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BSG 28.04.2022 - B 5 R 271/21 B
BSG 28.04.2022 - B 5 R 271/21 B - Sozialgerichtsverfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erst durch einen Versorgungsausgleich nach Beantragung der Beitragserstattung
Normen
§ 210 Abs 1 Nr 1 SGB 6, § 210 Abs 1a SGB 6, § 29 VersAusglG, § 242 BGB, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Mannheim, 20. November 2020, Az: S 10 R 253/18, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 11. August 2021, Az: L 2 R 117/21, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. August 2021 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig die Erstattung von Beiträgen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
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Der im Jahr 1980 geborene Kläger war seit März 2014 als Arzt versicherungspflichtig beschäftigt. Für diese Beschäftigung wurde er aufgrund seiner Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen ab dem 25.11.2014 von der Rentenversicherungspflicht befreit (Bescheid vom 15.12.2014). Einen im Februar 2017 gestellten Antrag auf Erstattung der von März bis November 2014 geleisteten Rentenversicherungsbeiträge lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger habe unter Berücksichtigung der aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Lambertheim - Familiengericht - vom 23.4.2015 übertragenen Anwartschaft nach Versorgungsausgleich die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt (Bescheid vom 22.2.2017; Widerspruchsbescheid vom 29.12.2017).
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Während des Klageverfahrens vor dem SG Mannheim hat die Beklagte auch einen früheren Antrag auf Beitragserstattung vom November 2014 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, bis zum Abschluss eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich dürften keine Zahlungen an den Versicherten geleistet werden. Deshalb dürfe über die beantragte Beitragserstattung erst dann entschieden werden, wenn die Gerichtsentscheidung über den Versorgungsausgleich rechtskräftig geworden sei. Ergäben sich daraus zusätzliche Wartezeitmonate, seien diese bei der Entscheidung über die Beitragserstattung zu berücksichtigen (Bescheid vom 26.8.2019). Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 20.11.2020 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen verurteilt, die für den streitbefangenen Zeitraum geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten. Zum Zeitpunkt der ersten Antragstellung am 26.11.2014 habe der Kläger die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren noch nicht erfüllt. Das LSG Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Beklagten den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Neben 33 Monaten an Pflichtbeitragszeiten seien im Versicherungsverlauf des Klägers aufgrund des Versorgungsausgleichs zusätzliche 40 Monate gespeichert und damit die Wartezeit erfüllt. Maßgeblicher Zeitpunkt sei der Erlass der Verwaltungsentscheidung. Dies werde durch das materielle Recht bestätigt, wonach die Beklagte wegen des Auszahlungsverbotes nach dem Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) nicht vor dem wirksamen Abschluss des Verfahrens über den Versorgungsausgleich habe entscheiden dürfen (Urteil vom 11.8.2021).
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Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger mit Schreiben vom 8.10.2021 Beschwerde zum BSG eingelegt und mit Schriftsatz vom 8.12.2021 begründet. Als Zulassungsgrund macht er eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Die Beschwerdebegründung legt einen Revisionszulassungsgrund iS des § 160 Abs 2 SGG nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dar. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
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Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums darzutun, weshalb deren Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (stRspr; zB BSG Beschluss vom 14.3.2019 - B 12 KR 95/18 B - juris RdNr 3 mwN; BSG Beschluss vom 24.6.2021 - B 5 RE 6/21 B - juris RdNr 6).
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Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die aufgeworfene Frage noch nicht beantwortet worden ist (vgl ua BSG Beschluss vom 24.6.2021 - B 5 RE 6/21 B - juris RdNr 7 mwN).
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Der Kläger bezeichnet folgende Rechtsfragen als grundsätzlich bedeutsam:
"Ist die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung auch dann ausgeschlossen, wenn die allgemeine Wartezeit nicht durch eigene Beiträge, sondern ausschließlich durch im Wege eines Versorgungsausgleichs erfüllt wird, der nach Beantragung der Beitragserstattung durchgeführt wurde; gilt dies auch, wenn der Versorgungsausgleich gemeinsam mit der Scheidung erst nach dem Zeitraum durchgeführt worden sei, für den die Erstattung der Beiträge beantragt wird; auf welchen Zeitpunkt ist bezüglich der Entscheidung über den Erstattungsantrag abzustellen".
