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BFH 25.11.2020 - II R 3/18
BFH 25.11.2020 - II R 3/18 - Festsetzungsverjährung bei Erstattungsansprüchen im dreistufigen Verfahren (Grundsteuer)
Normen
§ 37 Abs 2 AO, § 47 AO, § 155 Abs 2 AO, § 162 Abs 5 AO, § 169 Abs 2 AO, § 170 Abs 1 AO, § 171 Abs 3 AO, § 171 Abs 10 AO, § 171 Abs 14 AO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 AO, § 180 AO, § 181 Abs 5 AO, § 19 Abs 1 BewG 1991, § 1 Abs 2 GrStG, § 9 Abs 2 GrStG, § 13 Abs 1 GrStG, § 27 GrStG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 22. November 2017, Az: 3 K 3052/15, Urteil
Leitsatz
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1. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 14 AO kann durch jeden mit dem Steueranspruch zusammenhängenden Erstattungsanspruch ausgelöst werden.
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2. Der Erstattungsanspruch muss vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden sein.
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3. § 171 Abs. 14 AO ist für die Frage, ob ein Erstattungsanspruch besteht, im Sinne der formellen Rechtsgrundtheorie auszulegen.
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(Anschluss an BFH-Urteil vom 04.08.2020 - VIII R 39/18, BFHE 270, 81)
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.11.2017 - 3 K 3052/15, die Bescheide vom 10.04.2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 13.01.2015 aufgehoben.
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Der Beklagte wird verpflichtet, die Grundsteuerbescheide vom 21.12.2001 und 04.10.2004 für die Jahre 1994 bis 1996, vom 21.12.2001 und 12.10.2004 für die Jahre 1997 bis 2001, vom 14.06.2002 und 12.10.2004 für das Jahr 2002 und vom 12.10.2004 für die Jahre 2003 und 2004 aufzuheben.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war von 1993 bis 2007 Eigentümerin einer Liegenschaft in F, die mit einem 1996 fertiggestellten Geschäftshaus bebaut ist. Auf der Grundlage einer Einheitswertfeststellung auf den 01.01.1991 waren Grundsteuern festgesetzt worden.
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Auf den 01.01.1994 und den 01.01.1997 waren am 21.12.2001 bzw. 17.12.2002 Einheitswertbescheide ergangen. Auf Grundlage dieser Bescheide sowie der Grundsteuermessbescheide setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) höhere Grundsteuern als bisher fest, und zwar am 21.12.2001 und 04.10.2004 für die Jahre 1994 bis 1996, am 21.12.2001 und 12.10.2004 für die Jahre 1997 bis 2001, am 14.06.2002 und zuletzt am 12.10.2004 für das Jahr 2002 und am 12.10.2004 für die Jahre 2003 und 2004. Die entsprechenden Differenzbeträge wurden für die Jahre 1994 bis 1996 am 25.01.2002, für die Jahre 1997 bis 2004 am 16.11.2004 vollständig entrichtet.
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Gegen die Einheitswertbescheide auf den 01.01.1994 und den 01.01.1997 legte die Klägerin Einspruch ein und erhob Klage (3 K 2488/04 B). Dabei berief sie sich auf den Eintritt der Feststellungsverjährung. In der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2009 hob das FA auf Hinweis des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg die Bescheide auf. Der Rechtsstreit wurde übereinstimmend für erledigt erklärt. Am 09.07.2009 hob das FA auch die entsprechenden Grundsteuermessbescheide auf.
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Am 15.07.2009 beantragte die Klägerin, im Wege der Folgebescheidsänderung die auf den Einheitswerten/Grundsteuermessbeträgen auf den 01.01.1994 und 01.01.1997 beruhenden Grundsteuerbescheide aufzuheben. Das FA hob die Grundsteuerbescheide nicht auf.
