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BVerfG 27.08.2019 - 1 BvR 879/12
BVerfG 27.08.2019 - 1 BvR 879/12 - Nichtannahmebeschluss: Zur Ausstrahlungswirkung der Grundrechte in das Zivilrecht, hier im Falle eines von einer Hotelbetreiberin gegenüber einem NPD-Funktionär ausgesprochenen Hausverbots - keine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten
Normen
Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 3 S 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend BGH, 9. März 2012, Az: V ZR 115/11, Urteil
vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 18. April 2011, Az: 1 U 4/10, Urteil
vorgehend LG Frankfurt (Oder), 22. Juni 2010, Az: 12 O 17/10, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer war von März 1996 bis November 2011 Bundesvorsitzender der N. Seine Ehefrau buchte für beide Eheleute für den Zeitraum vom 6. bis 10. Dezember 2009 einen Aufenthalt in dem Hotel E. in B. Nachdem das Touristikunternehmen die Buchung zunächst bestätigt hatte, teilte es am 19. November 2009 mit, dass ein Aufenthalt in dem Hotel nicht möglich sei, und bot verschiedene Unterbringungsalternativen sowie eine kostenfreie Stornierung an. Auf Nachfrage erteilte die Hotelbetreiberin dem Beschwerdeführer am 23. November 2009 ein Hausverbot. Dieses begründete sie mit Schreiben vom 8. Dezember 2009 damit, dass die politische Überzeugung des Beschwerdeführers nicht mit dem Ziel des Hotels zu vereinbaren sei, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten.
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Der Beschwerdeführer, der sich dadurch diskriminiert sieht, erhob daraufhin Klage mit dem Ziel, den Widerruf des Hausverbots zu erreichen. Seine Klage blieb vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) und dem Brandenburgischen Oberlandesgericht erfolglos. Der Bundesgerichtshof gab der Klage insoweit statt, als sie den schon vertraglich vereinbarten Zeitraum betraf, bestätigte aber das in die Zukunft gerichtete Hausverbot der Hotelbetreiberin. Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 24 ff.>; 96, 245 248 ff.>). Sie ist unbegründet, denn die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten.
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Die Fragen zur Reichweite der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte in das Zivilrecht in Blick auf ein Hausverbot hat das Bundesverfassungsgericht jüngst in seinem Beschluss vom 11. April 2018 - 1 BvR 3080/09 - (vgl. BVerfGE 148, 267) bereits weitgehend geklärt. Sich möglicherweise darüber hinaus in Blick auf Art. 3 Abs. 3 GG stellende Fragen bedürfen angesichts der konkreten Umstände des Falls keiner weiteren Klärung.
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1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG entfaltet in der vorliegenden Konstellation keine Drittwirkung zugunsten des Beschwerdeführers.
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a) Art. 3 Abs. 1 GG enthält kein objektives Verfassungsprinzip, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Dahingehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung. Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie wann unter welchen Bedingungen welche Verträge abschließen und wie sie hierbei auch von ihrem Eigentum Gebrauch machen will. Diese Freiheit wird durch die Rechtsordnung und insbesondere durch das Zivilrecht näher ausgestaltet und vielfach begrenzt; dabei kann dieses auch von Verfassungs wegen spezifischen Anforderungen unterliegen. Ein allgemeiner Grundsatz, wonach private Vertragsbeziehungen jeweils den Rechtfertigungsanforderungen des Gleichbehandlungsgebots unterlägen, folgt demgegenüber aus Art. 3 Abs. 1 GG auch im Wege der mittelbaren Drittwirkung nicht (vgl. BVerfGE 148, 267 283 Rn. 40>).
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b) Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten können sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nur für spezifische Konstellationen ergeben, so etwa bei einem einseitigen, auf das Hausrecht gestützten Ausschluss von Veranstaltungen, die aufgrund eigener Entscheidung der Veranstalter einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden und der für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheidet. Auch in anderen Fällen darf die aus einem Monopol oder aus struktureller Überlegenheit resultierende Entscheidungsmacht nicht dazu genutzt werden, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem bestimmten Ereignis auszuschließen (vgl. BVerfGE 148, 267 283 f. Rn. 41>).
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c) Eine solche spezifische Konstellation liegt hier nicht vor. Weder handelt es sich bei einem Besuch in einem Wellness-Hotel um eine Veranstaltung, die in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheidet, noch hat die Hotelbetreiberin eine Monopolstellung oder eine strukturelle Überlegenheit. Sie betreibt nur eines von mehreren Hotels im Ort B.
