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BSG 26.03.2019 - B 3 KR 23/18 B
BSG 26.03.2019 - B 3 KR 23/18 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Krankenversicherung - Vergütungsanspruch einer Apotheke - Abgabe eines (Fertig-)Arzneimittels, das nur fiktive Zulassung aufgrund Übergangsvorschrift besitzt - Unzulässigkeit der Null-Retaxierung - mangelhafte Beschwerdebegründung - keine grundsätzliche Bedeutung - keine Divergenz
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 141 Abs 4 AMG 1976, § 129 Abs 2 SGB 5, § 129 Abs 5 SGB 5, § 31 SGB 5
Vorinstanz
vorgehend SG Frankfurt (Oder), 13. Juni 2016, Az: S 4 KR 127/16 WA
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 22. Februar 2018, Az: L 1 KR 365/16, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Februar 2018 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beklagte hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 9254,30 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Das LSG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 22.2.2018 den von der klagenden Apothekerin geltend gemachten Vergütungsanspruch wegen der von ihr an Versicherte der beklagten Krankenkasse abgegebenen Fertigspritzen-Sets bestätigt und zugleich entschieden, dass dieser Zahlungsanspruch nicht wegen von der Beklagten geltend gemachten Retaxierungen in Höhe von 9254,30 Euro im Wege der Aufrechnung (analog §§ 387 ff BGB) erloschen ist. Das LSG hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, den og Betrag für die Monate Mai und Juni 2008 auf der Grundlage des Arzneilieferungsvertrages (ALV) zwischen dem Deutschen Apothekerverband e.V. und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. sowie des Rahmenvertrags nach § 129 SGB V abzusetzen (zu retaxieren). Über die streitigen Belieferungen mit den Oxybutynin-Fertigspritzen-Sets hätten in allen Fällen ordnungsgemäße ärztliche Verordnungen entsprechend dem ALV vorgelegen. Zum Zeitpunkt der Belieferung seien die Fertigspritzen in der großen deutschen Spezialitätentaxe (Lauer-Taxe) unstreitig nicht als "nichtabgabefähiges" Produkt gekennzeichnet gewesen. Für die Klägerin sei der von der Beklagten angenommene Verordnungsausschluss daher nicht zu erkennen gewesen. Im Übrigen sei auch ansonsten kein Pflichtenverstoß gegen das AMG oder gegen weitere Vorschriften des Apothekenbetriebsrechtes ersichtlich gewesen. Nach der hier einschlägigen Übergangsvorschrift von § 141 Abs 4 AMG seien die streitigen Arzneimittel aufgrund gesetzlicher Zulassungsfiktion verkehrsfähig gewesen. Die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre nicht zum Prüfauftrag der Apotheker. Ein Pflichtenverstoß der Klägerin liege nicht vor.
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Mit der gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil eingelegten Beschwerde rügt die Beklagte die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der nicht formgerecht begründeten, unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
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Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Die Beklagte hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage:
"Ist die Krankenkasse berechtigt, die Abrechnung der Vergütung einer Apotheke für die Abgabe eines Arzneimittels, dessen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht in einem Zulassungsverfahren festgestellt worden sind und das sich lediglich aufgrund einer arzneimittelrechtlichen Übergangsregelung im Verkehr befindet, in voller Höhe zu retaxieren?"
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Hierzu führt die Beklagte aus, dass sich die Frage weder aus dem Gesetz noch aus dem für Apotheken geltenden Leistungserbringerrecht, dem Rahmenvertrag (§ 129 Abs 2 SGB V) oder dem ALV (§ 129 Abs 5 SGB V) beantworten lasse. In der Rechtsprechung des BSG sei bislang allein der Sachleistungsanspruch des Versicherten nach § 31 SGB V streitig gewesen, während hier Gegenstand des Rechtsstreits der Vergütungsanspruch des Apothekers für die Abgabe eines nicht zugelassenen Fertigarzneimittels sei. Das BSG habe hierzu noch nicht entschieden, ob der Apotheker für die Abgabe eines nicht zugelassenen Arzneimittels einen Vergütungsanspruch erlange und ob die Krankenkasse zur Null-Retaxierung gegenüber der Apotheke berechtigt sei. Das BSG habe lediglich mit Urteil vom 17.3.2005 (B 3 KR 2/05 R - BSGE 94, 213 = SozR 4-5570 § 30 Nr 1, RdNr 23) entschieden, dass ein Apotheker seinen Vergütungsanspruch verliere, wenn er ein Fertigarzneimittel, dessen Zulassung ruhe, an einen gesetzlich Versicherten abgebe. Die Klärung der Frage sei im Hinblick auf die Vielzahl gleichgelagerter Retaxierungen erforderlich. Sie sei auch entscheidungserheblich, weil das LSG den Vergütungsanspruch der Apotheke und die Rechtswidrigkeit der Retaxierung allein mit der fiktiven Verkehrsfähigkeit des Fertigarzneimittels gemäß § 141 Abs 4 AMG begründet habe. Andernfalls hätte das LSG den Vergütungsanspruch der Apotheke verneint.
