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BFH 05.09.2018 - II R 57/15
BFH 05.09.2018 - II R 57/15 - Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Zahl der Beschäftigten für Zwecke der Schenkungsteuer
Normen
§ 13a Abs 1 ErbStG 1997 vom 01.11.2011, § 13a Abs 1a S 1 ErbStG 1997, § 13a Abs 4 ErbStG 1997
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 28. Oktober 2015, Az: 4 K 269/15 F, Urteil
Leitsatz
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1. Die Feststellung der Ausgangslohnsumme und die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten i.S. des § 13a Abs. 1a Satz 1 ErbStG sind zwei getrennte Feststellungen, die jeweils eigenständig einer Überprüfung im Einspruchs- und Klageverfahren zugänglich sind .
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2. Allein aus der Feststellung einer Ausgangslohnsumme lässt sich regelmäßig nicht herleiten, ob der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat und die Steuerbefreiung daher nach § 13a Abs. 1 ErbStG der Lohnsummenbeschränkung unterliegt .
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 28. Oktober 2015 4 K 269/15 F aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Klägerin und der Beigeladene zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die nach ihren Angaben im Kalenderjahr 2012 weniger als 20 Beschäftigte hatte. Sie war zu jeweils mehr als 25 % an verschiedenen Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland und in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) beteiligt.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 18. Oktober 2012 übertrug der Beigeladene einen Geschäftsanteil im Nennwert von 97.000 € an der Klägerin auf seine Tochter. Der Beigeladene übernahm für diese Zuwendung die Schenkungsteuer. Auf Aufforderung des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt --FA--) übersandte der Beigeladene eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für den übertragenen Geschäftsanteil. Er vertrat die Auffassung, dass eine Ausgangslohnsumme wegen der geringen Anzahl der Beschäftigten der Klägerin nicht festzustellen sei. Für den Fall, dass das FA dies anders sehe, sei die Ausgangslohnsumme unter Berücksichtigung der Beschäftigten der Gesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt ist, festzustellen. Das FA stellte mit Bescheid vom 5. Dezember 2013 den Wert des übertragenen Geschäftsanteils auf den 18. Oktober 2012 --der Höhe nach erklärungsgemäß-- auf 6.867.600 € und die Ausgangslohnsumme auf 47.608.821 € fest.
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Gegen diesen Bescheid legten die Klägerin und der Beigeladene Einspruch ein mit der Begründung, eine Ausgangslohnsumme sei mangels Bedeutung für die Schenkungsteuer nicht festzustellen. Nach dem klaren Wortlaut des § 13a Abs. 1 Satz 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Streitfall anzuwendenden Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl I 2011, 2131) --ErbStG--, sei bei Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten keine Mindestlohnsumme einzuhalten. Eine Hinzurechnung von Beschäftigten nachgeordneter Gesellschaften sehe das Gesetz für den streitigen Besteuerungszeitpunkt nicht vor.
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Das FA wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2015 als unbegründet zurück. Seiner Auffassung nach ist eine Ausgangslohnsumme festzustellen. § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG sei bei der Prüfung der Frage, ob die Mindestarbeitnehmerzahl erreicht werde, entsprechend anzuwenden.
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Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat den Bescheid über die Feststellung der Ausgangslohnsumme aufgehoben. Zwar sei nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen des Betriebs innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreite. Das Erfordernis des Nichtunterschreitens dieser Mindestlohnsumme gelte nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG jedoch nicht, wenn der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte habe. § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG könne nicht entsprechend angewendet werden. Das Urteil wurde in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 125, veröffentlicht.
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Dagegen richtet sich die Revision des FA. Seiner Ansicht nach muss § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG über seinen Wortlaut hinaus dahingehend ausgelegt werden, dass die Anzahl der Arbeitnehmer, die bei nachgeordneten Beteiligungsgesellschaften beschäftigt seien, einbezogen werde. Dies folge aus einer systematischen Auslegung im Zusammenhang mit dem Verweis in § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG auf § 13a Abs. 4 ErbStG. Entgegen der Auffassung des FG sei eine solche Auslegung trotz des Wortlauts des § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG möglich und teleologisch geboten. Mit § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG habe der Gesetzgeber die Einbeziehung der Lohnsummen der nachgeordneten Beteiligungsgesellschaften geregelt. Damit habe der Gesetzgeber insgesamt eine Konzernbetrachtung beabsichtigt.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin und der Beigeladene beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist im Ergebnis begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG ist der Bescheid über die Feststellung der Ausgangslohnsumme rechtmäßig. Das FA hat die Ausgangslohnsumme sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zutreffend festgestellt. Da der Feststellungsbescheid keine Feststellung zur Anzahl der Beschäftigten im Betrieb der Klägerin enthält, kann dahinstehen, ob bei dieser Feststellung auch die Anzahl der Beschäftigten im Betrieb von Gesellschaften, an denen die Klägerin beteiligt ist, einzubeziehen wären.
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1. Gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG bleibt der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S. des § 13b Abs. 4 ErbStG insgesamt außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Nach § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Verschonungsabschlags, dass die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen (Abs. 4) des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft oder Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist) insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG ist nicht anzuwenden, wenn die Ausgangslohnsumme 0 € beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG).
