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BFH 26.09.2019 - VI R 7/19
BFH 26.09.2019 - VI R 7/19 - (Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 26.09.2019 VI R 23/17 - Rabattfreibetrag für Fahrvergünstigung der Deutschen Bahn AG im Fernverkehr)
Normen
§ 19 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, § 8 Abs 1 EStG 2009, § 8 Abs 3 EStG 2009, § 38a Abs 1 S 3 EStG 2009, § 12 Abs 8 DBGrG, EStG VZ 2012, EStG VZ 2014
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 5. Dezember 2018, Az: 8 K 2175/15, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Der Rabattfreibetrag erstreckt sich auf alle Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG (ehemaligen) Arbeitnehmern gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die unentgeltlich oder verbilligt gewährten Freifahrtscheine aufgrund besonderer Nutzungsbestimmungen fremden Letztverbrauchern nicht angeboten werden (Parallelverfahren VI R 23/17 und VI R 4/17) .
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2. NV: Mit dem Bezug der Freifahrtscheine ist der darin verkörperte geldwerte Vorteil unabhängig vom konkreten Fahrtantritt zugeflossen .
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 05.12.2018 - 8 K 2175/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, inwieweit auf Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG (DB AG) Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) gewährt, der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anwendbar ist.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Ruhestandsbeamter des BEV und wurde für die Streitjahre (2012 und 2014) mit der Klägerin und Revisionsbeklagten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Er erzielte neben seinen Versorgungsbezügen geldwerte Vorteile in Form von Fahrvergünstigungen (Tagesfreifahrtscheine im Fernverkehr mit und ohne Zuzahlungen für Mitarbeiter und Angehörige). Die Tagesfreifahrtscheine wurden von der DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften gewährt, in deren Geschäftsbereich der Kläger während seiner aktiven Dienstzeit eingesetzt war. Es handelte sich bei den Gesellschaften um Nachfolger des früheren Sondervermögens Deutsche Bundesbahn. Den Sachbezugswert dieser Fahrvergünstigungen, die besonderen Nutzungsbestimmungen unterlagen, bezifferte das BEV --ausweislich der Bezügemitteilungen des Klägers-- für 2012 mit insgesamt 1.155,36 € und für 2014 mit insgesamt 1.153,06 €.
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Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den geldwerten Vorteil aus den in Anspruch genommenen Fahrvergünstigungen jeweils ungemindert als Einnahmen.
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Die hiergegen erhobenen Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück. Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 336 veröffentlichten Gründen statt.
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Das FA rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
das Urteil des Hessischen FG vom 05.12.2018 - 8 K 2175/15 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den Fahrvergünstigungen um Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG handelte.
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Die Tagesfreifahrtscheine für Mitarbeiter und Angehörige (mit und ohne Zuzahlung) stellen dem Grunde nach geldwerte Vorteile dar, die der Kläger aufgrund seines früheren Dienstverhältnisses erhielt. Denn sie ermöglichten ihm, Beförderungsleistungen der DB AG unentgeltlich oder (im Fall der Zuzahlung) vergünstigt in Anspruch zu nehmen (s. Senatsurteile vom 26.06.2014 - VI R 41/13, BFHE 246, 423, BStBl II 2015, 39, Rz 10, und vom 12.04.2007 - VI R 89/04, BFHE 217, 555, BStBl II 2007, 719, unter II.1.). Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, so dass der Senat insoweit von weiteren Ausführungen absieht.
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2. Der geldwerte Vorteil aus den Tagesfreifahrtscheinen ist dem Kläger im Streitjahr auch zugeflossen.
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a) Arbeitslohn, der --wie im Streitfall-- nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG).
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b) Zugeflossen sind Einnahmen dann, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat. Der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Bei einer Sachzuwendung ist der Zufluss eines geldwerten Vorteils zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer den Vorteil tatsächlich in Anspruch genommen hat (z.B. Senatsurteil vom 14.11.2012 - VI R 56/11, BFHE 239, 410, BStBl II 2013, 382, Rz 16, m.w.N.).
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c) Danach ist der geldwerte Vorteil dem Kläger vorliegend bereits mit dem Bezug des einzelnen Freifahrtscheins zugeflossen. Denn die DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften haben hiermit das (tarifvertraglich geregelte) Leistungsversprechen, unentgeltliche oder vergünstigte Fahrtberechtigungen auszureichen, ihm gegenüber bewirkt.
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3. Das FG hat schließlich zu Recht entschieden, dass auch auf die Fahrvergünstigungen im Fernverkehr die Bewertungsvorschrift des § 8 Abs. 3 EStG anzuwenden ist.
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a) Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG sind Waren oder Dienstleistungen, die ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverhältnisses erhält und die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, abweichend von § 8 Abs. 2 EStG mit den um 4 % geminderten Endpreisen zu bewerten, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 € im Kalenderjahr nicht übersteigen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG).
