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BVerfG 25.08.2023 - 1 BvR 1612/23
BVerfG 25.08.2023 - 1 BvR 1612/23 - Nichtannahmebeschluss: Zu den Voraussetzungen, unter denen eine Erschöpfung des Rechtswegs gegen fachgerichtliche Entscheidungen im einstweiligen Verfügungsverfahren entbehrlich ist - Außerachtlassung einer hinterlegten Schutzschrift als Gehörsverletzung - einzelner Verfahrensfehler lässt allerdings noch nicht auf bewusstes und systematisches Übergehen prozessualer Rechte schließen
Normen
Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 103 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 935 ZPO, § 937 Abs 2 ZPO
Vorinstanz
vorgehend LG Potsdam, 14. August 2023, Az: 2 O 215/23, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Gründe
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I.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde und ihrem hiermit verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wenden sich die Beschwerdeführer gegen eine einstweilige Verfügung, durch die ihnen teilweise untersagt wurde, auf der von ihnen verantworteten Internetseite "Potsdam - Stadt für alle" über ein mit Immobilieninvestitionen in Potsdam engagiertes, im internationalen Erdölhandel tätiges Unternehmen zu berichten.
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1. Der Antragsteller des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsteller) ist Inhaber und Geschäftsführer der Antragstellerin des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragstellerin), einem im Erdölhandel international tätigen Unternehmen. Seit (…) plant der Antragsteller die Errichtung eines "(…)" nahe des Potsdamer (…) mit einem Investitionsvolumen von 100 Mio. Euro. Der Beschwerdeführer zu 2), eine lokale politische Initiative in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins mit Sitz in Potsdam, und dessen Vorstand, der Beschwerdeführer zu 1), verantworten im Rahmen des Vereinsprojekts "Potsdam - Stadt für alle" eine gleichnamige Internetseite, die "eine Öffentlichkeit für kritische, nachhaltige Stadtentwicklung schaffen" und "Menschen, die sich für wirkliche Beteiligung und eine 'Stadt für alle' engagieren eine Plattform bieten" möchte. Am 25. Juli 2023 veröffentlichten die Beschwerdeführer auf dieser Seite einen Beitrag über die Antragsteller mit dem Titel "Wie Profite aus dem Geschäft mit russischen Erdölprodukten in Potsdam angelegt werden".
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2. Durch außergerichtliches Schreiben vom 2. August 2023 forderten die Antragsteller die Beschwerdeführer zur Abgabe vertragsstrafenbewehrter Unterlassungserklärungen bis spätestens 9. August 2023, 12:00 Uhr, auf, die sich auf folgende Äußerungen bezogen:
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"a) Das vielleicht mysteriöseste Unternehmen' nennen es auch russische und britische Medien - mit Verbindungen zu (…G1…) und zum russischen Energieministerium;
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b) Und siehe da, einer der wichtigsten Zulieferer ist kein anderer als die (…G2…), ein in (…O1…) ansässiges Unternehmen, das vom in (…O2…) ansässigen (…N1…) gegründet wurde, so eine mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens vertraute Person und ein Anwalt, der (…G2…) vertritt. (…G2…) kauft Öl vom russischen Produzenten, darunter eine Tochtergesellschaft des staatlichen Gazprom PJSC, und verkauft es an (…G3…);
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c) Herr (…N1…) gründete (…G4…) gemeinsam mit dem Schweizer Energiehändler (…N2…) in (…O3…);
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d) Und auch da mittendrin: Die (…G2…) von (…N1…) … Dieser Zwischenhändler kauft kleine Mengen auf, um Tanker zu füllen, und verkauft sie dann an seinen Partner (…G3…);
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e) Der Löwenanteil der Mengen (von Erdöl) der (…G2…) wird bei der (…G4…), (…G5…), (…G6…) und (…G7…) bezogen;
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f) (…G2…) leistet nach Aussagen von Medien und der Rechercheplattform Public Eye einen erheblichen Beitrag dazu, dass Russland weiter sein Erdöl auf den Weltmärkten verkaufen kann - und damit seinen Krieg finanzieren."
