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BFH 12.10.2018 - XI B 65/18
BFH 12.10.2018 - XI B 65/18 - Voraussetzungen des Gutglaubensschutzes bei innergemeinschaftlichen Lieferungen nicht klärungsbedürftig
Normen
§ 4 Nr 1 Buchst b UStG 2005, § 6a Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 6a Abs 3 UStG 2005, § 6a Abs 4 UStG 2005, § 17a UStDV 2005, UStG VZ 2012, UStG VZ 2013, UStG VZ 2014
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 14. Juni 2018, Az: 8 K 526/18, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen, trägt der Unternehmer .
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2. NV: Die Rechtsprechung des BFH, wonach sich die Frage nach der Gewährung von Gutglaubensschutz gemäß § 6a Abs. 4 UStG erst dann stellt, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV ihrer Art nach nachgekommen ist, ist nicht auf die Lieferung von Fahrzeugen beschränkt .
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 14. Juni 2018 8 K 526/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) nahm an, dass sie in den Streitjahren (2012 bis 2014) mehrere nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen von Döner-Imbiss-Zutaten, -Zubehör und Getränken an A und an die B, beide mit Sitz in X, Tschechische Republik, ausgeführt habe.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) vertrat nach Durchführung einer Außenprüfung in den Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden für die Streitjahre vom 10. August 2017 die Auffassung, dass die vorliegend streitigen Umsätze steuerpflichtig seien. Die Klägerin habe den Belegnachweis (§ 6a Abs. 3 UStG) nicht geführt. B habe angegeben, keine Geschäfte mit der Klägerin getätigt zu haben. A habe geringere innergemeinschaftliche Erwerbe erklärt als die Klägerin innergemeinschaftliche Lieferungen erklärt habe. Die Einsprüche der Klägerin blieben erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 9. März 2018).
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in seinem in juris veröffentlichten Urteil ab und ließ die Revision nicht zu. Es entschied, die Lieferungen der Klägerin seien schon deshalb nicht nach § 6a Abs. 1 UStG steuerfrei, weil nicht feststehe, dass die Gegenstände der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt seien. Der Klägerin sei auch kein Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG zu gewähren; denn sie habe nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns gehandelt. Sie habe sich bei Lieferung der Waren lediglich den Empfang der Ware und nicht das Verbringen ins übrige Gemeinschaftsgebiet bestätigen lassen.
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Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Beschwerde ist --bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet.
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1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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a) Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. August 2017 XI B 57/17, BFH/NV 2018, 22, Rz 11; vom 2. Januar 2018 XI B 81/17, BFH/NV 2018, 457, Rz 15).
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b) Die Beschwerde führt dazu aus, Kernpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung seien die Fragen, welche Anforderungen an einen ordnungsgemäßen Belegnachweis für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a UStG zu stellen sind und unter welchen Voraussetzungen sich der Lieferant auf Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG berufen kann. Die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung, die die Beschwerde nicht zitiert, beziehe sich nahezu ausschließlich auf die Lieferung von Kraftfahrzeugen, also langlebige Wirtschaftsgüter von hohem Wert. Vorliegend gehe es hauptsächlich um leicht verderbliche Waren von geringem Wert. Die Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns sei nach Auffassung des Gesetzgebers unter Berücksichtigung der einzelnen Berufs- und Gewerbezweige zu beurteilen.
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c) Diese Rechtsfragen sind in Bezug auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. § 6a Abs. 1 UStG schon deshalb nicht klärbar, weil sich das FG nicht davon überzeugen konnte, dass die Gegenstände in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden sind, was nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG Voraussetzung einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung ist. Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorliegen, trägt der Unternehmer (vgl. BFH-Beschluss vom 9. September 2015 V B 166/14, BFH/NV 2015, 1706, Rz 25 f., m.w.N.).
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d) Aber auch hinsichtlich des Gutglaubensschutzes des § 6a Abs. 4 UStG ist der Streitfall nicht grundsätzlich bedeutsam.
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aa) Der Senat kann dabei offen lassen, ob die Klägerin in Bezug auf § 6a Abs. 4 UStG und die dabei zu beachtende Sorgfalt des ordentlichen Kaufmanns überhaupt eine abstrakte Rechtsfrage aufgeworfen hat. Jedenfalls ist die Frage, ob die "Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns" beachtet wurde, durch eine Würdigung der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls, ggf. nach Durchführung einer entsprechenden Beweisaufnahme, zu entscheiden und hat daher keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 28. September 2009 XI B 103/08, BFH/NV 2010, 73, Rz 5; s. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 1706, Rz 11).
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bb) Außerdem stellt sich die Frage nach der Gewährung von Gutglaubensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteile vom 10. August 2016 V R 45/15, BFHE 254, 453, BStBl II 2018, 501, Rz 21; vom 13. Juni 2018 XI R 20/14, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Deutsches Steuerrecht 2018, 1967, Rz 64; jeweils m.w.N.) erst dann, wenn der Unternehmer seinen Nachweispflichten gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) ihrer Art nach nachgekommen ist. Daran fehlt es nach den tatsächlichen Feststellungen des FG im Streitfall.
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cc) Es entspricht außerdem nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Anspruch zu nehmen, ohne die schriftliche Versicherung des Abnehmers, den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern oder zu versenden, zu besitzen und ohne der Finanzbehörde dies bei der Abgabe der Steueranmeldungen mitzuteilen, so dass in einem solchen Fall die Lieferungen nicht aus Gründen des Gutglaubensschutzes als steuerfrei zu behandeln sein können (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 2002 V R 3/02, BFHE 199, 80, BStBl II 2003, 616, unter II.2.a, Rz 21, bei fehlender Versicherung nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV 1993). Weshalb für die vorliegende Sachverhaltskonstellation zusätzliche oder andere Rechtsgrundsätze entwickelt werden müssten, wird aus dem Vortrag der Klägerin nicht deutlich.
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dd) Weitergehenden abstrakten Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf; insbesondere sind --anders als die Beschwerde meint-- die unter bb und cc genannten abstrakten Rechtssätze der Rechtsprechung des BFH nicht auf die Lieferung von hochwertigen Fahrzeugen beschränkt. Ausführungen, aus denen sich ergibt, der BFH habe über eine bestimmte, dem Streitfall entsprechende Sachverhaltskonstellation noch nicht entschieden, genügen den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 6. August 2015 III B 46/15, BFH/NV 2015, 1593, Rz 16).
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2. Da das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. August 2017 II B 93/16, BFH/NV 2018, 40, Rz 21; vom 21. März 2018 XI B 113/17, BFH/NV 2018, 739, Rz 8), kommt eine Zulassung aus denselben Gründen ebenfalls nicht in Frage.
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3. Mit ihrem Beschwerdevorbringen rügt die Klägerin im Kern, dass das FG den Streitfall falsch entschieden habe. Damit legt sie keinen Zulassungsgrund dar, sondern stellt die materielle Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage. Dies vermag die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht zu rechtfertigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. April 2014 XI B 128/13, BFH/NV 2014, 1224, Rz 20; vom 18. November 2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435, Rz 25; jeweils m.w.N.).
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4. Der Senat sieht gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO von einer weiteren Begründung ab.
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