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BSG 07.01.2020 - B 13 R 273/18 B
BSG 07.01.2020 - B 13 R 273/18 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Rechtsfrage bei auslaufendem bzw ausgelaufenem Recht - keine Kostenfreiheit für sonstige Rechtsnachfolger bei einem weit nach dem Tod eines Versicherten vom Erben vor dem SG anhängig gemachten Rechtsstreit
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 183 S 2 SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG, § 154 Abs 2 VwGO, § 56 Abs 1 SGB 1
Vorinstanz
vorgehend SG München, 11. August 2016, Az: S 30 R 1184/14, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 25. Juli 2018, Az: L 13 R 729/16, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25. Juli 2018 wird als unzulässig verworfen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3165,31 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Der Kläger ist Rechtsnachfolger des am 28.2.2006 verstorbenen Versicherten S. Z., dem die Beklagte nach seinem Tode eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer für den Zeitraum 1.3.2005 bis 28.2.2006 gewährte. Die Beklagte zahlte an den Kläger einen Betrag von 633,16 Euro zuzüglich 178,29 Euro Zinsen als Rentennachzahlung aus. Mit Urteil vom 25.7.2018 hat das Bayerische LSG das Urteil des SG München vom 11.8.2016 aufgehoben und einen Anspruch des Klägers auf Auszahlung weiterer 3165,31 Euro aufgrund der rückwirkenden Rentengewährung verneint. Diesem Anspruch stehe die Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X entgegen. Der Beigeladene habe einen entsprechenden Erstattungsanspruch gemäß § 104 Abs 1 SGB X gegen die Beklagte gehabt.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
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Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (stRspr; zB BSG Beschluss vom 19.10.2011 - B 13 R 241/11 B - SozR 4-4200 § 25 Nr 1 RdNr 9 mwN; vgl auch BVerfG <Kammer> Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7; jüngst BSG Beschluss vom 29.6.2018 - B 13 R 9/16 B - juris RdNr 12).
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Der Kläger misst der Frage, "ob für § 104 Abs 1 S 1 SGB X eine nachrangige Verpflichtung im Sinne einer rechtmäßigen Leistungsgewährung auch dann gegeben ist, wenn dies zum Zeitpunkt der Leistungserbringung auf einer von den tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm abweichenden Fiktion der Sachlage beruht", grundsätzliche Bedeutung zu.
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Es kann dahinstehen, ob er damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 SGG) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und in den folgenden Ausführungen den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat. Jedenfalls hat er - die Qualität als Rechtsfrage unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht den nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG diesbezüglich geltenden Anforderungen genügend dargelegt.
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Der Kläger hat bereits nicht hinreichend dargelegt, dass sich die Rechtsfrage auch nach Einführung des § 40a SGB II mit Wirkung vom 1.1.2009 (durch Art 1 Nr 2 8. SGB II-Änderungsgesetz vom 28.7.2014 - BGBl I 1306) noch stellt. Wie der Kläger in seiner Beschwerdebegründung selbst einräumt, betrifft die hier aufgeworfene Rechtsfrage im Kern auslaufendes bzw ausgelaufenes Recht. Auslaufendes oder ausgelaufenes Recht kann in aller Regel keine grundsätzlichen Rechtsfragen mehr aufwerfen (vgl BSG Beschluss vom 19.7.2012 - B 1 KR 65/11 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 32 RdNr 10 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160 RdNr 32). Eine Bejahung des Klärungsbedarfs bei auslaufendem bzw ausgelaufenem Recht kann nur angenommen werden wenn es a) noch eine erhebliche Anzahl von Fällen gibt, für die die Rechtsfrage von Bedeutung ist (vgl BSG Beschluss vom 28.11.1975 - 12 BJ 150/75 - SozR 1500 § 160a Nr 19) oder b) die Vorschrift insoweit nachwirkt, als sie die Grundlage für eine Nachfolgevorschrift darstellt (BSG Beschluss vom 19.1.2017 - B 10 EG 4/16 B - juris RdNr 7) oder c) die frühere Rechtsprechung für die neue Rechtslage erheblich geblieben ist (vgl BSG Beschluss vom 19.3.1986 - 7 BAr 75/85 - SozR 1500 § 160a Nr 58). Das Vorliegen dieser Fallkonstellationen hat der Kläger nicht hinreichend dargebracht.
