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BSG 25.05.2018 - B 13 R 30/17 R
BSG 25.05.2018 - B 13 R 30/17 R - (Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung - Verhinderung des Arbeitsmarktzugangs bei einem nach § 63 StGB untergebrachten Versicherten)
Normen
§ 43 Abs 2 S 2 SGB 6, § 63 StGB
Vorinstanz
vorgehend SG Hamburg, 12. März 2015, Az: S 4 R 115/13, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Hamburg, 13. Juli 2016, Az: L 2 R 53/15, Urteil
Leitsatz
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Wird wegen der aus einer Erkrankung allein folgenden Gefährlichkeit eines Straftäters für die Allgemeinheit dessen Unterbringung angeordnet, ist die Unterbringung die überragende und damit allein wesentliche Ursache dafür, dass er nicht mehr unter üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erwerbstätig sein kann.
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 13. Juli 2016 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 2015 zurückgewiesen.
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Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Im Streit steht die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
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Der am 18.12.1964 geborene Kläger beendete seine Schulausbildung im Juni 1985. Eine anschließend aufgenommene Ausbildung brach er Ende Februar 1986 ab. Versicherungspflichtig beschäftigt war er von August 1985 bis Dezember 1986. Von Januar 1987 bis August 1988 leistete er Zivildienst und war danach bis einschließlich Dezember 1988 erneut versicherungspflichtig beschäftigt. Es folgten Arbeitslosigkeit und eine Umschulungsmaßnahme sowie eine weitere versicherungspflichtige Beschäftigung von Mai bis Dezember 1990. Vom 24.12.1990 bis zum 18.7.1994 befand er sich in Untersuchungshaft.
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Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6.4.1993 (Az 622 Ks 7/92) wurde der Kläger ua wegen Mordes in zwei Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht ordnete nach § 63 Strafgesetzbuch (StGB) seine (weiterhin bestehende) Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, weil der Kläger die rechtswidrigen Taten im Zustand verminderter Schuldfähigkeit iS von § 21 StGB begangen habe und aufgrund seiner bisher unbehandelt gebliebenen krankhaften Persönlichkeitsstörung mit weiteren Tötungstaten zum Nachteil ihm bis dahin unbekannter Zufallsopfer zu rechnen und er deswegen in "ganz hohem Maße" für die Allgemeinheit gefährlich sei.
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Den Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 8.8.2012 lehnte die Beklagte ab, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Den Widerspruch wies sie zurück (Bescheid vom 30.8.2012, Widerspruchsbescheid vom 8.1.2013).
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Das hiergegen angerufene SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12.3.2015). Auf die Berufung des Klägers hat das LSG die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG und der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger ab 1.8.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei wegen einer schweren Erkrankung des psychiatrischen Fachgebietes in Form einer Persönlichkeitsstörung auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der notwendige ursächliche Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der eigentlichen Erwerbsminderung sei durch die aus Sicherheitsgründen angeordnete Unterbringung nicht ausgeschlossen. Unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes könne der Kläger auch dann nicht erwerbstätig sein, wenn die Unterbringung aus Rechtsgründen zu beenden wäre. Von ihm gehe eine erhebliche Fremdgefährdung aus, die sich nur ausschließen lasse, wenn er permanent überwacht würde; unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sei dergleichen nicht sichergestellt. Für einen Rentenausschluss allein aufgrund der Unterbringung bestehe kein normativer Anknüpfungspunkt. Ausgehend von einem Leistungsfall am 23.11.1987, dem Tag der ersten Tötungshandlung, seien auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - vorzeitig - erfüllt (Urteil vom 13.7.2016).
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Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 43 Abs 2 S 2 SGB VI. Wesentliche Bedingung für die Unfähigkeit des Klägers, einer Arbeit nachzugehen, sei nicht seine Erkrankung, sondern der Umstand, dass er wegen seiner Gefährlichkeit für die Allgemeinheit nach § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sei. Erwerbsminderungsrenten sollten nicht den Einkommensverlust infolge strafrechtlich relevanten Handelns ausgleichen.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 13. Juli 2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 2015 zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist iS des § 170 Abs 2 S 1 SGG begründet. Das Urteil des LSG war aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.
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Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Abs 2 S 1 Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit haben (versicherungsrechtliche Voraussetzung; Abs 2 S 1 Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Abs 2 S 1 Nr 3).
