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BAG 17.10.2012 - 5 AZR 473/11
BAG 17.10.2012 - 5 AZR 473/11 - Vergütung von Pausenzeiten und Rufbereitschaft nach einem Firmentarifvertrag
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Ludwigshafen, 6. Mai 2010, Az: 1 Ca 1738/09, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 24. Mai 2011, Az: 3 Sa 575/10, Urteil
Tenor
-
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Mai 2011 - 3 Sa 575/10 - wird zurückgewiesen.
-
2. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Mai 2011 - 3 Sa 575/10 - aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 2.470,50 Euro brutto (Pausenvergütung) nebst Zinsen zu zahlen.
-
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Vergütung von Pausen und Rufbereitschaft.
- 2
-
Der Kläger ist bei der Beklagten als Betriebsarbeiter in der PC-Verschlussfertigung tätig. Gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrags vom 26. August 1992 gelten für das Arbeitsverhältnis, soweit nichts anderes bestimmt ist, die jeweils zwischen der Gewerkschaft Holz und Kunststoff und dem zuständigen Arbeitgeberverband abgeschlossenen Tarifverträge.
- 3
-
In der PC-Verschlussfertigung wird im Conti-Schichtsystem gearbeitet (wöchentlich sieben Tage zu 24 Stunden). Der Kläger erbringt seine Arbeitsleistung in Früh-, Spät- und Nachtschichten, darüber hinaus wird er nach einem Schichtplan zu Freischichten und „Rufbereitschaftsschichten“ eingeteilt. Die vollkontinuierliche Arbeitszeit wird bei der Beklagten bereits seit 1991 praktiziert.
-
Am 6. April 2005 schloss die damals als C B GmbH firmierende Beklagte mit der IG Metall - Bezirksleitung Frankfurt - einen Manteltarifvertrag (im Folgenden: MTV 2005), der auszugsweise Folgendes regelt:
-
„§ 3 Normalarbeitszeit
1.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt für Vollzeitbeschäftigte 35 Stunden und ist gleichmäßig auf fünf Arbeitstage von Montag bis Freitag zu verteilen.
…
3.
Für gesetzlich oder vertraglich zu bezahlende Tage, an denen keine Arbeitsleistung zu erbringen ist (z.B. Urlaub, Feiertage, Krankheit mit Entgeltfortzahlung, bezahlte Freistellung, Freischichten) werden unabhängig von der tatsächlich im Betrieb geleisteten Zeit mit 7 Stunden der Entgeltabrechnung zu Grunde gelegt und auf die Wochenarbeitszeit angerechnet.
…
§ 6 Schichtarbeit
I.
Wechselschicht
(1)
Wechselschicht liegt vor, wenn in 2 Schichten (z.B. Früh- und Spätschicht), oder in 3 Schichten (z.B. Früh-, Spät- und Nachtschicht) in regelmäßigem Wechsel gearbeitet wird.
(2)
Die Schichtpausen bei 3-Schichtbetrieb betragen ½ Std. und werden bezahlt.
(3)
Im übrigen regelt sich die Arbeitszeit nach einem Schichtplan, der zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung vereinbart wird.
II.
Contischicht
(1)
Im Geltungsbereich der vollkontinuierlichen Arbeitszeit kann die Produktionszeit grundsätzlich 168 Std. pro Woche (7 x 24 Std.) unter Einbeziehung von Sonn- und Feiertagen betragen.
(2)
Die Arbeitszeit/der Schichtplan einschließlich evtl. zu bezahlender Freischichten für das Folgejahr werden rechtzeitig zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung vereinbart.
…
§ 9 Rufbereitschaft
Beschäftigte, die nicht im Betrieb anwesend zu sein brauchen, sich aber für einen eventuellen Einsatz bereithalten müssen, erhalten für diese Zeit eine Vergütung. Der Personenkreis, der Zeitraum und die Grundsätze der Vergütung sind durch Betriebsvereinbarung zu regeln.
…
§ 11 Spät-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
…
Die Zuschläge betragen:
(1)
…
…
(6)
Für jede Stunde bei vollkontinuierlicher Arbeitsweise
6 %
…“
-
Am 20. Juli 2006 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über Rufbereitschaft (im Folgenden: BV 05/2006), die auszugsweise lautet:
-
„1.
Der Arbeitsablauf in den einzelnen Produktionsbereichen ist so angelegt, daß von einigen Mitarbeitern immer wieder Rufbereitschaft außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit abgeleistet werden muß.
