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BFH 13.12.2017 - XI R 4/16
BFH 13.12.2017 - XI R 4/16 - Zur Berufung auf das Unionsrecht bei Bezug von Reisevorleistungen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU
Normen
§ 3a UStG 2005, § 13b UStG 2005, § 25 Abs 1 UStG 2005, Art 306ff EGRL 112/2006, Art 306 EGRL 112/2006, Art 307 EGRL 112/2006, Art 308 EGRL 112/2006, Art 309 EGRL 112/2006, Art 310 EGRL 112/2006, Art 267 AEUV, § 25 Abs 3 UStG 2005, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010, UStG VZ 2011, UStG VZ 2012, § 25 Abs 1 S 5 UStG 2005
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 11. Juni 2015, Az: 16 K 53/15, Urteil
Leitsatz
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Ein inländischer Reiseveranstalter kann sich hinsichtlich der von ihm für sein Unternehmen bezogenen Reisevorleistungen eines in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässigen Unternehmers, für die er als Leistungsempfänger die Steuer schuldet, unmittelbar auf die unionsrechtlichen Bestimmungen über die Margenbesteuerung (Art. 306 ff. MwStSystRL) berufen mit der Folge, dass er entgegen dem nationalen Recht keine Steuer für die erbrachten Leistungen schuldet, weil diese danach im Inland nicht steuerbar sind.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 11. Juni 2015 16 K 53/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war in den Jahren 2009 bis 2012 (Streitjahre) als Reiseveranstalterin unternehmerisch tätig.
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Sie hatte in den Streitjahren bei der A mit Sitz in X (Österreich) Reisevorleistungen zur Durchführung von in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ausgeführten Radtouren bezogen. Die A rechnete über diese Leistungen, die die Unterbringung, Verpflegung und Beförderung der Reisenden sowie die Vermietung von Fahrrädern beinhalteten, gegenüber der Klägerin ohne Ausweis von Umsatzsteuer ab.
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In den Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre unterwarf die Klägerin, die gegenüber ihren Kunden als Reiseveranstalterin im eigenen Namen und für eigene Rechnung auftrat, den Differenzbetrag zwischen Reisepreis und den Aufwendungen für die in Anspruch genommenen Reisevorleistungen gemäß § 25 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Umsatzsteuer. In den Ausgangsrechnungen wies die Klägerin darauf hin, dass die Umsatzbesteuerung nach der gesetzlichen Margenbesteuerung erfolge. Umsatzsteuerrechtliche Folgerungen aus den von der A erbrachten Reisevorleistungen zog die Klägerin in den Streitjahren nicht.
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Im Anschluss an eine bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) dagegen davon aus, dass der Ort der von A erbrachten Reisevorleistungen im Inland liege und die Klägerin die Umsatzsteuer hierfür als Leistungsempfängerin schulde. Es setzte mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden vom 7. August 2014 die Umsatzsteuer für die Streitjahre dementsprechend fest.
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Den Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 2. Februar 2015 als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der Klägerin, die sich auf Art. 306 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) berufen hat, statt.
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Es führte in seinem Urteil im Wesentlichen aus, die Klägerin könne sich auch als Leistungsempfängerin auf die für sie günstigeren Bestimmungen der Art. 306 ff. MwStSystRL berufen, die dazu führten, dass die von ihr bezogenen Leistungen in Deutschland nicht steuerbar seien. Mangels Steuerbarkeit entfalle die Steuerschuldnerschaft der Klägerin als Empfängerin der betreffenden Leistungen.
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Ein Unternehmer, der gegenüber anderen Reiseunternehmern Reiseleistungen für deren Unternehmen erbringe, könne sich nach neuerer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteile vom 21. November 2013 V R 11/11, BFHE 244, 111, BFH/NV 2014, 803; vom 20. März 2014 V R 25/11, BFHE 245, 286, BFH/NV 2014, 1173) unmittelbar auf Art. 306 ff. MwStSystRL berufen und abweichend von § 25 Abs. 1 UStG die Margenbesteuerung seiner Reiseleistungen verlangen, weil nach dem Unionsrecht diese auch dann anwendbar sei, wenn die Reiseleistung nicht an einen Endverbraucher, sondern an einen Unternehmer für sein Unternehmen erbracht werde.