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Am 28.07.2009 erließ das FA auf den 01.01.1994 erneut einen Einheitswertbescheid, dem ein Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) beifügt war, sowie einen Grundsteuermessbescheid. Am 29.07.2009 erließ es auf den 01.01.1997 einen mit einem Wirkhinweis für die Jahre bis 2004 versehenen Einheitswertbescheid und einen Grundsteuermessbescheid. Die Einsprüche gegen alle vier Bescheide blieben erfolglos. Das FG wies die (nur) gegen die beiden Grundsteuermessbescheide gerichtete Klage mit Urteil vom 29.04.2014 - 3 K 3142/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2014, 1560) ab. Über die Festsetzungsverjährung der Grundsteuer sei in den Verfahren betreffend die Grundsteuer zu entscheiden. Das Urteil ist rechtskräftig.
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Mit Bescheiden vom 10.04.2012 hatte das FA zwischenzeitlich die am 15.07.2009 beantragte Folgebescheidsänderung abgelehnt. Es wies mit Einspruchsentscheidung vom 13.01.2015 die Einsprüche zurück, mit denen die Klägerin den Eintritt der Festsetzungsverjährung der Grundsteuer geltend machte.
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Das FG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen. Wenn das FA nach der Aufhebung der Einheitswertbescheide und der Grundsteuermessbescheide am 10.06.2009 die Grundsteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufgehoben hätte, wäre es, so das FG, sogleich befugt gewesen, neue Grundsteuerbescheide mit demselben Inhalt zu erlassen, so dass die Aufhebung entbehrlich gewesen sei. Das FA hätte zunächst nach § 155 Abs. 2 AO nach Erlass der neuen Grundlagenbescheide vom 28./29.07.2009 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wieder Grundsteuerbescheide erlassen dürfen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Grundsteuer sei zwar nicht nach § 171 Abs. 10 AO, jedoch nach § 171 Abs. 14 AO gehemmt gewesen. Die auf die Einheitswertbescheide vom 21.12.2001 bzw. 17.12.2002 zurückgehende Grundsteuer sei in allen Fällen bereits gezahlt worden. Mit ersatzloser Aufhebung der Grundsteuerbescheide nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wären nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO Grundsteuererstattungsansprüche entstanden. Die für § 171 Abs. 14 AO entscheidende Frist für deren Zahlungsverjährung hätte nicht vor Aufhebung der Bescheide zu laufen begonnen. § 171 Abs. 14 AO sei nicht auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen eine Steuerfestsetzung nicht wirksam bekannt gegeben wurde. Die Vorschrift genüge auch verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie unterbinde nur die Rückforderung geleisteter Zahlungen und stelle sicher, dass ein nach Ablauf der regulären Festsetzungsverjährung erlassener Steuerbescheid keine Grundlage für weitere Zahlungsverlangen biete. Das FG-Urteil ist in EFG 2018, 1325 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 171 Abs. 14 AO sowie der §§ 181 Abs. 5, 155 Abs. 2 AO. § 171 Abs. 14 AO sei nicht anwendbar.
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Ursprung des Problems sei das Fehlen einer ordnungsgemäßen Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung auf den Einheitswert 01.01.1991 vor Ablauf der verlängerten Feststellungsfrist. Damit sei § 181 Abs. 3 Satz 3 AO nicht anwendbar gewesen, während das FA jahrelang den Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 AO unterlassen habe. Sie, die Klägerin, habe sich von Beginn an offen unter Hinweis auf die Verjährungsfrage gegen die Bescheide zur Wehr gesetzt. Das sei nicht mit den Konstellationen zu vergleichen, für die der Gesetzgeber § 171 Abs. 14 AO geschaffen habe, in denen nämlich der Steuerpflichtige das Auseinanderfallen von Festsetzungsverjährung und Zahlungsverjährung bewusst ausnutze, indem er einen Bekanntgabemangel erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung rüge. Nur für die daraus resultierenden Erstattungsansprüche nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO habe der Bundesfinanzhof (BFH) die Anwendbarkeit von § 171 Abs. 14 AO (BFH-Urteile vom 13.03.2001 - VIII R 37/00, BFHE 194, 326, BStBl II 2001, 430, und vom 17.03.2004 - II R 47/98, BFH/NV 2004, 1066; BFH-Beschluss vom 07.07.2004 - VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896) sowie die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bejaht (BFH-Urteil in BFHE 194, 326, BStBl II 2001, 430; ihm folgend Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 18.02.2003 - 2 BvR 1114/01, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 2003, 309, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2003, 718). Soweit es Fälle des § 37 Abs. 2 Satz 2 AO betreffe, sei die Vorschrift teleologisch zu reduzieren. Andernfalls entspreche sie nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an das Rechtsstaatsprinzip und den Gleichheitssatz.
