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BFH 12.07.2017 - VIII R 48/14
BFH 12.07.2017 - VIII R 48/14 - Ermittlung der Emissionsrendite bei absolutem Zinsbetrag und festgeschriebener Laufzeit
Normen
§ 20 Abs 2 S 1 Nr 4 S 2 EStG 2002, § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 Buchst c EStG 2002, § 20 Abs 1 Nr 7 EStG 2002, § 52a Abs 10 S 7 EStG 2002, EStG VZ 2008, § 126a FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 6. August 2014, Az: 4 K 1072/13 E, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Wird ein absoluter Zinsbetrag für eine Kapitalforderung vereinbart, liegt eine von vornherein zugesagte, eindeutig abgrenz- und bezifferbare Emissionsrendite vor, auch wenn der Zinsbetrag nur auf einen sog. Beobachtungszeitraum der gesamten Laufzeit bezogen war .
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2. NV: § 52a Abs. 10 Satz 7 letzter Halbsatz EStG bestimmt als Übergangsregelung die Behandlung von Veräußerungs- und Einlösungsvorgängen in den Jahren ab 2009, nicht aber entsprechende Vorgänge, die im Jahr 2008 abgeschlossen wurden, auch, wenn die Veranlagung noch nicht bestandskräftig ist .
Tenor
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Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 6. August 2014 4 K 1072/13 E wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte am 31. Mai 2007 fünf "Call Warrant EUR Lock in Bull Certificates on the DAX" (Optionen) zum Kurswert von insgesamt 225.000 € zuzüglich 2.250 € Provision erworben. Basiswert der Optionen waren "EUR Lock in Bull Certificates on the DAX" (Zertifikate). Die Zertifikate im Nominalwert von je 50.000 € hatten eine Laufzeit vom 31. Mai 2007 bis zum 1. Oktober 2008. Als "Observation Date" war der 28. Juli 2008 festgelegt, als Verzinsung war für den Zeitraum vom 31. Mai 2007 bis zum 28. Juli 2008 ein Betrag von 333 € je Zertifikat vorgesehen. Daneben musste der Emittent je nach Erreichen bzw. Nichterreichen von in Abhängigkeit zum Referenzwert festgelegten Ober- und Untergrenzen während der Beobachtungsphase (31. Mai 2007 bis 28. Juli 2008) zwischen 180 % und 15 % des Nominalwerts zahlen.
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Im März 2008 wurde die festgelegte Untergrenze unterschritten, so dass der Emittent am Ende der Laufzeit --neben dem Zins von 333 €-- 15 % des Nominalwerts zu zahlen hatte. Der Kläger übte die Option zum Erwerb der Zertifikate aus und veräußerte diese im Mai 2008 zum Kurswert. Das Bankhaus A bescheinigte ihm negative (ausländische) Kapitalerträge in Höhe von 211.650 € nebst Aufwendungen in Höhe von 27.689,61 €.
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In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2008) machte der Kläger, der zusammen mit seiner Ehefrau (Klägerin und Revisionsklägerin) veranlagt wird, diesen Verlust geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte den Verlust unter Verweis auf die vom Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 4. Dezember 2007 VIII R 53/05 (BFHE 219, 339, BStBl II 2008, 563) entwickelten Grundsätze nur zum Teil bei den Einkünften des Klägers aus § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG 2008) an. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ebenso wie die nachfolgende Klage ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 6. August 2014 4 K 1072/13 E ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 295 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Im Streitfall seien die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 1. Halbsatz EStG 2008 erfüllt, so dass Einkünfte in Höhe der Marktrendite anzusetzen seien. Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches der Norm nach Maßgabe der Rechtsprechung des BFH scheide mit Blick auf § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 --JStG 2009-- (BGBl I 2008, 2794) aus.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
das angefochtene FG-Urteil aufzuheben, die mit der Einspruchsentscheidung vom 11. März 2013 erfolgte Einkommensteuerfestsetzung 2008 zu ändern und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 174.300 € sowie damit in Zusammenhang stehender Werbungskosten in Höhe von 22.811 € niedriger festzusetzen.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO), der auch dann anwendbar ist, wenn die Revision mit anderer Begründung zurückgewiesen wird (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 126a Rz 5; vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2007 I R 51/04, juris; vom 9. Juli 2007 I R 60/04, BFH/NV 2007, 2238).
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Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind hierauf ebenso wie auf die Einschätzung des Senates zu den im Streitfall maßgeblichen Rechtsfragen und die vom FG abweichende Begründung hingewiesen worden. Sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
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1. Das FG hat die Anerkennung weiterer negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2008 (Marktrendite) zu Recht versagt.
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Die Zertifikate gehören zu den sonstigen Kapitalforderungen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c Alternative 2 EStG 2008.
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Im Streitfall sind § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG in der am 17. August 2007 geltenden Fassung anzuwenden (vor den Änderungen durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007, BGBl I 2007, 1912; vgl. § 52 Abs. 28 Satz 13 EStG, und Senatsurteil vom 27. Oktober 2015 VIII R 70/13, BFH/NV 2016, 736).
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Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 2008 sind auf Geldleistungen gerichtete Forderungen ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs.
