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BSG 29.06.2022 - B 6 KA 13/21 R
BSG 29.06.2022 - B 6 KA 13/21 R - Vertragsärztliche Versorgung - psychiatrische Institutsambulanz (PIA) - Ermächtigung zum Betrieb einer räumlich und organisatorisch nicht an ein Krankenhaus angebundenen PIA - Ausweisung einer stationären Einrichtung im Krankenhausplan am geplanten Standort der PIA - keine Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung
Normen
§ 118 Abs 4 SGB 5, § 118 Abs 1 S 1 SGB 5, § 118 Abs 1 S 2 SGB 5, § 118 Abs 1 S 3 SGB 5, § 118 Abs 2 S 1 SGB 5, § 1 Abs 1 KHG, § 2 Nr 1 KHG, § 2a Abs 1 S 1 KHG, § 6 Abs 1 Halbs 1 KHG, § 2 KHG SH, § 8 Abs 2 KHG SH
Vorinstanz
vorgehend SG Kiel, 4. März 2020, Az: S 2 KA 41/19, Urteil
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, 1. Juni 2021, Az: L 4 KA 3/20, Urteil
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 1. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
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Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Tatbestand
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Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Ermächtigung zum Betrieb einer räumlich und organisatorisch nicht an ein Krankenhaus angebundenen psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) voraussetzt, dass deren Standort im Krankenhausplan ausgewiesen ist.
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Die klagende Krankenhausträgerin betreibt ua psychiatrische Kliniken mit Standorten in N, E und L. Der seit 2017 geltende Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein weist die Krankenhäuser an den Standorten N und L für das psychiatrische Fachgebiet mit 151 bzw 71 vollstationären Betten aus und die den Kliniken angeschlossenen Psychiatrischen Tageskliniken mit 19 (Standort E, zum Klinikum N gehörend) bzw 18 Behandlungsplätzen (Standort L). An allen drei Standorten werden zudem PIAs betrieben. Der Standort R ist für die Klägerin nicht als Krankenhausstandort im Krankenhausplan erfasst.
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Den Antrag der Klägerin, ihr die Ermächtigung zum Betrieb einer weiteren PIA als Außenstelle des Klinikums L in R zu erteilen, lehnte der Zulassungsausschuss mit der Begründung ab, dass es an der erforderlichen Aufnahme des Standortes in den Krankenhausplan fehle (Bescheid vom 27.11.2018 aus der Sitzung vom 5.9.2018). Der beklagte Berufungsausschuss (BA) wies den Widerspruch der Klägerin zurück (Bescheid vom 3.4.2019 aus der Sitzung vom 28.2.2019). Eine Ermächtigung könne nur erteilt werden, wenn an dem Standort der PIA eine Außenstelle des Krankenhauses in den Krankenhausplan aufgenommen sei. Das ergebe sich aus der Regelung in § 108 SGB V sowie dem Sinn und Zweck der Krankenhausplanung, weil nur so eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Versorgung zu gewährleisten sei. Auch § 118 Abs 1 SGB V greife nicht, da es an einer räumlichen und organisatorischen Anbindung der geplanten PIA in R an das Klinikum in L fehle.
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.3.2020). Das LSG hat auf die Berufung der Klägerin den Beschluss des Beklagten vom 28.2.2019 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Urteil vom 1.6.2021). Nach § 118 Abs 4 iVm Abs 1 SGB V könne eine psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung durch eine PIA als Außenstelle auch dann erfolgen, wenn die Institutsambulanz nicht räumlich und organisatorisch an das betreibende Krankenhaus angebunden sei. Keine Voraussetzung sei dagegen nach dem Wortlaut der Vorschrift, dass der Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein an dem Standort der noch zu errichtenden PIA eine Außenstelle für eines der Krankenhäuser der Klägerin aufweise. Ein solches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal lasse sich weder der Gesetzeshistorie noch der Gesetzessystematik oder dem Sinn und Zweck der Regelung entnehmen. Bis zur Einführung des § 118 Abs 4 SGB V durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) vom 16.7.2015 habe die ambulante Behandlung der Versicherten stets in einer räumlich und organisatorisch angebundenen Behandlungseinrichtung des jeweiligen Krankenhauses erfolgen müssen (Hinweis auf BSG Urteil vom 21.6.1995 - 6 RKa 49/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 2). Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzgeber angesichts der besonderen Bedeutung der psychiatrischen Versorgung eine spezielle Ermächtigungsnorm für die Errichtung von PIAs in das SGB V eingefügt, für die es fortan nicht mehr auf eine räumliche und organisatorische Anbindung an die betreibende Klinik ankomme. Solche Außenstellen seien nach dem Verständnis des Gesetzgebers ambulante Behandlungseinrichtungen von Krankenhäusern nach § 118 Abs 1 und 2 SGB V, ohne dass diese Außenstellen selbst die Voraussetzungen nach §§ 107 Abs 1, 108 SGB V erfüllen müssten. Anderenfalls würde die vom Gesetzgeber mit der Einführung von § 118 Abs 4 SGB V verbundene Lockerung bei der Ermächtigung von psychiatrischen Krankenhäusern zur ambulanten Versorgung der Versicherten weitestgehend konterkariert. Auch nehme die PIA als "ermächtigte Einrichtung" nach § 95 Abs 1 Satz 1 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung teil, für die schon dem Grunde nach keine krankenhausplanerischen Vorgaben bestünden. Schließlich spreche auch der Sinn und Zweck der Regelung in § 118 Abs 4 SGB V gegen eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung. Setze man als systemimmanent voraus, dass eine PIA lediglich dort errichtet werden könne, wo für das betreibende Krankenhaus bereits ein entsprechender Standort im Krankenhausplan ausgewiesen ist, verbliebe für die Regelung in Abs 4 kein sinnvoller Anwendungsbereich. Erfasst würden nur Fälle, in denen eine PIA nicht unmittelbar auf dem Klinikgelände realisiert werden könne. Auch wäre dann nicht zu erklären, aus welchen Gründen die Ermächtigung noch unter einem Versorgungsvorbehalt stehe, wenn dem Krankenhaus im selben Ort ohne Bedarfsprüfung eine Ermächtigung für eine PIA auf dem Klinikgelände zu erteilen wäre.