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aa) Die Vergünstigung des § 8 Abs. 3 EStG gilt nur für Waren oder Dienstleistungen, die der Arbeitgeber als eigene herstellt, vertreibt oder erbringt. Mit den Begriffen "Waren oder Dienstleistungen" werden alle in Betracht kommenden Sachbezüge und damit die gesamte eigene Liefer- und Leistungspalette des jeweiligen Arbeitgebers bezeichnet. Aus den Begriffen "hergestellt, vertrieben oder erbracht" ergibt sich, dass der Arbeitgeber hinsichtlich der Sachbezüge, die er an Arbeitnehmer verbilligt oder unentgeltlich abgibt, selbst Marktteilnehmer sein muss (Senatsurteil vom 26.04.2018 - VI R 39/16, BFHE 261, 485, BStBl II 2019, 286, Rz 8 ff., m.w.N.).
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bb) Sachzuwendungen, die nicht zur Produktpalette des Arbeitgebers gehören, sind hingegen mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort zu bewerten (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG).
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b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG den geldwerten Vorteil, den der Kläger aus dem Bezug der Tagesfreifahrtscheine erzielt hat, zu Recht um den Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 € gekürzt.
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aa) Auf Fahrvergünstigungen, die die DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften Ruhestandsbeamten des BEV in Form von Tagesfreifahrtscheinen mit und ohne Zuzahlung gewähren, ist gemäß § 12 Abs. 8 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG entsprechend anwendbar. Dies gilt, obwohl in einem solchen Fall die Zuwendung nicht durch den Arbeitgeber des Ruhestandsbeamten, also das BEV, sondern durch einen Dritten (die DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften) gewährt wird und die Zuwendung nicht zur Liefer- und Leistungspalette des Arbeitgebers des Ruhestandsbeamten gehört (Senatsurteil in BFHE 246, 423, BStBl II 2015, 39, Rz 13).
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bb) Der sachliche Anwendungsbereich des § 8 Abs. 3 EStG ist vorliegend ebenfalls eröffnet. Entgegen der Auffassung des FA handelt es sich bei den vom Kläger in Anspruch genommenen Fahrvergünstigungen nicht um "Waren oder Dienstleistungen", die die DB AG überwiegend für den Bedarf ihrer Arbeitnehmer erbringt. Zwar weist das FA zutreffend darauf hin, dass diese --vergünstigten-- (Frei-)Fahrtberechtigungen, soweit sie den Fernverkehr betreffen, aufgrund der streckenunabhängigen Tagesgültigkeit und der besonderen Nutzungsbestimmungen von der DB AG nicht auch fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten werden. Bewertungsgegenstand ist aber nicht der Tagesfreifahrtschein als solcher, sondern die darin verkörperte Beförderungsleistung.
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Mit der Überlassung der Tagesfreifahrtscheine erhielt der Kläger Wertpapiere, die den Beförderungsanspruch gegenüber der DB AG verbrieften (vgl. MünchKommBGB/ Habersack, 7. Aufl., § 808 Rz 10; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere, 12. Aufl., § 28 I.3.a, b; Staudinger/Marburger, BGB § 808 Rz 3, 4, BGB § 807 Rz 5). Diese ermöglichten dem Kläger, das Beförderungsangebot der DB AG zu nutzen. Die (Personen-)Beförderung gehört aber unstreitig zur Produktpalette der DB AG. Personenbeförderungsleistungen erbringt die DB AG nicht überwiegend gegenüber ihren Arbeitnehmern, sondern gegenüber jedermann. Entgegen der Auffassung des FA ist daher bei Anwendung des Rabattfreibetrags nur auf die Beförderungsleistung und nicht auf die Art der Fahrtberechtigungen abzustellen.
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cc) Dem steht der Einwand des FA, es fehle wegen der Besonderheiten der Mitarbeiterfahrvergünstigungen der DB AG im Fernverkehr an einem der Bewertung zugrunde zu legenden "Endpreis", nicht entgegen. Er vermag insbesondere nicht für eine Bewertung des geldwerten Vorteils nach § 8 Abs. 2 EStG zu streiten. Denn danach sind Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (wie die im Streitfall zu bewertenden Sachbezüge), mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Auch insoweit bedarf es mithin der Bestimmung eines üblichen "Endpreises". Tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung eines solchen Endpreises ist ggf. mit einer Schätzung gemäß § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung zu begegnen (s. Senatsurteil vom 06.06.2018 - VI R 32/16, BFHE 261, 516, BStBl II 2018, 764, Rz 27).
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So ist auch im Streitfall der vom FG zugrunde gelegte Wertansatz des geldwerten Vorteils aus dem Bezug der Freifahrtscheine revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat den geldwerten Vorteil auf der Grundlage der übereinstimmenden Wertangaben der Beteiligten bestimmt. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen und ist daher für den Senat revisionsrechtlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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