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BFH 23.06.2014 - VIII B 75/13
BFH 23.06.2014 - VIII B 75/13 - (Keine Verzinsung von an den Steuerpflichtigen erstatteten Nachzahlungszinsen nach §§ 233a oder 236 AO)
Normen
§ 233 AO, § 233a Abs 1 AO, § 236 Abs 1 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 13. Juni 2013, Az: 10 K 44/13, Urteil
Leitsatz
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NV: Nachzahlungszinsen, die an den Steuerpflichtigen zu erstatten sind, sind nicht zu verzinsen. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes (hier: §§ 233, 233a und 236 AO) und hat daher keine grundsätzliche Bedeutung.
Tatbestand
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I. Im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 19. Februar 2004 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) Nachzahlungszinsen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) in Höhe von 58.742 € fest, die die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 12. August 2004 bezahlten. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2012 änderte das FA die Einkommensteuerfestsetzung 1998 und setzte nunmehr Zinsen nach § 233a AO in Höhe von ./. 115.801 € fest. Der Betrag setzte sich aus dem Saldo von Erstattungszinsen in Höhe von 119.550 € und verbleibenden Nachzahlungszinsen in Höhe von 3.749 € zusammen. Die von den Klägern im Jahr 2004 geleisteten Nachzahlungszinsen in Höhe von 58.742 € wurden diesen am 17. Dezember 2012 erstattet.
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Die Kläger begehrten mit ihrer --vom Finanzgericht (FG) abgewiesenen-- Klage die Festsetzung weiterer Zinsen zu ihren Gunsten auf die von ihnen zu viel gezahlten Nachzahlungszinsen in Höhe von 54.993 € (58.742 € ./. 3.749 €), und zwar für den Zeitraum vom 12. August 2004 bis zum 17. Dezember 2012 in Höhe von 0,5 % pro Monat (27.496,50 €).
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Zur Begründung trugen sie vor, bei verfassungskonformer Auslegung der Bestimmungen in §§ 233 ff. AO, die eine Verzinsung von steuerlichen Nebenleistungen ausschließen, bestehe eine Pflicht des Staates, einen ungerechtfertigt erhaltenen Betrag zu verzinsen.
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Die Kläger stützen ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet und führt nicht zur Zulassung der Revision.
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1. Die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob Nachzahlungszinsen bei ihrer Rückerstattung wiederum nach § 233a AO oder § 236 AO zu verzinsen sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
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Eine Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung und bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, wenn sie sich ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes beantworten lässt, oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu entscheiden ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage daher nicht schon dann, wenn sie noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung gewesen ist; vielmehr ist erforderlich, dass ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Februar 2014 II B 106/13, BFH/NV 2014, 901, und vom 26. Februar 2014 III B 123/13, BFH/NV 2014, 824, jeweils m.w.N.).
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Der Ausschluss der Verzinsung von an den Steuerpflichtigen wieder zu erstattenden Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO ergibt sich --wie auch das FG entschieden hat-- aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist demnach nicht klärungsbedürftig.
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a) Nach § 233 Satz 1 AO werden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) nur verzinst, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. § 233 Satz 2 AO ordnet an, dass Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) und die entsprechenden Erstattungsansprüche nicht verzinst werden. Nach der in Bezug genommenen Legaldefinition des § 3 Abs. 4 AO sind "Zinsen (§§ 233 bis 237 AO)" --und damit auch Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO-- steuerliche Nebenleistungen.
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Auch § 233a Abs. 1 Satz 1 AO steht der Entstehung von Erstattungszinsen auf zu Unrecht vom FA erhobene Nachzahlungszinsen entgegen. Danach ist nur ein Unterschiedsbetrag bei der Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer zu verzinsen.