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Dies gelte auch für die Klägerin als Leistungsempfängerin, weil die nationalen Gerichte bei einem Widerspruch zwischen den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts und den Bestimmungen des Unionsrechts gehalten seien, für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen. Maßgebend für den Anwendungsvorrang eines unionsrechtlichen Tatbestands sei allein die Steuerminderung für den Steuerpflichtigen, der sich auf das für ihn günstigere Unionsrecht berufe. Die Rechtsfolgen des geltend gemachten Anwendungsvorrangs beschränkten sich auf den Steuerpflichtigen und wirkten sich nicht auf die Besteuerung des anderen am Leistungsaustausch Beteiligten aus. Steuerausfälle, die sich dadurch ergäben, dass der eine Teil des Leistungsaustauschs sich auf eine für ihn günstigere Bestimmung des Unionsrechts berufe, während der andere Teil an der für ihn günstigeren nationalen Regelung festhalte, seien notwendige Folge des Gebots, das Unionsrecht in jedem Falle gegenüber dem entgegenstehenden nationalen Recht durchzusetzen.
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Es sei unschädlich, dass die Klägerin über keine Rechnung mit einem § 14a Abs. 6 Satz 1 UStG i.d.F. des Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes (AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809) entsprechenden Hinweis auf die Sonderregelung für Reisebüros verfüge. Die besondere Verpflichtung in § 14a Abs. 6 UStG betreffe die A als leistende Unternehmerin und gelte im Übrigen erst für Leistungen, die ab dem 30. Juni 2013 erbracht worden seien.
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Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1307 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Zwar habe der BFH mit Urteilen in BFHE 244, 111, BFH/NV 2014, 803 und in BFHE 245, 286, BFH/NV 2014, 1173 entschieden, dass sich ein Unternehmer, der gegenüber anderen Reiseunternehmern Reiseleistungen für deren Unternehmen erbringt, unmittelbar auf Art. 306 MwStSystRL berufen und abweichend von § 25 Abs. 1 UStG die Margenbesteuerung seiner Reiseleistungen verlangen könne. Dem Leistungserbringer stehe insoweit ein Wahlrecht zu, die Margenbesteuerung anzuwenden. Dagegen habe der Leistungsempfänger unter Wahrung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität jedoch kein Wahlrecht, sich abweichend vom Leistungserbringer unmittelbar auf Art. 306 ff. MwStSystRL zu berufen.
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Die unmittelbare Berufung der Klägerin auf die unionsrechtlichen Bestimmungen über die Margenbesteuerung hätte zur Folge, dass die in Deutschland erbrachten Reisevorleistungen nicht im Inland, sondern in Österreich zu besteuern wären.
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Aus dem BFH-Urteil vom 24. Oktober 2013 V R 17/13 (BFHE 243, 456, BStBl II 2015, 513) folge nichts anderes. Zwar habe der BFH für den Bereich des Vorsteuerabzugs entschieden, dass es maßgeblich darauf ankomme, ob die Berufung auf das Unionsrecht zu einer niedrigeren Steuerschuld des Steuerpflichtigen führe. Diese Entscheidung sei aber nicht auf den Streitfall übertragbar. Anders als hier habe bereits eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) dazu vorgelegen, dass hinsichtlich des streitigen Steuersatzes das UStG nicht mit dem Unionsrecht im Einklang stehe. Auch sei abweichend vom Streitfall die Steuerneutralität gewährleistet gewesen, weil der Leistungsempfänger eine den höheren Steuersatz ausweisende Rechnung habe besitzen müssen, um den Vorsteuerabzug unter Berufung auf das Unionsrecht geltend machen zu können.
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Die Klägerin könne sich ferner auch deshalb nicht auf Art. 306 ff. MwStSystRL unmittelbar berufen, weil diese Bestimmungen anders als möglicherweise beim Leistungserbringer keinen positiven Anspruch für den Leistungsempfänger vermittelten. Der Klägerin gehe es nicht um die Margenbesteuerung nach Art. 306 MwStSystRL, sondern um die für sie günstigere Bestimmung des Leistungsorts gemäß Art. 307 MwStSystRL. Diese Bestimmung vermittele dem Leistungsempfänger jedoch keinen positiven Anspruch dergestalt, dass dieser sich abweichend vom Leistungserbringer isoliert auf die Vorschrift berufen könne.
