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BSG 27.11.2018 - B 2 U 20/18 B
BSG 27.11.2018 - B 2 U 20/18 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Verletzung des rechtlichen Gehörs - Antrag auf Verlegung des Termins wegen amtsärztlich attestierter Verhandlungsunfähigkeit - mündliche Verhandlung und Entscheidung
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 5 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG, § 227 Abs 1 S 1 ZPO, § 202 S 1 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Dresden, 28. April 2015, Az: S 39 U 334/13, Gerichtsbescheid
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 4. Mai 2017, Az: L 2 U 109/15, Urteil
Tenor
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Dem Kläger wird hinsichtlich der Versäumnis der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 4. Mai 2017 - L 2 U 109/15 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
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Auf die Beschwerde des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 4. Mai 2017 - L 2 U 109/15 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten in dem vorliegenden Rechtsstreit darüber, ob eine Berufskrankheit (BK) nach Nr 5101 der Anlage 1 zur BK-Verordnung anzuerkennen und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung über den 30.6.2006 hinaus zu gewähren sind.
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Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 7.10.2004 die Anerkennung einer BK Nr 5101 ab. Erneut lehnte sie dies mit Bescheid vom 29.9.2005 und Widerspruchsbescheid vom 23.11.2006 ab. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg. Den von dem Kläger gestellten Antrag nach § 44 SGB X, die bestandskräftigen ablehnenden Bescheide aufzuheben, eine BK nach Nr 5101 anzuerkennen und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung über den 30.6.2006 hinaus zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.5.2013 und Widerspruchsbescheid vom 17.9.2013 ab. Das SG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 28.4.2015 - S 39 U 334/13).
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Das LSG hat dem Kläger mit Schreiben vom 29.3.2017 mitgeteilt, dass Termin zur mündlichen Verhandlung auf Donnerstag, den 4.5.2017, 13.00 Uhr, bestimmt werde. Auch in vier weiteren Verfahren des Klägers hat das LSG den Termin zur mündlichen Verhandlung auf diesen Tag zu derselben Uhrzeit anberaumt. Der im Berufungsverfahren nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger hat dem LSG telefonisch am 25.4.2017 mitgeteilt, dass er sich nicht in der Lage sehe, an fünf Verhandlungen hintereinander teilzunehmen; er würde zu einem Fall kommen, sei aber zu mehr nicht fähig. Daraufhin ist der Kläger telefonisch durch das LSG darüber informiert worden, dass er dies schriftlich mitteilen müsse, er nicht zwingend zu den Terminen erscheinen müsse und für eine Terminsaufhebung zwingend ein ärztliches Attest erforderlich sei, in dem bescheinigt werde, dass er nicht an den Verhandlungen teilnehmen könne. Am 28.4.2017 teilte der Kläger dem LSG durch ein Telefax mit, dass er weiterhin erkrankt und nicht in der Lage sei, uneingeschränkt und zur selben Zeit in allen Verfahren mündlich zu verhandeln. Einen Bevollmächtigten könne er sich nicht leisten und auch keinen finden. Im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten wolle er in jedem Fall an den mündlichen Verhandlungen teilnehmen und bitte um Vertagung bzw terminliche Aufteilung nach Aktenzeichen und Sachverhalt. Ergänzend hat er ein Schreiben eines Facharztes für Chirurgie vom 27.4.2017 eingereicht, aus dem zu entnehmen ist, dass dieser den Kläger aus gesundheitlichen Gründen nur für beschränkt aufnahmefähig hielt. Mit Schreiben vom 2.5.2017 hat der Vorsitzende des Senats des LSG dem Kläger mitgeteilt, eine Verlegung der mündlichen Verhandlung oder Absetzung einzelner Verfahren sei nicht möglich, weil die Schriftsätze des Klägers immer alle Anliegen umfassten und in mehreren Kopien jeweils zu allen Verfahren vorgelegt würden. Das vorgelegte Attest sei für eine