeführt (BTDrucks 7/1470, S. 281): häufige ungerechtfertigte Inanspruchnahme nach den Erfahrungen mit den Diätpauschalen (Missbrauchsabwehr, vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 208), mögliche Einsparungen durch die Diät wegen moderner Lebens- und Essgewohnheiten und schließlich Inkaufnahme gewisser Mehrbelastungen in Sonderfällen, da zwangsläufige unterschiedliche Lebenshaltungskosten anderer Art, z.B. Wohnungsmiete, Kleidung, Heizung, die u.U. viel schwerwiegender sein können, ebenfalls nicht ausgeglichen werden können. Auch aus Praktikabilitätsgesichtspunkten ist die unterschiedliche steuerliche Behandlung von typischen und unmittelbaren Krankheitskosten und Diätaufwendungen gerechtfertigt (BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880).
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cc) Es ist von Verfassungs wegen auch nicht geboten, die krankheitsbedingten (Mehr-)Aufwendungen für die Diät bei der Ermittlung des Existenzminimums zusätzlich zu berücksichtigen. Individueller Sonderbedarf ist grundsätzlich nicht bei der Ermittlung des von der Steuer freizustellenden Existenzminimums zu berücksichtigen, da bei allen Steuerpflichtigen gleichermaßen die existenznotwendigen Mindestaufwendungen typisierend anzusetzen sind (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 - 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174; BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880).
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Zwar wird im Rahmen der Sozialhilfe krankheits- oder behinderungsbedingter Aufwand für eine kostenaufwendige Ernährung in angemessener Höhe berücksichtigt (§ 30 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch --SGB XII--). Dies bedeutet aber nicht, dass bei der Ermittlung des steuerrechtlichen Existenzminimums jede sozialrechtliche Leistung mitberücksichtigt werden muss (vgl. BSG-Urteil vom 13.05.1998 - B 14 EG 3/97 R, SozR 3-7833 § 6 Nr. 16; BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880). Zwar mögen Zahlungen nach § 30 Abs. 5 SGB XII das Existenzminimum des Anspruchsberechtigten sicherstellen. Hieraus folgt indes nicht, dass bei den Einkommensverhältnissen der Kläger durch das Ersetzen glutenhaltiger Nahrungsmittel durch glutenfreie Lebensmittel ihr Existenzminimum berührt wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei Steuerpflichtigen, deren Lebensstandard --wie bei den Klägern mit einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 186.322 €-- deutlich über dem eines Leistungsberechtigten nach SGB XII liegt, durch das Ersetzen glutenhaltiger Lebensmittel durch glutenfreie keine das Existenzminimum berührenden (Mehr-)Aufwendungen entstehen. Solche haben die Kläger im Streitfall im Übrigen auch nicht nachgewiesen.
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dd) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausschlusstatbestand von Diätmehraufwendungen in § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG ergeben sich schließlich nicht mit Rücksicht auf das dem Art. 3 Abs. 1 GG zu entnehmende Gebot der Steuergerechtigkeit, wonach die Besteuerung grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 28.11.1984 - 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, BStBl II 1985, 181, 186; BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880).
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Zwar hat das BVerfG in seinem Kammerbeschluss in HFR 1989, 152 ausdrücklich offengelassen, ob tatsächlich entstandener, unvermeidbarer Mehraufwand für Diätverpflegungen nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip steuerlich jedenfalls nicht vollständig unberücksichtigt bleiben darf. Ein nicht unerheblicher Eigenbehalt bleibt aber in jedem Fall möglich, der mit den im Streitfall geltend gemachten Mehraufwendungen nicht überschritten wird.
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ee) Der Senat verkennt nicht, dass die Entscheidung für die zwingend auf eine Sonderdiät angewiesenen Steuerpflichtigen eine gewisse Härte bedeutet. Diese hat der Gesetzgeber jedoch in Kauf genommen. Die gesetzgeberische Entscheidung muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass aus den abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen von vornherein Kosten auszuscheiden sind, die typischerweise die Lebensführung mit sich bringt oder die im Hinblick auf die allgemeine Lebensführung nicht ungewöhnlich sind. Zu den üblichen Aufwendungen für die Lebensführung rechnen indes auch die Kosten für die Verpflegung, gleichgültig, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Unterschiede der Lebenshaltungskosten sind dabei grundsätzlich unbeachtlich (BFH-Urteil vom 23.05.2002 - III R 24/01, BFHE 199, 296, BStBl II 2002, 567). Davon geht auch der Gesetzgeber aus, indem er zutreffend auf zwangsläufige, auch größere Unterschiede in den Lebenshaltungskosten hinweist (s. BTDrucks 7/1470, S. 281). Es gehören nicht nur Kosten für den Erwerb "normaler" glutenfreier Nahrung zu den Lebenshaltungskosten, sondern auch Substitute (BFH-Urteil in BFHE 218, 270, BStBl II 2007, 880).
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5. Hinsichtlich der Abziehbarkeit von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen ergibt sich schließlich aus dem von den Klägern angesprochenen Verfahren, welches unter dem Aktenzeichen VI R 18/19, BFH/NV 2022, 13-15, anhängig war, nichts anderes. Denn dort hat der Senat mit Beschluss vom 01.09.2021 entschieden, dass der Ansatz der zumutbaren Belastung nach § 33 EStG bei sogenannten beihilfefähigen Krankheitskosten Steuerpflichtige ohne Beihilfeanspruch nicht in verfassungswidriger Weise gegenüber beihilfeberechtigten Beschäftigten im öffentlichen Dienst benachteiligt.
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6. Soweit die Kläger Verfahrensrügen erhoben haben, wurden diese durch den Senat geprüft und als nicht durchgreifend erachtet.
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7. Der Senat konnte durch Beschluss nach § 126a FGO entscheiden.
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Das Verfahren nach § 126a FGO ist nicht auf bestimmte Fallgestaltungen beschränkt; vielmehr ist ein Beschluss nach § 126a FGO insbesondere auch zulässig, wenn über verfassungsrechtliche Fragen (s. BFH-Beschluss vom 14.12.2004 - VIII R 106/03, BFHE 208, 220, BStBl II 2008, 762) oder sonstige ungeklärte Rechtsfragen (s. BFH-Beschluss vom 08.02.2007 - I R 51/04) zu entscheiden ist.
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Die Anhörungsmitteilung nach § 126a Satz 2 FGO bedarf keiner besonderen Begründung dazu, weshalb der Senat die Revision einstimmig für unbegründet und mehrheitlich eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält (BFH-Beschluss vom 08.01.2014 - VII S 45/13). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Entscheidung --wie im Streitfall-- nicht maßgeblich auf einen im bisherigen Verfahrensverlauf nicht angesprochenen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt gestützt wird.
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8. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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