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BFH 21.08.2012 - IX R 21/11
BFH 21.08.2012 - IX R 21/11 - Kein Werbungskostenabzug wegen Schadenersatzzahlung
Normen
§ 39 Abs 2 Nr 1 S 2 AO, § 9 Abs 1 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 24. November 2010, Az: 4 K 3951/07, Urteil
Leitsatz
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NV: Leistet der spätere Vermieter wegen der Zwangsversteigerung des Mietobjekts Schadenersatz, so führt dies nicht zu abziehbaren Werbungskosten im Rahmen der nachfolgenden Vermietung.
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Steuerberater und jedenfalls seit 1991 jeweils zu 50 % Beteiligte der C und D GbR (GbR). Diese erzielte Einkünfte aus der Vermietung der Objekte V-Straße (1 Teileigentumseinheit) und R-Straße (mehrere Wohnungseigentumseinheiten). Unter der Steuernummer der GbR wurden für die Jahre 1991 bis 1993 lediglich die Einkünfte aus dem Objekt R-Straße erklärt, diejenigen aus der Vermietung des Objektes V-Straße wurden zuvor bei einer anderen GbR --der C, D, E und F-GbR-- unter einer anderen von Januar 1983 bis Dezember 1993 gültigen Steuernummer im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst.
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In der Feststellungserklärung 2003 (Streitjahr) machte die GbR u.a. betreffend das Objekt V-Straße eine Schadenersatzzahlung in Höhe von 213.166,93 € sowie hiermit in Zusammenhang stehende Rechts- und Beratungskosten inkl. Nebenkosten des Geldverkehrs in Höhe von 21.875,69 € geltend.
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Der Schadenersatzzahlung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Erdgeschoss des Objektes V-Straße liegende Zahnarztpraxis wurde mit Mietvertrag vom März 1985 an einen Zahnarzt vermietet. Vermieter waren die Gesellschafter der C, D, E und F-GbR. Der Mietvertrag wurde auf 10 Jahre mit einer Verlängerungsoption auf 25 Jahre abgeschlossen. Die Miete betrug 13,50 DM/qm. Der Mietvertrag beinhaltete eine Wertsicherungsklausel über den Tod des Mieters hinaus, eine Mieterhöhung war auf maximal 15,38 DM/qm möglich. Der Mietvertrag war erstmals zum 1. Oktober 1995 kündbar; für den Mieter bestand ein Vorkaufsrecht. Im Frühjahr 1992 erkrankte der Mieter schwer. Ende August 1993 wurde das Objekt auf Betreiben der X-Bank zwangsversteigert, da die C, D, E und F-GbR ihren Darlehensverpflichtungen nicht nachkam. Das Objekt wurde von Herrn A, der hierbei von dem Kläger zu 2. vertreten wurde, für 510.000 DM ersteigert. Aufgrund des sich aus dieser Zwangsversteigerung ergebenden außerordentlichen Kündigungsrechtes kündigte A, wiederum vertreten durch den Kläger zu 2., am 8. September 1993 das Mietverhältnis mit dem Zahnarzt. Mit notarieller Urkunde vom 23. September 1993 bevollmächtigte A den Kläger zu 2. u.a., die Teileigentumseinheit V-Straße für ihn zu kaufen, zu verkaufen oder auf sonstige Weise entgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen oder zu erwerben und diese zu belasten. Im Rahmen seiner Bemühungen um einen Verkauf der Zahnarztpraxis, die er aufgrund seiner Erkrankung bereits seit April 1992 nicht mehr kontinuierlich selbst betreute, trat der Zahnarzt mit A wegen eines Kaufs oder einer langfristigen Anmietung der Teileigentumseinheit in Kontakt. Mit Schreiben vom 27. September 1993 erhielt er hierauf von dem Kläger zu 1. die Antwort, dass dies nur zu einem Kaufpreis von 750.000 DM oder zu einer Miete von 35 DM/qm in Betracht komme. Am … November 1993 verstarb der Zahnarzt. Am 14. Dezember 1993 schloss A, vertreten durch den Kläger zu 2., einen Mietvertrag mit einem neuen Mieter. Die Miete betrug nunmehr 22,50 DM/qm und ab dem 1. Juli 2006 25 DM/qm. Am 15. Dezember 1993 unterzeichnete der neue Mieter zudem einen Kaufvertrag über die Zahnarztpraxis. Am 23. Dezember 1993 erwarb die GbR das Objekt von A, der hierbei wiederum von dem Kläger zu 2. vertreten wurde, zu einem Kaufpreis von 530.000 DM, wobei die beiden Kläger zu gleichen Teilen Eigentümer wurden.