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Zu den Fällen der Buchstaben a) und b) mangelt es gänzlich an Ausführungen. Die Ausführungen zur Fallkonstellation c) hat der Kläger nicht hinreichend substantiiert. Sie erschöpfen sich in der reinen Behauptung der weiteren Bedeutung der Rechtsfrage auch nach der Einführung des § 40a SGB II und dem Verweis auf eine Entscheidung des BSG vom 31.10.2012 - B 13 R 11/11 R. Eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Wortlaut des § 40a Satz 2 SGB II erfolgt nicht. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen. Denn dort heißt es ua: "… Der Erstattungsanspruch besteht auch, soweit die Erbringung des Alg II allein aufgrund der nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung rechtswidrig war…". Angesichts dessen hätte es Darlegungen dazu bedurft, inwieweit es im SGB II und im Verhältnis zwischen dem dortigen Leistungsträger sowie dem Rentenversicherungsträger auf eine - wie der Kläger formuliert - von den tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm abweichende Fiktion der Sachlage ankommen soll.
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Darüber hinaus ist die vom Kläger in Bezug genommene Entscheidung des 13. Senats des BSG vom 31.10.2012 (B 13 R 11/11 R) gerade kein Beleg für die weitere Klärungsbedürftigkeit und Bedeutung der Rechtsfrage nach Einführung des § 40a SGB II. Das BSG hat in dieser Entscheidung nicht-tragende Ausführungen nur zu der Frage eines Erstattungsanspruchs des SGB II-Trägers gegen den Rentenversicherungsträger auf Grundlage von § 104 Abs 1 Satz 1 SGB X vor Einführung des § 40a SGB II gemacht und insoweit im Ergebnis das Vorliegen eines solchen Erstattungsanspruchs offengelassen.
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Unabhängig davon mangelt es auch an Ausführungen zur Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage im angestrebten Revisionsverfahren. Es genügt nicht allein darauf zu verweisen, dass das Berufungsgericht von eben der - rechtlich - fingierten Erwerbsfähigkeit des Klägers ausgegangen sei. Denn es hat eben gerade nicht auf die neue Rechtslage abgestellt.
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Dass der Kläger das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann dagegen nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
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Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 iVm § 183 Satz 2 SGG und § 154 Abs 2 VwGO. Ein zur Kostenfreiheit des Verfahrens führender Fall der Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I oder des § 183 Satz 2 SGG liegt hier nicht vor. Der Kläger ist nach den Feststellungen des LSG zwar Erbe des verstorbenen Versicherten, hat ausweislich des Erbscheins vom 12.10.2006 jedoch weder mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt gelebt (§ 56 Abs 1 letzter Halbsatz Alt 1 SGB I) noch ist er von ihm im Wesentlichen unterhalten worden (§ 56 Abs 1 letzter Halbsatz Alt 2 SGB I). Letzteres scheidet bereits deswegen aus, weil der verstorbene Versicherte bis zu seinem Tode Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II bezog. Auch hat der Kläger nicht als sonstiger Rechtsnachfolger iS des § 183 Satz 2 SGG das Verfahren aufgenommen. Zumindest ist die Grenze der Privilegierung iS dieser Vorschrift überschritten, wenn Rechtsschutz mittels Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG in einem Verfahren begehrt wird, in dem der Rechtsstreit vor dem SG weit nach dem Tod des Versicherten vom Erben anhängig gemacht geworden ist.
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Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren auf 3165,31 Euro beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 3 GKG.
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