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BVerfG 06.03.2020 - 1 BvR 2862/16
BVerfG 06.03.2020 - 1 BvR 2862/16 - Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Neuregelungen zur Medizinischen Hochschule Hannover (Art 1 Nr 37 des niedersächsischen Gesetzes zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen <juris: HSchulGÄndG ND 7>; § 63e NHG nF <juris: HSchulG ND 2007> idF vom 15.12.2015) - keine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit (Art 5 Abs 3 S 1 GG)
Normen
Art 5 Abs 3 S 1 GG vom 15.12.2015, Art 1 Nr 37 HSchulGÄndG ND 7, § 63e Abs 2 Nr 2 HSchulG ND 2007 vom 15.12.2015, § 63e Abs 2 Nr 3 HSchulG ND 2007 vom 15.12.2015, § 63e Abs 3 HSchulG ND 2007 vom 15.12.2015, § 63e Abs 4 S 1 Nr 1 HSchulG ND 2007 vom 15.12.2015, § 63e Abs 4 S 1 Nr 2 HSchulG ND 2007 vom 15.12.2015, § 63e Abs 4 S 1 Nr 4 HSchulG ND 2007 vom 15.12.2015, § 63e Abs 4 S 2 HSchulG ND 2007 vom 15.12.2015
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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1. Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen Neuregelungen im Hochschulrecht des Landes zur Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Mit dem Gesetz zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen vom 15. Dezember 2015 (Nds. GVBl S. 384) hat der Landesgesetzgeber auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss des Ersten Senats vom 24. Juni 2014 - 1 BvR 3217/07 -) reagiert, wonach das stark unternehmerisch angelegte Gesamtgefüge die Wissenschaftsfreiheit auch angesichts der Besonderheiten medizinischer Hochschulen nicht wahrte (BVerfGE 136, 338). Der Beschwerdeführer ist derselbe wie im ersten Verfahren zur MHH; er gehört dem Senat als Vertreter der Gruppe der Hochschullehrenden an.
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2. Die hier angegriffenen Neuregelungen betreffen die Verteilung der Entscheidungskompetenzen zwischen Senat und Vorstand in § 63e des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) in der Fassung vom 26. Februar 2007, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. September 2019 (Nds. GVBl S. 261). § 63e NHG war mit dem Niedersächsischen Hochschulgesetz vom 26. Februar 2007 (Nds. GVBl S. 69) geschaffen worden und wurde durch Art. 1 Nr. 37 des Gesetzes zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen vom 15. Dezember 2015 (Nds. GVBl S. 384 388>) zum 1. Januar 2016 - und später nochmals - geändert; die letzte Änderung in 2019 ist für das vorliegende Verfahren nicht von Bedeutung.
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3. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, da noch immer eine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit vorliege. Für zentrale Entscheidungen der Leitung der MHH sei weiterhin nur das Benehmen mit dem Senat vorgesehen. Das sei kein hinreichender Schutz vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen. Der Vorstand habe weitreichende Befugnisse, ohne dass der Senat wissenschaftsinadäquate Strukturentscheidungen verhindern könne. Die Möglichkeit der Abwahl von Vorstandsmitgliedern sei defizitär, da eine Mehrheit von Dreiviertel der Mitglieder des Senats vorgesehen sei.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Ihr kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), und ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).
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1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BVerfGE 90, 22 24 f.>; 96, 245 248>). Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe sind geklärt (speziell zur MHH: BVerfGE 136, 338; zeitlich nachfolgend auch BVerfGE 139, 148).
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2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 25 f.>), denn sie ist nicht begründet. Die Neuregelungen zur Organisation verletzen nach der erforderlichen Gesamtwürdigung im Ergebnis nicht die Anforderungen an den Schutz der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Der Gesetzgeber hat von dem ihm zustehenden Gestaltungsspielraum im Hochschulrecht in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise Gebrauch gemacht.