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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision und macht eine Verletzung des § 118 Abs 4 SGB V geltend. Zwar müsse der Standort einer PIA nicht planungsrechtlich abgesichert sein. In den Krankenhausplänen der Länder seien auch tatsächlich keine Standorte für PIAs ausgewiesen. Jedoch könne einem Krankenhaus eine Ermächtigung für das Betreiben einer PIA in einer räumlich und organisatorisch nicht an das Krankenhaus angebundenen Einrichtung nach § 118 Abs 4 SGB V nur erteilt werden, wenn eine solche Einrichtung existiere und wenn in ihr Krankenhausleistungen erbracht würden. Nach § 118 Abs 4 SGB V müsse es sich um Außenstellen der zu ermächtigenden Krankenhäuser handeln. Dass die Vorschrift zur Gründung einer Außenstelle ausschließlich zum Betreiben einer PIA ermächtigen würde, lasse sich dem Gesetzestext gerade nicht entnehmen. Dies widerspräche auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Die Vorschrift ziele darauf ab, die Strukturen der fachärztlichen und therapeutischen Versorgung in einer stationären Einrichtung eines Krankenhauses für die ambulante Versorgung bestimmter Patientengruppen zugänglich zu machen. Das könne nicht erreicht werden, wenn das Krankenhaus ermächtigt würde, in einer Außenstelle ausschließlich ambulante Leistungen zu erbringen. In diesem Fall könnten dort auch Ärzte beschäftigt werden, die nicht in die stationäre Behandlung des Krankenhauses eingebunden seien. Das Leistungsangebot einer solchen Einrichtung würde sich dann kaum noch von dem Leistungsangebot der niedergelassenen Ärzte und sonstigen Leistungserbringer unterscheiden.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 1.6.2021 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Kiel vom 4.3.2020 zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zu Recht sei das LSG zu der Auffassung gelangt, dass es für eine Ermächtigung nach § 118 Abs 4 SGB V nicht notwendig sei, dass der Krankenhausplan für Schleswig-Holstein an dem Standort der noch zu errichtenden PIA in R eine Außenstelle für eines der Krankenhäuser ausweise. Die geplante PIA sei eine "Einrichtung" im Sinne von § 118 Abs 4 SGB V, nämlich eine räumlich und sachlich abgrenzbare Einheit. Der Gesetzgeber habe nicht konkretisiert, dass es sich dabei um eine bestehende stationäre Einrichtung handeln müsse.
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Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG den Bescheid des Beklagten vom 3.4.2019 aus der Sitzung vom 28.2.2019 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ermächtigung für eine PIA am Standort in R neu zu bescheiden.
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A. Der Bescheid des Beklagten vom 3.4.2019 aus der Sitzung vom 28.2.2019 ist rechtswidrig. Der Beklagte durfte den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ermächtigung zum Betrieb einer PIA in R nicht bereits deswegen ablehnen, weil der Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein R nicht als Standort für eines der von der Klägerin betriebenen psychiatrischen Krankenhäuser ausweist.
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1. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Ermächtigung zum Betrieb einer PIA in R ist § 118 Abs 1 iVm Abs 4 SGB V (hier in der aktuell geltenden Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung <Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz - GVWG> vom 11.7.2021, BGBl I 2754; zur maßgeblichen Rechtslage vgl BSG Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 61/07 R - BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1, RdNr 12; BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 31/16 R - BSGE 124, 266 = SozR 4-2500 § 95 Nr 33, RdNr 20 ff). Nach § 118 Abs 1 SGB V sind psychiatrische Krankenhäuser vom Zulassungsausschuss zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen. Diese setzt nicht das Vorliegen eines Versorgungsbedarfs voraus; die in § 118 Abs 1 Satz 2 SGB V enthaltene Ausrichtung auf solche Patienten, die wegen Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung oder zu großer Entfernung zu geeigneten Ärzten auf die Behandlung durch ein Krankenhaus angewiesen sind, stellt kein Erfordernis eines Versorgungsbedarfs, sondern lediglich eine inhaltliche Beschränkung der Ermächtigung dar (BSG Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 61/07 R - BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1, RdNr 13 sowie bereits zum früheren Recht BSG Urteil vom 15.3.1995 - 6 RKa 1/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 1 S 2 und 3 f; BSG Urteile vom 21.6.1995 - 6 RKa 49/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 7 f und - 6 RKa 3/95 - USK 9589 S 488). Daneben sind Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung von Gesetzes wegen zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung ermächtigt (§ 118 Abs 2 Satz 1 SGB V; vgl auch BSG Urteil vom 28.1.2009 aaO).
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Die geplante PIA in R erfüllt selbst nicht die Voraussetzungen für eine Ermächtigung gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 SGB V. Es handelt sich bei ihr weder um ein Krankenhaus im Sinne des § 107 Abs 1 SGB V (BSG Urteil vom 28.1.2009 aaO RdNr 14 ff) noch besteht ein räumlicher Zusammenhang mit den Kliniken in N oder L oder einer der von der Klägerin betriebenen Tageskliniken (zu diesem Erfordernis vgl BSG Urteil vom 21.6.1995 - 6 RKa 49/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 8 = juris RdNr 18). Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
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Als Anspruchsgrundlage für eine Ermächtigung der PIA in R kommt somit nur § 118 Abs 4 SGB V in Betracht, der mit Wirkung vom 23.7.2015 durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG) vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) angefügt wurde. Danach sind die in den Absätzen 1 und 2 genannten Krankenhäuser vom Zulassungsausschuss auch dann zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung zu ermächtigen, wenn die Versorgung durch räumlich und organisatorisch nicht angebundene Einrichtungen der Krankenhäuser erfolgt, soweit und solange die Ermächtigung notwendig ist, um eine Versorgung nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 sicherzustellen.
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2. Rechtliche Anknüpfungspunkte dafür, dass eine Ermächtigung nach § 118 Abs 4 SGB V von der Ausweisung einer existierenden stationären Einrichtung der Klägerin am geplanten Standort in R im Krankenhausplan abhängen könnte, lassen sich dem Krankenhausfinanzierungsgesetz oder den landesrechtlichen Vorschriften der Krankenhausplanung nicht entnehmen (dazu a). Eine solche Anforderung ergibt sich auch weder aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu b) noch aus der Gesetzesentwicklung (dazu c) oder dem Sinn und Zweck der Ermächtigung von Institutsambulanzen (dazu d).
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a) Nach § 6 Abs 1 Halbsatz 1 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG, hier noch in der seither unveränderten Fassung des Krankenhaus-Neuordnungsgesetzes - KHNG - vom 20.12.1984, BGBl I 1716) stellen die Länder zur Verwirklichung der in § 1 KHG genannten Ziele Krankenhauspläne auf. Gemäß § 1 Abs 1 KHG (idF des Krankenhauszukunftsgesetzes - KHZG - vom 23.10.2020, BGBl I 2208, mWv 29.10.2020) ist Zweck dieses Gesetzes die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen digital ausgestatteten, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Das Nähere wird durch Landesrecht bestimmt (§ 6 Abs 4 KHG).