Aufhebung des Termins nicht ausreichend, weil - wie dem Kläger bereits in anderen Verfahren mitgeteilt - die Verhandlungsunfähigkeit durch ein amtsärztliches Attest nachgewiesen werden müsse. Mit Schreiben vom 3.5.2017 hat der Kläger ua erneut eine Terminverlegung beantragt. Die Berichterstatterin des Senats des LSG hat dem Kläger am 4.5.2017 ergänzend mitgeteilt, über seinen Antrag könne erst nach der Entscheidung über sein ebenfalls gestelltes Ablehnungsgesuch entschieden werden; solange keine Abladung erfolgt sei, bleibe der Termin aufrechterhalten. Durch ein Telefax vom selben Tag hat der Kläger durch amtsärztliches Gutachten einer Fachärztin für Innere Medizin des amtsärztlichen Dienstes des Gesundheitsamtes M. dem LSG mitgeteilt, dass er am 4.5.2017 zu seiner Verhandlungsfähigkeit amtsärztlich begutachtet worden sei. Nach dem erhobenen Befund und den Zusatzbefundungen des MVZ Schmerztherapie/Palliativmedizin D. werde die Einschätzung gegeben, dass der Kläger wegen einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie einer medikamentösen Therapie nur über einen kürzeren Zeitraum voll konzentrationsfähig sei und der Verhandlung folgen könne.
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Das LSG hat am 4.5.2017 das Ablehnungsgesuch des Klägers zurückgewiesen und danach die mündliche Verhandlung in allen fünf Verfahren eröffnet, durchgeführt und durch Urteil entschieden. Der Kläger ist zum Termin nicht erschienen. Das LSG hat den Eingang des amtsärztlichen Attests festgestellt und den Antrag, die mündliche Verhandlung auf einen anderen Termin festzusetzen bzw einen Teil der Sachen abzusetzen, abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus dem Attest ergebe sich, dass der Kläger jedenfalls für einige Zeit verhandlungsfähig sei. Seinem ausdrücklich geäußerten Anliegen, möglichst schnell Entscheidungen zu erhalten, könne nur dadurch nachgekommen werden, dass die mündliche Verhandlung durchgeführt werde. Bei Konzentrationsschwächen bestehe regelmäßig die Möglichkeit, Erholungspausen zu gewähren oder an einem späteren Tag die Sitzung fortzusetzen. In dem vorliegenden Verfahren hat das LSG sodann die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 4.5.2017). Zur inhaltlichen Begründung hat es ua ausgeführt, die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor, denn die Beklagte habe weder das Recht unrichtig angewandt noch sei sie von einem sich als unzutreffend erweisenden Sachverhalt ausgegangen. Mangels Schwere und wiederholter Rückfälligkeit der Hauterkrankung sowie mangels Aufgabezwang lägen die Voraussetzungen der Anerkennung einer BK Nr 5101 nicht vor. Auch habe die Beklagte zu Recht die Kostenübernahme für diverse hautärztliche Leistungen abgelehnt.
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Der Kläger hat für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Das BSG hat durch Beschluss vom 14.12.2017 (Az B 2 U 14/17 BH) dem Kläger PKH bewilligt und einen Rechtsanwalt beigeordnet. Der Beschluss ist dem Kläger am Samstag, dem 23.12.2017, zugestellt worden.
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Der beigeordnete Rechtsanwalt hat erst mit am Mittwoch, dem 24.1.2018, beim BSG eingegangenem Schriftsatz vom 18.1.2018 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Am 1.2.2018 hat der Senat einen Hinweis auf die mögliche Versäumnis der Frist zur Einlegung der Beschwerde erteilt. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit am 12.2.2018 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Frist zur Einlegung der Beschwerde beantragt. Diesen Antrag hat er am 13.2.2018 ua damit begründet, dass eine bei ihm Beschäftigte den Schriftsatz vom 18.1.2018 im Laufe des Vormittags des 20.1.2018, einem Samstag, vor 11.45 Uhr in einen von zwei Briefkästen der Deutschen Post AG in K. geworfen habe. Diese Briefkästen würden üblicherweise am Samstag um 11.45 Uhr bzw 12.15 Uhr sowie montags um 17.15 Uhr bzw 14.00 Uhr und 17.15 Uhr geleert. Am 27.9.2018 hat er nach Aufforderung durch den Senat eine entsprechende eidesstattliche Versicherung seiner Beschäftigten vorgelegt.