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a) Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verpflichtet den Staat zu Schutz und Förderung wissenschaftlicher Betätigung und garantiert den in der Wissenschaft Tätigen zugleich die Teilhabe am Wissenschaftsbetrieb. Diese Mitwirkung ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Schutz vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen (vgl. BVerfGE 136, 338 362 f. Rn. 56> m.w.N.); im Kern wissenschaftliche Entscheidungen sind der Wissenschaft selbst überlassen. Der Staat muss danach für funktionsfähige Institutionen eines freien universitären Wissenschaftsbetriebs sorgen und sicherstellen, dass das Grundrecht der freien wissenschaftlichen Betätigung so weit unangetastet bleibt, wie das unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen und der Grundrechte der verschiedenen Beteiligten möglich ist (vgl. BVerfGE 136, 338 362 Rn. 55> m.w.N.; stRspr).
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Zur Organisation der Wissenschaftsfreiheit bedarf es eines Gesamtgefüges, in dem Entscheidungsbefugnisse und Mitwirkungsrechte, Einflussnahme, Information und Kontrolle durch die wissenschaftlich Tätigen so beschaffen sind, dass Gefahren für die Freiheit von Lehre und Forschung vermieden werden (vgl. BVerfGE 136, 338 363 Rn. 57>; 139, 148 182 f. Rn. 68> m.w.N.). Dies ist insbesondere nach dem Gewicht der Entscheidungsbefugnisse zwischen kollegialen Selbstverwaltungsorganen und Leitungsorganen zu bewerten. Zwar genießt keines von beiden pauschal einen Vorrang. Je mehr, je grundlegender und je substantieller jedoch wissenschaftsrelevante personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse dem kollegialen Selbstverwaltungsorgan entzogen und einem Leitungsorgan zugewiesen werden, desto stärker muss im Gegenzug die Mitwirkung des Selbstverwaltungsorgans an der Bestellung und Abberufung dieses Leitungsorgans und an dessen Entscheidungen ausgestaltet sein, damit Gefahren für die Freiheit von Lehre und Forschung vermieden werden (vgl. BVerfGE 111, 333 356 f.>; 127, 87 117 f.>; 136, 338 365 f. Rn. 60 ff.>; 139, 148 183 Rn. 68>). Wissenschaftsrelevante Entscheidungen betreffen insofern nicht nur konkrete Forschungsvorhaben oder Lehrangebote, sondern auch die Planung der weiteren Entwicklung einer Einrichtung und die Ordnungen, die für die Organisation gelten sollen; dazu gehören alle den Wissenschaftsbetrieb prägenden Entscheidungen über die Organisationsstruktur und den Haushalt (vgl. BVerfGE 136, 338 364 Rn. 58> m.w.N.).
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Der Gesetzgeber muss im hochschulorganisatorischen Gestaltungsspielraum zudem die weiteren Aufgaben der Hochschulen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 57, 70 99>) und diese im Sinne praktischer Konkordanz aller grundrechtlich geschützten Belange (vgl. BVerfGE 136, 338 368 Rn. 65> m.w.N.) in einen Ausgleich bringen. Insofern müssen die Organisationsanforderungen für medizinische Fakultäten und Hochschulen nicht nur die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 136, 338 366 f. Rn. 62 f.>) und die Aufgaben der Berufsausbildung nach Art. 12 Abs. 1 GG, sondern auch den Schutz der Gesundheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG berücksichtigen (vgl. BVerfGE 57, 70 98 ff.>; 136, 338 362 Rn. 55, 366 Rn. 61>).
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Das Verfahren zur Auswahl der Hochschulleitung sowie die Wahl selbst müssen ebenfalls mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG im Einklang stehen (vgl. BVerfGE 111, 333 363>; 127, 87 128 f.>; 139, 148 183 Rn. 68>). Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit wird nicht verletzt, wenn der Staat an der Entscheidung über die Besetzung von Hochschulleitungen beteiligt ist (vgl. BVerfGE 111, 333 362 f.>; zuletzt BVerfGE 139, 148 182 f. Rn. 68> m.w.N.). Doch muss auch hier ein hinreichender Einfluss der Träger der Wissenschaftsfreiheit gewahrt werden (vgl. BVerfGE 111, 333 362 f.>; 127, 87 117, 129>; 136, 338 365 Rn. 60>). Aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgt insofern kein Anspruch, über die Hochschulleitung ausschließlich selbst zu bestimmen (vgl. BVerfGE 111, 333 365>; 127, 87 129>), aber ein Mitentscheidungsrecht. Der Gesetzgeber darf im Übrigen bei einer Neubestellung eines Leitungsorgans berücksichtigen, ob das Vertretungsorgan akademischer Selbstverwaltung vorher mitgewirkt hat (vgl. BVerfGE 136, 338 378 Rn. 88>); eine Abwahl muss wiederum umso selbstbestimmter sein, je höher Ausmaß und Gewicht der Leitungsbefugnisse sind (vgl. BVerfGE 127, 87 130 f.>; 136, 338 365 Rn. 60>).
