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BSG 29.11.2010 - B 14 AS 31/10 B
BSG 29.11.2010 - B 14 AS 31/10 B - Sozialgerichtliches Verfahren - kein Verfahrensfehler - Übertragung der Berufung auf Berichterstatter durch Beschluss - kein Verbrauch des Verzichtes auf mündliche Verhandlung
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 153 Abs 1 SGG vom 26.03.2008, § 153 Abs 5 SGG vom 26.03.2008, § 105 Abs 2 S 1 SGG, § 124 Abs 2 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Gießen, 16. Februar 2009, Az: S 21 AS 896/06, Gerichtsbescheid
vorgehend Hessisches Landessozialgericht, 15. März 2010, Az: L 9 AS 551/09, Urteil
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. März 2010 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. März 2010 wird als unzulässig verworfen.
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Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Der Kläger und seine Ehefrau leben gemeinsam mit ihren beiden minderjährigen Kindern in einem in ihrem Eigentum stehenden Haus mit einer Wohnfläche von rund 200 qm. Sie bezogen von der Beklagten ua vom 1.10.2006 bis zum 30.11.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) nur darlehensweise, weil es sich bei dem selbst genutzten Hausgrundstück nach Auffassung der Beklagten um verwertbares Vermögen handele, das nicht nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützt sei (Bescheid vom 29.9.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2006). Die Klage zum Sozialgericht (SG) Gießen hiergegen blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid vom 16.2.2009). Der am 27.2.2009 zugestellte Gerichtsbescheid war mit der Rechtsmittelbelehrung versehen, dass gegen ihn innerhalb eines Monats nach Zustellung die Berufung zum Hessischen Landessozialgericht (LSG) zulässig sei. Am 6.11.2009 legte der Kläger Berufung zum LSG ein und begründete die Fristversäumnis damit, die Einlegung der Berufung sei zunächst unterblieben, weil von der Richterin am SG in einem Erörterungstermin am 28.1.2009 Hoffnung auf eine positive Wendung in der Sache gemacht worden sei. Auf Schreiben des Berichterstatters vom 20.1.2010 teilte der Kläger am 30.1.2010 mit, er sei nicht einverstanden damit, dass der Senat die Berufung dem Berichterstatter übertrage. Das Recht solle vom Senat ausgesprochen werden. Eine mündliche Verhandlung sei nicht notwendig, da alle Unterlagen, Vorträge und Anträge vollständig vorgelegt worden seien. Infolgedessen werde auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Mit Beschluss vom 3.2.2010, dem Kläger am 11.2.2010 zugestellt, hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter übertragen. Mit Urteil vom 15.3.2010, das ohne mündliche Verhandlung erging, verwarf das LSG in der Besetzung mit dem Berichterstatter als Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern die Berufung als unzulässig.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat der Kläger mit einem von ihm unterzeichneten Schreiben Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung dieses Verfahrens beantragt. Er macht der Sache nach geltend, einem Dritten stehe ein Nießbrauch an der Immobilie zu, sodass sie nicht verwertbar sei.
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II. Dem Prozesskostenhilfeantrag kann nicht stattgegeben werden.
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Nach § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
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Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers, noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf Grund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich.
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Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht gegeben. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen eine Immobilie, die mit einem Nießbrauchrecht belastet ist, als verwertbares Vermögen anzusehen ist, ist zum einen durch die Rechtsprechung des BSG (BSGE 99, 248 = SozR 4-4100 § 12 Nr 6; vgl auch BSG SozR 4-4100 § 12 Nr 12) hinreichend geklärt. Zum anderen ist die Klärungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren nicht erkennbar, weil sich die Berufung des Klägers aus den vom LSG dargestellten Gründen als unzulässig darstellt und eine Klärung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen in einem durchzuführenden Revisionsverfahren nicht zu erwarten ist.
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Die Entscheidung des LSG weicht auch nicht von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG). Divergenz kommt ausschließlich in Betracht, wenn das LSG einen Rechtssatz in Abweichung von einem solchen des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Solche abweichenden Rechtssätze, auf denen das Urteil beruht, sind nicht erkennbar.
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Schließlich ist nicht ersichtlich, dass der Kläger einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG). Die Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter, der dann mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, ist - anders als die Befugnis des Vorsitzenden oder an dessen Stelle des Berichterstatters zu einer Entscheidung nach § 155 Abs 3, 4 SGG - nicht von der Zustimmung der Beteiligten abhängig. Dieses Vorgehen in den Fällen der Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid (§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG) erfordert lediglich einen schriftlichen und den Beteiligten zuzustellenden Beschluss des Senats (dazu im Einzelnen BSG Beschluss vom 27.4.2010 - B 2 U 344/09 B -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Gegen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts ist vorliegend damit nicht verstoßen worden.
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Es ist ferner nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel deshalb erfolgreich geltend gemacht werden könnte, weil der Entscheidung des LSG eine mündliche Verhandlung nicht vorausgegangen ist. Der Kläger hat insoweit auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 153 Abs 1 iVm § 124 Abs 2 SGG). Diese Zustimmung zur beabsichtigten Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung war nicht durch die zwischenzeitliche Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter verbraucht (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 124 Nr 1; SozR 3-1500 § 124 Nr 4; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 124 RdNr 3e). Die Anhörung zur Übertragung der Sache auf den Berichterstatter und die Anfrage wegen einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erfolgten vorliegend in einem Schreiben. Aus dem Anschreiben des Berichterstatters vom 20.1.2010 ging dabei ausreichend deutlich hervor, dass die Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter auch gegen den Willen der Beteiligten beabsichtigt, hinsichtlich einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung dagegen ein Einverständnis des Klägers erforderlich sei. Das Schreiben des Klägers vom 30.1.2010 enthält ausdrücklich keine Einschränkung der Einverständniserklärung dahin, dass lediglich der Senat in der "großen" Besetzung auch ohne mündliche Verhandlung solle entscheiden können. Eine wesentliche Änderung der Prozesslage, die dem Verzicht auf mündliche Verhandlung nach § 124 Abs 2 SGG die Grundlage entzieht, wird mit der Übertragung der Sache auf den Berichterstatter nicht erkennbar.
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Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie den Anforderungen des § 73 SGG nicht entspricht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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