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Ein Krankenhausträger kann die Feststellung der Aufnahme seines Krankenhauses oder seiner Einrichtung in den Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein nur dann beanspruchen, wenn dieses nach dem KHG förderungsfähig ist (vgl § 2 des Krankenhausgesetzes für das Land Schleswig-Holstein <LKHG Schleswig-Holstein> vom 10.12.2020, GVOBl 1004, mWv 1.1.2021, zuletzt geändert durch Art 6 des Gesetzes vom 27.5.2021, GVOBl 567; zuvor regelte § 3 Abs 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes zur Ausführung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes <AG-KHG> vom 12.12.1986, GVOBl 302, zuletzt geändert durch Art 2 des Gesetzes vom 27.4.2012, GVOBI 508: "In den Krankenhausplan sind die für eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Krankenhäuser aufzunehmen. Er legt insbesondere den Standort, die Bettenzahl, die Fachrichtungen sowie die Vorhaltung medizinisch-technischer Großgeräte der Krankenhäuser fest …"). Einrichtungen eines Krankenhauses, in denen die zu versorgenden Personen nicht untergebracht und verpflegt werden können (§ 2 Nr 1 KHG), - und damit auch nur ambulant tätige Einrichtungen wie die hier geplante PIA - werden jedoch gemäß § 5 Abs 1 Nr 3 Buchst a KHG nicht nach dem KHG gefördert (auch wenn diese - anders als die in § 3 Satz 1 KHG aufgezählten - Krankenhäuser nicht insgesamt aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfallen, vgl Szabados in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl 2018, § 5 KHG RdNr 1 f). Die nur ambulant tätigen PIAs sind - worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat - als ermächtigte Einrichtungen Teil der vertragsärztlichen Versorgung (§ 95 Abs 1 Satz 1 SGB V). Sie finanzieren sich allein aus der Vergütung der Krankenkassen (§ 120 Abs 2 SGB V; vgl dagegen § 4 KHG zur dualen Finanzierung der Krankenhäuser) und sind nicht Gegenstand der der wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser dienenden Krankenhausplanung (vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 26.5.2021 - L 3 KA 22/20 - KrV 2021, 201 RdNr 47). Die mit der Anerkennung von Institutsambulanzen verbundene "Verzahnung" zwischen stationärer und ambulanter Versorgung hat insbesondere nicht zur Folge, dass die begriffliche Unterscheidung zwischen Krankenhäusern iS des § 2 Nr 1 KHG und den nicht darunter fallenden Einrichtungen der ambulanten Versorgung aufgehoben ist. Eine Einrichtung, die bestimmungsgemäß nur ambulante, aber keine stationären Leistungen erbringt, ist kein Krankenhaus (Quaas in Quaas/Zuck/Clemens, 4. Aufl 2018, § 25 RdNr 72 unter Hinweis auf BVerwG Urteil vom 18.10.1984 - 1 C 36/83 - BVerwGE 70, 201, 203 zu § 30 GewO - Dialysezentren).
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Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) aufgrund der Verpflichtung in § 2a Abs 1 Satz 1 KHG (eingeführt durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen <PsychVVG> vom 19.12.2016, BGBl I 2986 mWv 1.1.2017) eine bundeseinheitliche Definition von Krankenhausstandorten vereinbart haben, die auch die Standorte der Ambulanzen einschließt (vgl auch § 293 Abs 6 SGB V idF des PsychVVG zur Führung eines bundesweiten Verzeichnisses der nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser und Ambulanzen). § 2 Abs 3 und 4 der "Vereinbarung über die Definition von Standorten der Krankenhäuser und ihrer Ambulanzen gemäß § 2a Abs 1 KHG" vom 29.8.2017 regeln zwar, dass an einem Standort die unmittelbare medizinische Versorgung von Patienten stattfindet, welche vor- und nachstationär, voll- und teilstationär sowie ambulant erbracht werden kann sowie dass ein Standort über mindestens eine fachliche Organisationseinheit, zB eine Fachabteilung, Tagesklinik oder Ambulanz, verfügt. Die Aufzählung von Ambulanzen in § 3 Abs 1 Satz 2 Buchst c der Vereinbarung differenziert dabei nicht zwischen psychiatrischen Institutsambulanzen nach § 118 Abs 1, 2 und 4 SGB V. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auch rein ambulante Standorte seither der Krankenhausplanung unterfallen.
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Die Neuregelung in § 2a KHG (Definition von Krankenhausstandorten) wurde vom Gesetzgeber ua damit begründet, dass die gesetzlichen Regelungen der Qualitätssicherung, der Berücksichtigung von ermächtigten Einrichtungen bei der Bedarfsplanung oder der Abrechnung von Zu- und Abschlägen einen klaren Bezugspunkt zum Standort haben müssten. Die Definition sei so festzulegen, dass diese auch für die Abbildung der Ambulanzen (zB Hochschulen, die Hochschulambulanzen betreiben, Standorte der psychiatrischen Institutsambulanzen) geeignet sei und Inkompatibilitäten im Hinblick auf bereits nach geltendem Recht vorgesehenen (Standort-)Angaben zu den Ambulanzen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen würden. In diesem Zusammenhang betont die Gesetzesbegründung aber: "Die Länder sind an die zu vereinbarende Standortdefinition nicht gebunden. Diese hat keine Auswirkungen auf die Krankenhausplanung der Länder. Das Recht der Länder, im Rahmen ihrer Krankenhausplanung die Standorte von Krankenhäusern nach selbst gewählten planerischen Abgrenzungskriterien festzulegen, bleibt unberührt" (Entwurf eines PsychVVG, BT-Drucks 18/9528 S 30 zu Art 1 zu Nr 1 <§ 2a>; vgl auch Quaas, KrV 2018, 133, 135 sowie Thomae, Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein 2018, 215, 218).
