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BSG 25.10.2023 - B 6 KA 15/23 B
BSG 25.10.2023 - B 6 KA 15/23 B - (Sozialgerichtliches Verfahren - Revisionsgrund - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - Klärungsbedürftigkeit bei bereits außer Kraft getretenem Recht (hier: kostenmäßige Folge eines Direktbezugs von Gerinnungsfaktorenzubereitung im Jahr 2015 gem § 47 Abs 1 Nr 2 AMG 1976 in der Fassung vom 1.7.1998) - nur bei erheblicher Zahl von Fällen oder fortwirkender allgemeiner Bedeutung (hier: verneint))
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 43 Abs 3a S 1 AMG 1976, § 47 Abs 1 Nr 2 AMG 1976 vom 01.07.1998, § 132i SGB 5
Vorinstanz
vorgehend SG Hannover, 10. März 2021, Az: S 20 KA 28/17, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 25. Januar 2023, Az: L 3 KA 32/21, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Januar 2023 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 233 726,61 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die Klägerin macht Ansprüche auf Aufwendungsersatz für die Beschaffung von Faktorpräparaten zur Behandlung von Patienten mit Gerinnungsstörungen iHv 233 726,61 Euro geltend.
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Alleingesellschafter und Geschäftsführer der klagenden GmbH ist ein Facharzt für Transfusionsmedizin. Dieser betrieb bis September 2022 als Einzelunternehmer das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) W, das auf die Behandlung von Patienten mit Blutgerinnungsstörungen spezialisiert ist. Für die Versorgung eines bei der beklagten Krankenkasse versicherten Patienten im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren bestellte die Klägerin im Quartal 2/2015 Faktorpräparate direkt beim Hersteller, der diese direkt an die Klägerin lieferte. Die Klägerin forderte von der Beklagten Ersatz der entstandenen Aufwendungen in Höhe der verauslagten Kosten für die Präparate zuzüglich eines Aufschlags iHv 3 % sowie 6,38 Euro pro Packung und verwies dabei auf den Arzneimittelversorgungsvertrag zwischen den Ersatzkassen und dem Deutschen Apothekerverband. Die Beklagte lehnte eine Begleichung der Forderung ab. Der Klägerin stünden weder Verzugszinsen und Mahngebühren noch Verwaltungsgebühren zu. Die Rechnung sei dementsprechend zu korrigieren.
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Mit ihrer beim SG erhobenen Klage hat die Klägerin ua vorgetragen, sie sei vom MVZ W als Rechenzentrum gemäß § 300 Abs 2 SGB V beauftragt worden, die diesbezügliche Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen vorzunehmen. Das MVZ habe die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Aufwendungsersatz an sie abgetreten. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin im Wege der Klageerweiterung Aufwendungsersatz für die Beschaffung von Faktorpräparaten für weitere bei der Beklagten versicherte Patienten geltend gemacht. Die Lieferung der Gerinnungsfaktorenzubereitungen erfolgte in diesen Fällen vom Hersteller direkt an Hausarztpraxen am jeweiligen Wohnort der Versicherten. Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 221 121,40 Euro nebst Prozesszinsen zu zahlen, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil des SG vom 10.3.2021). Die Klage sei hinsichtlich der aufgewendeten Kosten für die verordneten Präparate begründet; hinsichtlich des Aufwendungsersatzes in Höhe einer Apothekenvergütung bleibe sie ohne Erfolg.
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Auf die hiergegen von der Beklagten eingelegte Berufung und unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen (Urteil vom 25.1.2023). Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung der Arzneimittelkosten aus abgetretenem Recht zu. In den der Klageerweiterung zugrundeliegenden Fällen seien die Präparate vom Hersteller direkt an die jeweiligen Hausärzte geliefert worden, die die Präparate sodann an die Versicherten abgegeben hätten. Damit läge schon keine Geschäftsbesorgung durch das MVZ vor. Hinsichtlich der ursprünglich geltend gemachten Forderung sei die Beschaffung der Faktorpräparate durch die Klägerin im eigenen Namen und nicht durch oder für das MVZ erfolgt. Dementsprechend seien dem MVZ keine Aufwendungen entstanden, so dass ein derartiger Anspruch nicht auf die Klägerin übergegangen sein könne. Unabhängig davon sei aber bereits eine wirksame Abtretung möglicher Ansprüche des MVZ an die Klägerin nicht festzustellen. Ansprüche der Klägerin auf Aufwendungsersatz aus eigenem Recht seien nicht Gegenstand der Klage.
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Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel geltend (Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 3 SGG).
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II. A. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
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1. Soweit die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird, ist die Beschwerde - soweit sie zulässig ist - nicht begründet. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5; BSG Beschluss vom 12.9.2018 - B 6 KA 12/18 B - juris RdNr 5). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar ergibt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).
