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BFH 18.10.2012 - VI R 65/10
BFH 18.10.2012 - VI R 65/10 - Verdoppelung des Höchstbetrags für Handwerkerleistungen durch das WachstumsStG und das FamLeistG - Zeitlicher Anwendungsbereich
Normen
§ 35a Abs 2 S 2 EStG 2002 vom 20.12.2007, § 35a Abs 2 S 2 EStG 2002 vom 21.12.2008, § 35a Abs 3 EStG 2002 vom 22.12.2008, EStG VZ 2008, Art 1 Nr 3 StRegUmsG, Art 1 Nr 4 Buchst b StRegUmsG, Art 4 Abs 3 StRegUmsG, § 52 Abs 50b S 4 EStG 2002 vom 21.12.2008, § 52 Abs 50b S 5 EStG 2002 vom 22.12.2008, Art 1 Nr 18 Buchst f FamLeistG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 26. Januar 2010, Az: 3 K 2002/09, Urteil
Leitsatz
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Die durch das WachstumsStG geregelte Verdoppelung des Höchstbetrags für Handwerkerleistungen ist erstmals bei Aufwendungen anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 2009 geleistet und deren zugrunde liegende Leistungen nach dem 31. Dezember 2008 erbracht worden sind .
Tatbestand
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I. Streitig ist, in welcher Höhe für im Streitjahr 2008 durchgeführte Handwerkerleistungen eine Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden kann.
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Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Streitjahr entstanden ihnen für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten Kosten in Höhe von 4.267 €. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gewährte eine Steuerermäßigung in Höhe von 600 €. Mit ihrem Einspruch begehrten die Kläger erfolglos eine Steuerermäßigung in Höhe von 854 €. Zur Begründung führten sie aus, dass durch das Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmenpakets "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" (WachstumsStG) vom 21. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2896, BStBl I 2009, 133) der Höchstbetrag für die Berücksichtigung von Aufwendungen für Handwerkerleistungen von 600 € auf 1.200 € verdoppelt worden sei. Diese Regelung sei noch im Streitjahr in Kraft getreten und daher im angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu berücksichtigen.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2010, 725 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
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Die Kläger beantragen, die angefochtene Entscheidung des FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid so zu ändern, dass eine Steuerermäßigung in Höhe von 854 € berücksichtigt wird.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Steuerermäßigung auf 600 € beschränkt ist.
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1. Nach § 35a Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 3150, BStBl I 2008, 218) ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, mit Ausnahme der nach dem CO²-Gebäudesanierungsprogramm der KfW Förderbank geförderten Maßnahmen, die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 %, höchstens 600 €, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind, wie das FG ausgeführt hat, im Streitfall erfüllt. Die von den Klägern begehrte Steuerermäßigung beträgt danach 600 €.
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2. Zwar ist der Höchstbetrag für Handwerkerleistungen im Streitjahr fast zeitgleich durch zwei Änderungsgesetze verdoppelt worden. Die Neuregelung kommt jedoch im Streitfall (noch) nicht zur Anwendung. Insbesondere rechtfertigt Art. 4 Abs. 3 WachstumsStG die Verdoppelung nicht.
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a) Gemäß § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG i.d.F. des WachstumsStG beträgt der erwähnte Höchstbetrag 1.200 € (Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes). Eine entsprechende Regelung findet sich in § 35a Abs. 3 EStG i.d.F. des Familienleistungsgesetzes (FamLeistG) vom 22. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2955, BStBl I 2009, 136; Art. 1 Nr. 13 des Gesetzes). Der Höchstbetrag von 1.200 € ist jedoch erstmals bei Aufwendungen anzuwenden, die im Veranlagungszeitraum 2009 geleistet und deren zugrunde liegende Leistungen nach dem 31. Dezember 2008 erbracht worden sind. Das bestimmen übereinstimmend sowohl § 52 Abs. 50b Satz 4 EStG i.d.F. des WachstumsStG (Art. 1 Nr. 4 Buchst. b des Gesetzes) als auch § 52 Abs. 50b Satz 5 i.d.F. des FamLeistG (Art. 1 Nr. 18 Buchst. f des Gesetzes).
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b) Zwar tritt nach Art. 4 Abs. 3 WachstumsStG die Verdoppelung des Höchstbetrags bereits am Tage nach der Verkündung in Kraft, also am 30. Dezember 2008. Daraus folgt jedoch nicht, dass der erhöhte Höchstbetrag auch schon auf vor dem 30. Dezember 2008 erbrachte Leistungen anzuwenden wäre. Dem steht vielmehr die erwähnte Anwendungsregelung des § 52 Abs. 50b Satz 4 EStG i.d.F. des WachstumsStG entgegen. Diese zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Regelung (Art. 4 Abs. 1 WachstumsStG) stellt insoweit zwar eine rückwirkende Rechtsänderung dar, weil hierdurch die --zunächst einschränkungslose-- Anwendung des erhöhten Förderbetrags am Tag nach der Verkündung des Gesetzes (30. Dezember 2008) zwei Tage später zusätzlich davon abhängig gemacht wird, dass die Leistungen im Jahr 2009 erbracht und bezahlt wurden. Diese Rückwirkung ist indessen von Verfassungs wegen unbedenklich, weil die Kläger in der Zeit vom 30. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2008 erkennbar keine schützenswerten Dispositionen im Hinblick auf die durch die fragliche Norm erhöhte Subventionierung getroffen haben und sich auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Gesetzesänderung hatte bilden können.
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Auf die Frage, ob es sich, wie die Vorinstanz meint, um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers bei der Neuregelung der Vorschrift handelt (s. auch Beschluss des FG Münster vom 14. Dezember 2009 10 V 4132/09 E, EFG 2010, 485; Urteil des FG Köln vom 11. Dezember 2009 5 K 2763/09, EFG 2010, 800; Urteil des FG Münster vom 15. Juli 2011 14 K 1226/10 E, EFG 2012, 126; Apitz in Herrmann/Heuer/Raupach, § 35a EStG Rz J 08-2; Czisz/Krane, Deutsches Steuerrecht 2009, 1518; kritisch dazu Barein in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 35a Rz 2), kommt es danach nicht mehr an.
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