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Damit kann aus § 2a Abs 1 KHG nichts für den Standortbegriff des LKHG Schleswig-Holstein gefolgert werden. Wenn dort geregelt ist, dass der Krankenhausplan den Stand und die vorgesehene Entwicklung der für eine, bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung erforderlichen Krankenhäuser einschließlich der Standorte festlegt und ferner vorgeschrieben wird, dass der Krankenhausplan die bedarfsgerechten Krankenhäuser nach gegenwärtiger und zukünftiger Aufgabenstellung ausweist, insbesondere nach Standort, voll- und teilstationären Behandlungsplätzen, Fachgebieten, Intensivbetten getrennt nach Erwachsenen und Kindern, Versorgungsauftrag und Trägerschaft (§ 8 Abs 2 Satz 1 und 2 LKHG Schleswig-Holstein), umfasst dies gerade nicht auch Standorte, an denen lediglich ambulante Leistungen erbracht werden. Dies folgt bereits aus dem - zeitlich nach dem Inkrafttreten des § 2a KHG - in § 2 LKHG Schleswig-Holstein definierten Anwendungsbereich, der Krankenhäuser lediglich erfasst, soweit sie nach dem KHG förderungsfähig sind (zu revisiblem Landesrecht sowie der Befugnis des Revisionsgerichts, landesrechtliche Vorschriften auszulegen, wenn dies durch das LSG nicht geschehen ist vgl BSG Urteil vom 23.6.2015 - B 1 KR 20/14 R - BSGE 119, 141 = SozR 4-2500 § 108 Nr 4, RdNr 17 ff mwN; BSG Urteil vom 19.6.2018 - B 1 KR 32/17 R - BSGE 126, 87 = SozR 4-2500 § 108 Nr 5, RdNr 14 ff mwN; zur Auslegung landesrechtlicher Vorschriften über den Krankenhausplan vgl auch BSG Beschluss vom 17.2.2022 - B 1 KR 38/21 B - ZMGR 2022, 175 = juris RdNr 8 mwN). Dementsprechend sind in den Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein weiterhin nur die Standorte der Krankenhäuser der Klägerin aufgenommen, soweit dort voll- oder teilstationär Behandlungsplätze (§ 8 Abs 2 Satz 2 LKHG Schleswig-Holstein) angeboten werden; deren bereits existierende PIAs sind dort nicht erfasst.
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b) Nach dem Wortlaut des § 118 Abs 4 SGB V sind, unter der Voraussetzung, dass ein Versorgungsbedarf besteht ("soweit und solange", zum Versorgungsbedarf vgl Urteil vom 29.6.2022 - B 6 KA 3/21 R - juris RdNr 16 ff, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), psychiatrische Krankenhäuser nach § 118 Abs 1 SGB V oder - was hier nicht einschlägig ist - Allgemeinkrankenhäuser mit einer selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilung und einer regionalen Versorgungsverpflichtung nach § 118 Abs 2 SGB V auch dann zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung zu ermächtigen, wenn die Versorgung durch "räumlich und organisatorisch nicht angebundene" Einrichtungen der Krankenhäuser erfolgt. Damit ist die fehlende räumliche Anbindung an das Krankenhaus sogar Voraussetzung einer Ermächtigung nach § 118 Abs 4 SGB V. Dem Wortlaut ist nicht zu entnehmen, dass sich die räumliche Entfernung lediglich auf den Hauptstandort des Krankenhauses ("Mutterkrankenhaus", vgl Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2017, § 118 SGB V RdNr 26) beziehen würde. Anderenfalls hätte man einen entsprechenden klärenden Zusatz erwartet.
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Die Formulierung "organisatorisch nicht angebunden" weist in die gleiche Richtung. Muss die Einrichtung, die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Leistungen für Versicherte erbringt, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Erkrankung oder wegen zu großer Entfernung von niedergelassenen Ärzten nicht ausreichend versorgt werden können, auch organisatorisch nicht an ein Krankenhaus nach den Absätzen 1 und 2 angebunden sein, also etwa kein gemeinsames ärztliches und pflegerisches Personal haben (s dazu unten d <aa>; zur Frage, was unter einer organisatorisch nicht angebundenen Einrichtung des Krankenhauses zu verstehen ist, vgl Fumagalli, KHR 2009, 181, 184, der die Rspr des Senats zu den sog Fachambulanzen nach § 311 Abs 2 SGB V aF <jetzt: § 402 Abs 2 SGB V> entsprechend heranziehen will; zustimmend Thomae, Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein 2018, 215, 220), ergibt sich aus dem Wortlaut nichts dafür, dass die reine Präsenz einer (weiteren) Einrichtung des Krankenhauses, die (teil-)stationäre Leistungen anbietet, ohne mit der PIA organisatorisch verflochten zu sein, am gleichen Standort erforderlich sein könnte.
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Schließlich kann auch dem Begriff "Einrichtungen der Krankenhäuser" nicht entnommen werden, dass die Einrichtung, durch die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Leistungen erbracht werden, nur eine im Krankenhausplan berücksichtigte Einrichtung sein kann, in der bereits (teil-)stationäre Leistungen erbracht werden. Zu Recht führt die Klägerin insoweit an, dass der Begriff der Einrichtung lediglich auf eine räumlich und sachlich abgrenzbare Einheit verweist (vgl BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 25/14 R - BSGE 119, 79 = SozR 4-5520 § 19 Nr 3, RdNr 37 zum MVZ; vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 26.5.2021 - L 3 KA 22/20 - KrV 2021, 201 RdNr 39). Weitere Anforderungen ergeben sich hieraus nicht. "Einrichtung" in diesem Sinne kann somit auch eine "isolierte PIA" sein.
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c) Zu Recht hat das LSG angenommen, dass sich ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, wonach am geplanten Standort der PIA bereits eine im Krankenhausplan ausgewiesene stationäre Einrichtung der Klägerin existieren muss, nicht der Gesetzeshistorie entnehmen lässt.
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Mit der Anfügung des § 118 Abs 4 SGB V hat der Gesetzgeber auf ein Urteil des Senats vom 21.6.1995 (6 RKa 49/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 2) reagiert. In dieser Entscheidung hatte der Senat dem vom Gesetz verwendeten Terminus "Psychiatrische Institutsambulanz" entnommen, dass § 118 SGB V (damals noch idF des Gesundheits-Reformgesetzes <GRG> vom 20.12.1988, BGBl I 2477 mWv 1.1.1989) nur solche Einrichtungen meine, in denen die ambulante Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt werde. Das setze eine organisatorische und räumliche Anbindung der Behandlungseinrichtung an die Klinik voraus (BSG aaO juris RdNr 17). Darüber hinaus bezog sich der Senat auf Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich aus der Abstufung der Ermächtigung von psychiatrischen Krankenhäusern, die schon damals bedarfsunabhängig einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ermächtigung hatten, und von psychiatrischen Abteilungen von Allgemeinkrankenhäusern, die nur zu ermächtigen waren, sofern Versorgungslücken bestanden. Diese verdeutliche die Absicht des Gesetzgebers, die bedarfsunabhängige Ermächtigung auf den Sonderfall der psychiatrischen Krankenhäuser zu beschränken. Dieser Sinn und Zweck der Regelung schlössen es dann aber auch aus, die Ermächtigung auf Einrichtungen zu erstrecken, die mit dem psychiatrischen Krankenhaus nicht in einem räumlichen Zusammenhang stünden und deshalb der eigentlichen Institutsambulanz nicht mehr zugerechnet werden könnten (BSG aaO juris RdNr 18). Auch wenn dieses zweite Argument seit dem Inkrafttreten des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) überholt ist, da nunmehr beide Ermächtigungen ohne eine Bedarfsprüfung erfolgen (vgl hierzu BSG Urteil vom 29.6.2022 - B 6 KA 3/21 R - juris RdNr 21, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), greift in Bezug auf § 118 Abs 1 bis 3 SGB V immer noch das Wortlaut-Argument ("Ambulanz"; vgl Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2017, § 118 SGB V RdNr 6; vgl auch zur analogen Anwendung von § 24 Abs 3 Ärzte-ZV <dies verneinend> Müller, PKR 2007, 73, 75 sowie SG Marburg Urteil vom 23.5.2007 - S 12 KA 33/06 - juris RdNr 26).