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Ferner erfasse § 171 Abs. 14 AO nur Erstattungsansprüche, die vor Eintritt der Festsetzungsverjährung entstanden seien (so bereits die Urteile der FG Schleswig-Holstein vom 03.08.2000 - V 788/98, EFG 2001, 56, und Köln vom 02.04.2009 - 15 K 2546/07, EFG 2009, 1430), während die Zahlung zumindest für die Jahre 1994 bis 1999 nach Eintritt der regulären Festsetzungsverjährung erfolgt sei.
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§ 155 Abs. 2 AO schließlich sei nur anwendbar, wenn noch kein Grundlagenbescheid ergangen sei, könne aber nicht die Feststellungsverjährung eines tatsächlich erlassenen Grundlagenbescheids überwinden.
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Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Vorentscheidung, der Ablehnungsbescheide vom 10.04.2012 sowie der Einspruchsentscheidung vom 13.01.2015 das FA zu verpflichten, die Grundsteuerbescheide vom 21.12.2001 und 04.10.2004 für die Jahre 1994 bis 1996, vom 21.12.2001 und 12.10.2004 für die Jahre 1997 bis 2001, vom 14.06.2002 und 12.10.2004 für das Jahr 2002 und vom 12.10.2004 für die Jahre 2003 und 2004 aufzuheben.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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§ 171 Abs. 14 AO erlaube keine Differenzierung zwischen den Erstattungsansprüchen nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO und § 37 Abs. 2 Satz 2 AO und sei mit diesem Inhalt auch nicht verfassungswidrig. Anders als der BFH in seinem Urteil vom 04.08.2020 - VIII R 39/18 (BFHE 270, 81, HFR 2021, 6, dort Rz 23) entschieden habe, sei die Ablaufhemmung --ebenso wenig wie im Falle des § 171 Abs. 10 AO-- auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der Erstattungsanspruch vor Eintritt der Festsetzungsverjährung entstanden sei. Jedenfalls aber sei für die Entstehung des Erstattungsanspruchs die rechtsgrundlose Zahlung (materielle Rechtsgrundtheorie), nicht aber die Aufhebung des Steuerbescheids (formelle Rechtsgrundtheorie) maßgebend. Andernfalls liefe § 171 Abs. 14 AO leer, denn die Aufhebung der Bescheide liege regelmäßig nach Ablauf der Festsetzungsverjährung.
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Schließlich sei der Streitfall mit der Konstellation des Bekanntgabemangels in gewisser Hinsicht vergleichbar. Der Ursprung des Problems bestehe darin, dass die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung an die Steuerschuldnerin selbst statt an den Liquidator gerichtet worden sei, was ebenfalls ein formeller Fehler in Gestalt einer unvollständigen Bekanntgabe sei. Es könne nicht richtig sein, dass Grundsteuerbescheide, die --unstreitig-- materiell-rechtlich zutreffend seien und innerhalb der Festsetzungsfrist erlassen worden seien, allein deshalb verjährten, weil wegen eines Streits über einen Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 AO Bescheide zunächst aufgehoben und unverzüglich inhaltsgleich neu erlassen worden seien. Die Aufhebung der Grundsteuermessbescheide am 09.07.2009 habe die Anwendung von § 155 Abs. 2 AO eröffnet, um die in der Aufhebung und dem gleichzeitig erneuten Erlass der Grundsteuerbescheide liegende Förmelei zu vermeiden.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Der Senat entscheidet in der Sache selbst und verpflichtet das FA zur Aufhebung der Grundsteuerbescheide 1994 bis 2004 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Änderung der Folgebescheide ist prozessual Gegenstand eines Verpflichtungsbegehrens nach § 40 Abs. 1 FGO (BFH-Urteil vom 24.05.2006 - I R 93/05, BFHE 214, 7, BStBl II 2007, 76, unter II.1.). Die Grundsteuerbescheide sind nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufzuheben, nachdem das FA die Grundsteuermessbescheide auf den 01.01.1994 und auf den 01.01.1997 am 09.07.2009 aufgehoben hatte. Die neuerlichen Grundsteuermessbescheide vom 28./29.07.2009 stehen dem nicht entgegen, da sie ihrerseits wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung der Grundsteuer keine Änderungsverpflichtung begründen.
