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BFH 20.05.2014 - VII B 107/13
BFH 20.05.2014 - VII B 107/13 - Erstattung von Einfuhrabgaben - Nachträgliche Beantragung einer Präferenzmaßnahme - Ermessen der Zollverwaltung - Bedeutung der Gemeinschaftsleitlinien über die Gültigkeit von Ursprungsnachweisen in der Gemeinschaft
Normen
Art 236 Abs 2 ZK, Art 236 Abs 2 EWGV 2913/92, Art 90b Abs 3 ZKDV, Art 90b Abs 3 EWGV 2454/93, Art 236 Abs 1 UAbs 1 ZK, Art 236 Abs 1 UAbs 1 EWGV 2913/92, Art 62 Abs 2 EWGV 2454/93, Art 62 Abs 2 ZKDV, Art 84 EWGV 2454/93, Art 84 ZKDV, Art 218 Abs 1 Buchst c EWGV 2454/93, Art 218 Abs 1 Buchst c ZKDV
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 26. April 2013, Az: 4 K 9/11, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Gemeinschaftsleitlinien über die Gültigkeit von Ursprungsnachweisen in der Gemeinschaft sind zwar rechtlich nicht verbindlich, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber zu beachten .
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2. NV: Eine Präferenzmaßnahme kann bei Vorlage der entsprechenden Nachweise grundsätzlich auch noch nachträglich beantragt werden .
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3. NV: Es ist im Allgemeinen sachgerecht, die Vergünstigung nur dann zu gewähren, wenn das Ausstellungsdatum des Präferenznachweises nicht länger als zwei Jahre zurückliegt .
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Einfuhrabgaben.
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Im Zeitraum vom 22. Mai 2007 bis zum 4. April 2008 meldete die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) in neun Fällen Plastiksäcke zur Überführung in den freien Verkehr an. Als Ursprungsland wurde Indien bzw. in zwei Fällen China angegeben. In den Zollanmeldungen wurde eine Präferenzbehandlung nicht beantragt und zunächst auch nicht nachgeholt. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) erhob Einfuhrabgaben unter Zugrundelegung des vollen Drittlandszollsatzes.
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Am 9. April 2010 legte die Klägerin Ursprungszeugnisse Form A vor, die im Zeitraum von April 2007 bis Februar 2008 ausgestellt worden waren, und beantragte unter Hinweis auf Zollpräferenzen die Erstattung überzahlter Einfuhrabgaben.
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Mit Bescheid vom 2. Juni 2010 lehnte das HZA den Erstattungsantrag ab, weil der Antrag mehr als zwei Jahre seit Ausstellung der Ursprungszeugnisse gestellt worden sei. Nach erfolglosem Einspruchs- und Klageverfahren verfolgt die Klägerin ihr Anliegen mit der Nichtzulassungsbeschwerde weiter.
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Art. 236 Abs. 2 des Zollkodex (ZK) sehe vor, dass der Antrag auf Erstattung der Einfuhrabgaben vor Ablauf einer Frist von drei Jahren nach Mitteilung der betreffenden Abgaben bei der zuständigen Zollstelle zu stellen sei - im Einzelfall eines unvorhersehbaren Ereignisses oder höherer Gewalt auch darüber hinaus. Das HZA habe zu Unrecht diese Frist nicht angewandt, sondern habe entsprechend der Dienstvorschrift "Vorlage und Anerkennung von Präferenznachweisen" (Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung Z 42 12) bzw. der Gemeinschaftsleitlinien zur Anwendung der Bestimmungen über die Gültigkeit von Ursprungsnachweisen in der Gemeinschaft die Annahme der Präferenznachweise abgelehnt, weil seit der Ausstellung der Ursprungszeugnisse mehr als zwei Jahre verstrichen gewesen seien. Zwar räume § 90b Abs. 3 der Zollkodex-Durchführungsverordnung alter Fassung (ZKDVO a.F.) dem HZA grundsätzlich ein Ermessen ein bei der Frage, ob und innerhalb welcher Frist Ursprungsnachweise nachträglich angenommen werden. Durch eine generelle Verkürzung auf zwei Jahre werde jedoch das Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Dies habe auch das Finanzgericht (FG) verkannt.