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b) Das durch die hier angegriffenen Normen geprägte Gesamtgefüge der Organisation der MHH genügt diesen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat dem Vorstand der Hochschule zwar weitreichende wissenschaftsrelevante Entscheidungsbefugnisse übertragen (aa), und der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Niedersächsischen Landtags hatte deshalb insoweit zutreffend auf verfassungsrechtliche Bedenken hingewiesen (vgl. LTDrucks 17/4810, S. 16 f.). Die Entscheidungsbefugnisse des akademischen Senats sind im Gesamtgefüge aber so ausgestaltet, dass jedenfalls ein maßgeblicher Einfluss auf Wahl und Abwahl des Vorstands als Leitung der Hochschule gesichert ist (bb).
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aa)Der Gesetzgeber hat die Mitwirkung des Senats als Kollegialorgan der wissenschaftlich Tätigen an Entscheidungen des Vorstands mit der hier in Rede stehenden Neuregelung zumindest teilweise gestärkt.
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(1) Nach den angegriffenen Regelungen ist der gesamte Vorstand als Leitung der MHH nach § 63e Abs. 2 Nr. 2 NHG n.F. zuständig für die Errichtung, Änderung, Zusammenlegung und Aufhebung von Organisationseinheiten sowie die Festlegung ihrer Aufgaben und Organisationsstrukturen. Das sind Entscheidungen über Forschung und Lehre (vgl. BVerfGE 35, 79 123>; 136, 338 370 Rn. 69>) auch dann, wenn sie ressortübergreifend fallen, weil sie zum Beispiel die Krankenversorgung betreffen.
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An diesen Entscheidungen des Vorstands wirkt der akademische Senat der MHH nach § 63e Abs. 3 Satz 1 NHG n.F. nur im Wege des Benehmens mit. So kann der Senat wissenschaftsrelevante Organisationsentscheidungen im Sinne des § 63e Abs. 2 Nr. 2 NHG n.F. nicht verhindern, denn dafür wäre ein Einvernehmen erforderlich (vgl. BVerfGE 136, 338 373 f. Rn. 76>). Ein Einvernehmen fordert der Gesetzgeber nach § 63e Abs. 4 Satz 2 NHG n.F. nur in bestimmten, in Satz 1 Nr. 1 bis 5 benannten, dem für Forschung und Lehre zuständigen Vorstandsmitglied zugewiesenen Fragen der Organisation und Weiterentwicklung von Forschung und Lehre, nach Satz 2 aber nur in "Angelegenheiten" von grundsätzlicher Bedeutung. Für Organisationsentscheidungen nach Abs. 2 Nr. 2 wollte der Gesetzgeber ausdrücklich kein Einvernehmen des Senats. Er sah jedoch die Änderungen der Kreationsrechte des Senats zur Findung, Bestellung und Entlassung des Vorstands als geeignet an, etwaige Mitwirkungsdefizite des Senats auszugleichen (vgl. LTDrucks 17/4810, S. 16).
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(2) Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1, § 41 Abs. 2 Satz 1 NHG n.F. ist jede Zielvereinbarung zwingend ("aufgrund") an die Entwicklungsplanung der Hochschule gebunden (vgl. BVerfGE 136, 338 369 f. Rn. 68>). Der Abschluss von Zielvereinbarungen ist jetzt nicht mehr ohne gültige Entwicklungsplanung und damit nicht mehr ohne den Senat möglich (vgl. LTDrucks 17/3949, S. 23 f.). Das sichert den Einfluss der wissenschaftlich Tätigen durch ihre Vertretung im Senat (vgl. BVerfGE 136, 338 370 Rn. 68>), wo die Gruppe der Hochschullehrenden nach § 16 Abs. 3 Satz 1 NHG die Mehrheit der Stimmen hat und Entscheidungen zur Forschung zwingend diese Mehrheit benötigen (§ 16 Abs. 3 Satz 2 NHG).