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Sodann hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art 103 GG, § 128 Abs 2 und § 62 SGG gerügt und die Beschwerde ua damit begründet, dass das LSG trotz des Antrags des Klägers den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht verlegt habe, obwohl erhebliche Gründe iS des § 202 SGG iVm § 227 Abs 1 S 1 ZPO vorgelegen hätten. Aufgrund der vorliegenden Erkrankung habe sich der Kläger nur für einen kürzeren Zeitraum konzentrieren können und dies amtsärztlich nachgewiesen. Dennoch habe das LSG fünf Verfahren des Klägers auf denselben Tag und dieselbe Uhrzeit terminiert und dem Kläger vorab gerade nicht mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe, bei Konzentrationsschwäche Erholungspausen zu gewähren oder die Verhandlung an einem späteren Tag fortzusetzen. Der Kläger habe nicht damit rechnen können, dass trotz seines Antrags und des vorgelegten amtsärztlichen Gutachtens in allen fünf Verfahren wie angekündigt mündlich verhandelt werden würde. Auf diesem Verfahrensmangel beruhe das Urteil des LSG, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Entscheidung des LSG anders ausgefallen wäre, wenn der Kläger in der mündlichen Verhandlung sein Begehren deutlich gemacht hätte.
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II. Die nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Der Entscheidung des LSG liegt ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zugrunde, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG verletzt hat, indem es trotz des Antrags des Klägers auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 4.5.2017 und seines Nichterscheinens mündlich verhandelt und entschieden hat. Das Urteil des LSG war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
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1. Die Beschwerde ist zulässig. Dem Kläger war Wiedereinsetzung in die Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG zu gewähren, weil dieser ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Fristen gehindert war (§ 67 Abs 1 SGG). Bis zur am 23.12.2017 erfolgten Zustellung des Beschlusses des Senats vom 14.12.2017, mit dem dem Kläger PKH gewährt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden war, war der Kläger mangels finanzieller Mittel ohne sein Verschulden gehindert, wirksam die Beschwerde einzulegen und zu begründen. Nach dem Wegfall dieses Hindernisses hat der beigeordnete Rechtsanwalt zwar zunächst nicht gemäß § 67 Abs 2 S 3 SGG innerhalb eines Monats in der gemäß § 64 SGG bis zum 23.1.2018 laufenden Frist die Beschwerde eingelegt, sondern diese Frist mit der Einlegung erst am 24.1.2018 versäumt. Doch auch insoweit war Wiedereinsetzung zu gewähren (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, § 67 RdNr 2a mwN). Der Prozessbevollmächtigte hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihn ein Verschulden an der Versäumnis dieser Frist nicht trifft. Er sowie seine Beschäftigte durften davon ausgehen, dass nach Einwurf des Briefes in den Briefkasten der Deutschen Post AG am Samstag, dem 20.1.2018, im Hinblick auf die für Samstag und Montag angegebenen Zeiten der Entleerung der Schriftsatz spätestens am Dienstag, dem 23.1.2018, beim BSG eingehen werde. Bei normalen Postlaufzeiten darf mit einem Eingang am folgenden Werktag nach der Aufgabe zur Post gerechnet werden und der Absender darf sich auf die angegebenen Leerungszeiten verlassen (vgl Keller, aaO, § 67 RdNr 6a mwN). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war auch wegen der Versäumnis der Frist zur Begründung der Beschwerde zu gewähren, weil der Kläger bis zur Bewilligung der PKH und der Beiordnung eines Rechtsanwalts diese Rechtshandlungen nicht wirksam vornehmen konnte.