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Die Klägerin führt aus, die Entscheidung des LSG beruhe auf der Rechtsfrage:
"Hat die vom verordnenden Facharzt für Transfusionsmedizin getragene GmbH als Erfüllungsgehilfin gegen die Kasse Anspruch auf Erstattung der Kosten für im Direktbezug vom Arzneimittelhersteller erworbene und dem Patienten zur Verfügung gestellten Gerinnungsfaktoren? "
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a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin damit eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung revisibler (Bundes-)Normen formuliert hat, an denen das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen könnte (vgl dazu BSG Beschluss vom 2.3.2015 - B 12 KR 60/14 B - juris RdNr 15; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - juris RdNr 10). Die Frage enthält jedenfalls einzelfallbezogene Prämissen, die von mehreren, vom LSG gegebenenfalls festzustellenden Sachverhaltselementen ausgehen. Dass die Klägerin als "Erfüllungsgehilfin" des (jeweiligen) verordnenden Facharztes für Transfusionsmedizin tätig geworden ist, hat das LSG schon nicht festgestellt.
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Wenn die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung rügt, dass das LSG "den Anspruch der Klägerin selbst auf Erstattung dieser Kosten nur rudimentär" (Beschwerdebegründung S 12) prüfe, zieht sie lediglich die Richtigkeit der Entscheidung des LSG in dem hier zu entscheidenden Einzelfall in Zweifel. Dies wird auch deutlich, soweit die Klägerin weitergehend ausführt, "das Landessozialgericht war auf der Grundlage der eigenen Argumentation verpflichtet, den klageweise geltend gemachten Anspruch auf Basis aller in Betracht kommenden Rechtsgründe zu prüfen" und es sei ein "Erstattungsanspruch gemäß § 812 BGB" ausgelöst worden (Beschwerdebegründung S 12). Die Frage, ob die Entscheidung des LSG im Einzelfall zutreffend ist, vermag die Zulassung der Revision nicht zu eröffnen.
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b) Jedenfalls aber fehlt es im Hinblick auf die aufgeworfenen Fragestellungen an einem über den Einzelfall hinausgehenden, die Allgemeinheit betreffenden Interesse (sogenannte Breitenwirkung). Die Frage betrifft die kostenmäßigen Folgen eines sogenannten Direktbezugs von Gerinnungsfaktorenzubereitungen beim Hersteller, dh ohne Einbindung einer Apotheke, auf der Grundlage von § 47 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchst a AMG (in der bis 31.8.2020 geltenden Fassung, aF). Danach durften gentechnologisch hergestellte Blutbestandteile, soweit es sich um Gerinnungsfaktorenzubereitungen handelte, von dem hämostaseologisch qualifizierten Arzt im Rahmen der ärztlich kontrollierten Selbstbehandlung von Blutern an seine Patienten abgegeben werden. Diese Vorschrift ist jedoch aufgrund der Änderungen durch das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom 9.8.2019 (BGBl I 1202) in der Fassung von Art 12 Nr 2 des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.5.2020 (BGBl I 1018) mit Ablauf des 31.8.2020 außer Kraft getreten. Eine Direktabgabe von Gerinnungsfaktorenzubereitungen durch den pharmazeutischen Hersteller oder Großhändler an den behandelnden Arzt ist seitdem ausgeschlossen. Gleichzeitig ist die Preisbildung in § 130d SGB V neu geregelt worden. Ergänzend bestimmt der neu eingeführte § 132i Satz 1 SGB V (in der Fassung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom 9.8.2019, BGBl I 1202), dass die Krankenkassen oder deren Landesverbände Versorgungsverträge mit ärztlichen Einrichtungen (oder deren Verbänden) schließen, die auf die qualitätsgesicherte Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie durch hämostaseologisch qualifizierte Ärzte spezialisiert sind. In den Verträgen soll die Vergütung von zusätzlichen, besonderen ärztlichen Aufwendungen zur medizinischen Versorgung und Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Gerinnungsstörungen bei Hämophilie, insbesondere für die Beratung über die Langzeitfolgen von Gerinnungsstörungen, die Begleitung und Kontrolle der Selbstbehandlung, die Dokumentation nach § 14 des Transfusionsgesetzes und die Meldung an das Deutsche Hämophilieregister nach § 21 Abs 1a des Transfusionsgesetzes sowie für die Notfallvorsorge und -behandlung geregelt werden (§ 132i Satz 2 SGB V).