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Die allgemeine Wartezeit hat der Kläger ausgehend von dem durch das LSG festgestellten Leistungsfall am 23.11.1987 nach Maßgabe des § 53 Abs 2 iVm § 245 Abs 1 SGB VI vorzeitig erfüllt. Danach ist die allgemeine Wartezeit ua vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (§ 53 Abs 2 S 1 SGB VI). Auf das Vorliegen weiterer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen kam es deshalb nicht mehr an (§ 43 Abs 5 SGB VI).
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Der Kläger ist jedoch nicht erwerbsgemindert. Voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 S 2 bzw Abs 1 S 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Zwar kann der Kläger nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemein Arbeitsmarktes erwerbstätig sein (hierzu 1.), doch sind - anders als erforderlich - weder Krankheit noch Behinderung die wesentliche Ursache hierfür (hierzu 2.).
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1. Der Kläger ist nicht im Stande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein.
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Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angefochtenen und deshalb für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG, ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers ausschließlich durch eine psychische Erkrankung in Form einer Persönlichkeitsstörung beeinträchtigt, die mit einem deutlich erhöhten Risiko der Ausbildung von Tötungsphantasien verbunden ist. Diese Erkrankung hat sich noch innerhalb des Zeitraums der vorzeitigen Wartezeiterfüllung mit der ersten Tötungshandlung am 23.11.1987 manifestiert und während des Maßregelvollzugs nicht gebessert. Quantitative Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit des Klägers sind mit dieser Erkrankung zwar nicht verbunden. Er kann - wie sich auch aus seiner bis Dezember 1990 fortgesetzten Erwerbstätigkeit ergibt - grundsätzlich einfache Tätigkeiten, dh zureichen, abnehmen, transportieren, reinigen, sortieren, verpacken etc, täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Er darf jedoch zum Schutze anderer eine Erwerbstätigkeit nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten. Im Hinblick auf die aus seiner Erkrankung folgende Gefährlichkeit für die Allgemeinheit bedürfte es seiner permanenten Überwachung am Arbeitsplatz sowie auf dem Arbeitsweg. Dies käme der Verpflichtung gleich, nur für den Kläger einen speziellen Arbeitsplatz einzurichten, ohne ausschließen zu können, dass es nicht doch zu einer Fremdgefährdung kommen könnte.
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2. Der Kläger ist deshalb jedoch nicht erwerbsgemindert iS des § 43 SGB VI. Es fehlt die nach § 43 Abs 1 S 2 bzw Abs 2 S 2 SGB VI geforderte Kausalität zwischen der Erkrankung ("wegen") und der mangelnden Fähigkeit, das Leistungsvermögen unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes einzusetzen (vgl zu dieser Voraussetzung nur Freudenberg in juris-PK SGB VI, 2. Aufl 2013, § 43 RdNr 98 ff mwN). Die Krankheit des Klägers ist nicht wesentliche Ursache dafür, dass er außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Vielmehr wird dies - im Rechtssinne ausschließlich - durch eine andere Ursache bewirkt, nämlich die wegen der Gefährlichkeit des Klägers für die Allgemeinheit gerichtlich nach § 63 StGB angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
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Maßstab der Kausalitätsprüfung ist auch im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung die Lehre von der wesentlich mitwirkenden Bedingung (vgl BSG Urteil vom 9.5.2012 - B 5 R 68/11 R - SozR 4-2600 § 43 Nr 18 RdNr 16; BSG Urteil vom 29.1.2002 - B 10 LW 36/00 R - SozR 3-5868 § 34 Nr 5 - Juris RdNr 19; BSG Urteil vom 23.10.1996 - 4 RA 1/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr 14 - Juris RdNr 20, 22; BSG GS Beschluss vom 11.12.1969 - GS 4/69 - BSGE 30, 167 = SozR Nr 79 zu § 1246 RVO - Juris RdNr 47). Nach dieser sind kausal und rechtserheblich nur solche (naturwissenschaftlich-philosophischen) Ursachen (1. Stufe), die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Für die insoweit erforderliche wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache für den Erfolg (2. Stufe) gilt: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Zwar kann auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache für den Erfolg rechtlich wesentlich sein. Voraussetzung ist allerdings, dass die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat (stRspr vgl zuletzt BSG Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 6/15 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1 RdNr 23 mwN). Ist dagegen eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur diese als "wesentliche" Ursache im Sinne des Sozialrechts zu qualifizieren. Die andere, damit nicht wesentliche Ursache kann zwar gleichwohl "Auslöser" für den Ursachenzusammenhang sein, jedoch ohne dass ihr insoweit rechtlich entscheidende Bedeutung zukäme (BSG Urteil vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 15 mwN).