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Außerdem sei fraglich, ob die Berufung auf die Margenbesteuerung nach Art. 306 ff. MwStSystRL auf Teilumsätze beschränkt werden könne. Das Unionsrecht kenne eine § 25 Abs. 3 Satz 3 UStG entsprechende Vorschrift nicht, wonach der Steuerpflichtige ein Wahlrecht habe, die Margenbesteuerung statt für jede einzelne Leistung entweder für Gruppen von Leistungen oder für sämtliche Leistungen anzuwenden. Berufe sich ein Steuerpflichtiger auf die unmittelbare Anwendung der Art. 306 ff. MwStSystRL, müsse folgerichtig jeweils die Marge für jede einzelne Reiseleistung ermittelt werden und die Margenbesteuerung einheitlich für das ganze Unternehmen, nicht eingeschränkt für ausgewählte Umsätze, erfolgen.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie tritt der Revision des FA entgegen und verteidigt die Vorentscheidung. Im Übrigen weist die Klägerin darauf hin, dass Österreich die unionsrechtlichen Vorgaben zur Margenbesteuerung für Reiseleistungen, die gegenüber anderen Unternehmern für deren Unternehmen erbracht würden, mit Wirkung vom 1. Januar 2017 umgesetzt habe.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat zu Recht entschieden, dass sich die Klägerin hinsichtlich der von ihr für ihr Unternehmen als Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 Satz 5 UStG bezogenen sonstigen Leistungen, die die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) ansässige A erbracht hat, unmittelbar auf die unionsrechtlichen Bestimmungen über die Margenbesteuerung der Art. 306 ff. MwStSystRL berufen kann. Dies hat zur Folge, dass diese Leistungen nicht steuerbar sind und die Klägerin hierfür entgegen dem nationalen Recht keine Steuer als Leistungsempfängerin schuldet.
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1. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob --wovon sowohl die Beteiligten als auch das FG übereinstimmend ausgehen-- die Klägerin dem nationalen Recht entsprechend als Leistungsempfängerin die Steuer für sämtliche von der A erbrachten Reisevorleistungen gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1, § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der bis zum 30. Juni 2010 geltenden Fassung (a.F.) bzw. gemäß § 13b Abs. 5 Satz 1, § 13b Abs. 1 UStG in der ab 1. Juli 2010 geltenden Fassung schuldet, was voraussetzt, dass der Ort der jeweiligen Leistung nach §§ 3a ff. UStG im Inland liegt. Selbst wenn dementsprechend von einer Steuerschuldnerschaft der Klägerin auszugehen wäre, würde sie jedenfalls die betreffende Steuer nach den Bestimmungen des Unionsrechts über die Margenbesteuerung, Art. 306 ff. MwStSystRL, auf die sie sich unmittelbar berufen kann, nicht schulden.
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2. Die fraglichen Reisevorleistungen sind nach Bestimmungen des Unionsrechts über die Margenbesteuerung abweichend von der nationalen Rechtslage im Inland nicht steuerbar.
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a) Nach der nationalen Rechtslage gelten für Reiseleistungen eines Unternehmers, die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind, die besonderen Vorschriften zur Besteuerung von Reiseleistungen, soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Leistung des Unternehmers ist als sonstige Leistung anzusehen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 UStG). Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG (§ 25 Abs. 1 Satz 4 UStG). Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen (§ 25 Abs. 1 Satz 5 UStG).
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Der von § 25 Abs. 1 Satz 4 UStG in Bezug genommene § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG bestimmt, dass eine sonstige Leistung --vorbehaltlich weiterer für Reiseleistungen nicht einschlägigen besonderen Ortsbestimmungen-- an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt nach § 3a Abs. 1 Satz 2 UStG die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.