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Auch der Gesetzgeber hat die Einfügung des Abs 4 in § 118 SGB V durch das GKV-VSG vom 16.7.2015 (BGBl I 1211) mit Wirkung vom 23.7.2015 ausdrücklich damit begründet, dass die Ermächtigungsregelungen nach § 118 Abs 1 bis 3 SGB V nur solche Einrichtungen erfassen, in denen die ambulante Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt wird (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Entwurf eines GKV-VSG, BT-Drucks 18/5123 S 133); dies wurde allgemein als Reaktion auf die Senatsentscheidung vom 21.6.1995 (6 RKa 49/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 2) interpretiert (vgl etwa LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 28.4.2021 - L 11 KA 44/17 - juris RdNr 73; Gamperl in Kasseler Kommentar, SGB V, Werkstand Dezember 2021, § 118 RdNr 10; Knittel in Krauskopf, SGB V, Stand August 2021, § 118 RdNr 13; Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2017, § 118 SGB V RdNr 26; anders Köhler-Hohmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, Stand der Aktualisierung 8.7.2020, § 118 RdNr 68: Abs 4 idF des GKV-VSG "stellt klar", dass Ermächtigung auch bei Versorgung durch räumlich und organisatorisch getrennte Einrichtungen erfolge). Weshalb der Gesetzgeber es erst nach 20 Jahren für erforderlich gehalten hat, auf die Rechtsprechung des BSG mit einer Erweiterung der Ermächtigungsgrundlagen zu reagieren, ist den Materialien nicht zu entnehmen.
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Allerdings wurden in der Zwischenzeit verschiedene Leistungsansprüche eingeführt, um den besonderen Bedürfnissen von Versicherten mit schweren psychischen Krankheitsbildern zu begegnen, wie der Anspruch auf Soziotherapie (§ 37a Abs 1 Satz 1 SGB V) und Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege (aktuell Häusliche Krankenpflege-Richtlinie <HKP-RL> idF vom 17.9.2009, BAnz Nr 21a <Beilage> vom 9.2.2010, in Kraft getreten am 10.2.2010, zuletzt geändert am 19.11.2021, BAnz AT 25.3.2022 B1, in Kraft getreten am 26.3.2022; vgl Senatsurteil vom 29.6.2022 - B 6 KA 3/21 R - juris RdNr 45, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Trotz dieser Angebote hat der Gesetzgeber des GKV-VSG in 2015 schließlich die Versorgung der Versicherten mit schweren psychischen Erkrankungen durch die an die Krankenhäuser nach § 118 Abs 1 und Abs 2 SGB V räumlich und organisatorisch angegliederten Institutsambulanzen nicht mehr als ausreichend erachtet und eine - regelmäßig wohnortnähere - Versorgung durch räumlich und organisatorisch unabhängige Einrichtungen der Krankenhäuser für erforderlich gehalten. Dies spricht dagegen, die Ermächtigung dieser PIAs davon abhängig zu machen, dass am geplanten Standort bereits eine im Krankenhausplan ausgewiesene stationäre Einrichtung betrieben wird.
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Insoweit ist auch beachtlich, dass der Gesetzgeber die Ermächtigung nach Abs 4 - anders als bei den Ermächtigungen nach Abs 1 bis 3 - mit einer Bedarfsprüfung verbunden hat: Auf eine räumliche und organisatorische Anbindung der Einrichtung an das Krankenhaus soll nur verzichtet werden, soweit und solange die Versorgung im Einzugsbereich der geplanten "Außenstelle" des Krankenhauses nicht bereits durch die nach Abs 1 oder 2 ermächtigten Krankenhausambulanzen sichergestellt ist, insbesondere weil diese für den besonderen Patientenkreis des § 118 SGB V nicht zumutbar erreichbar sind (zur Problematik vgl BSG Urteil vom 29.6.2022 - B 6 KA 3/21 R - juris RdNr 26 ff, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine solche Bedarfsprüfung hat der Gesetzgeber für die Ermächtigungen nach Abs 1 bis 3 für verzichtbar gehalten und es bei der Bedarfsprüfung durch die Landesbehörden bei der Aufnahme in den Krankenhausplan belassen, die naturgemäß auf die stationäre Krankenhausversorgung ausgerichtet ist (zur erforderlichen Bedarfsanalyse im Rahmen der Krankenhausplanung vgl etwa BVerwG Beschluss vom 25.10.2011 - 3 B 17.11 - Buchholz 451.74 § 6 KHG Nr 7 RdNr 4 sowie BVerwG Urteil vom 26.4.2018 - 3 C 11/16 - Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr 18 RdNr 24 mwN). Die Bedarfsprüfung nach § 118 Abs 4 SGB V zielt dagegen allein auf die Versorgung mit ambulanten psychiatrischen oder psychotherapeutischen Leistungen in einer Institutsambulanz. Sie stellt sicher, dass den räumlich von einem Krankenhaus entfernten PIAs nur für Standorte eine Ermächtigung erteilt wird, an denen ein tatsächlicher Bedarf für eine ambulante Versorgung schwer psychisch erkrankter Versicherter besteht. Indem der Gesetzgeber für räumlich und organisatorisch selbstständige PIAs eine solche eigene, auf den Bedarf gerade an ambulanten psychiatrischen oder psychotherapeutischen Leistungen für Versicherte mit schweren psychischen Erkrankungen ausgerichtete Prüfung eingeführt hat, gibt er zu erkennen, dass er die an den (teil-)stationären Standorten ausgerichtete Bedarfsplanung im Krankenhausplan nicht in jedem Fall für ausreichend erachtet und eine "Feinjustierung" im Einzelfall für erforderlich hält. Diese wäre mit einer räumlichen Anbindung der PIAs an einen im Krankenhausplan ausgewiesenen vorhandenen Krankenhausstandort jedoch gerade nicht zu erreichen.
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d) Auch Sinn und Zweck der Ermächtigung von Institutsambulanzen nach § 118 SGB V sprechen nicht dafür, dass eine PIA nach Abs 4 zwar weder organisatorisch noch räumlich an ein Krankenhaus nach Abs 1 oder 2 angegliedert sein muss, letztlich aber nur in unmittelbarer Nähe zu einer anderen (teil-)stationär tätigen Einrichtung des Krankenhauses betrieben werden darf.