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Dieser Vortrag genügt nicht den Darlegungsanforderungen an die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die formgerechte Darlegung scheitert bereits an der nicht ausreichend vorgetragenen Entscheidungserheblichkeit der zur Überprüfung gestellten Frage. Die Beklagte stellt den vom LSG im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhalt nur unvollständig dar, so dass der Senat die Entscheidungserheblichkeit der Frage im angestrebten Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilen kann. Deshalb kann auch dahinstehen, ob die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage zur Anwendung und Auslegung revisiblen Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift ist, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (§ 162 SGG). Die Beklagte lässt im Übrigen auch offen, welche Vorschrift des Bundesrechts im Revisionsverfahren einer Überprüfung unterzogen werden soll.
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Sofern sie darlegt, dass das LSG die Entstehung des Vergütungsanspruchs des Apothekers als auch die Rechtswidrigkeit der Retaxierung durch die Beklagte allein mit der fiktiven Verkehrsfähigkeit des Fertigarzneimittels nach § 141 Abs 4 AMG begründet habe, fehlt es ihrem Vortrag an hinreichender Auseinandersetzung mit den - nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen - Feststellungen des LSG, wonach auf der Grundlage des zwischen den Beteiligten geltenden untergesetzlichen Regelwerks (ALV) kein Pflichtenverstoß der Klägerin festzustellen gewesen sei. Die Beklagte klammert aus ihrem Beschwerdevortrag komplett aus, dass nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG die Retaxierung einen Pflichtenverstoß nach dem ALV voraussetzt, den das LSG verneint hat. Das heißt, würde die von der Beklagten aufgeworfene Frage in ihrem Sinne beantwortet werden, wäre dennoch nicht auszuschließen, dass die Beklagte nicht aus anderen Gründen nicht zur Retaxierung berechtigt gewesen wäre. Damit ist die aufgeworfene Frage nicht hinreichend entscheidungserheblich dargetan.
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2. Auch soweit sich die Beklagte auf das Vorliegen einer Rechtsprechungsabweichung beruft, ist die Beschwerde nicht formgerecht dargetan.
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Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
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Die Beklagte trägt vor, das BSG habe folgenden Rechtssatz aufgestellt (im Urteil vom 27.9.2005 - B 1 KR 6/04 R - BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3, RdNr 23, 24; Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 35/13 R - Juris RdNr 60; Beschluss vom 15.7.2015 - B 6 KA 19/15 B - Juris RdNr 5):
"Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V setzt mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht ..."
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Das LSG widerspreche in seinem Urteil (S 11, Abs 4) diesem Rechtssatz, indem es dort ausgeführt habe,
"eine Krankenkasse sei zur Zahlung der Vergütung einer Apotheke für die Abgabe eines Fertigarzneimittels, das nur eine fiktive Zulassung aufgrund einer Übergangsvorschrift besitzt, verpflichtet".
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Bereits aus dieser Gegenüberstellung ergibt sich, dass die Beklagte keine Rechtsprechungsabweichung dargetan hat, weil sich die Rechtssätze denklogisch nicht widersprechen, sondern andere Regelungskomplexe betreffen. Die Beklagte räumt hierzu auch selbst ein (Beschwerdebegründung S 5), dass in dem von ihr zitierten Urteil des BSG der Sachleistungsanspruch des Versicherten mit der Versorgung von Arzneimitteln im Streit stand, während hier die streitige Konstellation den Vergütungsanspruch des Apothekers betrifft. Eine entscheidungserhebliche Rechtsprechungsabweichung ist damit aber nicht hinreichend dargetan. Überdies fehlt es den Darlegungen der Beklagten erneut an hinreichender Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des LSG, das sein Urteil im Hinblick auf den Vergütungsanspruch des Apothekers auf das Urteil des BSG vom 17.12.2009 (B 3 KR 13/08 R - BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 17) bezogen hat. Im Kern betrifft der gesamte Beschwerdevortrag die vermeintliche Unrichtigkeit des angefochtenen Berufungsurteils, die nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist und auch keinen Revisionszulassungsgrund darstellt (stRspr vgl nur BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.
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