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BAG 22.05.2012 - 9 AZR 618/10
BAG 22.05.2012 - 9 AZR 618/10 - Verfall tariflichen Mehrurlaubs bei Arbeitsunfähigkeit - § 26 Abs 2 Buchst a TV-L
Normen
§ 26 Abs 2 Buchst a TV-L, § 7 Abs 3 S 3 BUrlG, § 7 Abs 4 BUrlG, § 1 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, Art 7 EGRL 88/2003
Vorinstanz
vorgehend ArbG München, 11. Februar 2010, Az: 3 Ca 10454/09, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht München, 29. Juli 2010, Az: 3 Sa 280/10, Urteil
Leitsatz
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1. Die Tarifvertragsparteien des TV-L haben mit § 26 Abs 2 Buchst a TV-L ein eigenständiges, von dem des Bundesurlaubsgesetzes abweichendes Fristenregime geschaffen, nach dem der tarifliche Mehrurlaub auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit am Ende des zweiten Übertragungszeitraums am 31. Mai des Folgejahres verfällt.
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2. Die Abgeltung tariflicher Mehrurlaubsansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht davon abhängig, dass die Arbeitsfähigkeit wiedererlangt wird. Insofern haben die Tarifvertragsparteien des TV-L keine eigenständige Regelung getroffen, sondern lediglich auf die Bestimmungen zum gesetzlichen Mindesturlaub Bezug genommen.
Tenor
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1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 29. Juli 2010 - 3 Sa 280/10 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und der Tenor wie folgt neu gefasst:
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Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.762,67 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6.677,81 Euro für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 30. Juli 2009, aus 1.909,04 Euro für die Zeit vom 31. Juli 2009 bis zum 26. November 2009 und aus 1.762,67 Euro seit dem 27. November 2009 zu zahlen.
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Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
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2. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte zu 83 % und der Kläger zu 17 % zu tragen. Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Beklagte zu 57 % und der Kläger zu 43 % zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs.
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Der Kläger war vom 1. Januar 1976 bis zum 31. März 2009 beim Beklagten an der Technischen Universität M beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrags vom 23. Februar 1961 (BAT), den zur Ergänzung sowie Änderung abgeschlossenen bzw. künftig abzuschließenden Tarifverträgen und der Sonderregelung zum BAT richtet. Seit dem 1. November 2006 wandten die Parteien den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) auf das Arbeitsverhältnis an. In diesem Tarifvertrag idF des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 1. März 2009 heißt es zum Erholungsurlaub ua.:
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„§ 26
Erholungsurlaub
(1)
Beschäftigte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 21). Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr
...
nach dem vollendeten 40. Lebensjahr
30 Arbeitstage.
… Verbleibt bei der Berechnung des Urlaubs ein Bruchteil, der mindestens einen halben Urlaubstag ergibt, wird er auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet; Bruchteile von weniger als einem halben Urlaubstag bleiben unberücksichtigt. Der Erholungsurlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt werden; er kann auch in Teilen genommen werden.
...
(2)
Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:
a)
Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.
b)
Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im Laufe eines Jahres, steht als Erholungsurlaub für jeden vollen Monat des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des Urlaubsanspruchs nach Absatz 1 zu; § 5 Bundesurlaubsgesetz bleibt unberührt.
...“
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Der Kläger war vom 23. Oktober 2007 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit seiner dem Beklagten am 21. Juli 2009 zugestellten Klage hat er die Abgeltung von 59 Urlaubstagen verlangt. Der Beklagte hat ihm zur Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs und des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen am 31. Juli 2009 4.768,75 Euro brutto und am 27. November 2009 weitere 146,44 Euro brutto gezahlt. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte habe auch den tariflichen Mehrurlaub im Umfang von jeweils zehn Tagen für die Jahre 2007 und 2008 sowie im Umfang von drei Tagen für das Jahr 2009 abzugelten. Aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit sei er gehindert gewesen, den tariflichen Mehrurlaub vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.118,52 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.033,71 Euro für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 30. Juli 2009, aus 3.264,94 Euro für die Zeit vom 31. Juli 2009 bis zum 26. November 2009 und aus 3.118,52 Euro seit dem 27. November 2009 zu zahlen.
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Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der tarifliche Mehrurlaub sei verfallen. § 26 TV-L regele den Erholungsurlaub eigenständig und in erheblicher Weise abweichend vom gesetzlichen Urlaubsregime.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung der Entscheidung des Arbeitsgerichts.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten hat teilweise Erfolg.