…
2.
Rufbereitschaft der Schlosser Instandhaltung für die PC-Produktion
Zeiten für Rufbereitschaft sind an Wochenenden und Feiertagen (24 Std.). Hierfür ist ein Mitarbeiter zur Rufbereitschaft eingeteilt.
3.
Rufbereitschaft der Elektriker für den gesamten Betrieb
Zeiten der Rufbereitschaft sind montags bis freitags von 22:30 Uhr bis 06:00 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen (24 Std.). Hierfür ist ein Mitarbeiter zur Rufbereitschaft eingeteilt.
4.
Druckmaschinen PC-Produktion
Herr S, wird nicht in eine regelmäßige Rufbereitschaft eingeteilt, wird aber in Notfällen durch Anruf (Betriebsleiter/Produktionsleiter) bereit sein, die Arbeit aufzunehmen. Dies wird mit einem Betrag von € 170,00 monatlich vergütet. Im übrigen gilt Ziffer 8, Abs. a - c dieser Vereinbarung.
5.
Für die Zeit der Rufbereitschaft wird dem Mitarbeiter ein Handy zur Verfügung gestellt, das er für die Zeit der Rufbereitschaft bei sich zu führen hat, um ständig erreichbar zu sein.
6.
Die Rufbereitschaft wird mit einem Betrag von € 235,00 monatlich vergütet. Voraussetzung ist, dass für mindestens 12 Tage ein Lohnzahlungsanspruch besteht. (Außerhalb der Entgeltfortzahlung wird dieser Betrag nicht gezahlt)
…
8.
Die zur Zeit von Rufbereitschaft betroffenen Mitarbeiter sind im Anhang (a) dieser Vereinbarung beigefügt.
Weitergehend werden keine anderen Mitarbeiter zu Arbeitseinsätzen außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit herangezogen.“
- 6
-
Der Kläger ist nicht namentlich im Anhang der BV 05/2006 aufgeführt.
- 7
-
Am 30. November 2006 schloss die Beklagte mit der IG-Metall - Bezirksleitung Frankfurt - einen Sanierungstarifvertrag (im Folgenden: SanTV 2006), der für die Jahre 2007 und 2008 eine vom MTV 2005 abweichende Wochenarbeitszeit bestimmte und die Conti-Zulage auf 5 % absenkte. Für die Laufzeit des SanTV 2006 vereinbarten die Betriebsparteien am 12. Dezember 2006 eine Arbeitszeitregelung für Mitarbeiter in der PC-Verschlussfertigung (im Folgenden: BV 08/2006).
- 8
-
Bis zum Inkrafttreten des SanTV 2006 und der BV 08/2006 vergütete die Beklagte die Pausen des Klägers wie Arbeitszeit.
-
Für die Zeit nach Ablauf des SanTV 2006 schlossen die Betriebsparteien am 12. Dezember 2008 eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitregelung für Mitarbeiter in der Produktion (im Folgenden: BV 02/2009), die ua. Folgendes bestimmt:
-
„§ 3 Schichtbetrieb
…
Weitere Einzelheiten zB Schichteinteilung, Schichtwechsel, Freischichten und Rufbereitschaften sind in der Betriebsvereinbarung ‚Schichteinteilung für Conti-Schicht-System’ zu regeln.
§ 4 Sollarbeitszeit
Die wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach dem MTV und beträgt 35 Stunden pro Woche. Die tägliche Sollarbeitszeit beträgt 7 Stunden.
Die Differenz von 0,5 Stunden zur tariflichen Arbeitszeit wird dem Zeitkonto Gut geschrieben.
§ 5 Ruhepausen
Die tägliche Pausenzeit richtet sich nach dem MTV und beträgt 0,5 Stunden. Die Pausen werden nicht vergütet (dies wird rechtlich geklärt).
…
§ 7 Mehrarbeit
Mehrarbeit im Sinne dieser Vereinbarung ist jede Stunde, die über eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden hinausgeht. Die Vergütung richtet sich nach dem MTV. Mehrarbeit ist in der Vorwoche vom Vorgesetzten und Betriebsrat zu genehmigen. Die Mehrarbeitsstunden gehen auf das Zeitkonto und werden grundsätzlich abgefeiert. Zuschläge für Mehrarbeitsstunden werden im Folgemonat ausgezahlt. Die Mitarbeiter erhalten monatlich einen Ausdruck Ihres Zeitkontos. Auf diesem werden die Differenzen zwischen dem persönlich geleisteten Arbeitszeiten und der Sollarbeitszeit von wöchentlich 35 Std. erfasst und saldiert. Das Arbeitszeitkonto darf nicht mehr als 50 Stunden Zeitguthaben oder 22,5 Stunden Zeitschuld betragen.