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aa) Zunächst spricht der aus den Gesetzesmaterialien hervorgehende Wille des Gesetzgebers, die Erteilung von Ermächtigungen an räumlich und organisatorische nicht angebundene Einrichtungen der Krankenhäuser nach Absätzen 1 und 2 zu erleichtern ("Erleichterungen für die Ermächtigung von Psychiatrischen Institutsambulanzen"… "werden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Institutsermächtigung für Außenstellen von Psychiatrischen Institutsambulanzen gelockert", vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines GKV-VSG, BT-Drucks 18/5123 S 133 zu Nr 53a <§ 118 SGB V>), für einen Verzicht auf eine Anbindung an bereits im Krankenhausplan mit Standort ausgewiesene Einrichtungen des Krankenhauses. Denn am Ort einer räumlich vom Hauptstandort entfernten, (teil-)stationäre Leistungen erbringenden Krankenhauseinrichtung (etwa einer räumlich nicht angebundenen Tagesklinik) war bereits zuvor der Betrieb einer PIA möglich, soweit die Einrichtung selbst die Voraussetzungen des § 118 Abs 1 oder Abs 2 SGB V erfüllte, also insbesondere unter ärztlicher Leitung stand (§ 107 Abs 1 Nr 2 SGB V) und - etwa als Plankrankenhaus (§ 108 Nr 2 SGB V) - zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen war (vgl BSG Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 61/07 R - BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1, RdNr 14 ff zu Tages- bzw Nachtkliniken; vgl auch Thomae, f&w 2018, 454). Dass der Gesetzgeber lediglich organisatorisch unselbstständigen, aber räumlich vom Haupthaus getrennten (teil-)stationären Einrichtungen der Krankenhäuser nach Abs 1 bzw Abs 2, wie etwa als Untergliederung eines Krankenhauses geführten Tageskliniken (vgl hierzu Fumagalli, KHR 2009, 181, 182 ff; Thomae, Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein 2018, 215, 221 f), zu einem Anspruch auf Ermächtigung zum Betrieb einer PIA verhelfen wollte, erscheint vor diesem Hintergrund fernliegend. Dies hätte regelmäßig weder eine nennenswerte Erweiterung des Versorgungsangebots, gerade für Kinder und Jugendliche (zur besonderen Bedeutung der psychiatrischen Versorgung durch PIAs insbesondere auch für Kinder und Jugendliche vgl BT-Drucks 18/5123 S 133), noch eine größere Wohnortnähe der PIAs bewirkt. Das erklärte Ziel der Versorgungsverbesserung spricht vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber gerade auch einer PIA ohne jegliche Anbindung an ein Krankenhaus der vollstationären Versorgung oder an eine autonome Tagesklinik, also einer "isolierten" PIA, im Falle eines festgestellten Versorgungsbedarfs einen Anspruch auf Ermächtigung gewähren wollte.
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bb) Soweit der Beklagte in seiner Revisionsbegründung zutreffend darauf verweist, die Vorschrift des § 118 Abs 4 SGB V bezwecke, die Strukturen der fachärztlichen und therapeutischen Versorgung in einer stationären Einrichtung eines Krankenhauses für die ambulante Versorgung für bestimmte Patientengruppen zugänglich zu machen (vgl auch Mrozynski, SGb 1996, 494, 496: Entscheidend sei, dass die Möglichkeiten der stationären Versorgung in den ambulanten Bereich hineingetragen werden), führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Weder die historischen Gründe für die Einführung der PIAs durch den Gesetzgeber (dazu 1>) noch die Regelung in § 118 Abs 1 Satz 3 SGB V, wonach der Krankenhausträger sicherstellt, dass die für die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte sowie die notwendigen Einrichtungen bei Bedarf zur Verfügung stehen (dazu 2>), gebieten eine teleologische Reduktion des Wortlauts des § 118 Abs 4 SGB V.
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(1) Anlass für die Einführung der PIAs waren die Ergebnisse der sog Psychiatrie-Enquête 1975 (Unterrichtung durch die Bundesregierung - Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland - Zur psychiatrischen und psychotherapeutisch/psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung, BT-Drucks 7/4200), die aufgezeigt hatten, dass bestimmte Gruppen psychisch Kranker und Behinderter, insbesondere solche mit schweren Krankheitsbildern, wie schizophrenen Psychosen, Suchterkrankungen und psychischen Alterskrankheiten, oftmals nur unzureichend oder gar nicht ambulant medizinisch versorgt wurden, weil sie nicht bereit waren, einen niedergelassenen Nervenarzt aufzusuchen (vgl zu den Einzelheiten BSG Urteil vom 15.3.1995 - 6 RKa 1/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 1 S 3 = juris RdNr 13; BSG Urteil vom 21.6.1995 - 6 RKa 3/95 - USK 9589 S 488 = juris RdNr 20). Als der Gesetzgeber im Zuge der GKV-Gesundheitsreform 2000 die Differenzierung zwischen bedarfsunabhängig zu ermächtigenden psychiatrischen Krankenhäusern und bedarfsabhängig zu ermächtigenden psychiatrischen Ambulanzen an Allgemeinkrankenhäusern aufgab, formulierte er diese Problematik im Zusammenhang mit der Psychiatriereform und der Ermächtigung nach § 118 SGB V erneut: "Bestimmte Gruppen schwer und chronisch psychisch Kranker können auf Grund ihrer Krankheit nicht adäquat von den niedergelassenen Ärzten behandelt werden. Es handelt sich hierbei um Patienten, die einen dringenden ambulanten Behandlungsbedarf haben, die aber auf Grund der Art, Schwere und Dauer der Verläufe ihrer Erkrankungen von sich aus Vertragsärzte nicht aufsuchen bzw. durch das Leistungsspektrum der Vertragsärzte nicht ausreichend behandelt werden können (z. B. ungenügendes multiprofessionelles Angebot, begrenzte Flexibilität des Personaleinsatzes)." (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf einer GKV-Gesundheitsreform 2000, BT-Drucks 14/1977 S 167 zu Art 1 Nr 67a - neu - <§ 118> zu Abs 2).