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Die Ehefrau des verstorbenen Zahnarztes als seine Gesamtrechtsnachfolgerin verklagte die Kläger auf Schadenersatz, weil diese bewusst die Zwangsversteigerung des Objektes herbeigeführt hätten, um über einen Strohmann als Ersteher von dem Sonderkündigungsrecht gemäß § 57a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) Gebrauch zu machen und sich so von dem mit dem Zahnarzt bestehenden Mietvertrag zu lösen. Die Ausübung des Kündigungsrechts habe dazu geführt, dass die Praxis anstelle der sonst erzielbaren 635.000 DM nur zu einem um 405.000 DM niedrigeren Kaufpreis habe veräußert werden können. Die Kläger wurden vom Oberlandesgericht (OLG) mit rechtskräftigem Urteil vom 15. Oktober 2001 zur Zahlung des als Werbungskosten geltend gemachten Schadenersatzes verpflichtet.
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Mit der Zwangsversteigerung des Objektes V-Straße endete nach Ansicht des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die Tätigkeit der C, D, E und F-GbR. Diese hatte einen Jahresabschluss auf den 31. Oktober 1993 erstellt, der den Veräußerungsvorgang unberücksichtigt lässt. Im bestandskräftigen Feststellungsbescheid 1993 wurde der Verlust erklärungsgemäß den beiden Klägern und zwei weiteren Beteiligten zugerechnet.
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In der Anlage zur Feststellungserklärung 1994, in der zum ersten Mal die Einkünfte aus dem Objekt V-Straße unter der Steuernummer der GbR erklärt wurden, wurde die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung neu ermittelt. Dieser Berechnung wurde der Kaufpreis laut Kaufvertrag vom 23. Dezember 1993 zugrunde gelegt.
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Im Rahmen der Durchführung der einheitlichen und gesonderten Feststellung 2003 begründete der Kläger zu 2. die Einordnung des Schadenersatzes als Werbungskosten damit, dass der mit dem Zahnarzt geschlossene Mietvertrag wirtschaftlich katastrophal gewesen sei, und man nach einer Lösung gesucht habe, ihn --trotz fehlender Kündigungsmöglichkeit-- zu beenden. Aufgrund der Nachfolgeklausel hätte auch bei einem Ableben des Mieters der Mietvertrag mit einem Praxisnachfolger fortgesetzt werden müssen. Deshalb habe sich allein der Weg der Zwangsvollstreckung in das Grundstück durch den Grundpfandgläubiger geboten, um dabei durch einen Strohmann der bisherigen Eigentümer das Mietobjekt ersteigern zu lassen, den Mietvertrag gemäß § 57a ZVG i.V.m. § 565 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kündigen zu lassen und sofort nach der Kündigung das Grundstück von einem Strohmann (A) zurück zu erwerben. Aufgrund des somit ermöglichten Neuabschlusses eines Mietvertrags sei eine Mietpreiserhöhung um ca. 60 % möglich gewesen. Erst durch die Versteigerung seien eine Sonderkündigung des Altmieters und anschließend die Erzielung gesteigerter Mieterlöse möglich gewesen. Die Schadenersatzleistungen stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit den gesteigerten Einkünften.
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Das FA folgte dem nicht. Gegen den Feststellungsbescheid 2003 legte die GbR Einspruch ein. Das FA wertete diesen Einspruch als Einspruch des Klägers zu 2. und wies ihn gegenüber dem Kläger zu 2. als Einspruchsführer und gegenüber dem Kläger zu 1. als Hinzugezogenem zurück.
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Die hiergegen gerichteten, zwischenzeitlich zu einem Verfahren verbundenen Klagen hatten nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1783 veröffentlichten Urteil, die streitbefangenen Schadenersatzzahlungen und die mit diesen in Zusammenhang stehenden Rechts- und Beratungskosten seien keine Werbungskosten oder Betriebsausgaben; sie seien vielmehr durch die Veräußerung der Teileigentumseinheit V-Straße im Jahr 1993 veranlasst.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der diese die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 41 der Abgabenordnung --AO--) rügen. Das FG lasse unberücksichtigt, dass die Kläger einen vorgefassten Plan gehabt hätten, die Immobilien nach erfolgter Versteigerung von dem Strohmann zurückzuerwerben und weiterhin zu vermieten. Nicht die Vermietungstätigkeit als solche sollte beendet werden, sondern nur der ungünstige Mietvertrag mit dem Zahnarzt. Die streitigen Schadenersatzzahlungen seien Kosten der Beendigung eines ungünstigen Mietvertrags zur Ermöglichung der Neuvermietung mit besseren Konditionen. Das FG habe keinerlei Anhaltspunkte für eine Aufgabe der ursprünglichen Vermietungsabsicht festgestellt.
