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BSG 11.04.2018 - B 3 KR 48/17 B
BSG 11.04.2018 - B 3 KR 48/17 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Beweiswürdigung des LSG - Beweisantrag
Normen
§ 103 SGG, § 106 Abs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Dresden, 18. Juli 2014, Az: S 47 KR 660/13, Urteil
vorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 18. August 2017, Az: L 1 KR 241/14, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 18. August 2017 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Die Klägerin ist mit ihrem Begehren, von der beklagten Krankenkasse für die Zeit vom 1.1.2013 bis 6.6.2014 Krankengeld zu erhalten, bei der Beklagten und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (zuletzt Urteil des LSG vom 18.8.2017).
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Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil und beruft sich auf Divergenz, einen Verfahrensmangel des LSG sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin alle geltend gemachten Zulassungsgründe nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargetan hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
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1. Wer sich auf eine Divergenz (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) beruft, muss darlegen, dass die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung "beruht" (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr, vgl zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
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Solche Umstände können dem Vorbringen der Klägerin nicht entnommen werden. Sie macht geltend, dass Ausführungen des LSG in seiner Urteilsbegründung "im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 11.5.2017 - B 3 KR 22/15 R" (zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 46 Nr 8 und BSGE vorgesehen) stünden und dass das LSG ausgehend von dem vorliegenden Sachverhalt entsprechend dem genannten Urteil hätte "einen Ausnahmefall ... annehmen müssen"; sie (die Klägerin) habe nämlich - wie unter Darlegung der in ihrem Fall vorliegenden Umstände näher geltend gemacht wird - alles in ihrer Macht Stehende getan, um eine durchgehende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über den 31.12.2012 hinaus zu erhalten. Mit diesem Vortrag wird eine Divergenz indessen nicht aufgezeigt. Denn es fehlt bereits an einer Gegenüberstellung von sich einander widersprechenden abstrakten Rechtssätzen aus dem zitierten Urteil des BSG einerseits und aus dem Berufungsurteil andererseits. Anstelle dessen subsumiert die Klägerin die Sachverhaltskonstellation ihres Falls lediglich anhand der vorgenannten Rechtsprechung des BSG und zieht daraus den Schluss, dass das LSG auf der Basis dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung ihren Fall "falsch entschieden" habe. Eine solche bloße "Subsumtionsrüge" erfüllt aber nicht die Darlegungsanforderungen für eine Rechtsprechungsabweichung iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG (stRspr, vgl nur BSG Beschluss vom 17.6.2009 - B 6 KA 6/09 B - Juris RdNr 16 mwN). Denn es fehlt an der Darlegung der Nichtübereinstimmung der Urteile im Grundsätzlichen. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, führt demgegenüber nicht schon zur Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
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2. Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung wegen eines Verfahrensmangels (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) werden in der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht hinreichend dargelegt. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine - hier sinngemäß vorgebrachte - Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Den damit verbundenen besonderen Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge genügt die Beschwerdebegründung nicht. Hierzu muss die Beschwerdebegründung nämlich folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen zB BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN). Die Klägerin richtet sich daran nicht aus, sondern bezeichnet schon keinen prozessordnungskonformen, bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen Beweisantrag, dem das LSG nicht gefolgt ist.
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Die in diesem Zusammenhang auch vorgebrachte Rüge der Verletzung von § 106 Abs 1 SGG, das LSG habe versäumt, darüber aufzuklären, dass die - schon im Berufungsverfahren anwaltlich vertreten gewesene - Klägerin zu Protokoll einen Beweisantrag stellen solle, bezeichnet gleichermaßen keinen Verfahrensmangel. Denn die Tatsachengerichte sind verfahrensrechtlich nicht verpflichtet, auf die Stellung von Beweisanträgen hinzuwirken (BSG SozR 1500 § 160 Nr 13; BSG Beschluss vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - Juris RdNr 10). Hält das Tatsachengericht Beweiserhebungen für notwendig, so hat es keinen entsprechenden Beweisantrag herbeizuführen, sondern den Beweis von Amts wegen auch ohne Antrag zu erheben. Lehnt es die Beweiserhebung dagegen ab, muss es nicht kompensatorisch auf einen Beweisantrag hinwirken und damit helfen, eine Nichtzulassungsbeschwerde vorzubereiten (vgl BSG aaO; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 132 mwN).
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3. Auch die Voraussetzungen für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) werden nicht prozessordnungskonform dargelegt. Eine solche Bedeutung ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
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Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheb-lichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage,
"Kann § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 20.11.2011 (BGBl. I. Seite 2854) mit Wirkung vom 01.04.2012, verfassungskonform insoweit ausgelegt werden, dass Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bei Urlaubsabgeltung (§ 157 Abs. 2 SGB III) ab dem 1. Tag der Urlaubsabgeltung und nicht erst ab Beginn des 2. Monats besteht, wenn anderenfalls Familienversicherung gemäß § 10 SGB V eintreten (§ 19 Abs. 2 S. 2 SGB V i.V.m. § 10 SGB V) und dies zum Ausschluss von Ansprüchen auf Krankengeld führen würde (§ 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V)."
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Die Klägerin führt hierzu näher aus, dass bei einer wortlautgenauen, § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V aF nicht einschränkenden Auslegung mit Blick auf § 19 Abs 2 iVm § 10 und § 44 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V ein verfassungsrechtlich bedenkliches Systemversagen vorläge. Es kann offenbleiben, ob die Klägerin insoweit eine hinreichend klare, aus sich heraus verständliche und im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserhebliche, vom Senat zu beantwortende abstrakte Rechtsfrage formuliert hat. Die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt nämlich jedenfalls in der Regel, wenn die aufgeworfene Frage - wie hier mit Blick auf den geänderten § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V idF des Gesetzes vom 4.4.2017 (BGBl I 778) - bereits außer Kraft getretenes Recht betrifft (vgl zum Ganzen und zu den Darlegungsanforderungen in solchen Fällen zB Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 8d mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen). Dies nimmt die Beschwerdebegründung in ihrem Vorbringen nicht genügend in den Blick.
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Darüber hinaus muss dann, wenn die Beschwerde mit einem Grundrechtsverstoß begründet wird, unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl zB BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 S 14; BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B - Juris RdNr 9 mwN). Dazu sind zum einen der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufzuzeigen, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung zu erörtern und zum anderen die Verfassungsverletzung darzulegen. Die Beschwerdebegründung darf sich im Fall einer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Frage dagegen nicht - wie hier - darauf beschränken, die Verfassungswidrigkeit zu behaupten und die als verletzt angesehenen Normen des GG zu benennen (BSG Beschluss vom 30.4.2015 - B 10 EG 17/14 B - Juris RdNr 5 mwN).
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4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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