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Mit den Zertifikaten hatte der Kläger eine auf Geldleistung gerichtete Forderung gegen den Emittenten erworben, denn dieser musste dem Zertifikatsinhaber ausweislich der Emissionsbedingungen zum vereinbarten Rückzahlungstermin (1. Oktober 2008) selbst bei ungünstigstem Verlauf mindestens 15 % des Nominalwerts zahlen (Mindestkapitalrückzahlung, vgl. Senatsurteil vom 5. November 2014 VIII R 28/11, BFHE 248, 5, BStBl II 2015, 276). Da die Höhe des Ertrags von einem ungewissen Ereignis --der Entwicklung des DAX innerhalb des Beobachtungszeitraums-- abhing, unterfallen die Zertifikate auch § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. c Alternative 2 EStG 2008 (vgl. Senatsurteil in BFHE 248, 5, BStBl II 2015, 276).
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2. Der von den Klägern begehrte Ansatz der Marktrendite gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG 2008 scheidet indes aus, denn die Zertifikate hatten eine eindeutig abgrenzbare Emissionsrendite.
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a) Als Emissionsrendite ist die vom Emittenten bei der Begebung der Anlage von vornherein zugesagte, eindeutig abgrenz- und bezifferbare Rendite zu verstehen, die bis zur Einlösung des Papiers bzw. Endfälligkeit der Kapitalforderung mit Sicherheit erzielt werden kann (Senatsurteile vom 24. Oktober 2000 VIII R 28/99, BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97; vom 13. Dezember 2006 VIII R 79/03, BFHE 216, 187, BStBl II 2007, 562; vom 26. Juni 2012 VIII R 40/10, BFH/NV 2013, 346; in BFHE 248, 5, BStBl II 2015, 276, sowie BFH-Urteil vom 20. August 2013 IX R 38/11, BFHE 242, 386, BStBl II 2013, 1021). Eine Emissionsrendite ist bei einer nur geringfügigen Mindestverzinsung zu verneinen, wenn tatsächlich nach den getroffenen Vereinbarungen eine höhere, aber nicht genau bezifferbare Verzinsung vorgesehen ist (Senatsurteile in BFH/NV 2013, 346; vom 29. September 2015 VIII R 49/13, BFHE 252, 251, BStBl II 2016, 339).
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b) Die Zertifikate hatten eine solche Emissionsrendite, denn sie waren, wie das FG bindend festgestellt hat, mit 333 € zu verzinsen. Dies war der Ertrag, der von dem Kläger während der Laufzeit der Zertifikate mit Sicherheit erzielt werden konnte. Dass --wie der Kläger meint-- eine höhere, nicht genau bezifferbare Verzinsung vorgesehen war, hat das FG nicht festgestellt. Auch die Emissionsbedingungen lassen dies nicht erkennen.
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Dass der Zinsbetrag von 333 € nur auf den sog. Beobachtungszeitraum bezogen war, steht dem nicht entgegen. Eine nach einem Prozentsatz bemessene Verzinsung ist zur Bestimmung des Zinsertrages nur erforderlich, wenn eine unbestimmte Laufzeit vereinbart ist. Bei einer festgeschriebenen Laufzeit bedarf es einer solchen nicht. In diesem Fall kann der Zinsertrag auch durch die Vereinbarung eines konkreten Betrags bestimmt werden. Mit diesem Betrag legen die Beteiligten den Zinsertrag fest, der über die Laufzeit der Zertifikate zu erzielen ist, auch wenn die Zinsregelung formal an einen kürzeren Zeitraum anknüpft.
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Inwieweit die zugesagte Verzinsung dem Kapitalmarkt im Zeitpunkt der Emission entsprach, ist für das Vorliegen einer Emissionsrendite i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG unerheblich (Senatsurteil in BFHE 248, 5, BStBl II 2015, 276, und BFH-Urteil in BFHE 242, 386, BStBl II 2013, 1021).
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Die Emissionsrendite war auch eindeutig abgrenzbar, denn Kapitalnutzungsentgelt und Wertentwicklung des eingesetzten Kapitals waren klar trennbar. Die von der Kursentwicklung des DAX abhängige Wertentwicklung des von dem Emittenten zurückzuzahlenden Kapitals war nicht in das Kapitalentgelt eingebunden.
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3. Der Ansatz der Marktrendite ist nicht mit § 52a Abs. 10 Satz 7 letzter Halbsatz EStG (eingeführt durch das JStG 2009, vgl. nunmehr: § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014, BGBl I 2014, 1266) zu begründen.
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Die Norm, die gemäß Art. 39 Abs. 8 JStG 2009 erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden ist, bestimmt als Übergangsregelung die Behandlung der Veräußerung oder Einlösung von Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG in der am 31. Dezember 2008 anzuwendenden Fassung nach Maßgabe der ab 2009 geltenden Abgeltungsteuer (vgl. BRDrucks 545/08, S. 102, BTDrucks 16/10189, S. 66 f.; vgl. auch Blümich/ Stuhrmann, § 52 EStG Rz 28). Sie betrifft Veräußerungs- und Einlösungsvorgänge in den Jahren ab 2009, nicht aber entsprechende Vorgänge, die --wie im Streitfall-- im Jahr 2008 abgeschlossen wurden (Altfall). Schon aus diesem Grund ist sie nicht geeignet, der Senatsrechtsprechung für diese Altfälle --wie der Kläger meint-- "den Boden zu entziehen", und zwar auch dann nicht, wenn die Veranlagung noch nicht bestandskräftig ist (a.A. Elicker, Recht der Finanzinstrumente 2011, S. 222).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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