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BFH 20.02.2019 - II R 25/16
BFH 20.02.2019 - II R 25/16 - Steuerbegünstigtes Vermögen aufgrund einer Poolvereinbarung bei einer Kapitalgesellschaft
Normen
§ 13a Abs 1 S 1 ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 13b Abs 1 Nr 2 ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 13b Abs 1 Nr 3 S 2 ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 13b Abs 2 S 2 Nr 2 S 2 ErbStG 1997 vom 24.12.2008
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 9. Juni 2016, Az: 3 K 3171/14 Erb, Urteil
nachgehend FG Münster, 12. März 2020, Az: 3 K 1697/19 Erb, Urteil
Leitsatz
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1. Die für eine Poolvereinbarung i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG erforderlichen Verpflichtungen der Gesellschafter zur einheitlichen Verfügung über die Anteile an einer Kapitalgesellschaft und zur einheitlichen Stimmrechtsausübung können sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder einer gesonderten Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern ergeben .
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2. Die Verpflichtung zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung der hinsichtlich der Verfügung gebundenen Gesellschafter kann bei einer GmbH schriftlich oder mündlich vereinbart werden. Nicht ausreichend für eine wirksame Poolvereinbarung ist eine einheitliche Stimmrechtsausübung aufgrund eines faktischen Zwangs, einer moralischen Verpflichtung oder einer langjährigen tatsächlichen Handhabung .
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 9. Juni 2016 3 K 3171/14 Erb aufgehoben.
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Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht Münster zurückverwiesen.
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Dem Finanzgericht wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Alleinerbe seines am 20. Juli 2009 verstorbenen Vaters (Erblasser). Zum Nachlassvermögen gehörte das Einzelunternehmen des Erblassers X-Betrieb mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 12 % am Nennkapital der Y-GmbH. Der Wert dieses Gesellschaftsanteils an der Y-GmbH entsprach über 91 % des Werts des gesamten Betriebsvermögens des X-Betriebs. Der Kläger war an der Y-GmbH in Höhe von 74 % beteiligt. Die übrigen 14 % der Anteile hielt die Z-KG; an dieser Gesellschaft war der Kläger zu 100 % beteiligt.
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Nach § 5 des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrags der Y-GmbH vom 21. April 1988 ist die Abtretung von Geschäftsanteilen vorbehaltlich der Einwilligung aller Gesellschafter zur Abtretung an einen oder mehrere Dritte nur zulässig an Gesellschafter, deren Ehegatten sowie an Abkömmlinge eines Gesellschafters und dessen Ehegatten. Die Abtretung an Ehegatten und Abkömmlinge bedarf der Genehmigung der Gesellschaft, die vom Geschäftsführer zu erteilen ist. Die vorgenannten Regeln gelten auch für die Abtretung von Teilen von Geschäftsanteilen. In der Gesellschafterversammlung haben je 1.000 DM der Geschäftsanteile eine Stimme (§ 8 Abs. 4 Buchst. c Satz 1 des Gesellschaftsvertrags). Der Erblasser hatte ein höchstpersönliches und auf Erben nicht übergehendes Stimmrecht in zehnfacher Höhe (§ 8 Abs. 4 Buchst. c Satz 2 des Gesellschaftsvertrags).
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Der Wert des Betriebsvermögens des X-Betriebs wurde zuletzt mit Bescheid vom 22. Juli 2013 nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes auf 1.874.216 € gesondert festgestellt. In der Anlage zum Feststellungsbescheid wurde mitgeteilt, dass der Wert der Anteile an der Y-GmbH 1.707.561 € betrage, es sich hierbei um Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für das Jahr 2009 geltenden Fassung des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 3018) --ErbStG 2009-- handle und die Quote des Verwaltungsvermögens sich somit auf 91,1080 % belaufe.
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Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst für das Betriebsvermögen des X-Betriebs den Verschonungsabschlag nach § 13a i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG 2009 mit Bescheid vom 8. Juli 2010 gewährt hatte, erließ er in der Folge mehrere Änderungsbescheide, versagte die beantragte Steuerbefreiung und setzte schließlich im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens mit Bescheid vom 29. April 2016 Erbschaftsteuer in Höhe von 3.224.554 € fest.