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Überragende und damit im Rechtssinne allein wesentliche Ursache ist vorliegend die gerichtliche Anordnung der Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus. Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne (1. Stufe) dafür, dass der Kläger sein Restleistungsvermögen nicht verwerten kann, sind zwar sowohl seine psychische Erkrankung, die aus dieser Erkrankung allein folgende Gefährlichkeit für die Allgemeinheit als auch seine Unterbringung eben wegen dieser Gefährlichkeit. Diese Bedingungen können in Anwendung der conditio-sine-qua-non-Formel (vgl hierzu zuletzt BSG Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 6/15 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1 RdNr 16) nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg - fehlende Möglichkeit des Klägers, seine Arbeitskraft unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verwerten - entfiele. Dies gilt unmittelbar für die Erkrankung und die - hieraus folgende - Gefährlichkeit des Klägers für die Allgemeinheit. Dies gilt zudem auch für die Unterbringungsanordnung, die aus Rechtsgründen (§ 63 StGB) nicht hinweggedacht werden darf, ohne dass zugleich auch die die Unterbringung bedingende Gefährlichkeit des Klägers für die Allgemeinheit hinweggedacht werden müsste.
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Der auf der ersten Stufe bestehende Ursachenzusammenhang zwischen der Erkrankung des Klägers und der mangelnden Möglichkeit, seine Arbeitskraft auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verwerten, wird hier jedoch im Rahmen der nachfolgenden rechtlich-wertenden Betrachtung (2. Stufe) durch die gerichtlich angeordnete Unterbringung verdrängt. Aus diesem Blickwinkel ist die Erkrankung des Klägers nur "Auslöser" im Sinne der vorhergehenden Darlegungen. Folgt aus der Krankheit als Grund für das Erwerbshindernis - wie hier - ausschließlich die Gefährlichkeit des Versicherten für die Allgemeinheit, kommt der Unterbringung eine überragende Bedeutung für den versperrten Zugang zum Arbeitsmarkt zu. Denn gerade die Gefährlichkeit rechtfertigt die Unterbringung. Zweck der Maßregel des § 63 StGB ist es, durch heilende oder bessernde Einwirkung auf den Täter sowie durch seine Verwahrung die von ihm ausgehende Gefahr weiterer erheblicher rechtswidriger Taten abzuwenden oder zu verringern (BGH Urteil vom 25.7.1985 - 1 StR 241/85 - BGHSt 33, 285 - Juris RdNr 7). § 63 StGB erlaubt sie nur dann, wenn die Allgemeinheit vor dem Erkrankten geschützt werden muss. Sie dient der öffentlichen Sicherheit und ist darauf ausgerichtet, den Untergebrachten so zu behandeln, dass er für die Allgemeinheit nicht mehr gefährlich ist (BGH Beschluss vom 8.9.1998 - 1 StR 384/98 - NStZ-RR 1999, 44 - Juris RdNr 5). Lediglich die Belange der öffentlichen Sicherheit sind geeignet, einen Menschen ganz unabhängig vom Maß seiner Schuld auf unbestimmte Zeit einer Freiheitsentziehung zu unterwerfen (BGH Beschluss vom 7.6.2016 - 4 StR 79/16 - NStZ-RR 2016, 306 - Juris RdNr 7; BGH Beschluss vom 1.10.2013 - 3 StR 311/13 - NStZ-RR 2014, 42 - Juris RdNr 9; Schöch in Laufhütte ua, Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl 2007, § 63 RdNr 1; zum Verhältnis zu außerstrafrechtlichen Sicherungssystemen vgl BGH Urteil vom 3.8.2017 - 4 StR 193/17 - Juris RdNr 20; BGH Urteil vom 11.12.2008 - 3 StR 469/08 - NStZ 2009, 260 - Juris RdNr 3 f, jeweils mwN). Die Unterbringung, die dem Kläger den Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt, ist mithin die finale Reaktion des Staates allein auf dessen Gefährlichkeit, gleich aus welchem Grund. Insbesondere sind auch solche Täter von der Anordnung der Maßregel nicht ausgenommen, bei denen eine - nicht krankhafte - schwere andere seelische Abartigkeit vorliegt und bei denen nur wenig Aussicht auf Besserung besteht (BGH Beschluss vom 8.9.1998 - 1 StR 384/98 - NStZ-RR 1999, 44 - Juris RdNr 5 mwN).