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Wie die Lohnsumme zu berechnen ist, folgt im Einzelnen aus § 13a Abs. 4 ErbStG. Gehören zum Betriebsvermögen des Betriebs, bei Beteiligungen an einer Personengesellschaft und Anteilen an einer Kapitalgesellschaft des Betriebs der jeweiligen Gesellschaft, unmittelbar oder mittelbar Beteiligungen an Personengesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) haben, oder Anteile an Kapitalgesellschaften, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland, einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR haben, wenn die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung mehr als 25 % beträgt, sind die Lohnsummen dieser Gesellschaften einzubeziehen zu dem Anteil, zu dem die unmittelbare und mittelbare Beteiligung besteht (§ 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG). Im Gegensatz zu § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG, der Ausnahmen von der Einhaltung der Mindestlohnsumme regelt, sieht § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG für die Ermittlung der Ausgangslohnsumme die Einbeziehung von Lohnsummen bestimmter Beteiligungsgesellschaften ausdrücklich vor.
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2. Nach § 13a Abs. 1a Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 ErbStG, stellt das für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich zuständige Finanzamt die Ausgangslohnsumme, die Anzahl der Beschäftigten und die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen gesondert fest, wenn diese Angaben für die Schenkungsteuer von Bedeutung sind. Die Entscheidung über die Bedeutung trifft gemäß § 13a Abs. 1a Satz 2 ErbStG das Finanzamt, das für die Festsetzung der Schenkungsteuer oder die Feststellung nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Bewertungsgesetzes zuständig ist.
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Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 1a Satz 1 ErbStG hat das Finanzamt, das die Feststellungen trifft, sowohl die Ausgangslohnsumme als auch die Anzahl der Beschäftigten festzustellen. Dabei handelt es sich um zwei getrennte Feststellungen, die jeweils eigenständig einer Überprüfung im Einspruchs- und Klageverfahren zugänglich sind. Die Feststellung einer Ausgangslohnsumme enthält nicht inzident die Anzahl der Beschäftigten und macht daher die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten nicht entbehrlich. Das für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt muss anhand der Feststellungen zweifelsfrei erkennen können, ob und wenn ja in welcher Höhe die Lohnsumme der weiteren Beobachtung bedarf. Allein aus der Feststellung einer Ausgangslohnsumme lässt sich aber regelmäßig nicht herleiten, ob der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat und die Steuerbefreiung daher nach § 13a Abs. 1 ErbStG der Lohnsummenbeschränkung unterliegt. Das gilt selbst dann, wenn eine hohe Ausgangslohnsumme festgestellt wird; denn es ist möglich, dass diese auch mit wenigen Beschäftigten erreicht wird. Fehlt die Feststellung der Anzahl der Beschäftigten, wären Nachfragen oder weitere Ermittlungen des für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzamts erforderlich. Diese sollen durch die Feststellung jedoch gerade vermieden werden.
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3. Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Feststellung der Ausgangslohnsumme ist zutreffend und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
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a) Im Streitfall ist die Ausgangslohnsumme nach § 13a Abs. 4 ErbStG erklärungsgemäß festgestellt worden. Die Höhe der Ausgangslohnsumme ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Das FA konnte die Feststellung wegen der Bedeutung für die Schenkungsteuer treffen.
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b) Der Feststellungsbescheid enthält keine Feststellung der Anzahl der im Betrieb der Klägerin Beschäftigten. Unter der Überschrift "D. Feststellung der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten (§ 13a Abs. 1a ErbStG)" findet sich in einer Zeile nur die Feststellung der Ausgangslohnsumme. Diese Feststellung beinhaltet nicht zugleich die Feststellung, dass die Anzahl der Beschäftigten der Klägerin über 20 beträgt und damit der Verschonungsabschlag von der Einhaltung der Mindestlohnsumme abhängig ist.
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c) Die Feststellung der Ausgangslohnsumme kann auch nicht im konkreten Fall dahin ausgelegt werden, dass mit ihr zugleich eine Beschäftigtenanzahl von mehr als 20 festgestellt ist.
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Die hohe Ausgangslohnsumme von 47.608.821 € ist insbesondere bei einer Holdinggesellschaft wie der Klägerin kein sicheres Indiz dafür, dass der Betrieb der Klägerin jedenfalls mehr als 20 Beschäftigte hat und dies auch so festgestellt werden sollte. Die Ausgangslohnsumme umfasst Vergütungen an Beschäftigte der Klägerin (vgl. § 13a Abs. 4 Satz 1 ErbStG) und anteilig die Lohnsummen der nachgeordneten Beteiligungsgesellschaften (vgl. § 13a Abs. 4 Satz 5 ErbStG). Da gerade bei Holdinggesellschaften Vergütungen an deren Beschäftigte hoch sein können, kann allein aus der Ausgangslohnsumme nicht auf die Anzahl der Beschäftigten geschlossen werden. Zudem hätte das FA die Ausgangslohnsumme auch feststellen müssen, wenn es davon ausgegangen wäre, dass die Anzahl der Beschäftigten im Betrieb der Klägerin nicht mehr als 20 beträgt und diese Angabe für die Schenkungsteuer von Bedeutung ist.
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Die Feststellungen der Ausgangslohnsumme und der Anzahl der Beschäftigten sind Grundlage für die Gewährung des Verschonungsabschlags und müssen daher klar und eindeutig dem Feststellungsbescheid zu entnehmen sein. Aus diesem Grund kann trotz des Umstands, dass die Klägerin --mangels Feststellung der Anzahl der Beschäftigten-- die Feststellung der Ausgangslohnsumme angefochten hat, obwohl sie diese der Höhe nach für zutreffend hält, nicht von einer Feststellung der Anzahl der Beschäftigten ausgegangen werden. Die von der Klägerin und dem Beigeladenen begehrte Feststellung, dass der Betrieb der Klägerin nicht mehr als 20 Beschäftigte hat, kann mit der erforderlichen Klarheit für die nachfolgende Steuerfestsetzung nur durch eine entsprechende Feststellung zur Zahl der Beschäftigten erreicht werden.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 und Abs. 3 FGO.
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