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b) Unionsrechtlich beruht § 25 UStG nunmehr auf Art. 306 ff. MwStSystRL. Art. 306 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL bestimmt, dass die Mitgliedstaaten auf Umsätze von Reisebüros die betreffende Mehrwertsteuer-Sonderregelung anwenden, soweit die Reisebüros gegenüber dem Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchführung der Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Für Reisebüros, die lediglich als Vermittler handeln, gilt diese Sonderregelung nicht (Art. 306 Abs. 1 Satz 2 MwStSystRL).
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Bewirkte Reiseleistungen gelten als eine einheitliche Dienstleistung (Art. 307 Satz 1 MwStSystRL), die in dem Mitgliedstaat besteuert wird, in dem das Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat (Art. 307 Satz 2 MwStSystRL).
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aa) Die unionsrechtliche Sonderregelung für Reisebüros nach Art. 306 ff. MwStSystRL dient zum einen der Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für Reisebüros. Zum anderen soll sie die Einnahmen aus der Erhebung dieser Steuer in ausgewogener Weise zwischen den Mitgliedstaaten verteilen, indem sie zum einen die Mehrwertsteuereinnahmen für jede Einzelleistung dem Mitgliedstaat des Endverbrauchs der Dienstleistung und zum anderen die Mehrwertsteuereinnahmen im Zusammenhang mit der Marge des Reisebüros dem Mitgliedstaat, in dem dieses ansässig ist, zufließen lässt (vgl. dazu EuGH-Urteil Kommission/Spanien vom 26. September 2013 C-189/11, EU:C:2013:587, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2013, 835, Rz 59).
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bb) Die Europäische Kommission hatte zunächst mehrere Mitgliedstaaten der EU verklagt, weil nach ihrer Auffassung die Sonderregelung für Reisebüros nach Art. 306 bis 310 MwStSystRL i.S. der "Reisendenmaxime" auszulegen sei, wonach diese Sonderregelung für Reisebüros --was § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG entspricht-- nur auf Leistungen an Reisende als Endverbraucher beschränkt sei (sog. B2C-Transaktionen). Dem ist der EuGH nicht gefolgt. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Bestimmungen der Art. 306 bis 310 MwStSystRL, die je nach Sprachfassung den Begriff "Kunde" oder "Reisender" verwenden, dagegen i.S. der "Kundenmaxime" auszulegen (vgl. dazu EuGH-Urteile vom 26. September 2013 Kommission/Spanien, EU:C:2013:587, UR 2013, 835; Kommission/Frankreich C-296/11, EU:C:2013:612; Kommission/Polen C-193/11, EU:C:2013:608; Kommission/Finnland C-309/11, EU:C:2013:610; Kommission/ Portugal C-450/11, EU:C:2013:611; Kommission/Tschechische Republik C-269/11, EU:C:2013:602; Kommission/Italien C-236/11, EU:C:2013:607; Kommission/Griechenland C-293/11, EU:C:2013:609).
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cc) Somit gilt die unionsrechtliche Sonderregelung für Reisebüros --entgegen der in § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG getroffenen Regelung-- auch für Reiseleistungen für Steuerpflichtige, die diese für ihr Unternehmen nutzen (sog. B2B-Transaktionen). Da der nationale Gesetzgeber bisher auf die vorgenannte Rechtsprechung des EuGH nicht reagiert hat, ist seit dem 8. Juli 2016 eine Klage der Europäischen Kommission nunmehr gegen Deutschland beim EuGH anhängig (Kommission/Deutschland, EuGH Az. C-380/16), die u.a. die mangelnde Umsetzung der unionsrechtlichen Sonderregelung für Reisebüros hinsichtlich der an andere Unternehmer für deren Unternehmen ausgeführte Reiseleistungen betrifft.
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c) Bezogen auf den Streitfall folgt daraus, dass die von A für das Unternehmen der Klägerin ausgeführten Reiseleistungen --der unionsrechtlich maßgebenden "Kundenmaxime" entsprechend-- unter die Sonderregelung für Reisebüros gemäß Art. 306 ff. MwStSystRL fallen. Die von A erbrachten und jeweils als einheitliche Dienstleistung zu qualifizierenden Reiseleistungen sind in Höhe der von ihr nach Maßgabe des Art. 308 MwStSystRL erzielten Marge gemäß Art. 307 Satz 2 MwStSystRL allein in Österreich zu besteuern. Danach schuldet die Klägerin als Leistungsempfängerin die Steuer für die fraglichen Reiseleistungen, die sie als Reisevorleistungen von der A bezogen hat, nicht. Denn diese Leistungen sind gemessen am Unionsrecht in Deutschland nicht steuerbar.