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Bei den Äußerungen handele es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen. Zudem hätten die Beschwerdeführer gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßen, indem die Antragsteller insbesondere zu keinem Zeitpunkt angefragt worden seien.
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3. Durch Schutzschrift vom 8. August 2023 - nebst Anlagen am 9. August 2023 um 00:57 Uhr im zentralen Schutzschriftenregister eingestellt - erklärten die Beschwerdeführer, sich dazu entschieden zu haben, das Verfahren öffentlich zu führen und sich gegen die erhobenen Ansprüche zur Wehr zu setzen. Die aufgestellten Behauptungen seien ausweislich der beigefügten Medienbeiträge wahr. Die eidesstattlichen Versicherungen der Antragsteller bezögen sich lediglich auf die gegenwärtige Geschäftstätigkeit, nicht auf die vergangene. Bei den Beschwerdeführern handele es sich nicht um professionelle Journalisten, sondern um einen kleinen Verein und eine Einzelperson; nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seien die Sorgfaltspflichten der Medien gleitend, richteten sich nach den Aufklärungsmöglichkeiten und seien strenger als für Privatleute. Soweit der Beitrag Meinungsäußerungen enthalte, unterfalle er von vornherein nicht den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung. In einem möglichen einstweiligen Verfügungsverfahren werde beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, hilfsweise, über den Antrag nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
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4. Durch weiteres außergerichtliches Schreiben vom 9. August 2023 setzten die Antragsteller den Beschwerdeführern mangels bisheriger Reaktion eine Nachfrist zur Abgabe der eingeforderten Unterlassungserklärungen bis 10. August 2023, 16:00 Uhr. Dem Schreiben beigefügt war das Abmahnungsschreiben vom 2. August 2023 nebst Anlagen sowie der Entwurf eines an das Landgericht Potsdam gerichteten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nebst Anlagen mit nahezu identischem Wortlaut der abgemahnten Äußerungen.
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5. Durch angegriffenen Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 14. August 2023 - 2 O 215/23 - wurde den Beschwerdeführern ohne mündliche Verhandlung wegen Dringlichkeit gemäß § 937 Abs. 2 ZPO die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel untersagt. Seine Begründung beschränkte das Landgericht auf die Bemerkung, wegen des Sachverhalts werde auf die Antragsschrift vom 10. August 2023 sowie die damit vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
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6. Gegen den ihnen am 18. August 2023 im Parteibetrieb zugestellten Beschluss legten die Beschwerdeführer durch Schriftsatz vom 19. August 2023 Widerspruch ein, mit dem sie beantragten, die einstweilige Verfügung aufzuheben, den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen und die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vom 14. August 2023 einzustellen. Zur Begründung stützten sie sich zum einen auf eine Verletzung ihres Rechts auf prozessuale Waffengleichheit, da das Landgericht die einstweilige Verfügung erlassen habe, ohne ihre Schutzschrift zur Kenntnis zu nehmen. Zum anderen brachten die Beschwerdeführer unter Aufrechterhaltung ihrer in ihrer Schutzschrift enthaltenen Argumentation vor, den Antragstellern stehe ein Verfügungsanspruch nicht zu.
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7. Ebenfalls am 19. August 2023 haben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben und hiermit verbunden beantragt, die Wirksamkeit des angegriffenen Beschlusses bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde in der Hauptsache oder bis zu einer erneuten Entscheidung des Landgerichts, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, auszusetzen.
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a) Die Verfassungsbeschwerde sei hinsichtlich einer Rüge der prozessualen Waffengleichheit zulässig. Unabhängig von dem noch fortdauernden Ausgangsverfahren und dem darin noch nicht beschiedenen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung sei der Rechtsweg erschöpft. Die Rügen bezögen sich auf eine Rechtsverletzung unmittelbar durch die Handhabung des Prozessrechts im Verfahren über den Erlass der einstweiligen Verfügung. Die Beschwerdeführer richteten sich gegen eine bewusste Übergehung ihrer prozessualen Rechte. Diesbezüglich bestehe kein fachgerichtlicher Rechtsbehelf. Da die Rechtsbeeinträchtigung durch die einstweilige Verfügung in Gestalt eines weiterhin vollstreckbaren Unterlassungstitels noch fortdauere, müssten sie auch kein besonders gewichtiges Feststellungsinteresse geltend machen.
