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BAG 16.07.2013 - 9 AZR 50/12
BAG 16.07.2013 - 9 AZR 50/12 - Gewährung von Urlaub durch unwiderrufliche Freistellung
Normen
§ 362 Abs 1 BGB, § 615 S 2 BGB, § 7 Abs 4 BUrlG, § 7 Abs 1 S 1 BUrlG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Nürnberg, 1. Dezember 2010, Az: 12 Ca 5137/09, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Nürnberg, 4. Oktober 2011, Az: 7 Sa 191/11, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 4. Oktober 2011 - 7 Sa 191/11 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers aus dem Jahr 2009.
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Der Kläger war seit dem 1. Juli 1984 bei der Beklagten als Prokurist und Leiter des Finanz- und Rechnungswesens beschäftigt. Die Parteien führten eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten gegeneinander. Vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg schlossen sie am 24. September 2008 in dem Rechtsstreit - 3 Sa 171/08 - einen gerichtlichen Vergleich. Dort heißt es, soweit maßgeblich:
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„1.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie sind sich des Weiteren darüber einig, dass bei der Komplementärgesellschaft, der Firma S GmbH, also der Beigetretenen, kein Arbeitsverhältnis besteht.
2.
Die Parteien sind sich des Weiteren darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung vom 24.07.2008 mit Ablauf des 31.12.2009 enden wird.
…
4.
Der Kläger bleibt bis 30.09.2008 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Ab 01.10.2008 bringt er seinen Jahresurlaub vollständig ein. Nach Beendigung des Urlaubs wird der Kläger seine Arbeit wieder in N aufnehmen.
…“
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Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger:
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„…
Hiermit stelle ich Sie ab 01.07.2009 unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche werden von Ihnen in der Zeit der unwiderruflichen Freistellung in Natur eingebracht.
…“
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Der Kläger erhob im Juli 2009 zunächst Klage auf Beschäftigung und auf Feststellung, dass die Freistellungserklärung unwirksam sei. Diese Anträge erklärten die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 26. März 2010 übereinstimmend für erledigt. Mit Schriftsatz vom 2. November 2009 machte der Kläger die Abgeltung von 17 Urlaubstagen aus dem Jahr 2009 in Höhe von 7.413,57 Euro geltend.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Freistellung durch die Beklagte sei unwirksam. Sie verstoße gegen Ziff. 4 des vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleichs. Zudem sei die Freistellung ohne sachlichen Grund erfolgt. Es habe für ihn bei der Beklagten eine Beschäftigungsmöglichkeit bestanden. Seine restlichen Urlaubsansprüche habe er unter „Beantragung der Urlaubstermine“ mit Urlaubsantrag vom 12. Mai 2009, mit der Übergabe einer Urlaubsaufstellung am 30. Juni 2009 sowie zusätzlich mit Schreiben vom 1. Juli 2009 geltend gemacht.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 7.413,47 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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hilfsweise, für den Fall der Klageabweisung,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 6.178,47 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, die Revision des Klägers sei mangels ausreichender Begründung unzulässig. Zudem habe sie die Resturlaubsansprüche aus dem Jahr 2009 durch Freistellung erfüllt. Ein Abgeltungsanspruch sei deshalb nicht entstanden.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter.
Entscheidungsgründe
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A. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung von 17 Urlaubstagen aus dem Jahr 2009.
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I. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Revision des Klägers nicht als unzulässig zu verwerfen. Sie genügt gerade noch den gesetzlichen Begründungsanforderungen.
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1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Deshalb muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdacht hat. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 15. Januar 2013 - 9 AZR 276/11 - Rn. 9).Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung( BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - Rn. 12).
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2. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerade noch gerecht. Sie rügt insbesondere, das Landesarbeitsgericht habe es zu Unrecht dahinstehen lassen, ob die Freistellungserklärung rechtswirksam gewesen sei.
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II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger 17 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 gewährte. Der Anspruch auf Urlaub war deshalb gemäß § 362 Abs. 1 BGB vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen. Ein Abgeltungsanspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG konnte nicht mehr entstehen.
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1. Mit der unwiderruflichen Freistellung des Klägers seit dem 1. Juli 2009 erfüllte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Gewährung des streitgegenständlichen Resturlaubs.