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3. Die Klägerin kann --anders als das FA meint-- einen Anwendungsvorrang der unionsrechtlichen Sonderregelung für Reisebüros gemäß Art. 306 ff. MwStSystRL gegenüber der richtlinienwidrigen Regelung in § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG geltend machen.
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a) Der BFH hat bereits entschieden, dass sich der Reiseleistungen ausführende Unternehmer hinsichtlich der von ihm an andere Unternehmer für deren Unternehmen erbrachten Reiseleistungen auf Art. 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) nach Maßgabe der Auslegung des EuGH berufen kann (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 244, 111, BFH/NV 2014, 803, Rz 9; in BFHE 245, 286, BFH/NV 2014, 1173, Rz 23). Für die Streitjahre sind unionsrechtlich Art. 306 ff. MwStSystRL ohne inhaltliche Änderung an die Stelle von Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG getreten (vgl. BFH-Beschluss vom 3. August 2017 V R 60/16, BFHE 258, 558, BFH/NV 2017, 925, Rz 13), der entgegen der in § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG getroffenen Regelung ebenso wenig darauf abstellte, ob die Reiseleistung an einen Endverbraucher erbracht worden ist.
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b) Ferner hat der BFH entschieden, dass alles Erforderliche zu tun ist, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften "auszuschalten", die unter Umständen ein Hindernis für die volle Wirksamkeit der Unionsnormen bilden (vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFHE 243, 456, BStBl II 2015, 513, Rz 13, m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung).
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aa) Für die Geltendmachung des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ist es deshalb unbeachtlich, dass der sich auf unionsrechtliche Bestimmungen berufende Steuerpflichtige selbst nicht Steuerschuldner, sondern (vorsteuerabzugsberechtigter) Abnehmer einer Lieferung ist, ohne die Steuer hierfür als Leistungsempfänger nach § 13b UStG zu schulden. In Bezug auf den Anwendungsvorrang ist (allein) die Minderung der den Unternehmer treffenden Steuerschuld maßgeblich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 243, 456, BStBl II 2015, 513, Rz 18).
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bb) Ebenso wenig ist es erheblich, welchen rechtlichen Interessen die Bestimmung des Unionsrechts dient, deren Anwendungsvorrang der Steuerpflichtige geltend macht, wenn die Berufung auf das Unionsrecht zu einer niedrigeren Steuerschuld des Steuerpflichtigen führt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 243, 456, BStBl II 2015, 513, Rz 19). Deshalb kann sich auch der Steuerschuldner nach § 13b UStG auf das für ihn günstigere Unionsrecht berufen.
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cc) Aufgrund des Erfordernisses, für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts Sorge zu tragen, kann dem sich auf unionsrechtliche Bestimmungen berufenden Steuerpflichtigen auch nicht entgegengehalten werden, dass für seinen Lieferer die nach nationalem Recht bestehende Rechtslage günstiger als das Unionsrecht ist. Die Rechtsfolgen des vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Anwendungsvorrangs beschränken sich vielmehr auf seine eigene Person und wirken sich daher erst dann auf die Besteuerung seines Lieferers aus, wenn dieser gleichfalls einen Anwendungsvorrang geltend machen könnte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 243, 456, BStBl II 2015, 513, Rz 21).
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c) Danach kann sich die Klägerin, soweit sie als Leistungsempfängerin die Steuer für die von ihr von der A bezogenen Reisevorleistungen nach den Vorschriften des nationalen Rechts schuldet, hinsichtlich der Besteuerung dieser Leistungen unmittelbar auf Art. 306 ff. MwStSystRL berufen.
