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BFH 26.08.2010 - X S 2/10 (PKH)
BFH 26.08.2010 - X S 2/10 (PKH) - Beendigung der PKH mit dem Tod des hilfebedürftigen Beteiligten
Normen
§ 114 ZPO, § 117 Abs 2 ZPO, § 127 Abs 1 S 3 ZPO, § 142 FGO
Leitsatz
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1. NV: Da die PKH eine an die Situation des Begünstigten geknüpfte höchstpersönliche Berechtigung ist und mit dessen Tod endet, kann grundsätzlich PKH nach dem Tod des Antragstellers nicht mehr bewilligt werden.
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2. NV: Ausnahmsweise kann PKH nach dem Tode des hilfsbedürftigen Antragstellers noch bewilligt werden, wenn das Gericht bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher Bearbeitung des PKH-Antrags zu einem früheren Zeitpunkt und noch zu Lebzeiten des Antragstellers hätte entscheiden und seinen Beschluss dem Antragsteller hätte zugehen lassen können. In diesem Fall ist dem Beteiligten PKH für den Zeitraum zwischen dem möglichen Zugang des Bewilligungsbeschlusses und seinem (des Antragstellers) Ableben nachträglich zu bewilligen.
Tatbestand
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I. Das Finanzamt hat in den Einkommensteuerbescheiden des Sohnes der am … Mai 2010 verstorbenen Antragstellerin für die Jahre 2002 und 2003 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesetzt. In der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage hat dieser vorgetragen, er sei nicht Gewerbebetreibender i.S. des § 15 des Einkommensteuergesetzes gewesen. Das Unternehmen sei auf den Namen seiner Mutter angemeldet worden, da diese das Unternehmen betrieben habe. Er selbst sei lediglich als Familienmitglied helfend tätig geworden. Seine Mutter habe veranlasst bzw. geduldet, dass der Sohn in ihrem Namen unternehmerische Leistungen erbracht und sie in diesem Zusammenhang rechtsgeschäftlich wirksam verpflichtet und berechtigt habe. Die Mutter habe auch die Betriebsanmeldung, die Steuererklärungen und die Gewinnermittlungen unterzeichnet. Die dem Sohn erteilte Handlungsvollmacht begründe weder Unternehmerinitiative noch Unternehmerrisiko. Alle gewerblichen und wirtschaftlichen Aktivitäten seien der Mutter zuzurechnen. Die Steuerbescheide der Streitjahre seien rechtswidrig und aufzuheben. Da er lediglich Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrags erzielt habe, sei die Einkommensteuer jeweils auf 0 € festzusetzen.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Mutter mit Beschluss vom 18. Dezember 2006 zum Verfahren beigeladen und die Klage abgewiesen. Nachdem der Sohn Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision im FG-Urteil eingelegt hat, beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11. März 2010, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 12. März 2010, Prozesskostenhilfe (PKH) sowie die Beiordnung ihres Bevollmächtigten Rechtsanwalt X mit der Begründung, ihr sei in erster Instanz PKH gewährt worden und ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich seitdem nicht geändert. Sie sei nach wie vor nicht in der Lage, die Kosten der Rechtsverfolgung aufzubringen. Eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 142 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 117 Abs. 2 der Zivilprozessordnung --ZPO--) lag dem Schriftsatz nicht bei. Die Geschäftsstelle des beschließenden Senats hat mit Schreiben vom 30. April 2010 X darauf hingewiesen, dass die im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bereits vom Dezember 2006 datiere und um Übersendung einer aktuellen Erklärung gebeten. X ist dieser Aufforderung mit Schriftsatz vom 7. Mai 2010, beim BFH eingegangen am 10. Mai 2010, gefolgt.
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Mit Schreiben vom 28. Mai 2010 hat die Geschäftsstelle des beschließenden Senats X unter Hinweis auf § 117 Abs. 2 Satz 2 und § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO um Mitteilung gebeten, ob seine Mandantin damit einverstanden sei, dass den Beteiligten des Verfahrens die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege übersandt und, soweit die Gründe der Entscheidung des Gerichts Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthalten, diese den Beteiligten des Verfahrens zugänglich gemacht werden.
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Am 31. Mai 2010 teilte X mit, die Antragstellerin sei am … Mai 2010 verstorben und bat um Verbescheidung des PKH-Antrags. Die Zustimmung zur Zugänglichmachung der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der zwischenzeitlich verstorbenen Antragstellerin erteilte er am 2. Juni 2010. Mit Schreiben vom 22. Juni 2010 hat die Geschäftsstelle des beschließenden Senats ihm mitgeteilt, nach deren Tod könne keine PKH mehr gewährt werden und um Mitteilung der Rechtsnachfolger der Antragstellerin gebeten.
