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BVerfG 12.08.2019 - 1 BvR 1784/19
BVerfG 12.08.2019 - 1 BvR 1784/19 - Nichtannahmebeschluss: Familiengerichtliche Ankündigung einer Nachbegutachtung im Sorgerechtsverfahren zur Klärung einer Kindeswohlgefährdung ist als prozessuale Zwischenentscheidung kein tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde - Zwischenentscheidung begründet keinen bleibenden rechtlichen Nachteil
Normen
Art 6 Abs 2 S 1 GG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 1666 Abs 1 BGB, § 1666 Abs 3 Nr 6 BGB
Vorinstanz
vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 11. Juli 2019, Az: 12 UF 124/17, Verfügung
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Gründe
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1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens zur elterlichen Sorge ergangene Verfügung des Oberlandesgerichts. Darin kündigte es unter Gewährung einer Stellungnahmefrist an, eine Nachbegutachtung zu einer möglichen Kindeswohlgefährdung bei Rückkehr der Kinder in den Haushalt des Beschwerdeführers zu beauftragen. Mit seinem Antrag auf einstweilige Anordnung erstrebt er die Rückübertragung der ihm und seiner Ehefrau entzogenen Teile der elterlichen Sorge mit sofortiger Wirkung.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist.
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a) Die Kammer legt die in ihrem Angriffsgegenstand nicht eindeutige Verfassungsbeschwerde dahingehend aus, dass diese sich lediglich gegen die vorstehend genannte Verfügung vom 11. Juli 2019 richtet. Dafür spricht, dass der Beschwerdeführer eine möglichst rasche Rückübertragung der derzeit entzogenen Teile der elterlichen Sorge anstrebt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wird aber voraussichtlich zu einer zeitlich späteren Entscheidung des Oberlandesgerichts über das Sorgerecht in der Hauptsache führen.
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Die Begründung der Verfassungsbeschwerde bietet keinen ausreichenden Anhalt dafür, sie auch auf den die Sorgerechtsentziehung anordnenden Beschluss des Familiengerichts vom 13. Juni 2017 und den Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts vom 30. Januar 2018 zu erstrecken. Eine gegen den familiengerichtlichen Beschluss gerichtete Beschwerde wäre zudem von vornherein aussichtslos. Diesen hat der Beschwerdeführer zuvor bereits zweimal zum Gegenstand von Verfassungsbeschwerden gemacht. Neue Argumente oder eine vom früheren Verfahren abweichende Sachverhaltsgestaltung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. Februar 2019 - 1 BvR 3/19 -, Rn. 4) benennt er nicht.
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Soweit die Verfassungsbeschwerde zudem einen Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 24. April 2019 im Verfahren 12 UF 124/19 nennt, kommt dieser als Angriffsgegenstand nicht in Frage. Ein solcher Beschluss wird weder vorgelegt noch inhaltlich näher dargelegt. Aus zuvor von dem Beschwerdeführer geführten Verfassungsbeschwerdeverfahren ist lediglich ein im dortigen Verfahren 8 WF 72/19 ergangener Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 24. April 2019 bekannt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer diesen Beschluss erneuter verfassungsgerichtlicher Überprüfung unterziehen lassen will.
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b) Eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verfügung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 11. Juli 2019 ist unzulässig. Bei der darin enthaltenen Ankündigung, eine Nachbegutachtung zur Klärung einer Kindeswohlgefährdung zu beauftragen, handelt es sich lediglich um eine Zwischenentscheidung. Eine Verfassungsbeschwerde gegen Zwischenentscheidungen ist wegen des in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG angelegten Grundsatzes der Subsidiarität grundsätzlich ausgeschlossen, weil Verfassungsverstöße mit der Anfechtung der Endentscheidung gerügt werden können (vgl. BVerfGE 21, 139 143>; 119, 292 294>). Der Grund für den Ausschluss fehlt allerdings, wenn bereits die Zwischenentscheidung zu einem bleibenden rechtlichen Nachteil für den Betroffenen führt, der später nicht oder jedenfalls nicht vollständig behoben werden kann (BVerfGE 119, 292 294>).
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Die Voraussetzungen dieser Ausnahme legt der Beschwerdeführer nicht dar. Sie sind auch nicht ersichtlich. Mit der Beauftragung eines Sachverständigen kommt das Fachgericht seiner verfassungs- und fachrechtlichen Pflicht zu umfassender Sachverhaltsaufklärung in einer die Trennung von Eltern und Kindern betreffenden Kindschaftssache (vgl. BVerfGE 55, 171 182>) nach. Die Ergebnisse der Begutachtung finden in die Endentscheidung des Gerichts über die fachrechtliche Beschwerde des Beschwerdeführers Eingang und können mit dieser unter anderem im Hinblick auf die Verwertbarkeit des Gutachtens überprüft werden. Es verhält sich damit anders als etwa bei Entscheidungen über die Ablehnung von Richtern wegen der Besorgnis der Befangenheit, die nach dem maßgeblichen Fachrecht gegebenenfalls nicht mehr nachgeprüft und korrigiert werden können. Allein der Umstand, dass die Einholung des neuen Gutachtens zu einer späteren Entscheidung über die Beschwerde im fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren führen kann, begründet regelmäßig keinen bleibenden rechtlichen Nachteil, der den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde überwinden kann. Das gilt erst recht angesichts der Möglichkeit, vor den Fachgerichten einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen.
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c) Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt im Übrigen nicht den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Insbesondere fehlt es an Vortrag dazu, ob und falls ja, in welcher Weise der Beschwerdeführer von der in der angegriffenen Verfügung eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit Gebrauch gemacht hat. Er zeigt auch nicht auf, warum die Einholung eines Gutachtens als Mittel der gebotenen Sachverhaltsaufklärung einer möglichen Kindeswohlgefährdung seine Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzen könnte.
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3. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfGG).
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Dem Antrag wäre der Erfolg aber auch dann zu versagen, wenn er isoliert gestellt worden wäre. Wie sich aus den von ihm beigefügten Unterlagen ergibt, hat der Beschwerdeführer auch bei dem Oberlandesgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der sofortigen Rückübertragung des vollständigen Sorgerechts gestellt. Zu dem Verlauf dieses Verfahrens vor dem Oberlandesgericht hätte er vortragen müssen. Anderenfalls kann nicht beurteilt werden, ob die fehlende Rechtswegerschöpfung dem Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht entgegenstünde.
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4. Von einer Begründung im Übrigen wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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