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1. Nach Aufhebung der Grundsteuermessbescheide vom 09.07.2009 war das FA zur Folgeänderung hinsichtlich der Grundsteuerbescheide verpflichtet.
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a) Das Verfahren zur Festsetzung der Grundsteuer vollzieht sich in drei Stufen. Es besteht zweifach ein Verhältnis zwischen Grundlagenbescheid (i.S. der Legaldefinition des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO) und Folgebescheid. Auf der ersten Stufe stellt das FA im Einheitswertbescheid den Einheitswert für die wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes fest (§ 180 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 19 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes --BewG--). Auf der zweiten Stufe setzt das FA im Grundsteuermessbescheid den Steuermessbetrag fest (§ 184 Abs. 1 AO, § 13 Abs. 1 des Grundsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung --GrStG--). Auf der dritten Stufe schließlich setzt die Gemeinde --bzw. nach § 1 Abs. 2 GrStG das Land-- die Grundsteuer fest (§ 27 Abs. 1 GrStG). Der Einheitswertbescheid ist Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbescheid, Letzterer wiederum alleiniger Grundlagenbescheid für den Grundsteuerbescheid (vgl. BFH-Urteil vom 11.11.2009 - II R 14/08, BFHE 228, 1, BStBl II 2010, 723, unter II.2.c, cc, m.w.N.).
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b) Diesem doppelten Verhältnis von Grundlagenbescheid zu Folgebescheid tragen die Anpassungsverpflichtungen Rechnung. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Das bedeutet, dass ein Grundsteuermessbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist, soweit ein zugrunde liegender Einheitswertbescheid erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Weiter ist ein Grundsteuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein zugrunde liegender Grundsteuermessbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist. Die Aufhebung eines Grundlagenbescheids bedeutet, dass die Wirkungen des Grundlagenbescheids rückgängig zu machen sind (BFH-Urteil in BFHE 214, 7, BStBl II 2007, 76, unter II.3.a). Wird ein Grundsteuermessbescheid ersatzlos aufgehoben, ist folglich der Grundsteuerbescheid aufzuheben.
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c) Ebenso berücksichtigt die Hemmung der Verjährung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO dieses doppelte Stufenverhältnis.
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aa) Nach dieser Vorschrift endet, soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist der andere Verwaltungsakt seinerseits ein Feststellungsbescheid, gilt die Vorschrift mit der Maßgabe, dass dessen Feststellungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids endet (so inzident die beiden zu § 181 Abs. 5 Satz 1 AO ergangenen BFH-Urteile vom 13.07.1999 - VIII R 76/97, BFHE 189, 309 --teilweise NV--, BStBl II 1999, 747, unter 4.a der Entscheidungsgründe, und in BFHE 228, 1, BStBl II 2010, 723, unter II.2.c cc).
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bb) Wird ein Bescheid betreffend die Feststellung des Einheitswerts bekanntgegeben, endet die Festsetzungsfrist für den Bescheid betreffend den Grundsteuermessbetrag nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Bescheids betreffend den Einheitswert. Wird ein Bescheid betreffend den Grundsteuermessbetrag bekanntgegeben, endet die Festsetzungsfrist für den Bescheid betreffend die Grundsteuer nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Bescheids betreffend den Grundsteuermessbetrag.