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X hat im Schreiben vom 24. Juni 2010 darauf hingewiesen, es seien Ausnahmen von dem Grundsatz möglich, dass nach dem Tod einer Partei keine PKH mehr bewilligt werden könne. Eine solche Ausnahme liege vor, da das Gericht die PKH-Bewilligung durch nachlässige Behandlung verzögert habe. Rechtsnachfolger seiner Mandantin seien ihm nicht bekannt. Er gehe davon aus, dass alle Abkömmlinge das Erbe ausschlagen würden.
Entscheidungsgründe
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II. Der noch zu Lebzeiten gestellte Antrag auf PKH und die Beiordnung von X ist abzulehnen.
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1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
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2. Zwar sehen die Vorschriften der PKH (§§ 114 ff. ZPO) --anders als § 122 ZPO in der bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung-- nicht ausdrücklich vor, dass die PKH mit dem Tod der Person, der sie bewilligt worden ist, erlischt. Dennoch gilt in der Sache nichts anderes. Die PKH ist eine an die Situation des Begünstigten geknüpfte höchstpersönliche Berechtigung (BFH-Beschluss vom 3. August 1999 VIII B 22/99, BFH/NV 2000, 201). Sie endet mit dem Tode des hilfsbedürftigen Beteiligten. Hieraus wird weitgehend gefolgert, dass nach dem Tode des Antragstellers PKH nicht mehr bewilligt werden kann (Beschluss des Bundessozialgerichts vom 2. Dezember 1987 1 RA 25/87, Monatsschrift für Deutsches Recht 1988, 610; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 142 FGO Rz 3; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 68. Aufl., § 114 Rz 19; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 114 Rz 12).
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3. Ausnahmsweise kann PKH auch nach dem Tode des hilfsbedürftigen Antragstellers noch bewilligt werden, wenn das Gericht bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher Bearbeitung des PKH-Antrags zu einem früheren Zeitpunkt und noch zu Lebzeiten des Antragstellers hätte entscheiden und seinen Beschluss dem Antragsteller hätte zugehen lassen können. In diesem Fall wäre dem Beteiligten PKH für den Zeitraum zwischen dem möglichen Zugang des Bewilligungsbeschlusses und seinem (des Antragstellers) Ableben nachträglich PKH zu bewilligen.
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Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die verstorbene Antragstellerin hat PKH mit Schriftsatz vom 11. März 2010 beantragt, ohne eine Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auf dem dafür vorgeschriebenen Vordruck vorzulegen. Der bloße Hinweis auf die Bewilligung von PKH im finanzgerichtlichen Verfahren und die Tatsache, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seither nicht geändert hätten, war nicht geeignet, das gesetzliche Erfordernis der Einreichung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu ersetzen, da die in erster Instanz vorgelegte Erklärung vom Dezember 2006 datierte. Die Antragstellerin hätte sich auch nicht darauf berufen können, dass sie diese Voraussetzung eines erfolgreichen Antrags auf Gewährung von PKH nicht kannte. Denn einem um PKH nachsuchenden Beteiligten ist es zuzumuten, sich über die formalen Erfordernisse ggf. beim FG oder BFH zu erkundigen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. September 2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249, m.w.N.). Obendrein ließ sich die Antragstellerin auch im PKH-Verfahren von ihrem Prozessbevollmächtigten X vertreten. Am 10. Mai 2010 hat die Antragstellerin dann eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersandt und damit die Möglichkeit einer Prüfung des PKH-Antrags geschaffen. Da nach § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO das Gericht vor der Bewilligung der PKH regelmäßig den übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss, hat die Geschäftsstelle mit Schreiben vom 28. Mai 2010 unter Hinweis auf §§ 117 Abs. 2 Satz 2, 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO angefragt, ob den Beteiligten die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zugänglich gemacht werden kann. Diese Zustimmung wurde am 2. Juni 2010 und damit nach dem Tod der Antragstellerin erteilt.
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Nach alledem hätte der beschließende Senat nicht zu einem früheren Zeitpunkt und insbesondere nicht mehr zu Lebzeiten der Antragstellerin über den PKH-Antrag entscheiden können. Es verbleibt deshalb bei dem Grundsatz, dass einem Beteiligten nach seinem Tod PKH nicht mehr bewilligt werden kann.
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4. Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.
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