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BSG 21.07.2010 - B 5 R 154/10 B
BSG 21.07.2010 - B 5 R 154/10 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache - Beschwerdebegründung - Nichtzulassungsbeschwerde
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG
Vorinstanz
vorgehend SG Karlsruhe, 15. Juli 2008, Az: S 6 R 5608/06
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 23. März 2010, Az: L 11 R 3882/08, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 23. März 2010 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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Mit Urteil vom 23.3.2010 hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1.7.2006 bis 30.6.2009 verneint.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden Verfahrensmängel (I.) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (II.) geltend gemacht.
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Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
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Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
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I. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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1. Soweit der Kläger sinngemäß rügt, das LSG habe es ermessensfehlerhaft unterlassen, das Erscheinen der Sachverständigen Dr. R. und Dr. H. von Amts wegen anzuordnen, damit sie ihre schriftlichen Gutachten erläutern (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 411 Abs 3 ZPO), muss sich diese Sachaufklärungsrüge (§ 103 SGG) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG auf einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag beziehen, der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch einen entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten worden ist und dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (Senatsbeschluss vom 27.11.2007 - B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 11). Der Kläger hat schon nicht dargelegt, einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt zu haben. Hierzu muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Zudem hat der Beweisantrag im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung vor Augen führen, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht von einem Beteiligten noch nicht als erfüllt angesehen wird. Werden Beweisanträge - wie die Beschwerdebegründung vorliegend behauptet - in vorbereitenden Schriftsätzen (hier: vom 16.7. und 7.10.2009) gestellt, so sind sie dann nicht iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG übergangen worden, wenn den näheren Umständen zu entnehmen ist, dass sie in der maßgebenden mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt wurden. Dies ist bei rechtskundig vertretenen Beteiligten regelmäßig anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und die Beweisanträge nicht wenigstens hilfsweise wiederholt werden (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 73 mwN). Dass die Beweisanträge vom 16.7. und 7.10.2009 in der mündlichen Verhandlung wiederholt worden sind, behauptet der Kläger nicht.
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2. Unabhängig von der nach § 411 Abs 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts stehenden Möglichkeit, das Erscheinen des Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, steht den Beteiligten gemäß § 116 Satz 2 SGG, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3.2.1998 - 1 BvR 909/94 - NJW 1998, 2273 = Juris RdNr 11; vgl auch BSG vom 12.12.2006 - B 13 R 427/06 B - Juris RdNr 7; BGH vom 7.10.1997 - VI ZR 252/96 - NJW 1998, 162, 163 = Juris RdNr 10 - alle mwN). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen nicht formuliert werden. Es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 5, SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7; BVerwG NJW 1996, 2318), zB auf Lücken oder Widersprüche hinzuweisen. Einwendungen in diesem Sinn sind dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen (vgl § 411 Abs 4 ZPO). Eine Form für die Befragung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, sodass sie sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen kann. Da die Rüge der Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen letztlich eine Gehörsrüge darstellt, müssen zudem deren Voraussetzungen erfüllt sein. Insbesondere muss der Beschwerdeführer alles getan haben, um eine Anhörung des Sachverständigen zu erreichen (BSG, Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 247/09 B - Juris RdNr 11; BSG SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7). Diese Obliegenheit erfüllt ein Beteiligter, wenn er rechtzeitig beantragt, einen Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens anzuhören und schriftlich sachdienliche Fragen ankündigt (Udsching, NZS 1992, 50, 53) oder weiteren Aufklärungs- bzw Ermittlungsbedarf aufzeigt (BSG, Beschluss vom 3.3.1999 - B 9 VJ 1/98 B - SGb 2000, 269). Liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht dem Antrag folgen, soweit er aufrechterhalten bleibt (vgl BSG SozR 4-1500 § 62 Nr 4 RdNr 5). Das gilt auch dann, wenn das Gutachten nach Auffassung des Gerichts ausreichend und überzeugend ist und keiner Erläuterung bedarf (BVerfG NJW 1998, 2273 = Juris RdNr 11; BGH NJW 1997, 802; Meyer-Ladewig in ders/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 118 RdNr 12h). Der Kläger hat es schon nicht dargelegt, dass er die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret bezeichnet habe und auch nicht aufgezeigt, dass er die Anträge vom 16.7. und 7.10.2009 im Zeitpunkt der Entscheidung noch aufrechterhalten habe.
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Soweit der Kläger schließlich "Erhebungen neueren Datums" für die Verweisungstätigkeiten eines "Pförtners an der Nebenpforte, eines Parkplatzwächters oder Museumsaufsehers" vermisst, hat er ebenfalls nicht dargetan, einen ordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt und bis zuletzt aufrechterhalten zu haben.
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II. Schließlich hat auch die Grundsatzrüge keinen Erfolg. Denn der Kläger hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) gestellt, die der Senat mit "ja" oder "nein" beantworten könnte (vgl BSG, Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009-50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, Kap IX RdNr 181). Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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