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d) Nach diesen Maßstäben waren --vorbehaltlich nachfolgender Grundlagenbescheide-- nach der Aufhebung der Grundsteuermessbescheide am 09.07.2009 die Grundsteuerbescheide 1994 bis 2004 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aufzuheben. Soweit für die Grundsteuer bereits die reguläre Festsetzungsfrist abgelaufen war, war der Eintritt der Verjährung nach § 171 Abs. 10 AO gehemmt. Da die Klägerin innerhalb der Frist des § 171 Abs. 10 AO zudem einen Aufhebungsantrag gestellt hatte und über diesen noch nicht unanfechtbar entschieden worden ist, ist die Verjährungsfrist insoweit bisher nach § 171 Abs. 3 AO nicht abgelaufen.
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e) Es ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich, inwieweit § 155 Abs. 2 AO i.V.m. § 162 Abs. 5 AO dem Grunde nach infolge der Aufhebung der Grundsteuermessbescheide als Grundlagenbescheide eine Schätzung der Grundsteuer erlauben und so einer Anpassungsverpflichtung entgegenstehen könnte.
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aa) Nach § 155 Abs. 2 AO kann ein Steuerbescheid erteilt werden, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. § 162 Abs. 5 AO ermöglicht in diesen Fällen die Schätzung der in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen. Die Vorschrift erlaubt nur, im Folgebescheid eine erkennbar einstweilige Regelung zu treffen, die einem noch zu erlassenden Grundlagenbescheid vorgreift (BFH-Urteil in BFHE 214, 7, BStBl II 2007, 76, unter II.2.b cc).
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bb) Inwieweit nach Aufhebung eines Grundlagenbescheids ein solcher als "noch nicht erlassen" i.S. des § 155 Abs. 2 AO zu betrachten ist, kann dahinstehen. Denn es sind anschließend erneut Grundlagenbescheide in Gestalt der Einheitswertbescheide und der Grundsteuermessbescheide vom 28./29.07.2009 ergangen. Für die Frage, ob die fortbestehenden Grundsteuerbescheide zutreffende Folgebescheide sind, kommt es nur noch darauf an, ob sie diese Grundlagenbescheide zutreffend umsetzen. Sollten die Grundlagenbescheide vom 28./29.07.2009 eine Anpassungsverpflichtung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO begründet haben, wäre damit die Rechtslage der Interimsphase überholt. Sollte die Anpassung wegen Festsetzungsverjährung der Grundsteuer nicht mehr zulässig gewesen sein, wäre auch die Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO rechtswidrig gewesen. Es stünde fest, dass die Besteuerungsgrundlagen nicht mehr berücksichtigt werden können.
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2. Die Anpassung der Grundsteuerbescheide an die Grundsteuermessbescheide vom 28./29.07.2009 ist nicht vorzunehmen. Für die Grundsteuer 1994 bis 2004 war am 09.07.2009, dem Zeitpunkt des Erlasses der Grundsteuermessbescheide, bereits Festsetzungsverjährung eingetreten.
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a) § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO enthält eine Änderungsvorschrift und ermöglicht insoweit die Durchbrechung der Bestandskraft des jeweiligen Folgebescheids, hemmt oder unterbricht allein jedoch nicht die Festsetzungs- oder Feststellungsverjährung des Folgebescheids.
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b) Für die Grundsteuer war die regelmäßige vierjährige Verjährungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) abgelaufen. Sie begann nach § 170 Abs. 1 AO jeweils mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist. Nach § 9 Abs. 2 GrStG entsteht die Steuer mit dem Beginn des Kalenderjahrs, für das die Steuer festzusetzen ist. Das war für das letzte Streitjahr 2004 der Beginn des Jahres 2004, so dass die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2004 begann und mit Ablauf des Jahres 2008 abgelaufen war. Für die früheren Streitjahre gilt Entsprechendes.
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c) Die Verjährung der Grundsteuer war nicht nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO gehemmt. Die Vorschrift ist nach § 181 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 AO nicht anwendbar. Sind Einheitswertbescheide --erste Stufe-- mit einem Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erlassen worden, sind die Grundsteuerbescheide --dritte Stufe-- dann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO an die Grundsteuermessbescheide --zweite Stufe-- anzupassen, wenn für die Grundsteuer ohne Anwendung von § 171 Abs. 10 AO noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
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aa) Nach § 181 Abs. 5 Satz 1 AO kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; hierbei bleibt § 171 Abs. 10 AO außer Betracht. Nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO ist hierauf im Feststellungsbescheid hinzuweisen.