Der Betriebsrat erhält monatlich einen Ausdruck der Zeitsalden.
Positive Arbeitszeitsalden werden zum 31. Dezember des Jahres mit einem Zuschlag von 20 % ausgezahlt.
Negative Arbeitszeitsalden verfallen zum 31. Dezember des Jahres zu Lasten des Arbeitgebers. Eine Verrechnung mit Urlaub ist nicht zulässig.
Werden Zeitguthaben abgefeiert, ist die zeitliche Lage den betrieblichen Notwendigkeiten und berechtigten Mitarbeiterinteressen gleichrangig zu behandeln.
…“
-
Ebenfalls am 12. Dezember 2008 regelten die Betriebsparteien für die Schichteinteilung im Vollconti-Schichtsystem (im Folgenden: BV 02a/2009) Folgendes:
-
„§ 3 Schichtbetrieb
Im Conti-Schicht-System sind die Beschäftigten in 5-Schichten qualitativ gleichwertig aufzuteilen. Jede Schicht wird im regelmäßigen Wechsel in einem Zeitraum mit Frühschichten, Spätschichten, Nachtschichten, Freischichten und Rufbereitschaften eingeteilt.
…
§ 7 Variable Arbeitstage/Rufbereitschaften
Rufbereitschaften sind Ausgleichsschichten an denen die Beschäftigten, zum Erreichen ihrer Wochenarbeitszeit, zu zusätzlichen Früh-, Spät- oder Nachtschichten eingeteilt werden. Rufbereitschaften sind im Schichtmodell fest eingeplant und können kurz- oder mittelfristig als Ausgleichsschichten eingeplant werden. An Samstagen oder Sonntagen sind die Rufbereitschaften grundsätzlich Freischichten und werden nicht als Ausgleichsschichten eingeplant.
§ 8 Mittelfristige Einteilung der Ausgleichsschichten
Ein Schichtplan mit der Schichteinteilung über eine Woche, wird spätestens am Freitag der Vorwoche am Schwarzen Brett bekannt gemacht.
Auf eine gleichmäßige Verteilung der Mitarbeiter/innen auf die Rufbereitschaften und auf das Kalenderjahr ist zu achten.
…
§ 9 Kurzfristige Einteilung zu Ausgleichsschichten
Die Mitarbeiter/innen werden wegen Krankheitsvertretung und kurzfristiger Arbeitsverhinderung zum ableisten von Ausgleichsschichten wie folgt informiert:
-
Bei Frühschicht einen Tag zuvor bis 16:00 Uhr.
-
Bei Spätschicht bis spätestens 09:00 Uhr am gleichen Tag.
-
Bei Nachtschicht bis spätestens 14:00 Uhr am gleichen Tag.“
- 11
-
Der Kläger hat für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2010 Vergütung der Pausen und der Rufbereitschaft verlangt.
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.110,50 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 13
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Vergütung der Pausen sei nur für Mitarbeiter in der Wechselschicht, nicht hingegen für die in der Conti-Schicht vorgesehen. Nach der Systematik des § 6 MTV 2005 schlössen sich Wechsel- und Conti-Schicht gegenseitig aus. Mitarbeiter in der Conti-Schicht erhielten zum Ausgleich eine 6%ige Zulage. Für diese Differenzierung spreche auch die Entstehungsgeschichte des MTV 2005.
- 14
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Ein Anspruch auf Vergütung für Rufbereitschaft bestehe nicht. Bei der Einteilung des Klägers zur sog. Ausgleichsschicht handele es sich schon nicht um „spontane“ Rufbereitschaft. Vielmehr diene sie der Erbringung der Jahresarbeitszeit. Auch sei der Geltungsbereich der BV 05/2006 für den Kläger nicht eröffnet. Es seien im Wesentlichen Mitarbeiter der Instandhaltung betroffen, die im Zwei-Schicht-System arbeiteten, weswegen durch die BV 05/2006 Rufbereitschaftszeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer zur Gewährleistung von notwendigen Instandhaltungsarbeiten geregelt worden seien. Im Conti-Schichtsystem gebe es keine Zeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers hinsichtlich der Vergütung der Pausenzeiten stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt die vollständige Zurückweisung der Berufung des Klägers. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision die Vergütung der Rufbereitschaft weiter.