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aa) Die von ihr als Reisevorleistungen bezogenen Leistungen der A sind in Deutschland nach unionsrechtlichen Bestimmungen mangels inländischem Leistungsort (im nationalen Recht gemäß § 3a ff. UStG) nicht steuerbar (dazu vorstehend unter II.2.c). Die Klägerin als Leistungsempfängerin kann somit mangels Steuerbarkeit nicht Steuerschuldnerin der von ihr bezogenen Leistungen sein (im nationalen Recht gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1, § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F. bzw. § 13b Abs. 5 Satz 1, § 13b Abs. 1 UStG). Dies bewirkt gegenüber den anzuwendenden nationalen Vorschriften eine Minderung ihrer Steuerschuld. Die Klägerin, die als Leistungsempfängerin die Steuer für die betreffenden Leistungen selbst schuldet, kann somit den Anwendungsvorrang des für sie günstigeren, weil zu einer niedrigeren Steuer führenden Unionsrechts geltend machen (dazu vorstehend unter II.3.b aa).
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bb) Entgegen dem Revisionsvorbringen liegt in der vom Leistungserbringer abweichenden Berufung auf das Unionsrecht kein Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität.
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(1) Die unmittelbare Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht hängt nicht vom Verhalten der A ab, ihrer in Österreich ansässigen Leistungserbringerin. Denn die Rechtsfolgen des von der Klägerin geltend gemachten Anwendungsvorrangs beschränken sich auf ihre eigene Person. Auf die Besteuerung der A in Österreich wirkt sich das Unionsrecht erst dann aus, wenn diese gleichfalls einen Anwendungsvorrang geltend machen würde (dazu vorstehend unter II.3.b cc).
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(2) Der Senat vermag in der Geltendmachung des Anwendungsvorrangs des Unionsrecht durch die Klägerin keinen Verstoß gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu erkennen, der es verbietet, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 11. Oktober 2017 XI R 23/15, BFHE 259, 567, BStBl II 2018, 109, Rz 27). Soweit in den Streitjahren die von A erbrachten Reisevorleistungen unbelastet von der Steuer bleiben, weil sie in Österreich entgegen den unionsrechtlichen Bestimmungen der Art. 306 ff. MwStSystRL nicht der Margenbesteuerung unterworfen werden, ist dies --wie das FG in Bezug auf Steuerausfälle zu Recht erkannt hat-- notwendige Folge des Gebots, das Unionsrecht in jedem Falle gegenüber dem entgegenstehenden nationalen Recht durchzusetzen. Es kann sich nicht zulasten der Klägerin auswirken, wenn sie sich auf eine für sie günstigere Bestimmung des Unionsrechts beruft, während die A an der für sie --zumindest in den Streitjahren-- günstigeren nationalen Regelung in Österreich festhält, zumal eine Richtlinie keine Verpflichtungen eines Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie nicht möglich ist (vgl. EuGH-Urteil DNB Banka vom 21. September 2017 C-326/15, EU:C:2017:719, Mehrwertsteuerrecht 2017, 823, Rz 41).
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(3) Auch kann der Klägerin nicht entgegengehalten werden, dass --wie das FA meint-- die Art. 306 ff. MwStSystRL ihr als Leistungsempfängerin keinen positiven Anspruch vermitteln würden.
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Gäbe es im nationalen Recht die Regelung zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1, § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F. bzw. § 13b Abs. 5 Satz 1, § 13b Abs. 1 UStG nicht, würde die A die Steuer für ihre ausgeführten Reiseleistungen, die die Klägerin als Reisevorleistungen bezogen hat, schulden, soweit der jeweilige Leistungsort nach §§ 3a ff. UStG im Inland wäre. In diesem Fall könnte sich die A als Leistungserbringerin auf die unionsrechtlichen Bestimmungen über die Margenbesteuerung berufen.
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Für die Klägerin, die als Leistungsempfängerin nach § 13b Abs. 2 Satz 1, § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F. bzw. § 13b Abs. 5 Satz 1, § 13b Abs. 1 UStG die Steuer anstelle der A schuldet, kann hinsichtlich der Berufung auf das Unionsrecht nichts anderes gelten. Sie kann sich hinsichtlich der von A erbrachten Reiseleistungen, für die sie die Steuer schuldet, in gleicher Weise auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts stützen, wie es die A ohne die Umkehr der Steuerschuldnerschaft könnte. Denn hinsichtlich der von einem Reiseveranstalter für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmten Reiseleistungen entspricht das nationale Recht in § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG, das noch von der "Reisenden-", nicht von der "Kundenmaxime" ausgeht, nicht den unionsrechtlichen Bestimmungen über die Margenbesteuerung nach Art. 306 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL.