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Einspruch und Klage gegen die Nichtberücksichtigung der Steuerbefreiung blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, der Verschonungsabschlag sei nicht zu gewähren, da der Gesellschaftsvertrag der Y-GmbH nicht die Anforderungen an eine Poolvereinbarung i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG 2009 erfülle. Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen der Y-GmbH würden zwar bewirken, dass Verfügungen über den Gesellschaftsanteil faktisch nur bei einem Zusammenwirken des Erblassers und des Klägers möglich gewesen seien. Eine rechtliche Verpflichtung, wie das Gesetz sie erfordere, würde sich aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags jedoch nicht ergeben. Außerdem fehle es an einer Regelung, nach der der Erblasser und der Kläger zur einheitlichen Stimmrechtsausübung verpflichtet gewesen seien. Die Stimmrechtsvervielfachung bei dem Erblasser genüge hierfür nicht. Vielmehr sei nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrags jeder Gesellschafter in der Ausübung seiner Stimmrechte frei gewesen und habe so durch Verweigerung seiner Zustimmung bestimmte Maßnahmen verhindern können. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1530 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht der Kläger eine Verletzung von § 13a i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG 2009 geltend.
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Während des Revisionsverfahrens hat das FA mit Bescheid vom 1. Februar 2019 den Bescheid vom 29. April 2016 in für das Revisionsverfahren nicht streitigen Punkten geändert und die Erbschaftsteuer auf 3.246.704 € festgesetzt.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid vom 1. Februar 2019 dahingehend abzuändern, dass der Wert des Betriebsvermögens des X-Betriebs für die Steuerfestsetzung insgesamt außer Ansatz bleibt.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Die Feststellungen des FG tragen nicht die Entscheidung, dass das Betriebsvermögen des X-Betriebs zum Zeitpunkt des Erwerbs des Klägers zu mehr als 50 % aus schädlichem Verwaltungsvermögen in Form der Anteile an der Y-GmbH bestanden hat. Entgegen der Auffassung des FG waren nach dem Gesellschaftsvertrag der Y-GmbH der Kläger, der Erblasser und die Z-KG verpflichtet, über die Anteile an der Y-GmbH nur einheitlich zu verfügen. Darüber hinaus lassen die fehlenden Vereinbarungen zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung im Gesellschaftsvertrag der Y-GmbH nicht den Schluss zu, dass die Gesellschafter nicht hierzu verpflichtet waren. Die zur Berücksichtigung einer Poolvereinbarung erforderliche einheitliche Stimmrechtsausübung muss nicht zwingend im Gesellschaftsvertrag und nicht stets schriftlich vereinbart sein.
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1. Der Erbschaftsteuer unterliegt der Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 2009). Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 2009 der Erwerb durch Erbanfall i.S. des § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
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2. Für den Erwerb von Betriebsvermögen sieht § 13a i.V.m. § 13b ErbStG 2009 unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen vor. Zum begünstigten Vermögen gehört nach § 13a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 2009 inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs.
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a) Ausgenommen von der Steuerbefreiung des § 13a ErbStG 2009 bleibt Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG 2009). Zum Verwaltungsvermögen gehören Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn u.a. die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 ErbStG 2009). Ob diese Grenze unterschritten wird, ist nach der Summe der dem Betrieb unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich ausüben (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG 2009).
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b) Bei der Prüfung, ob die Beteiligungsquote 25 % übersteigt, sind zunächst die vom Erblasser gehaltenen Anteile zu ermitteln. Die Beteiligungsgrenze ist ein Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und nicht nur als Kapitalanleger auftritt (BTDrucks 16/7918, 35). Die unternehmerische Beteiligung soll zum Fortbestand der Kapitalgesellschaft und der mit ihrer Tätigkeit verbundenen Arbeitsplätze beitragen.