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Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Beschwerde fristgemäß innerhalb der aufgrund der zu gewährenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bis zum 23.2.2018 laufenden Frist (§ 160a Abs 2 S 1 SGG; vgl zur Begründung binnen zweier Monate nach Zustellung des PKH bewilligenden Beschlusses Leitherer, aaO, § 160a RdNr 11 mwN) begründet. Die Beschwerdebegründung genügt auch den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Sie bezeichnet die Tatsachen, aus denen sich der Verfahrensmangel einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs ergibt. Darüber hinaus enthält sie auch hinreichende Ausführungen dazu, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann, auch wenn nähere Darlegungen hierzu in Fallkonstellationen wie dieser regelmäßig entbehrlich sind (vgl dazu Leitherer, aaO, § 160a RdNr 16d mwN).
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2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Entscheidung des LSG beruht auf einem Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, weil das LSG den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG und Art 103 Abs 1 GG verletzt hat, indem es trotz des amtsärztlichen Nachweises seiner Unfähigkeit, allen Verhandlungen folgen zu können, den Termin zur mündlichen Verhandlung am 4.5.2017 nicht verlegt oder vertagt, sondern in allen Verfahren mündlich verhandelt und entschieden hat.
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß § 62 SGG, der einfachrechtlich das durch Art 103 Abs 1 GG garantierte prozessuale Grundrecht wiederholt, sowie das aus Art 2 Abs 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete allgemeine Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren gebieten, den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Wird aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden, muss den Beteiligten Gelegenheit gegeben werden, ihren Standpunkt in der Verhandlung darzulegen. Dabei ist dem Anspruch auf rechtliches Gehör in der Regel dadurch genügt, dass das Gericht die mündliche Verhandlung anberaumt, der Beteiligte ordnungsgemäß geladen und die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet wird. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung trotz Abwesenheit eines Beteiligten ist dann ohne Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör möglich, wenn dieser darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann. Solange ein Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht nicht aufgehoben worden ist, dürfen und müssen die Beteiligten davon ausgehen, dass der Termin auch stattfindet.
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Es lag hier ein erheblicher Grund iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG vor, der das LSG verpflichtete, zumindest nicht alle Verfahren zur selben Zeit mündlich zu verhandeln und jedenfalls nach dem Nichterscheinen des Klägers die Sache zu vertagen. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst auch das Recht auf Aufhebung oder Verlegung eines anberaumten oder Vertagung eines bereits begonnenen Termins zur mündlichen Verhandlung, wenn dies aus erheblichen Gründen geboten ist. Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts, glaubhaft zu machen. Über einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 227 Abs 4 S 1 Halbs 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG). Ein iS des § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG ordnungsgemäß gestellter Antrag auf Terminverlegung mit einem hinreichend substantiiert dargelegten Terminverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts. Zwar führt ein Ablehnungsgesuch nicht zu einer Verpflichtung zur Terminsaufhebung. Ein erheblicher, zur Verlegung Anlass gebender Grund iS von § 227 Abs 1 S 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG liegt jedoch vor, wenn unter Vorlage eines Attests eine Verhandlungsunfähigkeit nachgewiesen wird (vgl BSG vom 17.12.2013 - B 11 AL 5/13 B - Juris). Kommt der Vorsitzende seiner Verpflichtung zur Bescheidung eines Terminsaufhebungs- bzw -verlegungsantrags bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung nicht nach, leidet bereits deshalb das Verfahren wegen der Versagung rechtlichen Gehörs an einem wesentlichen Mangel (vgl BSG vom 3.7.2013 - B 12 R 38/12 B - Juris mwN; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 269/12 B - UV-Recht Aktuell 2013, 119; BSG vom 27.6.2017 - B 2 U 27/17 B - Juris = BeckRS 2017, 120855).
