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BFH 18.07.2012 - V B 99/11
BFH 18.07.2012 - V B 99/11 - Zu den Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge
Normen
Art 103 Abs 1 GG, § 93 Abs 1 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 165 ZPO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 76 Abs 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 29. September 2011, Az: 5 K 5165/08, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife der Klage herbeizuführen, hat das FG nur das aufzuklären, was aus seiner materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserheblich ist.
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2. NV: Die Sachaufklärungsrüge ist nicht geeignet, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, die ein fachkundig vertretener Beteiligter selbst in zumutbarer Weise in der mündlichen Verhandlung beim FG hätte stellen können.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) macht einen Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) mit der Begründung geltend, das Finanzgericht (FG) habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
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Außerdem habe das FG es pflichtwidrig unterlassen, einen entsprechenden Hinweis zu geben, worauf es seine Entscheidung stützen werde.
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Hilfsweise sei die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO zuzulassen, weil das Urteil des FG objektiv willkürlich sei.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Die Klägerin hat keinen Verfahrensfehler dargelegt, der vorliegt und auf dem das Urteil des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
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a) Da die Sachaufklärungspflicht dazu dient, die Spruchreife der Klage herbeizuführen, hat das FG nur das aufzuklären, was aus seiner materiell-rechtlichen Sicht entscheidungserheblich ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. August 2011 III B 144/10, BFH/NV 2011, 1915, Leitsatz 2, unter II.2.b; vom 28. Juni 2011 IX B 11/11, BFH/NV 2011, 1891). Um einen Sachaufklärungsmangel hinreichend darzulegen, hätte die von einem Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin vortragen müssen, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche genau bezeichneten Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, warum sie nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat und warum sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen, inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 29. Januar 2010 III B 50/09, BFH/NV 2010, 919). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.
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Die Sachaufklärungsrüge ist auch nicht geeignet, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, die ein fachkundig vertretener Beteiligter selbst in zumutbarer Weise in der mündlichen Verhandlung beim FG hätte stellen können (BFH-Beschluss vom 18. April 2012 I B 123/11, nicht veröffentlicht --n.v.--, Leitsatz 2). Ein umsichtiger Prozessvertreter muss vielmehr stets gewärtigen, dass das Gericht die Beweismittel abweichend würdigt und ist deshalb gehalten, vorsorglich alle von ihm für zweckmäßig erachteten Beweisanträge zu stellen und ihre Ablehnung gegebenenfalls rechtzeitig zu rügen (BFH-Beschluss vom 18. April 2012 I B 123/11, n.v., unter II.4.).
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b) Die Beschwerdebegründung, es sei nie Gegenstand richterlicher Sachaufklärung gewesen, ob von der in der schriftlichen Vereinbarung vom 6. Juni 2002 vereinbarten Fälligkeit abgewichen wurde, ist bereits unschlüssig, da sie im Widerspruch zu den Feststellungen des Protokolls steht (zur Beweiskraft des Protokolls vgl. § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung, sowie BFH-Beschluss vom 5. Oktober 2010 IX S 7/10, BFH/NV 2011, 57). Ausweislich der Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 29. September 2011 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass der Pachtzins im Jahr 2005 zwar herabgesetzt, die Fälligkeit hiervon aber nicht berührt worden sei. Danach ist die Frage einer Änderung der Fälligkeit im Jahre 2005 Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
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c) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) umfasst zwar auch die Erörterung der Streitsache in rechtlicher Hinsicht (§ 93 Abs. 1 FGO). Eine umfassende Erörterung ist allerdings nicht erforderlich. Insbesondere verlangt der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht, dass das Gericht den Beteiligten die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen hat (BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2009 IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222, Leitsatz 3, unter 2.b).
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2. Es liegt auch kein zur Zulassung der Revision führender schwerwiegender Fehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO vor. Das ist nur dann der Fall, wenn das FG-Urteil aufgrund evidenter Rechtsanwendungsfehler als willkürlich oder greifbar gesetzwidrig anzusehen ist, mithin unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist und sich deshalb der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht; eine bloß fehlerhafte Rechtsanwendung reicht nicht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. März 2008 IX B 36/07, BFH/NV 2008, 1149, Leitsatz 5, unter 3.b; vom 1. September 2008 IV B 4/08, BFH/NV 2009, 35, Leitsatz 2, unter II.2.). Hierfür bieten weder der Vortrag der Klägerin noch die Akten irgendwelche Anhaltspunkte.
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