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I. Die Revision ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht den Beklagten zur Abgeltung von zehn Tagen tariflichen Mehrurlaubs aus dem Jahr 2007 verurteilt hat. Der tarifliche Mehrurlaubsanspruch des Klägers aus diesem Jahr ist gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L am 31. Mai 2008 verfallen und war damit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 nicht gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.
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1. Nach § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TV-L muss der Erholungsurlaub im Falle der Übertragung in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L bis zum 31. Mai anzutreten. Da der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit den tariflichen Mehrurlaub aus dem Kalenderjahr 2007 weder in diesem Jahr noch bis zum Ablauf des zweiten Übertragungszeitraums am 31. Mai 2008 antreten konnte, ist dieser Urlaub verfallen.
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2. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem Umstand, dass er auch über den 31. Mai 2008 hinaus arbeitsunfähig war, nichts anderes. Zwar hat der Senat nach der „Schultz-Hoff“-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 (- C-350/06 und C-520/06 - Rn. 42 ff., Slg. 2009, I-179) aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben angenommen, der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch sei im Falle fortdauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers entgegen der Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG nicht bis zum 31. März des Folgejahres befristet (vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; zur erforderlichen Mindestlänge des Übertragungszeitraums: vgl. EuGH 22. November 2011 - C-214/10 - [KHS] Rn. 38, AP Richtlinie 2003/88/EG Nr. 6 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2003/88 Nr. 7). Die unionsrechtlichen Vorgaben betreffen jedoch ausschließlich den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, Arbeitnehmern über diesen hinaus Urlaubsansprüche einzuräumen und die Bedingungen für die Inanspruchnahme und Gewährung des Mehrurlaubs nach nationalem Recht festzulegen (EuGH 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] Rn. 34 ff. mwN, NVwZ 2012, 688). Ebenso können Tarifvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Anspruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigen, frei regeln (vgl. EuGH 3. Mai 2012 - C-337/10 - [Neidel] aaO mwN; BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 21, EzA BUrlG § 7 Nr. 123; 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 23 mwN, BAGE 134, 196; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 19, 26 ff., BAGE 134, 1). Diese Befugnis schließt die Befristung des Mehrurlaubs ein. Einem von Tarifvertragsparteien angeordneten Verfall tariflichen Mehrurlaubs steht Unionsrecht damit nicht entgegen. Da nicht der durch die Arbeitszeitrichtlinie gewährleistete Mindestjahresurlaub von vier Wochen betroffen ist, besteht keine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 20 ff., aaO).
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a) Die Tarifvertragsparteien haben in § 26 Abs. 2 TV-L hinsichtlich der Befristung und Übertragung und damit mittelbar auch zugleich bezüglich des Verfalls des Urlaubs von § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende, eigenständige Regelungen getroffen.
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aa) Für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, den Mehrurlaub einem eigenen, von dem des Mindesturlaubs abweichenden Fristenregime zu unterstellen, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 37 ff., BAGE 134, 1; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 84, BAGE 130, 119 ). Fehlen solche, ist von einem „Gleichlauf“ des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf tariflichen Mehrurlaub auszugehen. Ein „Gleichlauf“ ist nicht gewollt, wenn die Tarifvertragsparteien entweder bei der Befristung und Übertragung bzw. beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tarifvertraglichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenregime gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz abweichende Regelungen zur Befristung und Übertragung bzw. zum Verfall des Urlaubsanspruchs getroffen haben (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 22, EzA BUrlG § 7 Nr. 123 ).
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bb) § 26 TV-L differenziert hinsichtlich der Befristung und der Übertragung des Urlaubs zwar nicht ausdrücklich zwischen gesetzlichem Mindest- und tariflichem Mehrurlaub. Die Tarifvertragsparteien des TV-L haben sich jedoch vom gesetzlichen Fristenregime gelöst, indem sie die Befristung und Übertragung und damit auch den Verfall des Urlaubsanspruchs abweichend vom Bundesurlaubsgesetz eigenständig geregelt haben.
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(1) Während nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG der Urlaub im Fall der Übertragung in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden muss (vgl. BAG 7. Dezember 1993 - 9 AZR 683/92 - zu I 3 der Gründe, BAGE 75, 171; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 126), reicht es gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 1 TV-L aus, dass der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten wird. Die tarifliche Regelung, nach der der bloße Urlaubsantritt genügt, weicht damit erheblich von der gesetzlichen Regelung ab.