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a) Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Voraus durch eine unwiderrufliche Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird (BAG 19. Januar 2010 - 9 AZR 246/09 - Rn. 27). Diese Voraussetzungen erfüllte die Freistellungserklärung der Beklagten mit Schreiben vom 30. Juni 2009. Danach stellte sie den Kläger ab dem 1. Juli 2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche sollten in dieser Zeit in Natur eingebracht werden.
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b) Der Erfüllungswirkung steht nicht entgegen, dass die Freistellungserklärung nicht erkennen lässt, an welchen Tagen die Beklagte den Kläger zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub und an welchen Tagen sie ihn zu anderen Zwecken freistellte.
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aa) Einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung kann der Arbeitnehmer regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen (BAG 19. März 2002 - 9 AZR 16/01 - zu II 2 b bb (2) der Gründe). Eine zeitliche Festlegung des - im Voraus erteilten - Urlaubszeitraums ist deshalb regelmäßig nicht notwendig. Dieses Recht des Klägers zur Festlegung des Urlaubszeitraums lässt sich der Freistellungserklärung der Beklagten entnehmen. Danach sollten noch bestehende Resturlaubsansprüche vom Kläger im Freistellungszeitraum in Natur eingebracht werden. Der Kläger rügt zu Unrecht, er habe mit dem Urlaubsantrag vom 12. Mai 2009, mit der Urlaubsaufstellung vom 30. Juni 2009 sowie mit Schreiben vom 1. Juli 2009 seine restlichen Urlaubsansprüche unter „Beantragung der Urlaubstermine“ geltend gemacht. Er trägt hierzu nicht vor, dass er damit abweichende Urlaubswünsche im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 geäußert habe. Dies wäre auch logisch nicht denkbar, weil ohnehin nur der Freistellungszeitraum vom 1. Juli 2009 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Urlaubsgewährung in Betracht kam.
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bb) Vorliegend war auch nicht ausnahmsweise eine zeitliche Festlegung des Urlaubszeitraums notwendig.
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(1) Der Arbeitnehmer kann, insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen, ein berechtigtes Interesse an einer solchen zeitlichen Festlegung haben. So hat er ein wirtschaftliches Interesse daran, sein Verhalten während des Freistellungszeitraums daran zu orientieren, ob ein etwaiger Zwischenverdienst der Anrechnung unterliegt oder nicht. Deshalb obliegt es dem Arbeitgeber in solchen Fällen, entweder den anrechnungsfreien Urlaubszeitraum konkret zu benennen, die Reihenfolge der Zeiträume zweifelsfrei festzulegen oder dem Arbeitnehmer auf andere Weise mitzuteilen, ob und innerhalb welcher Zeiträume die Anrechnungsvorschrift des § 615 Satz 2 BGB nicht zur Anwendung kommt.
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(2) Solche berechtigten Interessen des Klägers sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere verzichtete die Beklagte durch die Freistellungserklärung darauf, einen etwaigen anderweitigen Verdienst des Klägers im gesamten Freistellungszeitraum mit Ausnahme des Urlaubszeitraums anzurechnen. Ein Vorbehalt, anderweitiger Verdienst werde angerechnet, ergibt sich aus der Erklärung vom 30. Juni 2009 nicht. Aus ihr folgt vielmehr, dass die Beklagte den Kläger von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung entbinden wollte (vgl. BAG 19. März 2002 - 9 AZR 16/01 - zu II 2 d der Gründe).
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(3) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte ihn von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellen durfte. Eine rechtswidrige Freistellung hätte lediglich zur Folge gehabt, dass der Kläger weiterhin einen Beschäftigungsanspruch hätte geltend machen können. Annahmeverzugsansprüche des Klägers wären nicht entstanden. Denn die Beklagte brachte mit der Freistellung zum Ausdruck, dass sie auch ohne Arbeitsleistung die Vergütungsansprüche des Klägers erfüllen werde.
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2. Der Kläger rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass es keine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Urlaubsanspruch gebe. Es fehlt schon an der Darlegung, was er bei einem entsprechenden Hinweis Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte.
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B. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
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