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Dass trotz dieser grundlegenden Neuregelung ein über den Einzelfall hinausgehendes, die Allgemeinheit betreffendes Interesse an der Klärung der formulierten Rechtsfrage bestehen würde, ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin nicht ersichtlich. Bei Rechtsfragen zu bereits außer Kraft getretenem Recht kann eine Klärungsbedürftigkeit nur anerkannt werden, wenn noch eine erhebliche Zahl von Fällen auf der Grundlage dieses nicht mehr geltenden Rechts zu entscheiden ist oder wenn die Überprüfung der Rechtsnorm bzw ihrer Auslegung aus anderen Gründen fortwirkende allgemeine Bedeutung hat (BSG Beschluss vom 12.1.2017 - B 6 KA 68/16 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 26.5.2021 - B 6 KA 26/20 B - juris RdNr 25, jeweils mwN). Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich die Rechtsfrage "nicht durch die neue Regelung des § 132i SGB V erledigt" habe, "zumal jedenfalls in Notfällen der Direktbezug über den Arzt geboten ist" (Beschwerdebegründung S 15), kann damit eine fortwirkende allgemeine Bedeutung bezogen auf die Auslegung des alten Rechts nicht begründet werden. Wenn die Klägerin damit auf § 43 Abs 3a Satz 1 AMG Bezug nehmen will, wonach das Bereithalten eines Vorrats an Arzneimitteln zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie für den unvorhersehbaren und dringenden Bedarf (Notfallvorrat) vorgesehen ist, so bestimmt bereits § 132i Satz 2 SGB V, dass die Vergütung der Notfallversorgung in den Versorgungsverträgen zu regeln ist.
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2. Die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensfehler liegen, soweit die Beschwerdebegründung den Darlegungsanforderungen entspricht, nicht vor. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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a) Die Klägerin macht eine fehlerhafte Anwendung des § 101 Abs 2 SGG geltend. Sie ist der Auffassung, dass dem im Berufungsverfahren abgegebenen Schriftsatz der Beklagten vom 3.3.2021 ein Anerkenntnis im Hinblick auf die in Rechnung gestellten Arzneimittelkosten zu entnehmen sei. In diesem Schriftsatz habe die Beklagte bestätigt, dass sie bereit sei, die in den Rechnungen der Klägerin bezifferten Kosten für Arzneimittel als solche zu begleichen. Nur die darüber hinausgehenden Aufwendungserstattungsansprüche habe die Beklagte nicht anerkannt. Die weiteren Formulierungen in der Beschwerdebegründung ("Das Landessozialgericht ignoriert das Anerkenntnis", "Diese Interpretation … steht mit den Grundsätzen, die bei der Auslegung von Prozesserklärungen anzuwenden sind, im Widerspruch" und das "Landessozialgericht hätte bei zutreffender Anwendung des § 101 Abs. 2 SGG insoweit die Berufung zurückweisen müssen" vgl Beschwerdeschriftsatz S 8 f) verdeutlichen, dass die Klägerin eine fehlerhafte Auslegung von Prozesserklärungen durch das LSG rügen will. Ein Verstoß gegen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze stellt aber regelmäßig keinen Verfahrensfehler, sondern gegebenenfalls eine Verletzung materiellen Rechts dar (vgl auch BSG Beschluss vom 15.3.2018 - B 3 KR 41/17 B - juris RdNr 12 mwN; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 487).
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Soweit die Klägerin möglicherweise auf eine Verletzung des Willkürverbots zielt, wird eine solche Verletzung schon nicht hinreichend dargelegt. Willkür liegt nicht bereits dann vor, wenn eine Entscheidung unzutreffend ist, sondern erst, wenn sie unter keinem rechtlichen Aspekt mehr vertretbar ist, wenn die Rechtsanwendung nicht mehr verständlich ist und sich deswegen der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhe. Die Rechtslage muss daher in krasser Weise verkannt worden sein (vgl BSG Beschluss vom 12.4.2018 - B 3 KR 46/17 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 14.10.2020 - B 10 ÜG 3/20 B - juris RdNr 12). Insoweit versäumt die Klägerin, sich mit der Argumentation des LSG auseinanderzusetzen, welches aufgrund fehlender Angaben zur Höhe etwaiger Erstattungsansprüche und dem Hinweis auf eine fehlende prüfbare bzw korrekte Rechnung, ein Anerkenntnis der Beklagten verneint (vgl Urteilsumdruck S 17 f). Allein mit der Darstellung einer eigenen, anderen Rechtsansicht, legt die Klägerin keine krasse Verkennung der Rechtslage durch das LSG dar.