Entscheidungsgründe
- 16
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet, die Revision der Beklagten begründet und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
- 17
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A. Die Revision des Klägers ist unbegründet.
- 18
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I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rufbereitschaftsvergütung iHv. 235,00 Euro gemäß § 9 des zwischen der Beklagten und der IG-Metall abgeschlossenen MTV 2005.
- 19
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1. Der MTV 2005 findet im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Da der Arbeitsvertrag der Parteien vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts abgeschlossen wurde, ist die Bezugnahmeklausel aus Gründen des Vertrauensschutzes nach wie vor als Gleichstellungsabrede auszulegen (BAG 17. November 2010 - 4 AZR 127/09 - Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifverträge Nr. 85). Die arbeitsvertragliche Verweisung soll lediglich widerspiegeln, was tarifrechtlich gilt und die fehlende Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der tarifschließenden Gewerkschaft ersetzen. Die Bezugnahmeklausel erfasst daher über ihren reinen Wortlaut hinaus alle für die Beklagte als Arbeitgeberin fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge (vgl. BAG 14. Dezember 2005 - 10 AZR 296/05 - Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 30).
- 20
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2. Aus § 9 MTV 2005 folgt kein Anspruch des Klägers. Diese Tarifnorm sieht zwar vor, dass Beschäftigte, die nicht im Betrieb anwesend zu sein brauchen, sich aber für einen evtl. Einsatz bereithalten müssen, für diese Zeit eine Vergütung erhalten, überlässt aber die Regelung des anspruchsberechtigten Personenkreises, des Zeitraums und der Vergütung einer Betriebsvereinbarung. Tarifliche Ansprüche außerhalb dieser Betriebsvereinbarung bestehen deshalb nicht (vgl. BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 317/11 - Rn. 13, 14).
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II. Ein Anspruch auf Zahlung der monatlichen Rufbereitschaftspauschale folgt nicht aus der in Umsetzung von § 9 MTV 2005 abgeschlossenen BV 05/2006. Es kann dahinstehen, ob der Kläger in Fällen eines äußerst kurzfristigen Abrufs innerhalb der von ihm geschuldeten Abrufarbeit Rufbereitschaft im Rechtssinne leistete (zum Begriff vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 330/09 - Rn. 14, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 19; 31. Januar 2002 - 6 AZR 214/00 - zu B I 2 der Gründe, EzA BGB § 611 Rufbereitschaft Nr. 2). Denn bei den vom Kläger zu leistenden Schichten handelte es sich nicht um Rufbereitschaft iSd. BV 05/2006. Seine Rufbereitschaft wurde nicht außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit bzw. zusätzlich zur regelmäßigen Arbeitszeit erbracht. Vielmehr dienten seine Einsätze der Erfüllung der von ihm geschuldeten Jahresarbeitszeit. Nur durch Leistung von Ausgleichsschichten erfüllte der Kläger seine regelmäßige Jahresarbeitszeit.
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B. Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat zwar Anspruch auf Vergütung der Pausenzeiten an Tagen, an denen er gearbeitet hat. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich die Höhe dieses Anspruchs jedoch nicht abschließend beurteilen. Es bedarf weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht. Dies führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO).
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I. Die Klage ist, soweit sie sich auf die Bezahlung der Schichtpausen bezieht, hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn sie ist für den streitbefangenen Zeitraum (Januar 2009 bis März 2010) als abschließende Gesamtklage zu verstehen.