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c) Beträgt die Beteiligung des Erblassers an der Kapitalgesellschaft 25 % oder weniger, ist zu prüfen, ob aufgrund einer Poolvereinbarung die Anteile weiterer Gesellschafter (als Poolmitglieder) hinzuzurechnen sind und die Beteiligungsquote damit 25 % übersteigt, so dass die zu einem Betriebsvermögen gehörenden Anteile an der Kapitalgesellschaft nicht als Verwaltungsvermögen zu qualifizieren sind.
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aa) Die Berücksichtigung der Anteile weiterer Gesellschafter setzt voraus, dass der Erblasser und die Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen.
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(1) Unter Verfügung ist die Übertragung des Eigentums an dem Gesellschaftsanteil zu verstehen (vgl. R E 13b.6 Abs. 4 Satz 1 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 --ErbStR--, BStBl I 2011, Sondernr. 1, 2; Wachter, in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6. Auflage § 13b Rz 177; Weinmann in Moench/Weinmann, § 13b ErbStG Rz 71; S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 5. Aufl., § 13b ErbStG Rz 134).
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(2) Der Erblasser und die weiteren Gesellschafter müssen verpflichtet sein, die Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile nach einheitlichen Grundsätzen vorzunehmen (vgl. R E 13b.6 Abs. 4 Satz 1 ErbStR; Wachter, in Fischer/Pahlke/Wachter, a.a.O., § 13b Rz 191; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 17. Aufl., § 13b Rz 29; S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, a.a.O., § 13b ErbStG Rz 137 f.). Eine Verpflichtung zu einer Übertragung nach einheitlichen Grundsätzen ist gegeben, wenn die Poolmitglieder die Anteile nur auf einen beschränkten Personenkreis --beispielsweise Ehegatten oder Verwandte der Gesellschafter-- übertragen dürfen oder eine Übertragung der Zustimmung der Mehrheit der gebundenen Gesellschafter bedarf (vgl. R E 13b.6 Abs. 4 Sätze 2 und 3 ErbStR; Meincke, a.a.O., § 13b Rz 29; Weinmann in Moench/Weinmann, § 13b ErbStG Rz 71; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13b Rz 208; Kirnberger in Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13b Rz 47, Stand Juni 2018). Bei Familiengesellschaften wird dadurch sichergestellt, dass der bestimmende Einfluss der Familie erhalten bleibt (vgl. BTDrucks 16/7918, 35).
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(3) Die Verpflichtung zur Übertragung der Gesellschaftsanteile nach einheitlichen Grundsätzen kann sich aus den Vertragsklauseln der (notariell beurkundeten) Satzung der Gesellschaft ergeben (Geck in Kapp/Ebeling, § 13b ErbStG, Rz 61.1; Meincke, a.a.O., § 13b Rz 27). Alternativ können die Gesellschafter eine gesonderte Vereinbarung schließen, in der sie sich zur Übertragung der Gesellschaftsanteile nach einheitlichen Grundsätzen verpflichten. Die weiteren Gesellschafter der Kapitalgesellschaft werden aufgrund der Verpflichtung gebundene Gesellschafter. Nichtgebundene Gesellschafter sind solche, die eine vergleichbare Verpflichtung nicht eingegangen sind.
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bb) Die Einbeziehung der Anteile weiterer Gesellschafter bei der Prüfung, ob Anteile als Verwaltungsvermögen einzustufen sind, erfordert zudem, dass die Gesellschafter verpflichtet sind, ihr Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben.
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(1) Der Wortlaut des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG 2009 stellt insoweit darauf ab, dass die weiteren Gesellschafter das Stimmrecht "einheitlich ausüben". Dies bedeutet aber nicht, dass die tatsächliche Ausübung der Stimmrechte maßgebend wäre. Vielmehr ist insoweit von einem Redaktionsversehen auszugehen und die Vorschrift dahin zu verstehen, dass sie auf die Verpflichtung der weiteren Gesellschafter abstellt, das Stimmrecht "einheitlich auszuüben".