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b) Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet. In einem gerichtlichen Verfahren sei der Gegenseite grundsätzlich vor einer Entscheidung Gehör und damit die Gelegenheit zu gewähren, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen. Insoweit sei das Landgericht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch gehalten gewesen, die von den Beschwerdeführern hinterlegte Schutzschrift zur Kenntnis zu nehmen, in der sie nicht nur umfassend inhaltlich vorgetragen hätten. Durch ihre Bitte um mündliche Verhandlung und einen Antrag auf Leistung einer Prozesskostensicherheit hätten sie sich vielmehr auch zu Fragen der Verfahrensführung positioniert. Dies habe das Landgericht aus welchen Gründen auch immer übergangen.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie ist unzulässig, da die Beschwerdeführer eine Erschöpfung des Rechtswegs entgegen § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG nicht dargetan haben.
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann eine Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise unmittelbar gegen eine einstweilige Verfügung selbst erhoben werden, wenn zwar andere Rechtsverletzungen - auch ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör - fachgerichtlich angegriffen werden können, die Rügen der Verfassungsbeschwerde sich aber auf eine Rechtsverletzung unmittelbar durch die Handhabung des Prozessrechts im Verfahren über den Erlass der einstweiligen Verfügung selbst richten. Das Bundesverfassungsgericht hat dies wiederholt angenommen, wenn sich der Beschwerdeführer gegen ein seinem Vorbringen nach bewusstes und systematisches Übergehen seiner prozessualen Rechte wendet, das die Fachgerichte im Vertrauen daraufhin praktizierten, dass diese Rechtsverletzungen angesichts später eröffneter Verteidigungsmöglichkeiten folgenlos blieben und deshalb nicht geltend gemacht werden könnten. Diesbezüglich besteht ein fachgerichtlicher Rechtsbehelf nicht. Insbesondere gibt es keine prozessrechtliche Möglichkeit, etwa im Wege einer Feststellungsklage eine fachgerichtliche Kontrolle eines solchen Vorgehens zu erwirken (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2017 - 1 BvQ 16/17 u.a. -, Rn. 10 f.; vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 10 und - 1 BvR 2421/17 -, Rn. 23; Beschlüsse der 2. Kammer vom 3. Juni 2020 - 1 BvR 1246/20 -, Rn. 12; vom 17. Juni 2020 - 1 BvR 1380/20 -, Rn. 12; vom 22. Dezember 2020 - 1 BvR 2740/20 -, Rn. 16; vom 11. Januar 2021 - 1 BvR 2681/20 -, Rn. 25; vom 4. Februar 2021 - 1 BvR 2743/19 -, Rn. 13; vom 6. Februar 2021 - 1 BvR 249/21 -, Rn. 16; vom 1. Dezember 2021 - 1 BvR 2708/19 -, Rn. 18; vom 11. Januar 2022 - 1 BvR 123/21 -, Rn. 29; vom 21. April 2022 - 1 BvR 812/22 -, Rn. 16; Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 2022 - 1 BvR 1846/22 -, Rn. 20; vom 10. November 2022 - 1 BvR 1941/22 -, Rn. 16; vom 26. April 2023 - 1 BvR 718/23 -, Rn. 18; vom 24. Mai 2023 - 1 BvR 605/23 -, Rn. 22; vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 22). Beinhaltet die unter dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit gerügte Rechtsverletzung demgegenüber ausschließlich einen fachgerichtlich angreifbaren Verfahrensfehler, verbleibt es im Hinblick auf § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bei der vorrangigen Zuständigkeit der Fachgerichte.
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2. Hieran gemessen, haben die Beschwerdeführer eine Erschöpfung des Rechtswegs nicht dargetan.