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bb) Im dreistufigen Verfahren wird der Wirkhinweis auf der ersten Stufe (Einheitswert) auch für die dritte Stufe (Grundsteuer) erteilt. § 181 Abs. 5 AO trägt der dienenden Funktion der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Rechnung. Aus der Technik der getrennten Feststellung sollen dem Steuerpflichtigen keine Nachteile, aber auch keine Vorteile entstehen. Die Vorschrift gilt nicht nur für den erstmaligen Erlass, sondern auch für die Änderung oder Berichtigung von Feststellungsbescheiden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 1, BStBl II 2010, 723, unter II.2.c, m.w.N.). Sie gilt auch, wenn ein Feststellungsbescheid zunächst aufgehoben und anschließend neu erlassen wird. Aus der dienenden Funktion sowohl der Feststellung des Einheitswerts als auch der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags für die Grundsteuerfestsetzung folgt eine entsprechende Anwendung des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO im Verhältnis zwischen der ersten und der dritten Stufe. Wäre nur ein zweistufiges Verfahren vorgesehen, könnte ein Feststellungsbescheid, der sowohl den Einheitswert als auch den Grundsteuermessbetrag enthielte, korrigiert werden, solange die Festsetzung der Grundsteuer möglich ist. Dieses Ergebnis ist durch die die zweite Stufe überspringende Anwendung der Regeln über den Wirkhinweis herzustellen (vgl. im Einzelnen BFH-Urteil in BFHE 228, 1, BStBl II 2010, 723, unter II.2.c cc).
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cc) Die Frage, ob Verjährung in der dritten Stufe (Grundsteuer) eingetreten ist, ist bei Vorliegen eines Wirkhinweises in der ersten Stufe (Einheitswert) allein im Verfahren betreffend die Grundsteuer zu prüfen. Dies hat das FG in seinem zu den Grundsteuermessbescheiden ergangenen Urteil in EFG 2014, 1560 zu Recht entschieden. Die Bestimmtheit und damit die Wirksamkeit des Wirkhinweises nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO verlangt zwar die Angabe, dass die Feststellungen nach Ablauf der Feststellungsfrist getroffen worden und nur noch für solche Folgesteuern von Bedeutung sind, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen war. Es bedarf aber keiner genauen Angabe, für welche Steuerarten und welche Besteuerungszeiträume (Veranlagungszeiträume) den getroffenen Feststellungen Rechtswirkung zukommen soll (BFH-Urteil vom 18.03.1998 - II R 7/96, BFHE 185, 573, BStBl II 1998, 555). Diese Erleichterung liefe ins Leere, wenn im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid zu prüfen wäre, ob bei den Folgesteuern Festsetzungs- oder Feststellungsverjährung eingetreten ist (so allerdings Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 181 AO Rz 144; differenzierend auch Urteil des Hessischen FG vom 29.03.2011 - 11 K 1736/09, juris, Rz 24). Das bedeutet umgekehrt, dass diese Prüfung im Verfahren betreffend den Folgebescheid stattfinden muss. Wegen § 181 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 AO ist im Rahmen dieser Prüfung § 171 Abs. 10 AO nicht anwendbar.
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dd) Die Einheitswertbescheide vom 28./29.07.2009 --erste Stufe-- sind nach § 181 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 AO nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist mit dem Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO erlassen worden, der die Anwendung von § 171 Abs. 10 AO für die Prüfung der Festsetzungsverjährung der Grundsteuer --dritte Stufe-- sperrt.
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d) Die Verjährungsfrist für die Grundsteuer war schließlich nicht nach § 171 Abs. 14 AO gehemmt. Nach dieser Vorschrift endet die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO noch nicht verjährt ist (§ 228 AO). §§ 228 ff. AO regeln die Zahlungsverjährung.