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Die Aufzählung der dort genannten Steuerarten ist abschließend. Wie die Kläger selbst in der Beschwerdeschrift anführen, hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass kein Anspruch auf Verzinsung sämtlicher Steuererstattungsbeträge besteht (BFH-Urteile vom 17. November 2010 I R 68/10, BFH/NV 2011, 737 zu Steuerabzugsbeträgen; vom 23. Februar 2006 III R 66/03, BFHE 212, 386, BStBl II 2006, 741 zum Anspruch auf Investitionszulage; vom 20. April 2006 III R 64/04, BFHE 212, 416, BStBl II 2007, 240 zum Anspruch auf Kindergeld; vom 26. April 2006 I R 122/04, BFHE 212, 426, BStBl II 2006, 737 zu § 11 Abs. 2 des Außensteuergesetzes a.F.).
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b) § 236 Abs. 1 Satz 1 AO begründet ebenfalls keinen Anspruch auf (Prozess-)Zinsen im Fall der Erstattung von Nachzahlungszinsen.
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Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der zu erstattende oder zu vergütende Betrag zu verzinsen, wenn durch eine oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt wird.
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Bei Nachzahlungs- und Erstattungszinsen i.S. des § 233a AO handelt es sich weder um Steuern (§ 3 Abs. 1 AO) noch um Steuervergütungen, sondern um steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO), sodass diese nicht nach § 236 AO zu verzinsen sind.
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Auch von § 236 AO sind nur die ausdrücklich genannten Beträge erfasst, da es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz auf Verzinsung rückständiger Staatsleistungen nicht gibt (vgl. BFH-Urteil vom 6. Mai 2008 VII R 10/07, BFH/NV 2008, 1714, m.w.N. der Rechtsprechung; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 236 AO Rz 4; Heuermann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, § 236 AO Rz 10; Kögel in Beermann/Gosch, AO § 236 Rz 12).
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2. Die grundsätzliche Bedeutung der von den Klägern weiter aufgeworfenen Rechtsfrage, ob die Nichtverzinsung zurückerstatteter Nachzahlungszinsen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt, haben die Kläger nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt.
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Wird die Verfassungswidrigkeit einer Norm gerügt, muss nicht nur angegeben werden, mit welcher Norm des GG die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Norm unvereinbar sei, sondern dies auch unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH schlüssig begründet werden (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 34, m.w.N. der Rechtsprechung).
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a) Die Kläger haben bereits nicht schlüssig dargelegt, warum Art. 3 Abs. 1 GG eine Ausweitung der Verzinsungspflicht auf steuerliche Nebenleistungen gebietet, bzw. inwieweit § 233 Satz 2 AO gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen könnte.
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So ist nicht nachvollziehbar erläutert, inwieweit die Nichtverzinsung von Nachzahlungszinsen zu einer Ungleichbehandlung der Kläger im Vergleich zum Fiskus i.S. von Art. 3 Abs. 1 GG führen soll. Denn nach § 233 Satz 2 AO sind sämtliche steuerlichen Nebenleistungen und damit auch deren Erstattungen von der Verzinsung ausgenommen. Weder die Steuerpflichtigen noch der Fiskus haben einen Anspruch auf Verzinsung für zu Unrecht von ihnen an den jeweils anderen geleistete Zinsen oder andere Nebenleistungen. Es besteht --entgegen der Meinung der Kläger-- keine einseitige Verzinsungspflicht zugunsten des Staates.
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Soweit die Kläger auf die "Ausführung und Überlegung des BVerfG zur Zinsfrage" rekurrieren, die offenbar dem Beschluss des BVerfG vom 3. September 2009 1 BvR 2539/07 (BFH/NV 2009, 2115) entnommen wurde, haben sie nicht dargelegt, inwieweit dies übertragen auf den Streitfall eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung begründen könnte, insbesondere da das BVerfG einen Verstoß von § 233a AO gegen Art. 3 Abs. 1 GG gerade nicht festgestellt hat.
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b) Eine Auseinandersetzung mit der unter II.1.a und 1.b dargestellten --und von den Klägern zum Teil selbst angeführten-- Rechtsprechung des BFH, wonach auch unter Beachtung von Art. 3 Abs. 1 GG keine Pflicht zur Verzinsung sämtlicher Steuerarten bzw. rückständiger Staatsleistungen allgemein besteht, ist in der Beschwerdebegründungsschrift ebenfalls nicht erfolgt.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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