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d) Der unmittelbaren Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht steht --wie das FG zu Recht erkannt hat-- ferner nicht entgegen, dass sie über keine Rechnung mit einem § 14a Abs. 6 Satz 1 UStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG entsprechenden Hinweis auf die Sonderregelung für Reisebüros verfügt. Die besondere Verpflichtung in § 14a Abs. 6 UStG betrifft zum einen nur die A als leistende Unternehmerin. Zum anderen findet sie auf --wie im Streitfall-- vor dem 30. Juni 2013 ausgeführte Leistungen keine Anwendung. Die Klägerin begehrt außerdem keinen Vorsteuerabzug, sondern wendet sich gegen ihre Inanspruchnahme als Steuerschuldnerin.
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4. Die mit der Revision ferner geltend gemachten Einwendungen des FA greifen nicht durch.
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a) Die Einwendung des FA, die in Deutschland erbrachten Reisevorleistungen seien bei unmittelbarer Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht nicht im Inland, sondern in Österreich zu besteuern, ist zutreffend. Denn nach dem Unionsrecht liegt der Leistungsort für die fraglichen Reiseleistungen nicht im Inland, sondern in Österreich (Art. 307 Satz 2 MwStSystRL), das dementsprechend auch das Recht hat, diese Leistungen zu besteuern.
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b) Zwar liegt --worauf das FA zutreffend hinweist-- noch keine Entscheidung dazu vor, ob Deutschland seine Verpflichtung aus den Art. 306 ff. MwStSystRL verletzt hat, indem es Reiseleistungen für Steuerpflichtige, die diese für ihr Unternehmen nutzen, von der Sonderregelung für Reisebüros ausschließt. Diese Rechtsfrage ist u.a. Gegenstand des seit dem 8. Juli 2016 beim EuGH unter dem Az. C-380/16 geführten Vertragsverletzungsverfahren Kommission/Deutschland. Eine Entscheidung des EuGH dazu steht noch aus.
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aa) Auch wenn das FA der Ansicht ist, dass sich der EuGH mit wichtigen Gründen, die für eine Anwendung der Reisendenmaxime sprechen, nicht auseinandergesetzt hat, ist der Senat im Streitfall an einer Entscheidung nicht gehindert. Denn der BFH muss als Fachgericht einschlägige Rechtsprechung des EuGH auswerten und seine Entscheidung hieran orientieren, um u.a. festzustellen, ob eine Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt ist (vgl. dazu z.B. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 8. April 2015 2 BvR 35/12, juris, Rz 26; vom 15. Dezember 2016 2 BvR 221/11, Zeitschrift für das gesamte Lebensmittelrecht 2017, 472, Rz 37; ferner BFH-Urteil vom 30. August 2017 XI R 37/14, BFHE 259, 175, BFH/NV 2017, 1689, jeweils m.w.N.). Wollte der BFH von der Auslegung des einschlägigen Unionsrechts durch den EuGH abweichen, müsste er ihn erneut um Vorabentscheidung ersuchen, um nicht den gesetzlichen Richter i.S. des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes zu verletzen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 8. April 1987 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223, unter B.1. ff., Rz 37 f.; vom 19. Juli 2011 1 BvR 1916/09, BVerfGE 129, 78, unter C.III.1., Rz 98; BFH-Urteil in BFHE 259, 175, BFH/NV 2017, 1689, Rz 26, m.w.N.). Zu einer erneuten Vorlage besteht aus Sicht des erkennenden Senats im Hinblick auf die EuGH-Urteile Kommission/Spanien, EU:C:2013:587, UR 2013, 835; Kommission/Frankreich, EU:C:2013:612; Kommission/Polen, EU:C:2013:608; Kommission/ Finnland, EU:C:2013:610; Kommission/Portugal, EU:C:2013:611; Kommission/Tschechische Republik, EU:C:2013:602; Kommission/ Italien, EU:C:2013:607, und Kommission/Griechenland, EU:C:2013:609, vorliegend kein Anlass, da der Senat der Auffassung des EuGH folgt und die Rechtsfrage unionsrechtlich für bereits geklärt hält.