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Da die Unterbringung selbst demnach nicht wegen Krankheit erfolgt, sondern allein auf der abstrakten Gefährlichkeit des Unterzubringenden beruht, verwirklicht sich durch diese im Rahmen der öffentlichen Sicherheit erforderliche Maßnahme zum Schutz der Allgemeinheit auch kein durch die gesetzliche Rentenversicherung "versichertes" Risiko. Schutzzweck des § 43 SGB VI ist die Absicherung des Risikos, dass der Versicherte sein Leistungsvermögen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit Gewinn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzen kann (sog Invaliditätsrisiko; vgl hierzu zB Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, BT-Drucks 14/4230 S 1, 23), durch Gewährung einer Entgeltersatzleistung (vgl Freudenberg in juris-PK SGB VI, 2. Aufl 2013, § 43 RdNr 54; von Koch in Kreikebohm, SGB VI, 5. Aufl 2017, § 43 RdNr 4). In Bezug auf die Erwerbsfähigkeit sichert die gesetzliche Rentenversicherung ausschließlich Risiken ab, die sich aus Krankheit und Behinderung ergeben (vgl zur Rente wegen Berufsunfähigkeit BSG Urteil vom 23.10.1996 - 4 RA 1/96 - SozR 3-2600 § 43 Nr 14 - Juris RdNr 22). Der mit der Unterbringung bezweckte notwendige und vom Staat umfassend zu garantierende Schutz der Allgemeinheit - also des Lebens und der Gesundheit anderer als des Versicherten - liegt dagegen nicht im Verantwortungsbereich der Versichertengemeinschaft.
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Dieser Kausalitätsbeurteilung stehen die Sonderregelungen der §§ 103, 104 SGB VI nicht entgegen. Diese Normen betreffen den Ausschluss vom Rentenanspruch bei absichtlicher Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw die vollständige oder teilweise Versagung der Rente im Falle der Minderung der Erwerbsfähigkeit bei einer Straftat. Beide Regelungen setzten das Vorliegen der im Rahmen des § 43 SGB VI notwendigen Kausalität zwischen der absichtlich herbeigeführten bzw während einer Straftat zugezogenen gesundheitlichen Beeinträchtigung und der grundsätzlich rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit voraus. Obwohl alle Voraussetzungen des § 43 SGB VI erfüllt sind, wird mit Rücksicht auf einen Verstoß gegen die Pflicht zum solidarischen Verhalten (vgl zu § 1277 RVO, § 54 AVG BSG Urteil vom 1.6.1982 - 1 RA 45/81 - SozR 2200 § 1277 Nr 5 - Juris RdNr 15) bzw die Verletzung sozialethischer Mindeststandards (BSG Urteil vom 18.3.2008 - B 2 U 1/07 R - BSGE 100, 124 = SozR 4-2700 § 101 Nr 1, RdNr 21 mwN) der Rentenanspruch ausgeschlossen bzw versagt. Im vorliegenden Fall ist aber schon gar kein Rentenanspruch entstanden, denn die nur auf der ersten Prüfungsstufe bestehende Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zwischen gesundheitlicher Beeinträchtigung (Krankheit) und fehlender Erwerbsfähigkeit wird auf der zweiten Stufe durch den außerhalb des Schutzbereichs der gesetzlichen Rentenversicherung liegenden notwendigen Schutz der Allgemeinheit verdrängt. Ausschließlich dieser bzw die zu diesem Zwecke angeordnete Unterbringung sind - im Rechtssinne - Ursache dafür, dass der Kläger trotz seines quantitativ nicht eingeschränkten Leistungsvermögens am Arbeitsmarkt nicht tätig sein kann.
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3. In der vorliegenden Fallkonstellation brauchte der Senat nicht darüber zu befinden, ob die rechtliche Wertung dann eine andere sein muss, wenn zu der Gefährlichkeit weitere aus der oder einer anderen als der psychischen Erkrankung folgende Leistungseinschränkungen hinzutreten (vgl zur Frage der Berufsunfähigkeit eines aus Gründen der öffentlichen Sicherheit in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebrachten Versicherten BSG Urteil vom 26.6.1969 - 12 RJ 418/66 - SozR Nr 74 zu § 1246 RVO - Juris RdNr 12).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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