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Im Vordergrund standen damit zwei Aspekte: Zum einen der dem von § 118 SGB V angesprochenen Patientenkreis oftmals krankheitsbedingt fehlende Antrieb und die fehlende Motivation, überhaupt einen Behandler aufzusuchen, Termine einzuhalten und aktiv an der Behandlung mitzuwirken ("Compliance"), und zum anderen der Umstand, dass die niedergelassenen Psychiater, Nervenärzte und Psychotherapeuten in ihren Praxen in der Regel kein für diese Patienten geeignetes Angebot vorhalten können, weshalb der Gesetzgeber auch davon ausging, dass es nicht zu Doppelstrukturen und damit zu keinen Interessenkollisionen mit den niedergelassenen Ärzten komme, wenn für die psychiatrischen Abteilungen von Allgemeinkrankenhäusern ebenfalls auf eine Bedarfsprüfung verzichtet wird (BT-Drucks aaO, S 167 f). Das Problem der Compliance der Versicherten mit schweren psychischen Erkrankungen besteht in der Regel unabhängig vom konkreten Standort der PIA und der Frage, ob an dem Standort bereits eine (teil-)stationäre Einrichtung des Krankenhauses etabliert ist (zum Aspekt der Behandlungskontinuität vgl sogleich unter 2>). Letztendlich können schwer motivierbare Patienten vor allem durch die aufsuchende Hilfe der Institutsambulanzen sowie weitere Leistungsangebote der gesetzlichen Krankenversicherung erreicht werden (vgl hierzu näher Urteil vom 29.6.2022 - B 6 KA 3/21 R - juris RdNr 35 ff, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Im Gegenteil wäre hier eine wohnortnähere Versorgung hilfreich, wie sie die auf die stationäre Versorgung ausgerichtete Planung der Krankenhausstandorte regelmäßig nicht gewährleistet werden kann.
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Auch die Anforderungen an das Leistungsangebot in einer PIA zwingen nicht zu einer räumlichen Anbindung der nach Abs 4 zu ermächtigenden PIAs an einen vorhandenen, im Krankenhausplan ausgewiesenen Standort. Das Vorhalten von Vertretern verschiedener Berufsgruppen (Ärzten, Pflegern, ggf Sozio- und Ergotherapeuten) sowie die Möglichkeit, die Behandlungsfrequenz den individuellen Bedürfnissen des Patienten anzupassen (vgl hierzu etwa die Empfehlung 14 der S3-Leitlinie "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen", 2. Aufl, Stand 2.10.2018, Kapitel 7, S 38), stellen gewisse Anforderungen an die zu ermächtigende Einrichtung, deren personelle und sachliche Ausstattung sowie deren Sprechstunden- bzw Öffnungszeiten. Wenn eine organisatorische Verbindung ausdrücklich nicht gefordert ist, kann die räumliche Nähe zu einer vorhandenen stationären Einrichtung keinen Beitrag zur Erfüllung dieser Anforderungen leisten.
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(2) Die in § 118 Abs 1 Satz 3 SGB V geregelte Verpflichtung des Krankenhausträgers, sicherzustellen, dass die für die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte sowie die notwendigen Einrichtungen bei Bedarf zur Verfügung stehen (zur entsprechenden Anwendung auf Allgemeinkrankenhäuser vgl Abs 2 Satz 4), führt zu keinem anderen Ergebnis.
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(aa) Nach übereinstimmender Ansicht ist § 118 Abs 1 Satz 3 - wie Satz 2 SGB V (dazu BSG Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 61/07 R - BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1, RdNr 13) - nicht Voraussetzung, sondern Inhalt der Ermächtigung (Gamperl in Kasseler Kommentar, SGB V, Werkstand Dezember 2021, § 118 RdNr 5; Rademacker in Hauck/Noftz, SGB V, Werkstand 2022, § 118 RdNr 11; in diese Richtung auch BSG Urteil vom 28.1.2009 - B 6 KA 61/07 R - BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1, RdNr 30 "die nähere Ausgestaltung gemäß Sätzen 2 und 3"). Damit sind im Ermächtigungsbeschluss die personellen, apparativen und räumlichen Anforderungen an die PIA näher zu bestimmen.
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Eine (im Ermächtigungsbeschluss dann auch so aufzunehmende) Verpflichtung, in der Institutsambulanz - etwa im Interesse der personellen Behandlungskontinuität nach Sektorenwechsel - in jedem Fall nur Personal der stationären Einrichtung einzusetzen, kann der Regelung nicht entnommen werden (so aber wohl Bogan in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.3.2022, SGB V, § 118 RdNr 28 unter Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 26.5.2021 - L 3 KA 22/20 - KrV 2021, 201), auch wenn dies wegen des während einer stationären Behandlung möglicherweise aufgebauten besonderen Vertrauensverhältnisses zu den behandelnden Ärzten (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 22.9.2004 - L 10 KA 33/03 - juris RdNr 31; SG Marburg Urteil vom 23.5.2007 - S 12 KA 33/06 - juris RdNr 30; vgl auch Mrozynski, SGb 1996, 494, 495) vielleicht wünschenswert wäre (zur Gewährleistung der Behandlungskontinuität durch die PIA vgl auch § 5 Abs 1 Satz 2 der "Vereinbarung zu Psychiatrischen Institutsambulanzen gemäß § 118 Abs. 2 SGB V" vom 30.4.2010, DÄ 2010, 329, zuletzt geändert durch Änderungsvereinbarung vom 19.9.2019, DÄ 2019, A-2261, mit Wirkung vom 1.10.2019; im Folgenden: PIA-Vereinbarung). Denn nach dem Wortlaut des § 118 Abs 1 Satz 3 SGB V ist durch den Krankenhausträger nur sicherzustellen, dass die "erforderlichen Ärzte und nichtärztlichen Fachkräfte" …"bei Bedarf zur Verfügung stehen", dh in anderen Worten, dass die PIA für die dort regelmäßig angebotenen multiprofessionellen Komplexleistungen mit dem erforderlichen Personal auszustatten ist, das auch möglichst (zeitlich) flexibel einsetzbar sein sollte (zum ungenügenden multiprofessionellen Angebot und der begrenzten Flexibilität des Personaleinsatzes bei den niedergelassenen Ärzten vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zur GKV-Gesundheitsreform 2000, BT-Drucks 14/1977 S 167 zu Artikel 1 Nr 67a - neu - <§ 118> zu Abs 2 und hierzu bereits oben unter 1>). Dabei muss es sich nach dem Wortlaut aber nicht zwingend um an der ermächtigten Klinik beschäftigtes Personal handeln.