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aa) Es ist jeder mit dem Steueranspruch zusammenhängende Erstattungsanspruch geeignet, die Ablaufhemmung auszulösen (BFH-Urteil in BFHE 270, 81, HFR 2021, 6, Rz 22, m.w.N.). Der Senat folgt dieser Rechtsauffassung, denn sie entspricht dem weitgefassten Wortlaut des § 171 Abs. 14 AO. Der Klägerin ist zwar insoweit Recht zu geben, als der Gesetzgeber mit der Vorschrift insbesondere zu vermeiden suchte, dass der Steuerpflichtige mit der Begründung, der Steuerbescheid sei unwirksam bekanntgegeben worden, innerhalb der fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist eine Erstattung zu viel gezahlter Steuern verlangen kann, ohne dass das Finanzamt die Steuerfestsetzung innerhalb der vierjährigen Festsetzungsfrist durch wirksame Bekanntgabe des Steuerbescheides nachholen könnte. Die Vorschrift ist jedenfalls vor diesem Hintergrund verfassungskonform (vgl. im Einzelnen BTDrucks 10/1636, S. 44; BFH-Urteile in BFHE 194, 326, BStBl II 2001, 430, unter 2.b, und in BFHE 270, 81, HFR 2021, 6, Rz 21; BVerfG-Beschluss in DStZ 2003, 309; BFH-Beschluss vom 16.11.2011 - V B 34/11, BFH/NV 2012, 373). Eine entsprechende Einschränkung des Wortlauts ist der Regelung jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr kann diese Konstellation auch exemplarisch dafür stehen, dass innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist notwendige Steuerfestsetzungen nachgeholt werden können.
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bb) Der Erstattungsanspruch muss vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden sein (BFH-Urteil in BFHE 270, 81, HFR 2021, 6, Rz 23, mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung; ebenso Urteile der FG Schleswig-Holstein in EFG 2001, 56, und Köln in EFG 2009, 1430). § 171 Abs. 14 AO hemmt den Ablauf einer offenen Festsetzungsfrist, vermag aber nach einmal eingetretener Festsetzungsverjährung diese nicht erneut anlaufen zu lassen. Dies entspricht dem Wortlaut des § 171 Abs. 14 AO (die "Festsetzungsfrist ... endet nicht, soweit …"). Nicht enden kann nur, was begonnen, aber noch nicht geendet hat. Eine bereits abgelaufene Frist hat bereits geendet. Dieses Normverständnis ist auch systemgerecht. Nach § 47 AO erlöschen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis insbesondere --u.a.-- durch Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232 AO). Das Erlöschen ist endgültig (Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl., § 47 Rz 7). Ein erloschener Anspruch kann nicht wieder aufleben (ebenso Drüen in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz 1, m.w.N.). Ereignisse, die eine Hemmung der Verjährung bewirken könnten, gehen nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ins Leere. Alle verjährungshemmenden Tatbestände des § 171 AO schieben den Eintritt der Verjährung über den regulären Zeitpunkt hinaus (BFH-Beschluss vom 14.09.2007 - VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25; Banniza in HHSp, § 171 AO Rz 3). Sie eröffnen nicht eine einmal abgelaufene Festsetzungsfrist erneut (Drüen in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz 1). Eine Rechtsgrundlage für ein erneutes Anlaufen der Festsetzungsfrist enthält die Vorschrift nicht.
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cc) Ein Erstattungsanspruch i.S. des § 37 Abs. 2 AO besteht u.a., wenn eine Steuer oder steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist oder wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt. Für die Frage, ob ein Rechtsgrund für eine Steuerzahlung besteht, ist § 171 Abs. 14 AO nicht im Sinne der sog. materiellen Rechtsgrundtheorie, sondern der formellen Rechtsgrundtheorie auszulegen. Maßgeblich ist danach, dass es für die Zahlung des Steuerpflichtigen an einem formalen Rechtsgrund in Gestalt eines wirksamen Steuerbescheids fehlt (BFH-Urteil in BFHE 270, 81, HFR 2021, 6, Rz 27 f., m.w.N.). Der BFH hat diese Beurteilung auf die Gesetzesbegründung (BTDrucks 10/1636, S. 44) gestützt, nach der gerade eine Zahlung, die zwar einem materiellen Steueranspruch entspricht, jedoch auf einen unwirksam bekanntgegebenen Steuerbescheid erfolgt ist, als rechtsgrundlose Zahlung angesehen wurde. Der Senat folgt dieser Beurteilung, die sich einerseits in das formell geprägte Recht der Verjährung einfügt und andererseits auch den weiten Anwendungsbereich der Vorschrift eingrenzt, den die Anknüpfung an jedweden Erstattungsanspruch zunächst eröffnet.