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Er gibt dazu ausführlich den Inhalt der angefochtenen Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen wieder und macht geltend, die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen seien bislang nicht geklärt. Die Angelegenheit habe auch nicht nur Bedeutung für den Einzelfall. Potentiell betroffen seien alle Personen mit Ansprüchen auf Beitragserstattung, bei denen erst ein nachträglich durchgeführter Versorgungsausgleich die Wartezeit erfülle. Die Rechtsfragen seien auch klärungsfähig, weil erst nach Ablauf des Erstattungszeitraums durch den Versorgungsausgleich weitere Wartezeiten hinzugekommen seien. Zuvor habe der Kläger die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch erfüllt.
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Mit diesen Ausführungen hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Fragen nicht hinreichend aufgezeigt. Soweit es dem Kläger zunächst darum geht, welche Auswirkungen das Auszahlungsverbot des § 29 VersAusglG auf die Entscheidung über einen Erstattungsanspruch hat, hat das BSG bereits zum früheren Recht unter Anwendung von § 242 BGB entschieden, dass ein Versicherungsträger nach Kenntniserlangung, dass eine den Versicherten betreffende Ehesache anhängig und damit von Amts wegen der Versorgungsausgleich zu regeln ist, den Erlass eines Erstattungsbescheides im Blick auf die künftige Ausgleichsregelung verweigern darf (vgl BSG Urteil vom 14.11.2002 - B 13 RJ 19/01 R - BSGE 90, 127, 136 = SozR 3-5795 § 10d Nr 1 S 10 f). Dazu enthält die Beschwerdebegründung keine Ausführungen, insbesondere auch nicht dazu, aus welchen Gründen dies nach Inkrafttreten des § 29 VersAusglG durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3.4.2009 (BGBl I 700) nicht mehr gelten soll.
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Zu der Frage, auf welchen Zeitpunkt bei der Entscheidung über eine Beitragserstattung abzustellen ist, hat das BSG ebenfalls bereits entschieden. Danach entsteht der Erstattungsanspruch schon mit Antragstellung, sofern zu diesem Zeitpunkt die übrigen Anspruchsvoraussetzungen bereits erfüllt sind. Maßgeblich ist deshalb allein die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der wirksamen Antragstellung; spätere Änderungen sind nicht mehr zu berücksichtigen (vgl BSG aaO S 134 bzw S 8 f; BSG Urteil vom 10.7.2012 - B 13 R 26/10 R - SozR 4-2600 § 210 Nr 3 RdNr 20 mwN). Dies gilt auch für etwaige einen Anspruch auf Beitragserstattung ausschließende Gründe, die erst im Laufe des Verfahrens eintreten. Auch für diesen Fall bleibt die materielle Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend (vgl BSG Urteil vom 9.10.2012 - B 5 R 54/11 R - SozR 4-2600 § 210 Nr 4 RdNr 12; vgl dazu, dass die prozessrechtlichen Grundsätze erst dann zur Anwendung kommen, wenn das materielle Recht nicht einen Zeitpunkt bestimmt BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 31/16 R - BSGE 124, 266 = SozR 4-2500 § 95 Nr 33, RdNr 21). Zwar sind diese Entscheidungen zu Erstattungsansprüchen aus § 210 Abs 1 Nr 1 SGB VI ergangen. § 210 Abs 1a SGB VI enthält dazu aber nur eine Sonderregelung (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT-Drucks 17/2169 S 8). Die zitierte Rechtsprechung wird in der Beschwerdebegründung nicht benannt, so dass sich aus ihr auch nicht ergibt, aus welchen Gründen die aufgeworfenen Rechtsfragen vor diesem Hintergrund klärungsbedürftig sein könnten.
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Für die weitere Frage, ob eine Beitragserstattung auch dann erst nach einem wirksamen Versorgungsausgleich möglich ist, wenn dieser erst nach dem Zeitraum durchgeführt worden ist, für den die Erstattung der Beiträge beantragt wird, erschließt sich ein Klärungsbedarf bereits deshalb nicht, weil eine Erstattung von Beiträgen stets nur für bereits vergangene Zeiträume in Betracht kommen kann.
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Indem der Kläger schließlich seine Rechtsauffassung darlegt und sie derjenigen des LSG entgegenstellt, wendet er sich in der Sache gegen die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Auf die Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung im Einzelfall kann eine Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht gestützt werden (vgl BSG Beschluss vom 3.7.2019 - B 5 RS 10/18 B - juris RdNr 11 mwN).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Düring Hannes Körner
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