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Eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung ist auch für die Bestimmung von Anteilen an Kapitalgesellschaften als begünstigtes Vermögen nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG 2009 erforderlich. Danach ist die Erfüllung der Mindestbeteiligung durch den Erblasser oder Schenker nach der Summe der dem Erblasser oder Schenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und der Anteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wenn der Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Die Vorschrift stellt auf die gleichen Kriterien wie § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG 2009 ab und verwendet die Formulierung, die gebundenen Gesellschafter seien "verpflichtet", das Stimmrecht "einheitlich auszuüben". Es ist zweckmäßig, beide Regelungen dahingehend auszulegen, dass sie eine Verpflichtung voraussetzen, das Stimmrecht einheitlich auszuüben. Beide Regelungen verfolgen das Ziel, dass die gebundenen Gesellschafter wie ein Gesellschafter auftreten und über die Geltendmachung der Sperrminorität von mehr als 25 % der Stimmen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschafterversammlung und insbesondere auf den Erhalt der Arbeitsplätze bei der Kapitalgesellschaft nehmen können (vgl. S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, a.a.O., § 13b ErbStG Rz 122).
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Die Auslegung von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG 2009 dahingehend, dass er eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung erfordert, wird dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Änderungen des § 13b ErbStG 2009 durch das Gesetz zur Anpassung des ErbStG an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 2016 (BGBl I 2016, 2464) den Wortlaut des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 ErbStG 2009 an § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG 2009 angepasst hat. In § 13b Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 ErbStG i.d.F. ab dem 1. Juli 2016 ist nunmehr --ebenso wie in § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG 2009-- "einheitlich auszuüben" anstelle "einheitlich ausüben" aufgenommen und damit klargestellt, dass insoweit auf die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung abzustellen ist.
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(2) Die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung erfordert eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen den gebundenen Gesellschaftern einschließlich des Erblassers, die dem einzelnen gebundenen Gesellschafter einen einklagbaren Anspruch gegen die anderen gebundenen Gesellschafter einräumt, vom Stimmrecht nur einheitlich Gebrauch zu machen. Ein rein faktischer Zwang (z.B. aufgrund von Mehrheitsverhältnissen in der Gesellschafterversammlung), eine moralische Verpflichtung oder eine langjährige tatsächliche Handhabung reichen für sich allein nicht aus, um eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung annehmen zu können.
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(3) Eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung ist auch erforderlich, wenn sich alle Gesellschafter hinsichtlich der Verfügung über die Anteile gebunden haben und deshalb keine nichtgebundenen Gesellschafter vorhanden sind (vgl. R E 13b.6 Abs. 5 Satz 9 ErbStR 2011; Weinmann in Moench/ Weinmann, § 13b ErbStG Rz 63; S. Viskorf in Viskorf/Knobel/ Schuck/Wälzholz, a.a.O., § 13b ErbStG Rz 142). § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG 2009 spricht zwar von einer einheitlichen Stimmrechtsausübung gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern. Die Formulierung ist aber nicht dahingehend zu verstehen, dass die Zusammenrechnung der Anteile von gebundenen Gesellschaftern nur dann erfolgen kann, wenn es auch nichtgebundene Gesellschafter gibt. Nach dem Sinn und Zweck der Regelungen --einheitliche unternehmerische Einflussnahme auf die Kapitalgesellschaft aller gebundener Gesellschafter (vgl. S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, a.a.O., § 13b ErbStG Rz 142)-- ist auch der Fall erfasst, dass alle Gesellschafter gebunden sind. Durch die einheitliche Stimmabgabe der Poolmitglieder soll sichergestellt werden, dass sie entsprechend ihrer Gesamtbeteiligungsquote mit einer Stimme sprechen (vgl. Geck in Kapp/Ebeling, § 13b ErbStG, Rz 69; S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, a.a.O., § 13b ErbStG Rz 122). Dieses Ziel wird auch erreicht, wenn sich alle Gesellschafter hinsichtlich der Verfügung über die Anteile gebunden und zur einheitlichen Stimmabgabe verpflichtet haben.