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b) Auch soweit die Klägerin die Missachtung eines (vermeintlichen) Geständnisses der Beschwerdegegnerin nach § 288 ZPO rügt, bestehen keine Gründe für eine Zulassung der Revision aufgrund eines Verfahrensmangels. Eine Bindung des Gerichts an ein Geständnis eines Beteiligten iS des § 288 ZPO besteht im sozialgerichtlichen Verfahren nicht (BSG Beschluss vom 8.4.2020 - B 13 R 260/18 B - juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 21.6.2000 - B 12 RJ 3/00 B - juris RdNr 4; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 202 RdNr 3). Das Gericht ist vielmehr nach § 103 Satz 2 SGG bei der Sachverhaltsermittlung an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
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c) Mit der Rüge, das LSG habe die Anschlussberufung der Klägerin im Hinblick auf die Erstattung weiterer Aufwendungen zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen, hat die Klägerin einen Verfahrensmangel nicht hinreichend aufgezeigt. Die Beschwerdebegründung geht über die Behauptung einer unzutreffenden Rechtsanwendung des LSG nicht hinaus. Ein Verfahrensmangel ist nur dann iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG "bezeichnet", wenn er in den ihn begründenden Tatsachen substantiiert dargetan wird. Für eine Rüge "Prozess- statt Sachurteil" und umgekehrt bedarf es daher einer Auseinandersetzung mit den Gründen der Berufungsentscheidung und einer schlüssigen Darlegung, worin die unrichtige Beurteilung der Sachurteilsvoraussetzungen liegt (BSG Beschluss vom 12.4.2023 - B 2 U 30/22 B - juris RdNr 7; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 662). Daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, aus welchen Gründen die vom LSG unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG getroffene Entscheidung zur Unzulässigkeit der Anschlussberufung mit der Rechtsordnung nicht vereinbar ist. Dies folgt jedenfalls nicht daraus, dass - wie die Klägerin vorträgt - § 524 ZPO keine Einschränkung enthalte, "wie sie vom Landessozialgericht hier formuliert wurde" (Beschwerdebegründung S 15). Die auch im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nach § 202 SGG iVm § 524 ZPO mögliche Anschlussberufung ist kein Rechtsmittel, sondern nur ein angriffsweise wirkender Antrag, mit dem sich der Gegner (hier: die Klägerin) innerhalb des Rechtsmittels des Berufungsklägers (hier: der Beklagten) an dessen Rechtsmittel anschließt. Sie bietet die Möglichkeit, die vom Berufungskläger angefochtene Entscheidung des SG auch zu seinen, des sich Anschließenden, Gunsten ändern zu lassen, ohne dass insoweit eine Beschwer vorliegen müsste (stRspr; vgl grundlegend BSG Urteil vom 23.2.1966 - 2 RU 103/65 - BSGE 24, 247 = SozR Nr 9 zu § 521 ZPO; BSG Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 3/13 R - BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 9; BSG Urteil vom 26.10.2017 - B 8 SO 12/16 R - SozR 4-1750 § 524 Nr 1 RdNr 14). Mit ihr können aber nicht Ansprüche zur Überprüfung des Berufungsgerichts gestellt werden, die von der Berufung gar nicht erfasst werden; anderenfalls liegt kein Fall einer "Anschließung" an das eingelegte Rechtsmittel vor.
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Für die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist es deshalb erforderlich, dass sie den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung betrifft (stRspr; vgl BSG Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27, RdNr 18 ff; BSG Urteil vom 10.2.2005 - B 4 RA 48/04 R - juris RdNr 33 f; BSG Urteil vom 26.10.2017 - B 8 SO 12/16 R - SozR 4-1750 § 524 Nr 1 RdNr 14). Der Maßstab für die Beurteilung, ob der gleiche prozessuale Anspruch betroffen ist, ergibt sich in Anwendung von § 99 Abs 3 SGG. Auf dieser Grundlage ist das LSG zu dem Ergebnis gelangt, dass das Begehren der Klägerin auf pauschalen Aufwendungsersatz von Verwaltungskosten für Logistik und Lagerung beschaffter Arzneimittel nicht den gleichen prozessualen Anspruch betreffe wie die Berufung der Beklagten, die die Frage der Erstattung der allein - zum Einkaufspreis angefallenen - Faktorpräparate zum Gegenstand habe. In diesem Zusammenhang hat es ua ausgeführt, dass für die Entscheidung über die Anschlussberufung Feststellungen zu treffen wären, auf die es für die Entscheidung über die Berufung der Beklagten von vornherein nicht ankomme. So müsste im Hinblick auf das wechselnde und teils widersprüchliche Vorbringen der Klägerin aufgeklärt werden, wer die mit dem Einkauf und der Abrechnung der Gerinnungsfaktoren verbundenen Tätigkeiten tatsächlich durchgeführt und insoweit anfallende Personal- und weitere Kosten getragen habe (LSG-Urteil S 16). Mit dieser Argumentation des LSG setzt sich die Beschwerdebegründung nicht hinreichend auseinander. Es liegt auch keine Abweichung zur Rechtsprechung des BSG vor, wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang meint, das Urteil des LSG stehe im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 26.10.2017 (B 8 SO 12/16 R - SozR 4-1750 § 524 Nr 1). Auch dieser Vortrag reicht nicht über das Geltendmachen der Unrichtigkeit des Berufungsurteils hinaus.
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B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).
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C. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der geltend gemachten Forderung.
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