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Dem steht nicht entgegen, dass der Vorstand die Entwicklungsplanung vorbereitet (§ 37 Abs. 1 Satz 2 NHG n.F.) und sein Einvernehmen mit der Entwicklungsplanung (§ 41 Abs. 2 Satz 1, § 63e Abs. 2 Nr. 1 NHG n.F.) erklären muss. So kann der Vorstand die Entwicklungsplanung zwar blockieren. Das könnte der Gesetzgeber auch anders regeln. Doch fordert der Schutz vor strukturellen Gefährdungen der Wissenschaftsfreiheit in der Hochschulorganisation kein Alleinentscheidungsrecht des Kollegialorgans, sondern nur dessen gehaltvolle Mitwirkung. Verfassungsrechtlich ist entscheidend, dass der Senat seine Befugnis tatsächlich zur Teilhabe an der Entwicklungsplanung nutzen kann (vgl. BVerfGE 136, 338 370 Rn. 68>). Das ist hier mit der Bindungsregelung der Fall.
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(3) An Entscheidungen des Vorstandsmitglieds für Forschung und Lehre nach § 63e Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 NHG für die Organisation und Weiterentwicklung von Forschung und Lehre ist ein Einvernehmen des Senats vorgegeben. Dies gilt nach § 63e Abs. 4 Satz 2 NHG n.F. wiederum nur für Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung. Das entspricht den Zuständigkeitsregeln für Senat und Fakultätsrat in § 41 Abs. 2 Satz 2 und § 44 Abs. 1 Satz 1 NHG. Danach haben alle Entscheidungen, die Forschung und Lehre nicht nur punktuell im Einzelfall betreffen, sondern finanzielle oder hochschul- oder fakultätspolitische Tragweite haben und insbesondere Organisationsentscheidungen grundsätzliche Bedeutung und müssen im Einvernehmen mit dem Senat getroffen werden.
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(4) Desgleichen sind die - eindeutig wissenschaftsrelevanten (vgl. BVerfGE 136, 338 371 Rn. 71, 374 Rn. 77>) - Befugnisse des Vorstands zur Aufteilung der für Forschung und Lehre bestimmten Ressourcen (§ 63e Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, 4 NHG) bei grundsätzlicher Bedeutung an ein Einvernehmen des Senats gebunden. Was über punktuelle Entscheidungen im Einzelfall hinausgeht, bedarf damit des Einvernehmens mit dem Senat. Zudem ist die Entscheidung des Vorstandsmitglieds für Forschung und Lehre nach § 63a Abs. 3 Satz 1 NHG n.F. daran gebunden, dass Mittel für Forschung und Lehre zweckentsprechend verwendet werden und allen wissenschaftlich Tätigen eine Mindestausstattung gesichert werden muss (vgl. BVerfGE 43, 242 285>; 127, 87 125>; stRspr).
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bb) Die zwar gestärkte, aber weiterhin relativ geringe Mitwirkung des akademischen Kollegialgremiums an eindeutig wissenschaftsrelevanten Leitungsentscheidungenist im Gesamtgefüge der Organisation zu bewerten. Sie wird hier durch Entscheidungsbefugnisse des Senats selbst sowie durch seinen Einfluss auf die Kreation des Vorstands ergänzt. Damit ist insgesamt keine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit gegeben.
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(1) Der Gesetzgeber hat dem akademischen Senat der MHH durchaus gewichtige Befugnisse zugewiesen.
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Der Senat kann in der MHH über die Entwicklungsplanung entscheiden (§ 41 Abs. 2 Satz 1 NHG n.F.). Sie bestimmt nach § 1 Abs. 3 Satz 2 NHG die Entwicklungs- und Leistungsziele der Hochschule in ihren Grundzügen. Damit ist sie zwar auf grobe Ziele beschränkt und darf nicht auf die operative Tätigkeit der Leitung übergreifen (vgl. LTDrucks 14/4142, S. 2), bindet den Vorstand aber. Dem steht nicht entgegen, dass die Entwicklungsplanung im Einvernehmen mit dem Vorstand erfolgen muss (§ 41 Abs. 2 Satz 1 NHG n.F.).