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a) Wird eine im zentralen Schutzschriftenregister hinterlegte Schutzschrift im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht berücksichtigt, kann das Recht des Antragsgegners auf prozessuale Waffengleichheit allerdings in gleicher Weise verletzt werden, wie wenn sich das Gericht ohne (vollständige) Kenntnisnahme eines bereits vorliegenden Zurückweisungsschreibens gegen eine Beteiligung des Antragsgegners entscheidet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Mai 2023 - 1 BvR 605/23 -, Rn. 36). Darüber hinaus kann das Recht auf prozessuale Waffengleichheit durch das Unterlassen oder - was dem gleichkommt - die unzulängliche Abfrage im Schutzschriftenregister auch insoweit verletzt sein, als das Gericht dem Antragsgegner hierdurch selbst jene Beteiligungsmöglichkeit nimmt, die ihm ganz unabhängig von der konkreten gerichtlichen Verfahrenshandhabung ermöglichen soll, vorbeugende Verteidigungsschriften zum Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu machen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2018 - 1 BvR 2421/17 -, Rn. 34; - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 22), und die sich von seiner außergerichtlichen Reaktion überdies regelmäßig unterscheidet. Denn während eine außergerichtliche Abmahnung nicht notwendig Anlass bietet, sich bereits zum gerichtlichen Verfahren zu äußern, wird sich der Antragsgegner hierzu in einer Schutzschrift regelmäßig veranlasst sehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Mai 2023 - 1 BvR 605/23 -, Rn. 37; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Februar 2021 - 1 BvR 249/21 -, Rn. 25).
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b) Dass die unterbliebene Berücksichtigung einer hinterlegten Schutzschrift eine Verletzung der prozessualen Waffengleichheit beinhalten kann, bedeutet allerdings nicht, dass für den hiermit gerügten Verfahrensfehler ein fachgerichtlicher Rechtsbehelf von vornherein ausgeschlossen ist.
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aa) Die Außerachtlassung einer hinterlegten Schutzschrift verletzt das grundrechtsgleiche Recht des Antragsgegners auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG. Zwar stellt der Gehörsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 1 GG seinerseits eine besondere Ausprägung der prozessualen Waffengleichheit dar. Als prozessuales Urrecht (vgl. BVerfGE 70, 180 188>) gebietet dieser, in einem gerichtlichen Verfahren der Gegenseite grundsätzlich vor einer Entscheidung Gehör und damit die Gelegenheit zu gewähren, auf eine bevorstehende gerichtliche Entscheidung Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 9, 89 96 f.>; 57, 346 359>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 15; vom 30. September 2018 - 1 BvR 2421/17 -, Rn. 28; Beschlüsse der 2. Kammer vom 3. Juni 2020 - 1 BvR 1246/20 -, Rn. 16; vom 22. Dezember 2020 - 1 BvR 2740/20 -, Rn. 19; vom 11. Januar 2021 - 1 BvR 2681/20 -, Rn. 29; vom 4. Februar 2021 - 1 BvR 2743/19 -, Rn. 21; vom 6. Februar 2021 - 1 BvR 249/21 -, Rn. 20; vom 1. Dezember 2021 - 1 BvR 2708/19 -, Rn. 26; vom 11. Januar 2022 - 1 BvR 123/21 -, Rn. 35; vom 21. April 2022 - 1 BvR 812/22 -, Rn. 20; Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 2022 - 1 BvR 1846/22 -, Rn. 23; vom 10. November 2022 - 1 BvR 1941/22 -, Rn. 19; vom 26. April 2023 - 1 BvR 718/23 -, Rn. 21; vom 24. Mai 2023 - 1 BvR 605/23 -, Rn. 25). Besteht für eine Gehörsverletzung jedoch noch fachgerichtlicher Rechtsschutz, hat der Beschwerdeführer für die Zulässigkeit einer auf die Verletzung der prozessualen Waffengleichheit gestützten Verfassungsbeschwerde vorzutragen, welche über den Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG hinausgehende Rechtsverletzung er rügt, für die es an fachgerichtlichem Rechtsschutz fehlt. Stützt er hierzu seine Rüge - wie im vorliegenden Fall - auf eine bewusste und systematische Übergehung seiner prozessualen Rechte, bedarf es daher entsprechenden Vortrags, mit dem die Gehörsverletzung nicht als bloßer Verfahrensfehler, sondern nachvollziehbar als bewusste und systematische Übergehung seiner prozessualen Rechte dargetan ist.