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(4) Eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung kann durch eine Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag oder eine gesonderte Vereinbarung unter den gebundenen Gesellschaftern begründet werden (Wachter, in Fischer/Pahlke/Wachter, a.a.O., § 13b Rz 206 ff.). Die Vereinbarung muss allgemein für alle künftigen Abstimmungen gelten. Die gesonderte Vereinbarung kann bei einer GmbH schriftlich oder mündlich geschlossen werden; eine besondere Form ist entgegen R E 13b.6 Abs. 6 EStR 2011 nicht erforderlich. Die Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen zwischen Gesellschaftern in Form von Stimmenpools ist seit langem allgemein anerkannt; sie folgt aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. November 2008 II ZR 116/08, BGHZ 179, 13, unter II.1.). § 47 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung enthält zwar Regelungen zur Abstimmung. Eine Form für Stimmbindungsverträge ist aber nicht vorgesehen. Sie können formlos abgeschlossen werden (vgl. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 47 Rz 113).
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(5) Eine mündliche Vereinbarung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung muss von demjenigen, der sich auf sie beruft, nachgewiesen werden (Geck in Kapp/Ebeling, § 13b ErbStG, Rz 61.1). Kann der Nachweis nicht erbracht werden, ist eine Berücksichtigung der Anteile weiterer Gesellschafter ausgeschlossen und die Beurteilung der Anteile an der Kapitalgesellschaft als Verwaltungsvermögen allein aufgrund der Anteile des Erblassers vorzunehmen.
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d) Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Zusammenrechnung der Gesellschaftsanteile des Erblassers und der weiteren gebundenen Gesellschafter müssen im Zeitpunkt der Steuerentstehung vorliegen (Meincke, a.a.O., § 13b Rz 24; S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, a.a.O., § 13b ErbStG Rz 113). Bei Erwerben von Todes wegen entsteht die Steuer mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 2009; Weinmann in Moench/Weinmann, § 13b ErbStG Rz 63). Zu diesem Zeitpunkt muss eine wirksame Poolvereinbarung vorliegen.
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3. Im Streitfall ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag eine Verpflichtung zur einheitlichen Verfügung über die Gesellschaftsanteile. Das FG hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die gebundenen Gesellschafter der Y-GmbH eine einheitliche Stimmrechtsausübung mündlich vereinbart haben. Die Entscheidung des FG war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
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a) Der Erblasser, der Kläger und die Z-KG waren nach dem im Jahr 1988 geschlossenen Gesellschaftsvertrag zwar verpflichtet, über die Anteile an der Y-GmbH nur einheitlich zu verfügen.
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Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag stellte für alle Gesellschafter einheitliche Grundsätze auf, nach denen sie die Gesellschaftsanteile abtreten konnten. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrags durften die Gesellschafter die Gesellschaftsanteile oder Teile der Gesellschaftsanteile nur an Gesellschafter, deren Ehegatten sowie an Abkömmlinge eines Gesellschafters und dessen Ehegatten abtreten, wobei die Abtretung an Ehegatten und Abkömmlinge der Genehmigung durch die Gesellschaft bedurfte. Eine Abtretung an Nicht-Gesellschafter war nur vorbehaltlich der Einwilligung aller Gesellschafter zulässig. Es konnten ausschließlich bestimmte Familienmitglieder oder Dritte, die von den Gesellschaftern gebilligt werden mussten, Gesellschafter der Y-GmbH werden. Neu eintretende Gesellschafter fielen automatisch unter die Regeln des Gesellschaftsvertrags. Andere Gesellschafter waren nicht vorhanden. Der Gesellschaftsvertrag war zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers anwendbar.
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b) Das FG wird jedoch Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob eine schuldrechtliche Verpflichtung zur einheitlichen Stimmrechtsausübung vorgelegen hat, obwohl --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- der Gesellschaftsvertrag insoweit keine Vereinbarung enthält. Nicht ausreichend für eine Verpflichtung zur einheitlichen Stimmabgabe der Gesellschafter der Y-GmbH ist, dass der Erblasser über ein Stimmrecht in zehnfacher Höhe verfügte und sich daher bei Abstimmungen stets allein durchsetzen konnte. Durch dieses Stimmrecht des Erblassers haben sich die weiteren Gesellschafter nicht konkludent zu einer einheitlichen Stimmrechtsausübung verpflichtet. Sie haben es vielmehr nur zugelassen, dass ihr eigenes Stimmrecht entwertet war.
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4. Die Übertragung der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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