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bb) Im Übrigen ist auch die Finanzverwaltung nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des Vertrages über die Europäische Union gehalten, die Rechtsprechung des EuGH zu beachten und Steuerrechtsnormen im Lichte dieser Urteile auszulegen (vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., § 4 Rz 17; vgl. BFH-Urteile vom 18. Oktober 2001 V R 106/98, BFHE 196, 363, BStBl II 2002, 551, unter I. am Ende und unter II.2., Rz 18, 25 f.; in BFHE 259, 175, BFH/NV 2017, 1689, Rz 27, m.w.N.).
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c) Es ist zwar fraglich, ob die Berufung auf die Margenbesteuerung nach Art. 306 ff. MwStSystRL auf Teilumsätze beschränkt werden kann. Aber darauf kommt es im Streitfall nicht entscheidend an.
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aa) Die unionsrechtliche Sonderregelung für Reisebüros in Art. 306 ff. MwStSystRL kennt eine § 25 Abs. 3 Satz 3 UStG entsprechende Vorschrift nicht, wonach der Steuerpflichtige ein Wahlrecht hat, die Margenbesteuerung statt für jede einzelne Leistung für Gruppen von Leistungen oder für sämtliche Leistungen anzuwenden (vgl. hierzu EuGH-Urteil Kommission/ Spanien, EU:C:2013:587, UR 2013, 835, Rz 101 ff.). Gegenstand des beim EuGH unter dem Az. C-380/16 geführten vorgenannten Vertragsverletzungsverfahrens Kommission/Deutschland ist des Weiteren die Frage, ob Deutschland seine Verpflichtung aus den Art. 306 ff. MwStSystRL auch verletzt hat, indem es Reisebüros, soweit die Sonderregelung auf sie anwendbar ist, gestattet, die Steuerbemessungsgrundlage pauschal für Gruppen von Leistungen und für jeden Besteuerungszeitraum zu ermitteln.
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bb) Die Klägerin kann sich jedoch hinsichtlich der fraglichen Reisevorleistungen, die sie von A bezogen hat und für die sie die Steuer schulden würde, auf das Unionsrecht berufen, ohne zugleich einheitlich für alle (Ausgangs-)Umsätze ihres Unternehmens jeweils die Marge für jede einzelne Reiseleistung entsprechend dem Unionsrecht gemäß Art. 308 MwStSystRL ermitteln zu müssen. Sie kann transaktionsbezogen zwischen dem nationalen Recht und dem Unionsrecht wechseln. Denn die Berufung auf die unmittelbare Wirkung der Bestimmungen des Unionsrechts ist im Hinblick auf einen Umsatz nicht mit der Begründung zu versagen, dass sich der betreffende Steuerpflichtige im Hinblick auf einen anderen, die gleichen Gegenstände betreffenden Umsatz auf Vorschriften des nationalen Rechts berufen kann, und die kumulative Anwendung dieser Bestimmungen zu einem steuerlichen Gesamtergebnis führen würde, zu dem weder das nationale Recht noch das Richtlinienrecht bei jeweils separater Anwendung auf diese Umsätze führt oder führen soll (vgl. zu Art. 11 Teil C Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, EuGH-Urteil GMAC UK vom 3. September 2014 C-589/12, EU:C:2014:2131, UR 2014, 895, Rz 49).
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cc) Bei den fraglichen Reisevorleistungen, die die Klägerin von der A bezogen hat, kommt es im Übrigen nicht auf die Frage an, ob die Steuerbemessungsgrundlage für die Margenbesteuerung abweichend vom Unionsrecht auch gesamt- bzw. gruppenumsatzbezogen i.S. des § 25 Abs. 3 Satz 3 UStG statt einzelumsatzbezogen gemäß Art. 308 MwStSystRL ermittelt werden darf. Denn das Besteuerungsrecht für diese Leistungen steht nach Berufung der Klägerin auf Art. 306 ff. MwStSystRL allein Österreich zu.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2, § 143 Abs. 1 FGO.
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