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bb) Als hiernach ausnahmsweise erschöpft hat das Bundesverfassungsgericht den Rechtsweg etwa in Fällen betrachtet, in denen die gerügte Verfahrensweise bereits für sich genommen auf eine bewusste und systematische Übergehung prozessualer Rechte hindeutet (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 17 ff.; Beschlüsse der 2. Kammer vom 3. Juni 2020 - 1 BvR 1246/20 -, Rn. 21 ff.; vom 17. Juni 2020 - 1 BvR 1380/20 -, Rn. 16 ff.; vom 11. Januar 2021 - 1 BvR 2681/20 -, Rn. 35 ff.; vom 4. Februar 2021 - 1 BvR 2743/19 -, Rn. 27 ff.; vom 21. April 2022 - 1 BvR 812/22 -, Rn. 25; vom 15. Juni 2023 - 1 BvR 1011/23 -, Rn. 31 ff.). Als erschöpft betrachtet hat das Bundesverfassungsgericht den Rechtsweg zudem in Fällen, in denen eine bewusste und systematische Übergehung prozessualer Rechte darüber hinaus anhand einer ständigen Entscheidungspraxis eines Gerichts dargetan ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2017 - 1 BvQ 16/17 u.a. -, Rn. 9; Beschlüsse der 2. Kammer vom 22. Dezember 2020 - 1 BvR 2740/20 -, Rn. 24 ff.; vom 6. Februar 2021 - 1 BvR 249/21 -, Rn. 25 f.; vom 1. Dezember 2021 - 1 BvR 2708/19 -, Rn. 31 ff.; vom 11. Januar 2022 - 1 BvR 123/21 -, Rn. 39 ff.; Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 27. Oktober 2022 -1 BvR 1846/22 -, Rn. 28; vom 10. November 2022 - 1 BvR 1941/22 -, Rn. 25 f.), bis hin zu Fällen, in denen die Entscheidungspraxis eines Spruchkörpers darauf hindeutet, dass er sich von Recht und Gesetz entfernt, indem er trotz mehrfachen Hinweises des Bundesverfassungsgerichts in fortgesetzter Missachtung der Bindungswirkung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (§ 31 Abs. 1 BVerfGG) prozessuale Rechte übergeht und sein Handeln unter entsprechender Inkaufnahme verfahrensfehlerhafter Entscheidungen an seinen eigenen Maßstäben ausrichtet (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. April 2023 - 1 BvR 718/23 -, Rn. 27 f.; vom 24. Mai 2023 - 1 BvR 605/23 -, Rn. 31 ff.).
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c) Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, haben die Beschwerdeführer eine bewusste und systematische Übergehung ihrer prozessualen Rechte nicht nachvollziehbar dargetan.
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Ein einzelner Verfahrensfehler ist regelmäßig nicht geeignet, ein bewusstes und systematisches Übergehen prozessualer Rechte von Verfahrensbeteiligten darzutun. Es kann sich dabei ebenso um ein bloßes Versäumnis handeln, das mit weitergehenden Gründen der Verfahrenshandhabung nicht einhergeht. Das gilt auch dann, wenn ein Verfahrensfehler - wie im hier gegebenen Fall einer Verletzung des grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG - zugleich eine Verletzung von Verfassungsrecht beinhaltet. Denn auch das besondere rechtliche Gewicht eines Verfahrensfehlers besagt regelmäßig nichts über die Gründe der Verfahrenshandhabung, auf denen er beruht. Umstände, die eine weitergehende Beurteilung geböten, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Insbesondere ist weder vorgetragen noch auch nur ersichtlich, dass der gerügte Verfahrensfehler statt eines im Einzelfall unterlaufenen Versäumnisses Ausdruck einer ständigen Entscheidungspraxis des Landgerichts wäre.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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