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II. Der Kläger kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 MTV 2005 die Vergütung der Schichtpausen für Tage mit tatsächlicher Arbeitsleistung verlangen. Die Auslegung ergibt, dass auch diejenigen Arbeitnehmer, die im Conti-Schichtmodell wechselnd in Früh-, Spät- und Nachtschicht arbeiten, einen Anspruch auf Pausenvergütung haben. Das hat das zur Auslegung eines Firmentarifvertrags ohne allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung berufene Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
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1. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut. Der Kläger arbeitet in Wechselschicht. Denn in der PC-Verschlussfertigung wird in drei Schichten (Früh-, Spät- und Nachtschicht) in regelmäßigem Wechsel gearbeitet. Soweit die Beklagte meint, der Kläger arbeite nicht in drei, sondern in fünf Schichten, verkennt sie, dass der MTV 2005 auf die konkret im Betrieb gefahrenen Schichten (Arbeitsschichten) abstellt und nicht darauf, in wie viele verschiedene Blöcke der einzelne Arbeitnehmer im Schichtplan eingeteilt ist. Bei der Freischicht und der Rufbereitschaftsschicht handelt es sich schon nicht um Arbeitsschichten. In einer Freischicht arbeitet ein Arbeitnehmer naturgemäß nicht. Während Arbeitnehmer, die nicht in einem Conti-Schichtmodell arbeiten, sondern in Wechselschicht an den Tagen Montag bis Freitag tätig sind, ihre „Freischichten“ - ohne dass dies im Dienstplan gesondert ausgewiesen werden müsste - regelmäßig samstags und sonntags haben, muss die Freischicht bei dem bei der Beklagten praktizierten Conti-Schichtsystem im Dienstplan gesondert ausgewiesen werden, insbesondere auch, um die Freischichten von den Rufbereitschaftsschichten abzugrenzen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Kläger lediglich in drei und nicht in fünf verschiedenen Arbeitsschichten seine Arbeitsleistung erbringt. Wird der Kläger aus der Rufbereitschaft zur Arbeit herangezogen, leistet er diese in der Früh-, Spät- oder Nachtschicht, also in der Drei-Schicht-Wechselschicht.
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2. Die Systematik des § 6 MTV 2005 steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Tatsache, dass der Anspruch auf Bezahlung der Pausen im Abs. 1 für die Drei-Schicht-Wechselschicht ausdrücklich geregelt ist, im Abs. 2 beim Begriff der Conti-Schicht hingegen nicht, stünde dem Anspruch systematisch nur dann entgegen, wenn sich Wechsel- und Conti-Schicht gegenseitig ausschlössen. Dies nimmt die Beklagte indes zu Unrecht an.
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a) Während der Begriff der Wechselschicht auf die individuelle Lage der Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers abstellt, bringt der Begriff der Conti-Schicht zum Ausdruck, dass im Betrieb der Beklagten an allen Tagen der Woche zu jeder Tages- und Nachtzeit produziert wird. Die Schichtbezeichnungen in beiden Absätzen des § 6 MTV 2005 knüpfen deshalb an unterschiedliche Gegebenheiten an. Im Rahmen einer vollkontinuierlichen Arbeitszeit kann die Arbeitsleistung durch den einzelnen Arbeitnehmer sowohl in Wechselschicht als auch im Wege einer gleichbleibenden Lage der Arbeitszeit erbracht werden. Gleiches gilt für eine Tätigkeit in einem Arbeitszeitmodell, bei dem lediglich an den Tagen Montag bis Freitag gearbeitet wird. Es können teilkongruente Schnittmengen bestehen. Aus diesem Grunde hätte es auch systematisch keinen Sinn ergeben, die Pausenvergütung „vor die Klammer zu ziehen“. Diese soll im Rahmen eines Conti-Schichtmodells nämlich nicht generell, sondern nur denjenigen Arbeitnehmern zustehen, die in Drei-Schicht-Wechselschicht arbeiten.
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b) Auch die Tatsache, dass die in der Conti-Schicht eingesetzten Arbeitnehmer gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 6 MTV 2005 eine Zulage iHv. 6 % erhalten, spricht nicht dagegen, dass diese Mitarbeiter zusätzlich einen Anspruch auf Pausenvergütung haben. Während durch die Bezahlung der Pause die besonderen Belastungen der Drei-Schicht-Wechselschicht ausgeglichen werden sollen, dient die Zulage dem Ausgleich der besonderen mit einer Conti-Schicht verbundenen Belastungen. Demgemäß gebühren einem Arbeitnehmer, der im Rahmen der vollkontinuierlichen Arbeitszeit in Drei-Schicht-Wechselschicht arbeitet, beide Vorteile. Die Sichtweise der Beklagten lässt im Übrigen außer Acht, dass eine Zulage von 6 % des Stundenentgelts einen geringeren Geldwert darstellt als die Pausenvergütung für 30 Minuten je Schicht.
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c) Die Entstehungsgeschichte des MTV 2005 stützt die vom Landesarbeitsgericht gefundene Tarifauslegung.