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Der Senat hat zudem erheblichen Einfluss auf Berufungen (§ 26 Abs. 2 Satz 7, Abs. 4 Satz 2, § 26 Abs. 8 Satz 1 NHG n.F.). Das schützt die aktuell wissenschaftlich Tätigen zwar nicht gegen freiheitsgefährdende Entscheidungen des Vorstands zu ihrer Forschung und Lehre, ist aber für die Entwicklung der Hochschule von zentraler Bedeutung. Daneben stehen Befugnisse in Fragen der Gleichberechtigung und des Datenschutzes (§ 42 Abs. 1 Satz 6, Abs. 5 Satz 3, § 3 Abs. 1 Satz 3, § 17 Abs. 1, 2 Satz 2 NHG n.F.).
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Der Senat ist weiter zuständig für Entscheidungen über die Mitwirkung der Mitglieder der Hochschule an der Selbstverwaltung (§ 16 Abs. 2 Satz 3, 7 NHG), Status und Rechte der Angehörigen der Hochschule (§ 16 Abs. 4 NHG), die Zusammensetzung des Senats (§ 41 Abs. 4 Satz 2 NHG), die Vertretung der Promovierenden (§ 9 Abs. 4 Satz 2 NHG n.F.) und die Festlegung der Amtszeit der Studiendekanin oder des Studiendekans und die Freistellung von deren Aufgaben als Professorin oder Professor (§ 43 Abs. 3 Satz 4, 5 NHG). Auch insoweit haben die wissenschaftlich Tätigen also Einfluss.
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Zu berücksichtigen ist im Gesamtgefüge schließlich die Rechenschaftspflicht des Vorstands sowie das Informationsrecht des Senats und sein Recht zu Stellungnahmen (§ 41 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1, § 41 Abs. 2 Satz 2 NHG), da sie eine Kontrolle der Tätigkeit des Vorstands ermöglichen.
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(2) Neben den Sachentscheidungsbefugnissen hat der Gesetzgeber dem Senat gewichtige Befugnisse bei der Wahl und Abwahl des Vorstands zugewiesen.
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(a) Für eine Abwahl von Vorstandsmitgliedern ist - anders als nach der verfassungsgerichtlich beanstandeten Vorgängerregelung (vgl. BVerfGE 136, 338 380 f. Rn. 95>) - kein wichtiger Grund mehr erforderlich. Es genügt allerdings weiterhin erst eine Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen im Senat (§ 40 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 63c Abs. 2 NHG n.F.; vgl. BVerfGE 136, 338 370 Rn. 69> mit Verweis auf BVerfGE 35, 79 132 f.>). Diese Dreiviertelmehrheit ist eine hohe Hürde. Doch ist eine solche Hürde auch zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 111, 333 364>). Sie schützt die Person und die Institution vor leichtfertigen Entscheidungen.
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Die Befugnisse des Senats werden auch nicht dadurch eingeschränkt, dass an der Abwahl eines Vorstandsmitglieds der Hochschulrat beteiligt ist (vgl. insoweit BVerfGE 136, 338 379 Rn. 93>). Der Hochschulrat muss den Vorschlag, ein Vorstandsmitglied zu entlassen, bestätigen (§ 40 Satz 2 i.V.m. § 63c Abs. 2 NHG n.F.). Nach einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Hochschulrat darf der Senat jedoch im Regelfall abschließend entscheiden (§ 40 Satz 3, 4 i.V.m. § 63c Abs. 2 NHG n.F.; dazu LTDrucks 17/3949, S. 23). Die Sonderregelung für die Entlassung des Vorstands für Krankenversorgung, wonach der Hochschulrat die Entlassung zwingend bestätigen muss (§ 63c Abs. 2 NHG n.F.), lässt sich rechtfertigen, um den besonderen Belangen des Krankenversorgungsauftrags Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 136, 338 380 Rn. 94>).