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(2) Eine weitere wesentliche Abweichung vom gesetzlichen Fristenregime beinhaltet § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L. Nach dieser Vorschrift ist der Erholungsurlaub bis zum 31. Mai anzutreten, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienstlichen Gründen nicht bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres angetreten werden kann. Die Tarifvertragsparteien haben damit anders als der Gesetzgeber im Bundesurlaubsgesetz einen zweiten Übertragungszeitraum festgelegt und auf diese Weise ein eigenständiges, vom Bundesurlaubsgesetz abweichendes Fristenregime geschaffen.
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(3) Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist es für die Frage des Vorliegens einer eigenständigen tariflichen Regelung unerheblich, dass § 26 TV-L - anders als § 47 Abs. 7 BAT - bei Fristablauf nicht ausdrücklich den Verfall des Urlaubsanspruchs vorsieht. Auch das Bundesurlaubsgesetz ordnet die Rechtsfolge des Verfalls nicht ausdrücklich an ( vgl. BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 62, BAGE 130, 119). Einer solchen ausdrücklichen Anordnung des Untergangs des Anspruchs bedarf es nicht. Mit Fristende entfällt die Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs (vgl. BAG 28. November 1990 - 8 AZR 570/89 - zu II 2 der Gründe mwN, BAGE 66, 288; MüArbR/Düwell 3. Aufl. Bd. 1 § 78 Rn. 12; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 104 Rn. 103). Dies gilt auch für den tariflichen Mehrurlaub. Dementsprechend hat der Senat für den umgekehrten Fall, dass ein Tarifvertrag ausdrücklich den Verfall des Urlaubs anordnet, entschieden, dass dies allein nicht genügt, um einen eigenständigen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien anzunehmen (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 33, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).
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b) Ohne Bedeutung ist, dass im Hinblick auf die dargestellte Rechtsprechung des EuGH zu Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und des Senats zu § 7 Abs. 3 BUrlG ein Verfall des Mindesturlaubsanspruchs bei fortdauernder Erkrankung nach einem Übertragungszeitraum von nur fünf Monaten unionsrechtlich nicht zulässig ist. Entscheidend ist, dass für den vom Mindesturlaub abtrennbaren Teil der einheitlich geregelten Gesamturlaubsdauer, den tariflichen Mehrurlaub, die tarifliche Regelung wirksam bleibt (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 80/10 - Rn. 27, EzA BUrlG § 7 Nr. 123).
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II. Die Revision des Beklagten ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht ihn verurteilt hat, den tariflichen Mehrurlaub des Klägers für die Jahre 2008 und 2009 iHv. insgesamt 13 Urlaubstagen mit 1.762,67 Euro brutto abzugelten.
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1. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 26 Abs. 2 Einleitungssatz TV-L. Über die Anzahl der dem Kläger für das Jahr 2008 und die Monate Januar bis März 2009 zustehenden tariflichen Mehrurlaubstage und die Höhe des vom Kläger für jeden Urlaubstag beanspruchten Abgeltungsbetrags von 135,59 Euro brutto besteht kein Streit. Gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a Satz 2 TV-L ist der Urlaub bis zum 31. Mai des folgenden Kalenderjahres anzutreten, wenn er wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus betrieblichen/dienst-lichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden konnte. Der tarifliche Mehrurlaub von zehn Arbeitstagen für das Jahr 2008 war damit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. März 2009 aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers noch nicht verfallen. Dies gilt auch für den anteiligen tariflichen Mehrurlaub von drei Tagen für die Monate Januar bis März 2009.
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2. Der Anspruch des Klägers auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs für das Jahr 2008 und die Monate Januar bis März 2009 hängt nicht davon ab, ob und gegebenenfalls wann der Kläger nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangt hat.
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a) Allerdings sind Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs durch europarechtliche Vorgaben nicht gehindert, den Abgeltungsanspruch an die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs zu binden. Sie können regeln, dass der den Mindestjahresurlaub von vier Wochen übersteigende tarifliche Mehrurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht oder nur dann abzugelten ist, wenn der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, und insofern die früher von der Rechtsprechung bei dauerhaft erkrankten Arbeitnehmern angewandte Surrogatstheorie (vgl. zur Entwicklung: BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 14 ff., BAGE 134, 196) für sich vereinnahmen (AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. Bd. 2 § 7 BUrlG Rn. 137; HWK/Schinz 5. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 120).
