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BSG 16.12.2011 - B 14 AS 138/11 B
BSG 16.12.2011 - B 14 AS 138/11 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - fehlende Klärungsbedürftigkeit - Grundsicherung für Arbeitsuchende - Aufforderung zur Beantragung einer Erwerbsminderungsrente - Verwaltungsaktseigenschaft
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 12a S 1 SGB 2, § 31 S 1 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Hannover, 28. Juni 2010, Az: S 56 AS 1278/10, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 29. Juni 2011, Az: L 15/6 AS 840/10, Urteil
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29. Juni 2011 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 29.Juni 2011 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde gegen die obige Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG) kann voraussichtlich nicht zur Zulassung der Revision führen, weil Zulassungsgründe iS des § 160 Abs 2 SGG nicht ersichtlich sind.
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Die Revision kann nur aus den in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründen - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - zugelassen werden. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
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Der Kläger selbst führt zur Begründung seines Antrags auf Prozesskostenhilfe aus, dass das LSG zu Unrecht seine Klageänderungen vom 10.2.2011, 11.3.2011 und 26.5.2011 als unzulässig angesehen habe. Eine Entscheidung durch Prozessurteil anstelle eines in Wirklichkeit gebotenen Sachurteils kann ein Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG sein (stRspr BSGE 2, 245, 252 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 55). Die Voraussetzungen eines solchen Verfahrensmangels sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Nach § 99 Abs 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Nach den Feststellungen des LSG, gegen die nach Durchsicht der Gerichtsakte des LSG auch keine begründete Aufklärungsrüge erhoben werden kann, hat der Beklagte der Klageerweiterung nicht zugestimmt. Auch das Schweigen einer Behörde ist - entgegen der Ansicht des Klägers - keine Zustimmung. Die Beurteilung der Sachdienlichkeit einer Klageänderung steht im Ermessen des Gerichts (vgl nur Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 99 RdNr 10 ff), hier also des LSG. Dass das LSG dieses Ermessen falsch ausgeübt hätte, ist nicht zu erkennen, da die von ihm angeführten Gründe, dass kein Fall des § 96 SGG vorliegen würde, sondern - soweit überhaupt ein anfechtbarer Verwaltungsakt gegeben sei - dieser Folgezeiträume regele und zB die Untätigkeitsklage nicht entscheidungsreif sei, nachvollziehbar sind. Ein bloßer enger Sachzusammenhang mit der schon anhängigen Klage genügt für die Sachdienlichkeit einer Klageänderung nicht (vgl Meyer-Ladewig aaO).
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Das Vorliegen eines der in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision ist auch bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffes (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, VI, RdNr 70) nicht zu erkennen. Weder erscheint die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch enthält die Entscheidung des LSG eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG.
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Dies gilt auch hinsichtlich der Frage, ob es sich bei der auf § 12a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), eingeführt durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 8.4.2008 (BGBl I 681), beruhenden Aufforderung, einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente zu stellen, um einen Verwaltungsakt handelt. Das LSG hat dies unter Verweis auf ein Urteil des BSG vom 17.12.2002 (B 7 AL 18/02 R - SozR 3-4300 § 202 Nr 3) zu Recht bejaht, weil dies der gefestigten Rechtsprechung des BSG zu vergleichbaren Aufforderungen im Recht der Arbeitslosenhilfe entspricht (BSG vom 27.7.2000 - B 7 AL 42/99 R - BSGE 87, 31 = SozR 3-4100 § 134 Nr 22; BSG vom 20.9.2001 - B 11 AL 35/01 R - BSGE 89, 13 = SozR 3-4300 § 142 Nr 1) und Gründe für eine andere Beurteilung im Rahmen des SGB II nicht zu erkennen sind (ebenso Geiger in Münder, LPK SGB II, 4. Aufl 2011, § 12a RdNr 7; vgl zu § 5 Abs 3 SGB II: Armborst in Münder, LPK SGB II, § 5 RdNr 49; Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, Stand Juni 2011, § 5 SGB II RdNr 84; Luthe in Hauck/Noftz, SGB II, Stand August 2010, § 5 RdNr 122; Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 5 RdNr 33).
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Ebenso wenig ist ein Verfahrensmangel zu erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann und der in verfahrensmäßig zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte.
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Die gleichzeitig mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe vom Kläger persönlich eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der genannten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht von einem beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist (§ 73 Abs 4, § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG), worauf der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung der Entscheidung des LSG hingewiesen worden ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
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