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Das Mitwirkungsrecht des Senats wird auch nicht dadurch unzulässig beschränkt, dass für die Entlassung der Vorstandsmitglieder nach § 48 Abs. 1 NHG das Fachministerium zuständig ist. Es darf der Entlassung nur widersprechen, wenn rechtlich tragfähige Gründe vorliegen, diese also von einem die Wissenschaft als Bereich autonomer Verantwortung achtenden, entsprechend gewichtigen öffentlichen Interesse getragen sind (vgl. BVerfGE 136, 338 377 Rn. 83>).
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(b) Im Gesamtgefüge sind auch die geänderten Vorgaben zu den Findungskommissionen für die Vorstandsmitglieder (vgl. LTDrucks 17/4810, S. 14 f.) zu berücksichtigen.
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(1) Die Findungskommission für das Vorstandsmitglied, das nach § 63b Satz 4 Nr. 1 NHG für Forschung und Lehre zuständig ist und als Präsident oder Präsidentin wirkt, gibt den Senatsmitgliedern die Hälfte der Stimmen (Anlage 1 Nr. 1 NHG n.F.). Das sind zwar nicht zwingend die Hochschullehrenden, doch kann die Wahl auch nicht gegen den Willen dieser Gruppe erfolgen, da sie nach § 16 Abs. 3 Satz 1 NHG im Senat die Mehrheit der Stimmen hat. Damit ist sichergestellt, dass für das Wissenschaftsressort keine Person vorgeschlagen werden kann, die nicht das Vertrauen der wissenschaftlich Tätigen genießt (vgl. BVerfGE 136, 338 378 Rn. 85>).
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(2) Der Findungskommission für das Vorstandsmitglied, das nach § 63b Satz 4 Nr. 3 NHG für Wirtschaftsführung und Administration zuständig ist, gehören vier Mitglieder an. Sie werden nach Anlage 1 Nr. 3 Buchst. a NHG n.F. vom Senat aus seiner Mitte gewählt. Sie können eine Entscheidung verhindern, da sie in der Kommission die Hälfte der Stimmen haben. Damit kommen die Belange der Wissenschaft auch hier ausreichend zur Geltung (vgl. BVerfGE 136, 338 378 Rn. 87>).
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(3) In der Findungskommission für das Vorstandsmitglied, das nach § 63b Satz 4 Nr. 2 NHG für die Krankenversorgung zuständig ist, muss aufgrund der Verzahnung der Krankenversorgung mit der Forschung und Lehre ein Einfluss der wissenschaftlich Tätigen vorhanden sein, jedoch nicht ausschlaggebend (vgl. BVerfGE 136, 338 378 Rn. 86>).
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(c) Schließlich sind die Vorgaben zur Wahl der Vorstandsmitglieder als Leitung der Hochschule von Bedeutung.
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Nach den neuen Regelungen schlägt der Senat eine Person vor (§ 38 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 63c Abs. 1 Satz 1 NHG n.F.). Der Hochschulrat hat nach § 38 Abs. 2 Satz 4, 6 in Verbindung mit § 63c Abs. 1 Satz 1 NHG n.F. ein Recht zur gemeinsamen Erörterung mit dem Senat und zur Stellungnahme. Das Fachministerium bestellt das Vorstandsmitglied nach § 38 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 63c Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 NHG.
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Damit kommt den wissenschaftlich Tätigen bei der Wahl des Vorstands ausschlaggebender Einfluss zu. Für den Vorschlag des Senats hat die Gruppe der Hochschullehrenden die Stimmmehrheit (§ 16 Abs. 3 Satz 1 NHG). Dieser Einfluss wird durch die Beteiligung von Hochschulrat und Fachministerium nicht entwertet. Der Hochschulrat handelt nicht rechtsverbindlich, und das Fachministerium ist rechtlich gebunden (vgl. BVerfGE 136, 338 377 Rn. 83>).
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Auch auf eine Bestellung der Vorstandsmitglieder für eine weitere Amtszeit hat die Wissenschaft selbst erheblichen Einfluss. Sie ist nach § 38 Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit § 63c Abs. 1 Satz 5 NHG n.F. nur mit Zustimmung von Senat und Hochschulrat möglich. Gegen den Willen der Mehrheit im Senat kann sie damit nicht erfolgen.
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cc) Insgesamt hat der Gesetzgeber damit ein Gesamtgefüge geschaffen, das eine strukturelle Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit nicht erkennen lässt.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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