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Die Kläger beantragen,
das Urteil des FG aufzuheben und den für die GbR ergangenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2003 dergestalt zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 236.443 € berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht die Abziehbarkeit der streitbefangenen Schadenersatzaufwendungen samt Nebenkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verneint.
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1. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und d.h., durch die sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. September 2010 IX R 42/09, BFHE 230, 567, BStBl II 2011, 271). Daran fehlt es insbesondere, soweit die Aufwendungen ganz überwiegend durch die nicht steuerbare Veräußerung des Mietobjektes veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 51/05, BFH/NV 2008, 933, m.w.N.).
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2. Danach hat das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das für den Schadenersatz "auslösende Moment" ausschließlich in der Zwangsversteigerung des Mietobjektes als Veräußerungsvorgang und der damit unmöglich gemachten Gebrauchsüberlassung, d.h. im nicht steuerbaren Bereich gesehen.
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Die Schadenersatzaufwendungen der Kläger sind weder durch das ursprüngliche Mietverhältnis mit dem Zahnarzt (a) noch durch das mit dem neuen Mieter nach der Zwangsversteigerung (b) veranlasst (§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 4 EStG). Auch hat das FG einen Gesamtplan der Kläger und damit eine einheitliche, durch die Zwangsversteigerung unbeeinflusste Vermietungsabsicht verneint (c).
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a) Das FG hat aufgrund einer möglichen, widerspruchsfreien und damit den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) Tatsachenwürdigung die maßgebliche Ursache für die Schadenersatzzahlung entsprechend der Begründung des OLG für die Verurteilung der Kläger darin gesehen, dass sie ihre Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung durch die Zwangsversteigerung unmöglich gemacht haben. Die Schadenersatzpflicht ist damit nicht durch die Gebrauchsüberlassung des Mietobjektes, sondern durch deren Verhinderung und vorzeitige Beendigung veranlasst. Dies dient aber gerade nicht der Einkünfteerzielung.
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b) Zum Mietverhältnis mit dem neuen Mieter könnte ein Veranlassungszusammenhang allenfalls in der Weise bestehen, dass dieses Mietverhältnis ohne die Zwangsversteigerung mit der Folge der Kündigung des Mietverhältnisses mit dem Zahnarzt und der daraus resultierenden Schadenersatzpflicht nicht zustande gekommen wäre. Diese Ursächlichkeit im Sinne einer conditio sine qua non reicht hingegen für die Zuordnung zur Einkünfteerzielung im Sinne der steuerrechtlichen Veranlassung nicht aus. Vielmehr konnte das FG zum einen auch insoweit in möglicher Tatsachenwürdigung die maßgebliche Ursache für die Schadenersatzpflicht schon in der bloßen Zwangsversteigerung und unabhängig von der Ausübung des Kündigungsrechts nach § 57a ZVG sehen. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall wesentlich von Gestaltungen, in denen ein neues, für den Steuerpflichtigen im Hinblick auf die Erzielung eines höheren Mietzinses günstigeres Mietverhältnis durch --als Werbungskosten abziehbare-- Abstandszahlungen ermöglicht wird. Dabei hat das FG auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die wirtschaftliche und damit steuerrechtliche Unbeachtlichkeit der Zwangsversteigerung verneint (vgl. auch unter c). Zum anderen konnte das FG --wiederum in möglicher Tatsachenwürdigung-- davon ausgehen, dass die Kläger den endgültigen Entschluss zur weiteren Vermietung erst nach der Zwangsversteigerung neu gefasst haben.
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c) Zutreffend hat das FG auch keinen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang von der Vermietung an den Zahnarzt bis zur lukrativeren Vermietung nach der Zwangsversteigerung gesehen. Es hat in möglicher und damit den Senat bindender Weise keinen entsprechenden Gesamtplan angenommen.
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In möglicher Tatsachenwürdigung hat das FG schließlich ein Treuhandverhältnis mit A verneint. Eine Zuordnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO käme nur in Betracht, wenn A das Grundstück als Treuhänder aller Gesellschafter der GbR ersteigert hätte. Vorliegend hat das Grundstück aber vor der Ersteigerung vier Personen gehört, den Gesellschaftern der C, D, E und F-GbR, während nach dem Verkauf an die Kläger lediglich zwei Personen Eigentümer wurden.
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