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aa) Zum Zeitpunkt des ersten Entwurfs des MTV vom 30. November 2004 wurde bei der Beklagten bereits im Conti-Schichtsystem gearbeitet, wobei die Schichtpläne eine Einteilung des einzelnen Arbeitnehmers lediglich in vier und nicht in fünf verschiedenen Schichten vorsahen (Früh-, Spät-, Nacht- und Freischicht; eine Rufbereitschaftsschicht gab es noch nicht). Der Entwurf des MTV sah in § 5 Abs. 2 Nr. 7 vor, dass im Conti-Schichtbetrieb die Schichtpause von ½ Stunde Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sein sollte. Darüber hinaus sah der Entwurf des MTV in § 5 Abs. 1 Satz 2 für die Wechselschicht vor, dass die Schichtpause bei 3/4 Schichten (dh. Drei-Schicht-Betrieb und Vier-Schicht-Betrieb) Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sei. Die Tarifvertragsparteien gingen mithin davon aus, dass Wechselschicht auch dann vorliege, wenn der einzelne Arbeitnehmer in vier verschiedene „Schichten“ eingeteilt wird, was zum damaligen Zeitpunkt aber nur im Conti-Schichtmodell der Beklagten der Fall war. Würden sich Wechselschicht und Conti-Schicht gegenseitig ausschließen, wäre der Vier-Schicht-Betrieb nicht unter dem Oberbegriff Wechselschicht eingeordnet worden.
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bb) Dass der Entwurf des MTV vom 11. Januar 2005 in § 5 Abs. 2 unter der Überschrift „Contischicht“ keine Regelung zur Pausenvergütung mehr vorsah, stützt keine abweichende Auslegung. Immerhin könnten die Tarifvertragsparteien erkannt haben, dass die Regelung dann doppelt im MTV 2005 enthalten und mithin überflüssig wäre.
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cc) Für die Auslegung des Landesarbeitsgerichts spricht schließlich, dass der Verzicht auf die Pausenvergütung in der PC-Verschlussfertigung für die Laufzeit des SanTV 2006 in Nr. 3 der BV 08/2006 ausdrücklich geregelt war. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn der MTV 2005 keinen Anspruch auf Pausenvergütung enthalten hätte. Im Übrigen sind Hinweise in Betriebsvereinbarungen für die Auslegung von Tarifverträgen ohne rechtliche Bedeutung.
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III. Der Anspruch auf Pausenvergütung besteht allerdings nur für die Tage, an denen der Kläger gearbeitet hat. § 3 Abs. 3 MTV 2005 bestimmt hinsichtlich des Zeitfaktors zulässigerweise (§ 4 Abs. 4 EFZG, § 13 Abs. 1 BUrlG), dass die gesetzlich oder vertraglich zu bezahlenden Tage, an denen keine Arbeitsleistung zu erbringen ist (zB Urlaub, Feiertage, Krankheit mit Entgeltfortzahlung, bezahlte Freistellung, Freischichten) der Entgeltabrechnung unabhängig von der tatsächlich im Betrieb geleisteten Zeit mit sieben Stunden zugrunde gelegt und auf die Wochenarbeitszeit angerechnet werden (vgl. BAG 24. März 2004 - 5 AZR 346/03 - BAGE 110, 90; 23. Januar 2001 - 9 AZR 4/00 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Holz Nr. 22 = EzA BUrlG § 11 Nr. 49). Das Landesarbeitsgericht wird deshalb aufzuklären haben, an welchen Tagen der Kläger tatsächlich gearbeitet hat.
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IV. Das Landesarbeitsgericht wird ferner zu prüfen haben, ob und inwieweit die Ansprüche des Klägers nach § 21 Abs. 2 MTV 2005 verfallen sind.
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1. Ist die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags - wie im Streitfall - unstreitig, ist die Einhaltung einer darin normierten tariflichen Ausschlussfrist materiell-rechtliche Voraussetzung für den Fortbestand des behaupteten Anspruchs. Ihre Nichteinhaltung ist eine Einwendung, die zu beachten ist, ohne dass sich der Anspruchsgegner auf die Verfallfrist beruft (BAG 27. Juni 2012 - 5 AZR 51/11 - Rn. 27 mwN).
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2. Hinsichtlich des Bestehens und der Fälligkeit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs wird das Landesarbeitsgericht ferner zu prüfen haben, ob, wann und inwieweit die Pausen zunächst als Zeitgutschrift in ein für den Kläger geführtes Jahresarbeitszeitkonto (vgl. §§ 4, 7 BV 02/2009) einzustellen waren, sowie ob und wann nach Ablauf des Ausgleichszeitraums ein Vergütungsanspruch entstanden ist.
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Müller-Glöge
Laux
Biebl
R. Rehwald
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