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BSG 29.12.2016 - B 4 AS 319/16 B
BSG 29.12.2016 - B 4 AS 319/16 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - keine ausreichende Darlegung der Klärungsbedürftigkeit - Verwaltungsakteigenschaft von Zahlungsaufforderungen - Formverwaltungsakt
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 31 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 16. Februar 2016, Az: S 126 AS 11500/14, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 13. Juli 2016, Az: L 18 AS 772/16, Urteil
Tenor
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Die Anträge des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Juli 2016 und Beiordnung von Rechtsanwalt S., B., werden abgelehnt.
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg wird als unzulässig verworfen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Der Kläger wendet sich gegen "Fälligkeitsregelungen von Forderungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)".
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Er hat vom Beklagten am 4.2.2014 eine Zahlungsaufforderung "nebst Festsetzung einer am 21.2.2014 fälligen Forderung in Höhe von 466,07 Euro erhalten", die wohl mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Der Kläger hat deswegen Klage erhoben, die das SG abgewiesen hat (Gerichtsbescheid vom 16.2.2016). Das LSG hat die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen (Beschluss vom 9.5.2016). Es hat die daneben eingelegte Berufung als unzulässig verworfen (Urteil vom 13.7.2016), weil der Berufungsbeschwerdewert von 750 Euro nicht erreicht sei.
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Mit der gegen das Urteil des LSG gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger Verfahrensfehler und macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Er wirft folgende Fragen auf:
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"Ob eine als Zahlungsaufforderung bezeichnete und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Aufstellung rückständiger Forderungsbeträge nach dem SGB II, die eine Fälligkeitsfestsetzung enthält, als Verwaltungsakt anzusehen ist."
"Ob im Rahmen einer Entscheidung nach § 192 Abs 1 S 1 SGG als Kostenschuldner aufgrund der Regelung von § 192 Abs 1 S 2 SGG nicht nur Beteiligte sondern auch der Vertreter oder Bevollmächtigte selbst in Betracht kommen kann und gegebenenfalls welche Anforderungen insoweit an die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Ermessensausübung zu stellen sind."
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II. 1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen.
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Der Kläger hat innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, die nach Verlängerung am 10.11.2016 endete, keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Sein PKH-Antrag sowie der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist deshalb nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 118, 121 ZPO abzulehnen, da eine Prüfung der Prozesskostenhilfe-Voraussetzungen nicht möglich ist.
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2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
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a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36). Daran fehlt es hier.
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Mit der Beschwerde rügt der Kläger zwar mehrere Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, ohne die den Verfahrensfehler begründenden Tatsachen hinreichend zu bezeichnen. Es ist der Beschwerdeschrift schon nicht zu entnehmen, welcher entscheidungserhebliche Sachverhalt den Verfahrensrügen zugrundeliegt. Es gibt offenbar einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21.12.2010 und hierzu den gerichtlichen Vergleich vom 26.6.2014. Des Weiteren wurde später eine Zahlungsaufforderung erlassen, die mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Deshalb wird aus dem Vorbringen noch deutlich, dass gerügt wird, das LSG habe eine Prozess- anstelle einer Sachentscheidung getroffen.
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Allerdings ergibt sich aus dem geschilderten Sachverhalt nicht nachvollziehbar, dass dem LSG damit ein Verfahrensfehler unterlaufen sein könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Das LSG hat darauf abgestellt, dass die Zahlungsaufforderung auf den vorangegangenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid Bezug nimmt und aus welchen Gründen sich die zur Zahlung gestellte Forderung nicht mit derjenigen des Ausgangsbescheids "addieren" kann, sodass der Berufungsstreitwert nicht erreicht ist (§ 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG). Dass der Beklagte - anders als vom LSG angenommen - eine höhere Forderung gegen den Kläger geltend macht, lässt sich dem Vorbringen der Beschwerdeschrift nicht nachvollziehbar entnehmen. Deshalb wird auch der gerügte Verfahrensfehler nicht deutlich.
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Auch eine Verletzung des § 96 SGG wird nicht in der gebotenen Weise bezeichnet. Insoweit hätte der Kläger aufzeigen müssen, dass die von ihm angeführten, ihm 2016 zugegangenen Schreiben Dritter Verwaltungsakte sein könnten, die frühere und ggf welche Verwaltungsakte der Beklagten abändern oder ersetzen. Dies ist nicht geschehen.
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b) Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet.
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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Soweit der Kläger die Frage nach der Verwaltungsaktsqualität der Zahlungsaufforderung aufwirft, macht er die Klärungsbedürftigkeit seiner Frage nicht hinreichend deutlich. Insoweit fehlt es an der Auseinandersetzung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Denn nach dieser ist eine Zahlungsaufforderung grundsätzlich kein Verwaltungsakt (BSG vom 25.6.2015 - B 14 AS 38/14 R - BSGE 119, 170 = SozR 4-1300 § 63 Nr 23). Allerdings ist ein Schreiben einer Behörde - unabhängig davon - als Formverwaltungsakt zu qualifizieren, wenn ihm eine Rechtsmittelbe-lehrung beigefügt ist. Aber auch insoweit gibt es Entscheidungen des BSG zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Schreiben als Formverwaltungsakt anzusehen ist (vgl zB: BSG vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - BSGE 95, 176 = SozR 4-4300 § 119 Nr 3, juris RdNr 11 ff), mit denen sich der Kläger nicht auseinandersetzt.
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Soweit in Bezug auf die Hauptsache keine Zulassungsgründe nach § 160 Abs 2 SGG vorliegen, kann die Revision nicht - wie mit der zweiten Frage geltend gemacht wird - allein wegen der Kostenentscheidung des LSG zugelassen werden (BSG vom 23.10.2003 - B 11 AL 199/03 B; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 192 RdNr 20 mwN).
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Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
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