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dd) Nach diesen Maßstäben war der Eintritt der Festsetzungsverjährung der Grundsteuer nicht nach § 171 Abs. 14 AO gehemmt. Es war vor Ablauf der Festsetzungsfrist kein Grundsteuererstattungsanspruch der Klägerin entstanden. Die Klägerin hat die Grundsteuern nicht ohne Rechtsgrund gezahlt. Der Rechtsgrund ist auch nie entfallen. Rechtsgrund für die Zahlung der Grundsteuern sind nach Maßgabe der formellen Rechtsgrundtheorie allein die Grundsteuerbescheide. Diese Bescheide wurden bisher nicht aufgehoben und sind nach wie vor wirksam. Dieser Umstand kann nicht durch die hypothetische Überlegung ersetzt werden, dass ein Erstattungsanspruch entstanden wäre, hätte das FA nach Aufhebung der Grundsteuermessbescheide am 09.07.2009 auch die Grundsteuerbescheide aufgehoben. Damit würde der wirkliche Geschehensablauf durch einen fiktiven Geschehensablauf ersetzt. Dies ist unzulässig. § 171 AO ist analogiefeindlich (vgl. Banniza in HHSp, § 171 AO Rz 7; ähnlich --jedenfalls für Analogie zu Lasten des Steuerpflichtigen-- Drüen in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz 1a) und gestattet es nicht, eine maßgebende Voraussetzung eines Hemmungstatbestands, hier die Existenz eines Erstattungsanspruchs, zu fingieren. Soweit das FA einwendet, die Aufhebung der Grundsteuerbescheide wäre eine leere Förmelei gewesen (ähnlich Urteil des FG Köln in EFG 2009, 1430), ist darauf hinzuweisen, dass eine förmliche Betrachtungsweise der Natur der Verjährungsvorschriften entspricht. Vielmehr widerspräche es im Ansatz der formellen Rechtsgrundtheorie, an die Stelle der tatsächlichen Bescheidlage Erwägungen zu setzen, welche Ansprüche bestünden, wenn die Bescheidlage anders wäre.
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ee) Im Übrigen merkt der Senat an, dass selbst unter dem Aspekt der "leeren Förmelei" der Streitfall im Ergebnis nicht anders zu beurteilen wäre als geschehen. Wären am 09.07.2009 oder danach die Grundsteuerbescheide aufgehoben worden, wäre mit dieser Aufhebung zwar ein Erstattungsanspruch bei der Klägerin entstanden, der aber die Hemmung nach § 171 Abs. 14 AO auch nicht mehr hätte bewirken können, weil er erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung entstanden wäre. Auch § 171 Abs. 10 AO hätte keine Hemmung mehr bewirkt. Die Hemmung nach dieser Vorschrift reicht nur, soweit und solange in offener Feststellungsfrist ein Grundlagenbescheid, der für die Festsetzung der Folgesteuer bindend ist, noch zulässig ergehen kann (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1999 - IX R 41/97, BFHE 190, 71, BStBl II 2000, 173, unter II.1.a). Nachdem aber für die Einheitswertfeststellung und die Grundsteuermessbetragsfestsetzung bereits Verjährung eingetreten war, durften nur noch Aufhebungsbescheide, aber keine erneuten Feststellungen mehr ergehen, die zu Festsetzungen von Grundsteuer hätten führen können. Einheitswertbescheide mit einem Wirkhinweis nach § 181 Abs. 5 AO bleiben insoweit außer Betracht, denn sie entfalten nach § 181 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 AO Wirkung gerade nur für den Fall, dass in der Grundsteuer ohne Anwendung von § 171 Abs. 10 AO noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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