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(1) Für die Annahme einer solchen tariflichen Regelung bedarf es freilich eindeutiger, über das Regelungsziel des § 7 Abs. 4 BUrlG hinausgehender Bestimmungen im Tarifvertrag (AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 138; vgl. zur Annahme einer voraussetzungslosen Abfindung unter der Geltung der Surrogatstheorie BAG 20. Januar 1998 - 9 AZR 601/96 - zu I 2 b der Gründe; 9. August 1994 - 9 AZR 346/92 - zu I 2 c der Gründe, BAGE 77, 291 unter Aufgabe der vertretenen Auffassung im Urteil vom 22. Juni 1989 - 8 AZR 172/88 - AP BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 50 = EzA BUrlG § 7 Nr. 69). Auch bei Tarifverträgen, die vor der Verkündung der „Schultz-Hoff“-Entscheidung am 20. Januar 2009 geschlossen wurden, müssen für einen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien, der zwischen Ansprüchen auf Abgeltung von Mindest- und Mehrurlaub unterscheidet, deutliche Anhaltspunkte bestehen (BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 47, BAGE 134, 1).
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(2) Für die Beantwortung der Frage, ob Tarifvertragsparteien die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs abweichend von der gesetzlichen Bestimmung in § 7 Abs. 4 BUrlG geregelt haben, bedarf es einer eigenständigen Prüfung. Diese hat unabhängig von der Beurteilung zu erfolgen, ob die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Befristung, der Übertragung und des Verfalls des tariflichen Mehrurlaubs Sonderregelungen getroffen haben. Beinhaltet ein Tarifvertrag eigenständige Fristen für die Übertragung und den Verfall des Urlaubs, schließt dies nicht aus, dass die Tarifvertragsparteien die gesetzliche Urlaubsabgeltungsregelung für angemessen gehalten und deshalb insoweit auf eine Sonderreglung für den tariflichen Mehrurlaub verzichtet haben. Umgekehrt ist denkbar, dass Tarifvertragsparteien auch für den tariflichen Mehrurlaub am gesetzlichen Fristenregime festhalten wollten, allerdings bei der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs, zB im Falle andauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, von der Übernahme der gesetzlichen Regelung abgesehen und besondere Regelungen getroffen haben. Soweit der Senat zunächst ohne weitergehende Differenzierung geprüft hat, ob sich Tarifvertragsparteien in weiten Teilen vom gesetzlichen Urlaubsregime gelöst und eigene Regeln aufgestellt haben (vgl. BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 50, BAGE 134, 1), hat er dies bereits in der Entscheidung vom 12. April 2011 ( - 9 AZR 80/10 - Rn. 28 ff., EzA BUrlG § 7 Nr. 123) präzisiert und angenommen, dass ein dem Gleichlauf von Mindest- und Mehrurlaub bezüglich des Fristenregimes entgegenstehender Regelungswille der Tarifvertragsparteien nicht bereits dann vorliegt, wenn in einem Tarifvertrag - wie in § 26 Abs. 2 Buchst. b TV-L - von der Zwölftelungsregelung des § 5 BUrlG abgewichen wird. Vielmehr seien die einschlägigen tariflichen Bestimmungen zu den jeweiligen Regelungsgegenständen (Fristenregime, Abgeltungsanspruch) zu untersuchen. Im Hinblick auf das Bestehen eines Abgeltungsanspruchs bezüglich des tariflichen Mehrurlaubs im Falle der Arbeitsunfähigkeit bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedarf es mithin der Untersuchung der tariflichen Regelungen zur Urlaubsabgeltung.
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b) Die Frage der Arbeitsfähigkeit des Klägers wäre für seinen Abgeltungsanspruch damit nur dann von Bedeutung, wenn die Tarifvertragsparteien des TV-L den Anspruch auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs seiner Rechtsnatur nach als Surrogat des Urlaubsanspruchs im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor der „Schultz-Hoff“-Entscheidung des EuGH vom 20. Januar 2009 ausgestaltet und geregelt hätten, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch während der Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten nicht erfüllbar ist (vgl. BAG 7. September 2004 - 9 AZR 587/03 - zu I 2 a der Gründe, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 12). Dies ist jedoch nicht der Fall. § 26 Abs. 2 Einleitungssatz TV-L ordnet ausdrücklich die Geltung des Bundesurlaubsgesetzes an, soweit der Tarifvertrag nicht andere Regelungen enthält. Die Urlaubsabgeltung ist im TV-L nicht geregelt. Damit richtet sich nicht nur die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, sondern auch die Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach dieser Vorschrift hat auch der arbeitsunfähige Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, BAGE 134, 196).
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3. Die Zinsansprüche folgen aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
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