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Es kann hier dahinstehen, ob der vom Kläger erneut unter Vorlage eines Attests gestellte Antrag auf Terminverlegung noch vor Beginn des Termins durch den Vorsitzenden zu bescheiden und diese Entscheidung dem Kläger ggf (per Fax) mitzuteilen war. Selbst wenn dies aus praktischen Gründen nicht möglich gewesen sein sollte und den Kläger die Entscheidung nicht mehr zeitgerecht hätte erreichen können, hätte das LSG jedenfalls nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung den Termin vertagen müssen. Aus dem vorgelegten amtsärztlichen Attest war zu entnehmen, dass die Konzentrationsfähigkeit des Klägers so stark eingeschränkt war, dass es ihm unmöglich war, mehreren mündlichen Verhandlungen zu folgen. Deshalb musste das LSG davon ausgehen, dass der Kläger nicht in der Lage sein würde, der mündlichen Verhandlung in allen fünf Verfahren ohne Weiteres konzentriert zu folgen. Aus diesem Grunde hätte das LSG einen Teil der Termine aufheben bzw vertagen oder dem Kläger Erholungspausen einräumen müssen, was dann dem Kläger zuvor hätte mitgeteilt werden müssen. Das LSG hat aber weder den Termin in der vorliegenden Sache noch einen anderen der übrigen vier auf denselben Zeitpunkt geladenen Termine aufgehoben. Auch hat das LSG dem Kläger nicht mitgeteilt, dass trotz der Terminierung auf denselben Tag und dieselbe Uhrzeit Rücksicht auf seine Erkrankung und seine Konzentrationsfähigkeit genommen werde und ihm ggf Pausen eingeräumt würden.
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Zwar müssen die Beteiligten davon ausgehen, dass der Termin stattfindet, solange ein Termin zur mündlichen Verhandlung vom Gericht nicht aufgehoben worden ist (vgl BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris und vom 26.5.2014 - B 12 KR 67/13 B - Juris), und die Gelegenheit nutzen, sich in dem Termin rechtliches Gehör zu verschaffen, soweit ihnen dies möglich und zumutbar ist. Hier musste das LSG und durfte auch der anwaltlich nicht vertretene Kläger davon ausgehen, dass er aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage sein werde, den anberaumten Terminen zur Verhandlung in fünf Verfahren durchgehend folgen zu können. Dem Kläger war es mithin nicht zumutbar, sich durch sein Erscheinen hinreichend rechtliches Gehör zu verschaffen.
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Auf der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör des Klägers beruht das angefochtene Urteil des LSG, wie aus der unwiderleglichen Vermutung des § 547 Halbs 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG folgt. Obwohl die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in sozialgerichtlichen Verfahren nicht als absoluter Revisionsgrund ausgestaltet ist (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 547 ZPO), ist wegen der besonderen Bedeutung der mündlichen Verhandlung für das Gerichtsverfahren im Allgemeinen davon auszugehen, dass eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dadurch, dass ein Verfahrensbeteiligter an deren Teilnahme gehindert worden ist, die daraufhin ergangene Gerichtsentscheidung insgesamt beeinflusst hat (stRspr, vgl etwa BSG vom 6.10.2010 - B 12 KR 58/09 B - Juris mwN; BSG vom 26.6.2007 - B 2 U 55/07 B - SozR 4-1750 § 227 Nr 1; BSG vom 16.11.2000 - B 4 RA 122/99 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 33). Ungeachtet dessen liegt nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch der absolute Revisionsgrund des § 547 Ziff 4 ZPO iVm § 202 S 1 SGG vor, wenn der Beteiligte nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen konnte und daher iS des § 547 Ziff 4 ZPO iVm § 202 S 1 SGG "in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten" war (vgl zB BSG vom 23.6.2016 - B 14 AS 25/16 B - Juris; BSG vom 2.3.2010 - B 5 R 440/09 B - Juris mwN).
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Der Senat hat von der durch § 160a Abs 5 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, auf die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil wegen des vorliegenden Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Anlass, gemäß § 563 Abs 1 S 2 ZPO iVm § 202 S 1 SGG sein Ermessen dahin auszuüben, den Rechtsstreit an einen anderen Spruchkörper zu verweisen, bestand nicht.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.
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