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Dementsprechend wird auch in der Literatur regelmäßig nur vertreten, aus Satz 3 folge, dass die erforderlichen Mitarbeiter und Einrichtungen primär im stationären Bereich eingesetzt würden, bei Bedarf aber zur ambulanten Versorgung in der Institutsambulanz zur Verfügung stehen müssten (vgl Gamperl in Kasseler Kommentar, SGB V, Werkstand Dezember 2021, § 118 RdNr 5; Kremer/Wittmann, Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, 4. Aufl 2021, RdNr 1210; Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, 2017, § 118 SGB V RdNr 10; Mrozynski, SGb 1996, 494, 496: Klinikpersonal müsse tunlichst gleichermaßen in der Klinik wie in der Institutsambulanz tätig sein; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 22.9.2004 - L 10 KA 33/03 - juris RdNr 31: "... es muss gewährleistet sein, dass den ambulanten Patienten alle Einrichtungen personeller und sächlicher Art des Krankenhauses im Bedarfsfall zugute kommen können"), dies aber nicht ausschließt, dass der Krankenhausträger spezifisch für Institutsambulanzen Personal einstelle und Einrichtungen vorhalte (Gamperl, aaO; Ladurner, aaO).
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(bb) Unabhängig davon, wie die Frage des Einsatzes des Personals und der apparativen Einrichtungen bei Ambulanzen zu beurteilen ist, die unmittelbar in psychiatrischen Krankenhäusern nach Abs 1 oder 2 betrieben werden, können die Anforderungen des § 118 Abs 1 Satz 3 SGB V jedoch nicht auf PIAs nach Abs 4 übertragen werden. Zwar kann der Anwendbarkeit von Abs 1 Satz 3 nicht bereits entgegengehalten werden, dass § 118 Abs 4 SGB V - anders als Abs 2 Satz 4 - nicht ausdrücklich auf Abs 1 Satz 3 verweist. Denn mit der Formulierung "sind … auch dann … zu ermächtigen" bezieht sich Abs 4 auf die Ermächtigungen nach Absätzen 1 und 2 und erweitert diese lediglich für den Fall der fehlenden räumlichen und organisatorischen Anbindung der zu ermächtigenden PIA. Jedoch folgt aus der Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage auch für räumlich und organisatorisch nicht an ein Krankenhaus angebundene PIAs im Interesse einer wohnortnäheren Versorgung gerade eine Abkehr von dem Erfordernis eines räumlichen und organisatorischen Zusammenhangs zwischen dem Krankenhaus und der Institutsambulanz.
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Der Senat hatte - wie bereits ausgeführt - dem im Gesetz als übergeordneten Begriff verwandten Terminus "Psychiatrische Institutsambulanz" entnommen, dass § 118 SGB V nur solche Einrichtungen meine, in denen die ambulante Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt wird, und dies eine organisatorische und räumliche Anbindung der Behandlungseinrichtung an die Klinik voraussetze (BSG Urteile vom 21.6.1995 - 6 RKa 49/94 - SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 7 = juris RdNr 17 und - 6 RKa 3/95 - USK 9589 S 488 = juris RdNr 18f; kritisch zur Anforderung der räumlichen Anbindung Mrozynski, SGb 1996, 494, 496: organisatorische Anbindung ausreichend). Letztendlich wird bei einer Ermächtigung nach Abs 1 oder Abs 2 im Interesse der Versorgung der schwer psychisch erkrankten Versicherten eine Verzahnung von ambulantem und stationärem Sektor dadurch erreicht, dass in der stationären Einrichtung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ambulante Leistungen erbracht und abgerechnet (§ 120 Abs 2 SGB V) werden können.
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Diese Anforderung einer strukturellen Anbindung der Institutsambulanz an das ermächtigte Krankenhaus hat der Gesetzgeber mit der Einfügung des Abs 4 in § 118 SGB V teilweise aufgegeben. Unter der Bedingung, dass die Ermächtigung notwendig ist, um eine Versorgung nach Maßgabe der Absätze 1 und 2, also insbesondere derjenigen Versicherten, die wegen Art, Schwere und Dauer ihrer Erkrankung auf die Behandlung durch die Institutsambulanzen von Krankenhäusern angewiesen sind, sicherzustellen, können nun auch räumlich und organisatorisch nicht angebundene Einrichtungen der Krankenhäuser ermächtigt werden. Dort, wo das Angebot der Ambulanzen im Krankenhaus die Versicherten mit schweren psychischen Krankheitsbildern zB wegen unzumutbar langen Anfahrtswegen nicht erreicht, soll es möglich sein, ein wohnortnäheres ambulantes Angebot in der Gestalt einer PIA vorzuhalten, auch wenn diese den Patienten möglicherweise nicht alle Vorteile einer an ein Krankenhaus angeschlossenen PIA bieten kann. Der Gesetzgeber hat sich "angesichts der besonderen Bedeutung der psychiatrischen Versorgung insbesondere auch für Kinder und Jugendliche" bewusst für eine entsprechende Lockerung der Anforderungen entschieden (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines GKV-VSG der Bundesregierung, BT-Drucks 18/5123 S 133) und im Interesse einer wohnortnahen Versorgung eine Ermächtigungsgrundlage für eine eigenständige PIA ohne räumliche und organisatorische Anbindung an ein Krankenhaus geschaffen (vgl insofern bereits Mrozynski, SGb 1996, 494, 495: räumliche Anbindung der Institutsambulanz stehe dem Aufbau einer kleinräumigen wohnortnahen Versorgung entgegen). Auf die Vorteile einer Behandlung in einer Krankenhausambulanz, die nötigenfalls auf die personelle und apparative Ausstattung der Klinik zurückgreifen und möglicherweise auch eine personelle Behandlungskontinuität gewährleisten kann, soll nach dem Willen des Gesetzgebers zugunsten einer wohnortnäheren Behandlung in einer isolierten PIA verzichtet werden, wenn anderenfalls die Versorgung der Versicherten mit schweren psychischen Krankheitsbildern nicht sichergestellt ist. Dann kann aber auch nicht verlangt werden, dass personelle und sächliche Mittel des Krankenhauses in der PIA-Außenstelle zwingend zur Verfügung gestellt werden (aA Bogan in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.3.2022, SGB V, § 118 RdNr 28 und wohl LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 26.5.2021 - L 3 KA 22/20 - KrV 2021, 201, RdNr 51: Dem Versorgungszweck des § 118 Abs 1 bzw 2 SGB V sei im Falle des Abs 4 dadurch Genüge getan, dass in der Außenstelle die Behandlung durch Ärzte wahrgenommen werde, die bei einem zugelassenen Krankenhaus beschäftigt sind). Eine Beschränkung auf Standorte, an denen bereits stationäre Einrichtungen des Krankenhausträgers betrieben werden, ist folglich nicht begründbar.
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3. Im Rahmen der Neubescheidung wird der Beklagte (s die Ausführungen in dem Urteil des Senats vom 29.6.2022 - B 6 KA 3/21 R - juris RdNr 15 ff, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) zu prüfen haben, ob ein Versorgungsbedarf im Einzugsbereich des geplanten Standorts in R besteht.
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B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des von ihm ohne Erfolg geführten Rechtsmittels zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keinen eigenen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).
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