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Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob die Behörde in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch macht, wenn eine Frist von 24 Monaten zur Einreichung von Präferenznachweisen im Rahmen des Art. 90b Abs. 3 ZKDVO a.F. angewandt wird, bzw. ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten werden, wenn diese Ursprungszeugnisse nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren ab ihrer Ausstellung im Ursprungsland nicht mehr im Antragsverfahren nach Art. 236 Abs. 2 ZK angenommen werden.
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Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten; es vertritt die Auffassung, das finanzgerichtliche Urteil sei rechtmäßig. Für die Einfuhrsendungen aus China sei keine Präferenzbehandlung vorgesehen gewesen. Für die Einfuhrsendungen aus Indien wäre eine Präferenzgewährung grundsätzlich in Betracht gekommen; allerdings seien die Ursprungsnachweise zu spät vorgelegt worden.
Entscheidungsgründe
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Es liegt kein Grund für die Zulassung der Revision vor. Anders als die Beschwerde meint, hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
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Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsbedürftig ist. Das ist sie, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, so dass mehrere Lösungen vertretbar sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231; vom 31. Mai 2000 X B 111/99, BFH/NV 2000, 1461).
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Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die erhobenen Einfuhrabgaben nicht gemäß Art. 236 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK zu erstatten sind, weil das HZA die nachträgliche Präferenzgewährung in nicht zu beanstandender Weise abgelehnt hat.
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Unabhängig von der Frage, ob für Waren aus China überhaupt eine Präferenzgewährung in Betracht gekommen wäre, hat das HZA nach Ansicht des FG die Annahme der von der Klägerin vorgelegten Präferenznachweise ermessensfehlerfrei abgelehnt, da die Klägerin erst am 9. April 2010 zusammen mit ihrem Erstattungsantrag Ursprungszeugnisse vorgelegt hat, die im Zeitraum von April 2007 bis Februar 2008 ausgestellt worden waren. Grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich insoweit nicht.
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Zwar kann eine Präferenzmaßnahme bei Vorlage der entsprechenden Nachweise grundsätzlich auch noch nachträglich beantragt werden, indem die gemäß Art. 62 Abs. 2 ZK, Art. 84, 218 Abs. 1 Buchst. c ZKDVO a.F. erforderlichen Präferenznachweise gemäß Art. 90b ZKDVO a.F. auch nachträglich vorgelegt werden.
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So können die Zollbehörden des Einfuhrlandes gemäß Art. 90b Abs. 3 ZKDVO a.F. in anderen als den in Art. 90b Abs. 2 ZKDVO a.F. genannten Fällen die Ursprungsnachweise annehmen, wenn ihnen die Erzeugnisse vor Ablauf der Vorlagefrist gestellt werden. Deshalb stand im Streitfall die Annahme der Nachweise, wie sich aus dem Wortlaut des Art. 90b Abs. 3 ZKDVO a.F. ergibt, im Ermessen des HZA.
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Die Zollverwaltung hat in Abs. 9 ihrer Dienstvorschrift "Vorlage und Anerkennung von Präferenznachweisen" die Ermessensausübung dahin geregelt, die Vergünstigungen zu gewähren, wenn (u.a.) das Ausstellungsdatum des Präferenznachweises nicht länger als zwei Jahre zurückliegt. Diese zweijährige Frist ist den Gemeinschaftsleitlinien über die Gültigkeit von Ursprungsnachweisen in der Gemeinschaft entnommen. Solche Leitlinien sind zwar rechtlich nicht verbindlich, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber zu beachten. In der vorgenannten Leitlinie sind auch die Gründe für ein nicht länger als zwei Jahre zurückliegendes Ausstellungsdatum der Präferenznachweise bezeichnet, die einer bloßen Übernahme der dreijährigen Frist des Art. 236 Abs. 2 ZK entgegenstehen. Wenn daher das FG diese Erwägungen als im Allgemeinen sachgerecht angesehen und außergewöhnliche, für eine Fristverlängerung sprechende Umstände im Streitfall verneint hat, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden und wirft keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen auf.
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Im Übrigen ergeht der Beschluss nach § 116 Abs. 5 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ohne Begründung.
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