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2. Auch in Blick auf die speziellen Gleichheitsrechte des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ergibt sich keine Grundrechtsverletzung des Beschwerdeführers. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG sieht vor, dass niemand wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf.
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Allerdings ist von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht geklärt, ob und gegebenenfalls in welcher Weise die verschiedenen speziellen Gleichheitsrechte des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG Drittwirkung entfalten können (vgl. BVerfGE 148, 267 283 Rn. 40>). Auch der vorliegende Fall bietet hierzu keine Veranlassung.
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In Frage steht Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG vorliegend allein insoweit, als dieser gegen Ungleichbehandlungen wegen der politischen Anschauungen schützt. Diese Bestimmung ist, wie der Bundesgerichtshof zutreffend festgestellt hat, im Rechtsverkehr zwischen Privaten jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar (vgl. Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 139; Uerpmann-Wittzack, in: Merten/Papier, HGRe, Bd. V, 2013, § 128 Rn. 35; Britz, VVDStRL 64 [2004], S. 355 361 f.> m.w.N.). Auch wenn sich aus dieser Vorschrift aber mittelbar möglicherweise weiterreichende und strengere Bindungen als aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sollten, könnte das jedenfalls nicht bedeuten, dass zwischen Privaten diesbezüglich ein absolutes Unterscheidungsverbot gelten könnte, sondern bedürfte es eines Ausgleichs mit entgegenstehenden Freiheitsrechten. Dass dieser hier zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgehen müsste, ist nach den vom Bundesgerichtshof zu Grunde gelegten konkreten Umständen nicht ersichtlich.
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Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird der Beschwerdeführer durch das in die Zukunft gerichtete Hausverbot lediglich in seiner Freizeitgestaltung beeinträchtigt. Eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung seiner Lebensgestaltung liegt nicht vor. Auch wurde dem Beschwerdeführer das Hausverbot vorab schriftlich und nicht etwa erst bei der Ankunft in dem Hotel mitgeteilt. Die Mitteilung war deshalb nicht mit einer öffentlichen Bloßstellung und Stigmatisierung verbunden. Der Beschwerdeführer muss nach dem teilweise stattgebenden Urteil des Bundesgerichtshofs auch lediglich für die Zukunft hinnehmen, in dem hier in Frage stehenden Hotel nicht willkommen zu sein. Dabei gibt es in der Umgebung eine Vielfalt anderer Hotels, um die sich der Beschwerdeführer bemühen kann. Dass er insoweit auf grundsätzliche Schwierigkeiten stöße und er aufgrund seiner politischen Überzeugung boykottiert oder vom öffentlichen Leben ausgeschlossen wäre, ist nach den fachgerichtlichen Feststellungen nicht ersichtlich. Dem Beschwerdeführer wurden vielmehr ausdrücklich Beherbergungsalternativen in der Umgebung angeboten.
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Auf Seiten der Hotelbetreiberin verweist der Bundesgerichtshof auf das durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Hausrecht sowie die unternehmerische Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Dabei führt er aus, dass sie ein Geschäftskonzept verfolgt, bei dem die Erholung und Freizeitgestaltung der Gäste im Mittelpunkt steht, und sie als Hotelbetreiberin befürchten musste, dass sich andere Hotelgäste durch die Konfrontation mit dem Beschwerdeführer aufgrund der von ihm kurz zuvor in die Öffentlichkeit getragenen politischen Überzeugungen gestört fühlen würden, weil sich der Beschwerdeführer durch polarisierende politische Äußerungen im Zeitraum vor der Verhängung des Hausverbots in besonderer Weise in die Öffentlichkeit begeben hatte. Die Hotelbetreiberin hätte sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Beschwerden, Protesten, Spannungen im Betriebsablauf und gegebenenfalls auch Stornierungen ausgesetzt gesehen, wenn sie den Beschwerdeführer aufgenommen hätte.
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Jedenfalls angesichts dieser Sachlage ist - ohne dass es hier auf eine grundsätzliche Klärung der Wirkungen des Art. 3 Abs. 3 GG im Verhältnis zwischen Privaten näher ankommt - nicht erkennbar, dass die angegriffene Entscheidung den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten verletzt.
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3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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